Als Kölner nimmt man sich selbst ja zumeist selbst nicht allzu ernst. Und so konnten die Anhänger des Ersten Fußballclubs Köln mit einem kleinen, verschmitzten Lächeln auf dem Gesicht vor dem Spiel gegen den VfL Wolfsburg darauf hinweisen, dass ja das Top-Duell des gesamten Spieltags in der Volkswagen Arena anstehen würde.
Die beiden direkten Bayern-Verfolger gegeneinander, Zweiter gegen Zweiter. Das klang schon nach Europa, dabei war ja gerade einmal ein Spieltag gespielt. Und natürlich konnte man als Fan des Geißbocks auch auf die Statistiken der letzten Spielzeit verweisen, um zu unterstreichen, dass sich zwei absolut ebenbürtige Teams in Wolfsburg gegenüberstehen würden. Schließlich landeten die Wölfe ja in der letzten Saison gerade einmal zwei Zähler vor dem effzeh. Die beiden Duelle in der letzten Saison endeten jeweils 1:1.
Insgeheim war die Favoritenrolle vor dem Spiel aber natürlich deutlich verteilt. Das VW-Team ist eben in der Lage, ohne mit der Wimper zu zucken, Spieler wie Yannick Gerhardt von der vermeintlich gleichwertigen Konkurrenz für knapp 15 Millionen Euro abzukaufen oder noch schnell nicht gänzlich unbekannte Profis wie Mario Gomez oder Jakub Blaszczykowski unter Vertrag zu nehmen. Nicht zu vergessen, dass man in Wolfsburg auch überhaupt kein Problem damit hat, heiß umworbene Talente wie Julian Draxler oder Ricardo Rodriguez zu behalten, da man keine Transfererlöse generieren muss.
Wer sich also ein wenig mit Deutschlands höchster Spielklasse beschäftigt hat, der wusste, dass für den VfL der achte Platz in der Abschlusstabelle 2015/2016 eine herbe Enttäuschung war, während man sich in der schönsten Stadt der Welt über Rang neun riesig freuen konnte. Klare Rollenverteilung also.
Mitspieler im Konzert der Großen?
Schon nach einer halben Stunde, als Mario Gomez gerade einmal durch einen dürftigen Flachschuss auf den höchst souveränen Bundesligadebütanten Sven Müller aufgefallen war, sah aber wieder alles nach letzter Saison aus nur mit besseren Gefühle auf kölscher Seite.
Wieder einmal konnte der effzeh mit einem vermeintlich stärkeren Team mithalten. Anders als noch in der letzten Saison konnte man allerdings keinerlei Qualitätsunterschied bemerken. Der effzeh kam nicht aus einer gesicherten Defensive und spielte am Maximum, während der Kontrahent einen schlechten Tag erwischte – vielmehr spielte sich von der ersten bis zur letzten Minute ein Duell auf Augenhöhe ab, das in Köln Lust auf mehr erwecken dürfte.
Nun sind Gefühle nicht immer leicht zu beschreiben und letztendlich lässt es sich auch nicht genau definieren warum, aber irgendwie spielte der 1. FC Köln wie in der letzten Saison, nur ein bisschen besser. Die Aktionen nach vorne waren zielgerichteter, die Spielanlagen forscher, der Auftritt noch deutlich selbstbewusster. Nur eine Unart der Vorsaison hatte sich die Stöger-Elf ohne Fortschritt beibehalten. Die schon beim hervorragenden Auftakt gegen Darmstadt deutlich gewordene Schludrigkeit bei eigenen Chancen, wie so oft sinnbildlich durch Leonardo Bittencourt vertreten.
Leo, der Chancentod
Der Deutsch-Brasilianer stellte das Selbstbewusstsein des Stöger-Teams als Person dar. Er kannte keinen Respekt vor seinem ehemaligen Teamkollegen Jakub Blaszczykowski, wirbelte immer wieder über links, scheiterte vor dem Tor aber immer wieder teils kläglich, wie bei seinem Ausrutscher nach einem gut getimeten Osako-Zuspiel nach gut 30 Minuten, als der effzeh seine beste Phase im Spiel hatte. Mal schien es das eigene Unvermögen, mal war es Wolfsburgs glänzend aufgelegte neue Nummer 1 Koen Casteels, die beispielsweise einen Volleyschuss von Mergim Mavraj kurz vor der Halbzeitpause mit einem sensationellen Reflex zur Seite abwehrte.
