Der europäische Vereinsfußball ist zu einer echten Wirtschaftsmacht geworden, jedes Jahr wird ein neuer Rekord vermeldet – Grund genug für uns, uns das Ganze mal näher anzuschauen. Der zweite Teil unserer Serie behandelt die wirtschaftliche Situation des 1. FC Köln im Jahr 2017.
Citius, altius, fortius – das olympische Motto “Höher, schneller, weiter” beschreibt den Kapitalismus der Post-Moderne wohl einigermaßen treffend, auch in Bezug auf das Geschäft des Profifußballs. Während das einstige Kulturgut immer mehr zu einer profitorientierten Unterhaltungsindustrie wird, geht der eigentliche Geist des Sports verloren – Schuld ist für viele die Kommerzialisierung. In unserer dreiteiligen Serie “Fußball und Finanzen” blicken wir auf die Umsatzrekorde der beiden großen europäischen Ligen, die Situation des effzeh und die Zukunft des schönsten Spiels der Welt. Ein bisschen weniger Profitorientierung würde dem Profifußball gewiss nicht schaden – aber lest selbst!
Hinter dem 1. FC Köln liegt sportlich eine überragende Saison. Die etwas überraschende Qualifikation für die Europa League lässt viele effzeh-Fans mit einem leicht dämlichen Grinsen in die Sommerpause gehen, da man vielerorts noch gar nicht richtig realisiert hat, was genau sich da am 20. Mai 2017 in Müngersdorf zugetragen hat. Erstmals seit 25 Jahren spielt der effzeh wieder international – Grund genug, in die Jubelarien rund um den Verein aus der Domstadt miteinzustimmen.
Doch damit nicht genug: Auch mit Blick auf die Finanzen kommt man beim 1. FC Köln momentan aus dem Feiern wohl nicht heraus. Geschäftsführer Alexander Wehrle stellte bekanntlich im September die Geschäftszahlen der Saison 2015/2016 vor und siehe da, es gab viele Superlative zu bestaunen. Erstmals knackte der 1. FC Köln in jener Saison die magische Marke von 100 Millionen, was den Umsatz betrifft. Die Kommerzialisierung macht natürlich auch vor dem 1. FC Köln nicht Halt!
Finanzielle Bestmarken für den 1. FC Köln im abgelaufenen Geschäftsjahr
Doch was bedeutet „Umsatz“ für einen Bundesligaverein? In Anlehnung an den DFL-Report aus dem Januar 2017 setzt sich der Umsatz eines Fußballvereins in erster Linie aus sechs großen Faktoren zusammen: Spieltagserträge (Ticketverkauf, Catering, …), Werbung, mediale Verwertung (TV-Erlöse), Transfergelder (Gerhardt!), Merchandising (Trikot-Verkäufe) und Sonstiges (Mitgliedereinnahmen, Liegenschaften, …). Als nicht unwesentlicher Faktor erscheint in diesem Zusammenhang die Strategie des 1. FC Köln, gezielt neue Mitgliederinnen und Mitglieder anzuwerben und damit die Einnahmen in diesem Bereich zu steigern. Auch das Produzieren eines Karnevalstrikots ist in erster Linie als wirtschaftliche Entscheidung zu verstehen.
Genau genommen lag der Umsatz des 1. FC Köln bei 107 Millionen Euro. Der Gewinn nach Steuern lag bei 6,4 Millionen Euro, ebenfalls eine neue Bestmarke. Die im betriebswissenschaftlichen Jargon als „zinstragendes Fremdkapital“ bezeichneten Schulden lagen im abgelaufenen Geschäftsjahr der 1. FC Köln GmbH & Co. KGaA bei 19,9 Millionen Euro, ebenfalls eine Verbesserung zum Vorjahr. Das Eigenkapital stieg auf 9,2 Millionen Euro an, womit wir die Beschreibung des Prozesses der wirtschaftlichen Gesundung dann auch abschließen würden – Näheres dazu findet sich hier.
Wirtschaftliche und sportliche Konsolidierung
Fest steht: Der 1. FC Köln hat mit den beiden Geschäftsführern Alexander Wehrle und Jörg Schmadtke eine gute Wahl getroffen, um die wirtschaftliche und sportliche Konsolidierung einzuleiten. Die Komplexität und Unberechenbarkeit des Spiels Fußball hat nun ergeben, dass der 1. FC Köln sich in der kommenden Saison auf nicht wirklich eingeplante Mehreinnahmen freuen kann: Das bisherige Transferplus von 600.000 Euro dürfte sich in absehbarer Zeit ebenfalls nach oben verändern, wenn zum Beispiel ein Modeste-Transfer durchgeführt würde.
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Ein solcher Abgang würde dem effzeh sicherlich mehr als 30 Millionen Euro in die Kasse spülen, wobei man dabei auch vorsichtig sein muss. Durch den Verkauf des besten Torjägers wäre der 1. FC Köln zwangsläufig in der Verpflichtung, neues Personal zu rekrutieren – dafür dürften Wehrle und Schmadtke die Mehreinnahmen relativ direkt wieder reinvestieren. Dadurch jedoch, dass die anderen Leistungsträger des 1. FC Köln auf lange Sicht in Lohn und Brot stehen, greift der berühmte Satz „Das Tafelsilber ist abgesichert“ – ein Ausbildungsverein wie der effzeh muss sich eben langfristig durch Spielerverkäufe refinanzieren. Ein Transfer wie der von Jannes Horn passt also ins Bild, unabhängig davon, wie hoch die letztendliche Ablösesumme tatsächlich war.
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