Die Zeitschrift “11Freunde” hat Jörg Schmadtke zum “Manager der Saison” gekürt. Deshalb gibt es nun ein langes Interview mit dem sportlichen Entscheider des 1.FC Köln. Wir haben das Gespräch gelesen und analysieren die bemerkenswertesten Aussagen.
Das Interview mit effzeh-Manager Jörg Schmadtke erschien in Heft 188 (Ausgabe Juli 2017) und geht über zwei Seiten – es ist allerdings eher ein Gespräch, denn es werden vergleichsweise wenig Fragen gestellt, es gibt keine sensationellen Neuigkeiten. Aber gerade darin liegt auch das Besondere, denn der Interviewer von “11Freunde” sprach so mit Jörg Schmadtke, wie dieser es eben verdient hat. Deshalb gelingt ein unglaublich spannender Blick hinter die Fassade des Profifußballs. Jörg Schmadtke beweist darin einmal mehr, warum wir in Köln so ein großes Glück haben mit diesem einzigartigen Manager.
In unserer Branche ist die Wahrnehmung schon übertrieben. Da muss man sehr aufpassen, den Leuten nicht auf den Sack zu gehen.
Besonders bemerkenswert ist, dass Jörg Schmadtke offensichtlich fremdelt mit dem durchkapitalisierten Konstrukt Profifußball. Er, der ja selbst mitten drin steckt in den Verhandlungen zum Rekordtransfer des 1.FC Köln, der mindestens 35 Millionen Euro einbringen soll (“11Freunde” nennt 50 Millionen Euro und Schmadtke lässt dies unkommentiert), sagt: “Das Geschäft ist nicht mehr nachvollziehbar. Es ist bizarr.” Noch vor einigen Jahren hätte er für jeden Spieler weltweit einen ungefähren Preis nennen können, den dieser realistisch auf dem Transfermarkt bringen könnte, Diese Zeit sei nun vorbei.
Schmadtke ist sich des Irrsinns sehr wohl bewusst
Schmadtke bringt das ganze Dilemma relativ deutlich auf den Punkt – als Privatperson, wie er betont: “Es kann passieren, dass in diesem Moment irgendwo auf der Welt ein Milliardär aufwacht, an die Decke starrt und sich eine Zahl vorstellt, die er bereit ist, für einen Spieler auszugeben.” Der Manager Jörg Schmadtke hingegen spielt dieses wilde Spiel mit und nutzt den Wahnsinn zu seinem Vorteil aus – und natürlich zum Vorteil des 1.FC Köln. Für Anfragen aus England gebe es einen Aufschlag, gibt Schmadtke seinem Schalker Kollegen Christian Heidel recht, und für China gebe es jetzt eben einen “Extra-Aufschlag”.
Die Privatperson Jörg Schmadtke sieht diese Entwicklung allerdings kritisch: “Ich finde, es zeigt, dass das Geschäft nicht gesund ist. Schlaflose Nächte macht mir das nicht, aber es gibt Tage, an denen ich mich schütteln muss.” Solche Worte sind eine Wohltat, denn endlich spricht ein direkt Beteiligter einmal aus, was man als Fußballfan kaum noch zu denken wagt. Irgendwie ist das doch alles ganz schön irre.
Das Dilemma zwischen der Privatperson und dem Manager
Da passt die aktuelle Meldung, dass in der Regionalliga Südwest in der kommenden Spielzeit eine U-Nationalmannschaft Chinas mitkickt ganz gut. Als hätte Schmadtke bereits davon gewusst, sagt er im “11Freunde”-Gespräch: “Alle reden darüber, dass man bei der Vermarktung nicht überdrehen darf, aber trotzdem nehmen die Klubs und Verbände fast alles mit, was sie kriegen können.” An dieser Stelle möchte man gerne nachfragen, was denn mit dem effzeh-Engagement in China ist, aber dennoch, wir vermerken positiv: Schmadtke ist sich zumindest bewusst, dass es Grenzen geben muss und dass diese bereits überschritten werden.
Es kann passieren, dass in diesem Moment irgendwo auf der Welt ein Milliardär aufwacht, an die Decke starrt und sich eine Zahl vorstellt, die er bereit ist, für einen Spieler auszugeben.
Voll auf der Euphoriebremse
Ansonsten spricht Schmadtke auch über die Qualifikation für den Europapokal und eventuell damit verbundene Gefahren. Und auch hier sind seine Antworten bemerkenswert. “Ich denke, der FC hat sich mit der Qualifikation Zeit erkauft, denn wir haben eine große Sehnsucht befriedigt. Und jetzt hoffe ich, dass man mit uns zumindest zwei Jahre lang Geduld hat, weil alle verstehen, was die Mehrfachbelastung für den Verein bedeutet.” Da ist er wieder, der mahnende Manager, der so gerne auf die Euphoriebremse tritt, der aber dabei ganz genau weiß, was für eine großartige und außergewöhnliche Saison hinter dem effzeh liegt.
Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images
Ob der effzeh in der kommenden Saison mit dem Abstieg nichts zu tun haben werde, wird Schmadtke später gefragt. Und auch hier hat der Manager die Euphoriebremse fast komplett durchgedrückt: “Darauf zu antworten, wäre riskant, denn mir fehlt aktuell die Phantasie vorauszusagen, wer nächstes Jahr absteigen soll. Es wird ein harter Kampf, damit gar nichts zu tun zu haben. Mit Stuttgart und Hannover kehren ja keine normalen Aufsteiger in die Liga zurück.” Wir möchten dem Manager des 1.FC Köln an dieser Stelle darauf antworten: Lieber Herr Schmadtke, wir sind bereit auch in der neuen Saison mit dem effzeh durchs Feuer zu gehen, wir nehmen den Kampf an. Denn es wird eine großartige Saison. Im Rheinland. In Deutschland. In Europa.