[symple_callout fade_in=”false” button_text=”Jetzt anschauen!” button_url=”http://devmode.effzeh.com/foto-wob-koe-sp2-201617/” button_color=”red” button_size=”big” button_border_radius=”6px” button_target=”self” button_rel=”” button_icon_left=”” button_icon_right=””]Die Fotogalerie zum Spiel[/symple_callout]Die Selbstverständlichkeit, mit der der effzeh teilweise gegen Wolfsburg das Spiel machte, lässt unweigerlich den Schluss zu, dass die Truppe von Peter Stöger außer mit dem FC Bayern mit jeder Mannschaft mithalten kann, dass die Siegesserie gegen Top-Teams in der vergangenen Hinrunde keine Eintagsfliege war. Und noch eine andere Szene erinnerte an die unter dem Strich erfolgreiche Vorsaison: Kurz nach der Pause foulte Wolfsburgs Robin Knoche den starken Yuya Osako im Strafraum elfmeterreif. Eine dieser Entscheidung, wo man einen Strafstoß geben kann, es aber auch lassen kann. Referee Guido Winkmann ließ es natürlich.
Alternativen für Stöger
Ansonsten zeigte sich aber insbesondere, dass die Qualität des kölschen Kaders in der Breite kaum noch abfällt. Auch wenn Peter Stöger schon früh in der Saison ungewöhnlich viele Verletzte zu beklagen hat, war das Fehlen einiger wichtiger Leistungsträger überhaupt nicht zu spüren. Ob Debütant Sven Müller, der Timo Horn ohne jegliche Nervosität und sehr abgeklärt vertrat, wenn auch er keine großartigen Paraden zeigen musste, oder Dominique Heintz und Mergim Mavraj, die in der Innenverteidigung wenig anbrennen ließen und Publikumsliebling Dominic Maroh beinahe vergessen ließen.
Und auch Yuya Osako vertrat den am ersten Spieltag so starken Artjoms Rudnevs mehr als nur solide. Er rannte wieder unermüdlich, riss viele Lücken und war mit seiner flexiblen Spielweise nur schwer zu packen für die Wolfsburger Hintermannschaft. Wären wir jetzt kreativ und lustig, würden wir beinahe von den AfS sprechen, den Alternativen für Stöger. Sind wir aber ja nicht.
Schrecken in der Autostadt
So bleiben bis auf die mangelhafte Chancenverwertung, die weiterhin existente Standardschwäche (in Koka we trust) und eine niveauarme und zerstückelte Schlussphase des Spiels nur wenige negative Aspekte, die der effzeh aus Wolfsburg ins Gepäck mitnimmt. Während man bei den “Wölfen” also schon wieder mit Schrecken sieht, dass sich das Team gegenüber letzter Saison noch nicht wirklich verbessert hat, muss man als effzeh-Fan nicht mehr verschmitzt lächeln, wenn man darauf hinweist, dass das eigene Team gegen Teams wie die VW-Werkself, die mehr als doppelt so viel wert sind, nicht nur noch Außenseiter ist.
Läuft es weiter wie in der letzten Saison, nur ein bisschen besser, dann ist ja vielleicht auch kein so eklatanter Leistungsabfall gegen einen Aufsteiger, der einen das Spiel machen lässt, zu sehen und der effzeh schließt an zwei starke Spiele am kommenden Freitag auch eine dritte zumindest ordentliche Leistung an.
[symple_toggle title=”Und sonst so?” state=”open”]Neuzugang Marco Höger scheint schon der Chef im Mittelfeld. Kapitän Matthias Lehmann hatte gegen den VfL Probleme mit den Zweikämpfen und gewann hier nicht einmal ein Viertel seiner Duelle. Höger dagegen war ungemein präsent und war ein wichtiger Faktor dafür, dass das Spiel nach vorne gradliniger und direkter lief als noch oftmals im letzten Jahr.
Der Autor dieses Nachspiels ist wahrlich kein Fan von Mergim Mavraj, gerade in der letzten Saison hat er vermehrt den Kölner Nachmittagshimmel angebrüllt aufgrund so einiger unnötiger Aktion des Albaners. Gegen den VfL machte Mavraj aber erneut ein starkes Spiel. Sowas verdient Anerkennung.
Der kölsche Support auf den Rängen war wie so oft vorbildlich. Rut und wiess strahlte es aus dem Kölner Block, die Pfiffe gegen Julian Draxler waren ebenso laut zu hören wie die Hymne. Diesbezüglich sind die VW-Anhänger aber natürlich keine Konkurrenz, auch wenn die Arena immerhin ausverkauft war.
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