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Ehrentribüne

Der Sport steht im Vordergrund

Ehrenamtliche organisieren ein Turnier für Flüchtlinge am Geißbockheim. Dabei steht das Miteinander im Vorder- und die Politik im Hintergrund. Das erzeugt eine tolle Stimmung und ein noch tolleres Turnier.

Foto: Marc Hillesheim

Am vergangenen Sonntag, den 12.06.2016, versammelten sich rund 300 Menschen am Geißbockheim, um auf dem Trainingsgelände der Jugendmannschaften ein großes Fußballturnier für Flüchtlinge zu veranstalten. Die knapp 200 Flüchtlinge spielten in 16 Mannschaften gegeneinander, während die mehr als 100 ehrenamtlichen Helfer*innen in die Organisation und den Ablauf eingebunden waren. Im Vordergrund stand dabei zwar auch das sportliche Miteinander, aber vor allem die positive Stimmung, die während des gesamten Turniers spürbar war. Ermöglicht wurde das Event von diversen Sponsoren, dem effzeh, drei Organisatorinnen und vielen, vielen Ehrenamtlichen.

Effzeh-Präsident Werner Spinner ließ es sich nicht nehmen, das Turnier persönlich zu eröffnen. Wenngleich er nicht das komplette Turnier verfolgte, konnte man die Freude Spinners über das, was da am Geißbockheim passierte, fühlen. Aus seiner hilfsbereiten und aufgeschlossenen Haltung gegenüber Flüchtlingen hat der 67-jährige ohnehin nie einen Hehl gemacht. Erst bei der Mitgliederversammlung im vergangenen Oktober machte er sich für Hilfsbereitschaft stark und bezeichnete den Vereinsaustritt einiger Ex-Mitglieder, die sich wegen seiner Haltung gegenüber Flüchtlingen zu diesem Schritt entschlossen hatten, als eine gute Sache, denn „deren Mitgliedschaft war ohnehin schon immer ein großes Missverständnis!“

Foto: Marc Hillesheim

Foto: Marc Hillesheim

„Fußball“ verstehen alle

16 Mannschaften, die sich aus den unterschiedlichsten Teilen der Welt zusammensetzten, spielten gegeneinander. Auch wenn der Fußball immer den sportlichen Ehrgeiz aller Beteiligten weckt, ging es höchst fair zu – allen Sprachbarrieren zum Trotz. Was für die Spieler ohnehin schon schwierig genug ist, stellt die Schiedsrichter auch vor große Herausforderungen. Doch auch Teile der U15 des SV Brauweiler, die die Spielleitungen übernahmen, empfanden sowohl die Aufgabe, als auch die Stimmung extrem positiv. Nicht nur die Erfahrung, selbst mal Spiele zu leiten, sondern auch, dass auf dem Platz eine ganz eigene, für alle verständliche Sprache gesprochen wird, beeindruckte viele nachhaltig, die es vorher so noch nicht erlebt hatten.

Rund vier Stunden kickten Mannschaften mit klangvollen Namen wie „FC Mado United“, „Team Hotel Methweg“ oder „Wohnheim Heinrich-Rohlmann-Straße“ gegeneinander. Die Teams setzten sich, auch untereinander, aus unterschiedlichsten Teilen der Welt zusammen, etwa aus Afghanistan, Syrien, Nigeria oder Ghana (ein Land, das offiziell als „Sicheres Herkunftsland“ eingestuft wird) – um nur wenige zu nennen. Und welche Sprache wurde dementsprechend abseits des Platzes am häufigsten gesprochen? Na klar: die deutsche. Begeistert nahmen viele zudem die Gelegenheit wahr, sich Flaggen ins Gesicht malen zu lassen. Die am häufigste Nachgefragte war die Deutsche – hauptsächlich um ihrer Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen.

