Am Samstag könnte der 1. FC Köln Geschichte schreiben. Nicht das erste Mal im Mai, wie Ralf Friedrichs in seinem effzeh.com-Kalenderblatt für den Monat schildert.
Der Mai wird bekanntlich als „Wonnemonat“ bezeichnet. In den letzten 25 Jahren hat der 1. FC Köln wechselhafte Erfahrungen in diesem Zeitabschnitt des Jahres machen dürfen beziehungsweise müssen. Vor genau 25 Jahren, am 16. Mai 1992, verhalf ein schnödes 0:0 bei Dynamo Dresden dem effzeh zum vierten Platz in der Bundesliga-Abschlusstabelle. FC-Trainer Jörg Berger rannte nach dem Schlusspfiff in seiner grünen Ballonseidenhose auf dem Platz und sprang Falko Götz glücklich in die Arme. Der mittlerweile verstorbene Berger war somit der letzte Trainer, der eine Mannschaft des 1. FC Köln in den Europapokal führte.
Am kommenden Samstag kann es ihm nun Peter Stöger gleichtun. Sicher ist die Europapokalteilnahme natürlich noch lange nicht, ein Sieg ist Pflicht und weiterhin ist man vom Spiel der Freiburger bei Bayern München abhängig. Auch das Spiel der Leverkusener in Berlin wird Beachtung finden, zumal der eine oder andere FC-Fan still und heimlich den „Pillen“ die Daumen drücken wird, weil es nun mal aufgrund der Europa-Chancen sein muss. Zwei Sachen sind aber sicher, der effzeh muss sein Spiel gegen Mainz gewinnen und Peter Stöger wird definitiv nicht in einer grünen Ballonseidenhose am Spielfeldrand mitfiebern.
Der Mai ist der Monat der Entscheidungen und dieses Mal kann die Entscheidung über die Abschlussplatzierung „Geschichte“ schreiben. Auch persönliche Geschichte, denn ähnlich wie bei den Fragen „Wo warst du am 11. September?“ oder „Wie hast du das 7:1 gegen Brasilien erlebt?“ erinnern sich die wahren FC-Fans auch an die Begleitumstände, an denen ihr effzeh im Mai eines Jahres etwas Besonderes erleben musste oder durfte.
Auch „Läbbe geht weider“ wird 25
Auch der Kolumnist darf sich persönlich erinnern: Am 16. Mai 1992 war ich auf der Hochzeit einer Arbeitskollegin eingeladen, die Feier fand in den Innenräumen am Rande der Galopprennbahn in Weidenpesch statt. Handy beziehungsweise Smartphone warteten noch auf ihre Erfindung, aber dennoch wollten die nicht wenigen Fußball-Interessierten der Hochzeitsgesellschaft wissen, wie das Bundesliga-Finale ausgehen würde. Zum Glück hatte jemand ein kleines Transistorradio dabei. Damals war übrigens auch das Meisterschaftsrennen noch völlig offen, verrückte Sache. Eintracht Frankfurt (noch verrückter) war der Favorit, denn Yeboah und Co. brauchten nur beim bereits fest stehenden Absteiger Hansa Rostock zu bestehen, was aber geschichtsträchtig in die Binsen ging. Mit 2:1 verlor die Eintracht und „Stepi“ gebar seinen Spruch, der ihn bis heute unsterblich macht: „Läbbe geht weider …“.
Borussia Dortmund hätte der Nutznießer sein können, aber wenige Minuten vor Schluss gelang „Diego“ Buchwald ein Kopfballtor im Ulrich-Haberland-Stadion zu Leverkusen. Das war gut für den VfB Stuttgart von Christoph Daum, der plötzlich Meister war … und gut für den effzeh, der trotz müder Nullnummer Platz vier erobern konnte, weil unter anderem Leverkusen eben nicht gegen Stuttgart gewinnen konnte. Die gleichzeitige Niederlage Kaiserslauterns auf Schalke tat ihr Übriges dazu. Die Hochzeitsfeier in den bunten 90er-Jahre-Klamotten wurde aufgrund der FC-Europapokalteilnahme nun noch lustiger, als sie zuvor schon war. Einige Videos vom Abend sind bis heute erfolgreich und zu Recht von Facebook, YouTube und Co. ferngehalten worden.
Abstieg auf der Rheinbrücke
Umso schlimmer dann der Mai 1998, am 9.5. erwischte es den effzeh, durch ein 2:2 im Heimspiel gegen Daums Leverkusener stieg der Verein erstmalig ab … und für den Kolumnisten wurde die Rückreise aus den zuvor famosen Toskana-Flitterwochen zur Trauerfahrt. Unvergessen, dass der Abstieg des effzeh genau auf der Rodenkirchener Rheinbrücke via Radio-Konferenz besiegelt wurde. So etwas vergisst man nicht. Da konnte auch der abendliche Gesang des Kölner „Meisters“ Guildo Horn beim ESC nur schwach vom FC-Kummer ablenken.
Der erste Wiederaufstieg im Jahr 2000, nach einem irren 5:3 in Hannover, hatte die erste SMS des Lebens zur Folge, denn die Eltern, die sich an jenem 8. Mai Griechenland-Urlaub befanden, mussten doch über das Welt-Ereignis nebst Beschreibung des Wahnsinns-Tors von Alex Voigt unterrichtet werden. Nebenaspekt am Rande, an diesem Abend wurde erstmalig ein TV-Berichterstatter und Field-Reporter beim Sender DSF „auffällig“. Ein gewisser Thomas Wagner trank locker Kölsch mit Lottner und Co, damals war noch nicht absehbar, dass er einmal fester Bestandteil beim FC-Stammtisch Talk werden würde.
Man könnte nun ewig so weiter machen, so kann sicher jeder die eigenen FC-Mai Erlebnisse erzählen. Aber es wird Zeit, wieder in die Gegenwart einzutauchen, vor allem deswegen weil wir nun mitten in der Geschichte leben und sie miterleben dürfen. Der effzeh kann es tatsächlich schaffen, der Traum von Europa ist so nah wie eine Ewigkeit nicht mehr. So oder so werden sich die Fans später sicher an diesen 20. Mai 2017 erinnern. Entweder weil es der Tag ist, an dem Europa vergeigt wurde … oder, weil der Traum wahr wurde.
Der 20.5.2017 – Ein Tag für die Ewigkeit?
So oder so, der FC-Stammtisch Talk wird am 22. Mai (hier Infos) zum allerletzten Mal über die Bühne gehen. Das ist auch ein Grund, ein geschichtsträchtiges Thema zu besprechen, nämlich wie Europa es geschafft hat, 25 effzeh-lose Jahre zu überstehen und … den Jubellauf Peter Stögers in grüner Ballonseidenhose. Warum eigentlich nicht?
PS: Das Team, welches am 16. Mai 1992 die Europapokal-Teilnahme finalisierte: Bodo Illgner, Henrik Andersen, Karsten Baumann, Anders Giske, Hansi Flick, Frank Greiner, Olaf Janßen, Pierre Littbarski, Rico Steinmann, Henri Fuchs, Ralf Sturm. Eingewechselt wurden: Falko Götz, Frank Ordenewitz. Sie warten auf Nachfolger.
Vielen ist Ralf Friedrichs als Moderator des FC-Stammtisches bekannt. Der passionierte Anhänger des 1. FC Köln veröffentlichte darüber hinaus die Satirereihe „Neulich am Geißbockheim“ sowie weitere Romane. Einmal im Monat meldet er sich auf effzeh.com in seinem Kalenderblatt zu Wort.