Absolute Resignation in Köln: Eine erneut desolate Vorstellung gibt wenig Anlass zu Hoffnung, dass man irgendwie noch die Kurve bekommen könnte.
Vor dem Heimspiel gegen Berlin stand alles ganz im Zeichen der vor kurzem verstorbenen effzeh-Legende Hans Schäfer. Die effzeh-Fans hatten einen Trauermarsch für die Vereinslegende organisiert und zwei große Banner vorbereitet. Diese hingen während der gesamten Spielzeit vor Unter- und Oberrang der Südkurve. Zu lesen war im Oberrang: “Ein ganzes Leben treu im Dienste unseres Vereins.” Darunter stand: “Ich verkauf mich nicht. Das habe ich nicht nötig.” Die Südkurve verzichtete weiterhin darauf, neben der eigens vorbereiteten Fahne mit dem Konterfei Schäfers andere Insignien zu präsentieren. Insofern, und das kann man als eine der wenigen positiven Dinge an diesem Abend festhalten, wurde also der größten Vereinslegende in Form eines ihm gewidmeten Spiels gedacht. Schließlich gibt es trotz der sportlich nach wie vor prekären Lage auch noch wichtigere Dinge als drei Punkte – Hans Schäfer hat bekanntlich viel am Mythos “Wunder von Bern” und der Entwicklung des 1. FC Köln mitgeschrieben.
Bisseck: Ordentliche Leistung beim Debüt
Apropos Entwicklung: Eine überraschende Entwicklung war es auch, dass mit Yann-Aurel Bisseck ein 16-jähriger Innenverteidiger sein Bundesliga-Debüt feiern durfte. Aufgrund der Vakanz auf dieser Position entschied sich Stöger, den U17-Nationalspieler, der vor kurzem noch bei der Weltmeisterschaft in Indien aktiv war, ins kalte Wasser zu werfen – obwohl Bisseck bisher nicht allzu viele Trainingseinheiten mit der Profi-Mannschaft absolvieren konnte. Neben dem erfahrenen Matthias Lehmann und Meré – selbst der weist im Vergleich zu Bisseck mit seinen 22 Jahren ja fast schon ein biblisches Alter auf – agierte Kölns neue Nummer 40 als halbrechter Innenverteidiger in einer Dreierkette. Nach der Pause rückte Lehmann nach vorne.
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Bissecks Performance war absolut beeindruckend, nachdem Stöger ihm erst gegen 16 Uhr eröffnet hatte, dass er in der Startelf stehen würde. Sehr unaufgeregt und durchaus selbstbewusst nahm sich Bisseck der Aufgabe an und erledigte sie mehr als zufriedenstellend. Der U17-Nationalspieler versuchte, im Aufbauspiel viele Bälle nach vorne zu spielen oder auch anzudribbeln, was seinen Mut unterstreicht. An diesem erneut so tristen Abend in Müngersdorf gab es also zumindest einen Gewinner – Bisseck hat auf sich aufmerksam gemacht und dürfte für die Zukunft interessant werden. Am Ende der Partie hatte der effzeh mit Bisseck, Nartey und Özcan je einen 16-, 17- und 19-Jährigen auf dem Feld – Özcan trug nach der Auswechslung von Lehmann sogar die Kapitänsbinde.
Ein erneuter Tiefpunkt: Plan für die Defensive fehlt
Doch ansonsten offenbarte der 1. FC Köln, gewiss stark ersatzgeschwächt, mal wieder deutlich, warum man abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz liegt: Zwar war die erste Viertelstunde durchaus ansprechend, der effzeh versuchte mit Ballgewinnen und schnellem Umschalten zu Abschlussaktionen zu kommen. Auch im Spielaufbau sah es teilweise nicht so schlecht aus, mit der Dreierkette gelang es relativ leicht, an der ersten Berliner Pressinglinie vorbeizukommen. Danach allerdings, wenn es um das Bringen des Balles in das letzte Drittel ging, war es dann mit der Kreativität nicht allzu weit her. Dass der 1. FC Köln keinen großen Plan hat, wie man zu eigenen Torerfolgen kommen will, schien ja bereits vorher bekannt – in diesem Spiel zeigte sich jedoch auch, dass es auch mittlerweile an Ideen fehlt, wie man verteidigen will.
Pressen, stellen oder zurückweichen? Die Automatismen fehlen
Die Szene vor dem 0:1 war symptomatisch: Hertha hatte den Ball und spielte ihn dann zurück Richtung des eigenen Tores. Der effzeh rückte auf und für einen Moment schien es vielen Spielern nicht klar zu sein, was denn nun der nächste Schritt wäre. Sollte man den Gegner mit hohem Tempo unter Druck setzen, ihn nur stellen und Passwege versperren oder sollte man sich in die eigene Ordnung zurückziehen? Beispielhaft war das Verhalten von Guirassy und Özcan, die beide kurz zögerten und damit der Hertha einen einfachen tiefen Ball ermöglichten. Aus diesem Pass entstand die Flanke, die zum letztendlich vermeidbaren (Klünter?) Eckball führte. Der Rest ist, so muss man es leider sagen, dann auch einfach erneut nicht gut verteidigt. Beim 0:2 war der Sachverhalt ähnlich: Lehmann wich über 40, 50 Meter zurück, ohne Selke richtig anzugreifen. Als dieser dann richtig Tempo aufnahm, foulte ihn Lehmann – dummerweise im Sechzehner.
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Mit dem Rückstand im Rücken wurde es dann für den zutiefst verunsicherten 1. FC Köln schwer, zurückzufinden in diese eigentlich so wichtige Partie. Mit zunehmender Spieldauer wurde der Unterschied zwischen einer durchschnittlichen Bundesliga-Mannschaft und dem 1. FC Köln dann aber überdeutlich: Der effzeh hatte einfach keine Chance mehr, die Hertha spielte die Partie konzentriert zu Ende. An Spieltag 13 hat der 1. FC Köln also aktuell elf Punkte Rückstand auf das rettende Ufer, neun auf den Relegationsplatz. Hinzu kommt ein desolates Torverhältnis. Die Rettung ist theoretisch noch möglich. Doch an das Wunder zu glauben, fällt immer schwerer.
“Es war teilweise leblos, wir hatten eine Phase, in der gar nichts geklappt hat. Man muss sich reinhauen und alles für den Verein geben, aber das haben wir heute nicht immer geschafft”, sagte Keeper Timo Horn nach der Partie am Mikrofon von “SKY”. Und die Frage bleibt, wie man es in absehbarer Zeit besser hinbekommen möchte. Aktuell gibt es wirklich keinen Anlass zur Hoffnung mehr.