Foto: Marc Hillesheim

Foto: Marc Hillesheim

Hilfsbereitschaft und Wertschätzung

„Das Verständnis, das die Menschen hier füreinander aufbringen, ist beeindruckend“ sagt Organisator Marcus Schiffer. Als einer von drei Verantwortlichen hat er monatelang herumtelefoniert, Sponsoren gesucht, Leute aus seinem Umfeld rekrutiert und während des gesamten Turniertages gerackert, damit alles funktioniert. „Wir wollten zwei Dinge erreichen: zum einen, dass die Flüchtlinge ihre existenzbedrohenden Sorgen zumindest für ein paar Stunden beiseitelassen können und zum anderen, dass sich alle ehrenamtlich engagierten Menschen, die sich bislang meistens nur über das Internet kannten, sich persönlich kennen lernen und den gegenseitigen Austausch stärken. Wir sind sehr froh darüber, dass uns beides gelungen ist.“

Überraschend war für das Organisationsteam die breite Zustimmung, die ihnen im Vorfeld des Turniers entgegen gebracht wurde. „Eigentlich fanden die meisten, die wir angefragt haben, unsere Idee hervorragend. So viel Zuspruch zu erhalten, war toll“ sagt Marc Hillesheim, der gemeinsam mit Schiffer und Thi-Dao Schnitzler den Kern des Organisationsteams bildete. „Ich fand es außerdem beeindruckend, wie wenig Stress es während des ganzen Turniers gab. Sonst geht es bei solchen Events ja häufig etwas ruppiger zu.“

Dass das Turnier im Wesentlichen durch Sponsoren gestemmt werden konnte, bestreitet allerdings niemand. „Einige haben wirklich einen großen Beitrag dafür geleistet“, so Schiffer weiter. „Die Feiermacher“ etwa, die das Getränkecatering übernahmen und technisches Equipment zur Verfügung stellten. Oder Bodo Düllberg, der die Musikanlage und zusätzliche Technik bereitstellte. Oder auch die Willi-Ostermann-Gesellschaft Köln, die mehrere hundert Kilo Obst spendete. Sie und viele andere trugen ihren Teil zum Gelingen des Ganzen bei. Das anwesende Sanitätsteam der Malteser musste zwar im Laufe des Tages einige Sportverletzungen beklagen, doch auch das konnte die Stimmung nicht trüben. Ebenso wenig wie der sintflutartige Regen, der das Turnier für eine gute halbe Stunde unterbrach.

Foto: Marc Hillesheim

Foto: Marc Hillesheim

Fußball als gemeinsamer Nenner

Längst existiert ein großes Netzwerk unermüdlicher Freiwilliger, die Flüchtlingen helfen und die auch das Turnier organisiert haben. Wo die Politik versagt, springen schon seit Monaten und Jahren Ehrenamtliche ein. Es wäre sicher kein so immenser ehrenamtlicher Aufwand zur Unterstützung der Flüchtlinge notwendig, wenn größere Unterstützung aus der Politik käme. Auch wenn die ehrenamtliche Hilfe oft hervorgehoben und gelobt wird, fängt sie nur in Bruchteilen das auf, was der Staat aus verschiedenen Gründen nicht hinbekommt. Das ist verantwortungslos und eine Vernachlässigung der Aufgaben, denen ein Staat nachkommen muss. Auch wenn das niemanden von der eigenen Verantwortung entbindet.

Doch politische Themen traten am Sonntag in den Hintergrund. Auch wenn sie das gar nicht mussten. Erneut zeigte sich nämlich, dass der Fußball tatsächlich die natürliche gesellschaftlich vereinende Rolle einnehmen kann, die ihm so oft attestiert wird. Er kann Menschen zusammenbringen, egal welcher Herkunft sie sind. Und er kann sie vor allem mobilisieren. Glücklicherweise scheint sich der effzeh dessen bewusst zu sein. Er hat seinen Teil dazu beigetragen, indem er die Plätze am Geißbockheim zur Verfügung stellte und durch Werner Spinner die Begrüßung sowie durch den Vorsitzenden des Mitgliederrates Stefan Müller-Römer die Preisverleihung übernahm. Es wäre schön, wenn andere Vereine sich am effzeh in dieser Hinsicht ein Beispiel nehmen könnten – und viele weitere Menschen an denjenigen, die das Turnier am Sonntag ermöglicht haben.

Der von allen bejubelte Sieger war übrigens das Team „Project Hope!“, was aber nur wenig Bedeutung für den gesamten Tag hatte. Da auch genügend Medaillen für alle Spieler gesponsert wurden, bekamen alle ihren Preis an einem tollen Tag, an dem nur der Regen teilweise störte.

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