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Kolumnen

Hennes ist tot – lang lebe Hennes

Die effzeh-Geschichte ist reich an Triumphen, Tiefschlägen und amüsanten Anekdoten. „Für ’ne Moment“ ruft besondere Ereignisse wieder in Erinnerung. Diesmal: Der erste Geißbock.

Foto: Nationaal Archief / Wim van Rossem

Dass der 1. FC Köln zu einem legendären Klub, weit über die Grenzen des Rheinlands hinaus bekannt, geworden ist, hat er auch einer Eingebung von Harry und Carola Williams im Februar 1950 zu verdanken. Im Rahmen der Karnevalssitzung des noch jungen Klubs, ausgetragen im Williamsbau auf der Aachener Straße, überreichten die Zirkusleute der verdutzten effzeh-Mannschaft einen Geißbock. Die hinlänglich bekannte Geschichte ist der Auftakt zur „Hennes“-Werdung des 1. FC Köln, denn in bierseliger Runde entschied man sich, den erst ein Jahre alten Bock nach Spielertrainer Hennes Weisweiler zu benennen. “Die Legende, der verängstigte Bock habe auf der Bühne Hennes Weisweiler angepinkelt, entspricht nach übereinstimmender Auskunft sämtlicher Zeitzeugen nicht der Wahrheit”, schildert der FC auf seiner Homepage.

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Hennes I. war also inthronisiert und sollte bis zum 4. November 1966, als er im hohen Ziegenalter von 17 Jahren verstarb, amtieren. Der „staatse Bock“, aufgerichtet fast 1,70 Meter groß, wurde schnell das unverwechselbare Maskottchen des Vereins, der fortan bundesweit als „Geißbockclub“ bekannt war. Vor allem Franz Kremer setzte sich gegen etliche Beschwerden aus den eigenen Reihen für das Tier ein, das schon bald auch ins Logo des Vereins aufgenommen wurde. Kaum verwunderlich, dass sich der FC herzlich um den Geißbock kümmerte: Zunächst verbrachte Hennes I. viel Zeit in der Marsiliusstraße, wo er bei Clubmitglied Wilhelm Siepen untergebracht war. 1959 zog er dann zu Landwirt Peter Filz nach Köln-Müngersdorf, zuvor war eine Ansiedlung im Köln-Dünnwälder Tierpark gescheitert.

[perfectpullquote align=”left” cite=”” link=”” color=”” class=”” size=””]Trat der FC ohne Geißbock in der Fremde an, betrachteten das die Gegner als Herabwürdigung.[/perfectpullquote]

Nicht bei den eigenen Heimspielen war Hennes I. ein echter Publikumsmagnet – er fuhr sogar zu den Auswärtspartien der mittlerweile als „Geißböcke“ bekannten FC-Elf mit. Teilweise reiste er sogar im Mannschaftsbus zu den Spielen. „Trat der FC ohne Geißbock in der Fremde an, betrachteten das die Gegner als Herabwürdigung“, heißt es in „Im Zeichen des Geißbocks – die Vereinsgeschichte des 1. FC Köln“. Erst Mitte der sechziger Jahre blieb das beliebte Maskottchen nach Beschwerden von Tierschützern bei Spielen auf fremdem Platz zuhause in der Domstadt. Als Glücksbringer jedenfalls vollbrachte Hennes I. wahre Wunder. Fünf westdeutsche Meisterschaften feierte der FC bis zur Einführung der Bundesliga 1963, den ersten nationalen Titel konnte man in Köln 1962 bejubeln. Zwei Jahre nach dem ersten Streich wurden die „Geißböcke“ der Premierensieger der neugegründeten Bundesliga – nicht nur Hennes I. war damals hocherfreut.

Am 4. November 1966 war dann die Amtszeit des ersten Geißbocks in der effzeh-Historie beendet: Im stolzen Alter von 17 Jahren verstarb Hennes I. – und die Frage, ob die Tradition eines lebenden Maskottchens in Köln weitergeführt werden solle. Bei Günter Neumann, der Hennes zuletzt betreut hatte, waren noch zwei weitere Böcke angesiedelt: „Oskar“ und „Heinzchen“ waren Geschenke von Privatleuten, sollten allerdings nie als kölsches Maskottchen amtieren. Die Gunst der Stunde nutzte abermals Carola Williams: Ende November überreichte sie Liselotte Kremer, der Frau des effzeh-Präsidenten, als Nachfolger Hennes II., der dem Verein als Glücksbringer dienen sollte. Der Einstand misslang dem neuen Bock allerdings: Der effzeh verlor unter den Augen des Maskottchens das Derby gegen Borussia Mönchengladbach mit 1:2. Hennes I. blieb unterdessen dem Verein auch nach seinem Tod erhalten: Sein ausgestopfter Kopf zierte lange eine Wand im Geißbockheim.

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