Man muss ja fast schon dankbar sein, dass wir von Bildern wie denen in Stuttgart verschont bleiben: emotionale Fans, die auf Spieler einreden, verzweifeltes Sicherheitspersonal allenthalben, Angst vor dem sportlichen Super-GAU – dem Abstieg. Dass der möglicherweise entscheidenden Niederlage im Abstiegskampf ein insgesamt dann wohl doch friedlicher Platzsturm der Fans folgte, verdeutlicht, wie groß die Belastung des Existenzkampfes in der Bundesliga sowohl für Fans als auch für Spieler sein kann. Bilder, die auch für effzeh-Fans noch nicht allzu lang zurückliegen.
Man kann vor diesem Hintergrund eigentlich nicht ausreichend würdigen, dass der effzeh zum zweiten Mal in Folge in sehr souveräner Manier den Klassenerhalt feiern konnte. Dass es in der Bundesliga mal schnell nach oben und nach unten geht, ist allerdings auch nichts Neues und natürlich ist niemand davor gefeit, im nächsten Jahr in einen sportlichen Abwärtsstrudel zu geraten. Der aktuelle effzeh scheint aber zumindest gegen Ende dieser Saison nicht den Eindruck zu erwecken, als würde er dazugehören. Oder im Saisonendspurt abzuschenken.
Das letzte Bühnenstück der Saison gegen das noch vom Abstieg bedrohte Werder Bremen bot dann in zwei Akten à 45 Minuten noch einmal eindrucksvoll, welche Motive den effzeh seit dem ersten Spieltag kontinuierlich begleiten.
Das Motiv der mangelnden Konstanz
Wenn der effzeh es geschafft hätte, in einigen Phasen der Saison eine höhere leistungstechnische Konstanz an den Tag zu legen, würden wir jetzt nicht über den geschafften Klassenerhalt, sondern über Auswärtsreisen in Europa diskutieren. So viel steht fest, das sollte auch der zurückhaltendste effzeh-Fan anerkennen. Bei allem Respekt vor der Leistung des FSV Mainz 05 sehe ich keinen extrem großen qualitativen Unterschied zwischen beiden Mannschaften, den Mainzern gelang es allerdings, beständiger zu punkten. Denkt man an die Heimniederlagen gegen Hannover oder Augsburg oder auch die beiden Unentschieden gegen Hoffenheim – die fehlenden sieben Punkte auf Mainz hätte man wohl tatsächlich mit einer etwas größeren Konzentration und Konstanz erreichen können. Im Spiel gegen Bremen manifestierte sich diese Inkonstanz in den zwei sehr unterschiedlichen Halbzeiten, die dem ausverkauften Haus in Müngersdorf geboten wurden. Peter Stögers Umstellungen (Zoller und Gerhardt runter, Vogt und Osako rauf) brachten dem effzeh das nötige Maß an Stabilität und Passqualität: einer Halbzeit mit relativ viel Leerlauf folgte ein deutlich besserer zweiter Durchgang, in dem der effzeh klare Möglichkeiten hatte, in Führung zu gehen. Zugegebenermaßen hätte auch der SV Werder Bremen in Führung gehen können, was das Unentschieden dann über 90 Minuten auch verdient macht. Aber dennoch bleibt häufig die Frage, was wäre gewesen, wenn Modeste/Bittencourt/der Elfmeter…Ziemlich viele Konjunktive, ich weiß. Aber in manchen Phasen ging dem effzeh die Konstanz ab.
Das Motiv der Schiedsrichterleistungen
Thema Elfmeter. Minute 72, Maroh wird von Djilobodji am Knie getroffen, sinkt zu Boden – doch der Pfiff des Schiedsrichters Zwayer bleibt aus. Auch an dieser Stelle kein Hinweis auf irgendwelche fabulierten tatsächlichen Tabellen – der effzeh steht zurecht dort, wo er steht. Eventuelle Potenziale nach oben wurden aufgrund eigener Verfehlungen nicht erreicht, damit haben die Leistungen der Unparteiischen nichts zu tun. Doch die Häufigkeit der Szenen, in denen gegen den effzeh entschieden wurde, steht auch ein wenig sinnbildlich für diese Saison.
Natürlich hätte Werder Bremen im ersten Durchgang auch zurecht das Führungstor erzielt, wenn Schiedsrichter Zwayer den Einsatz gegen Timo Horn nicht falsch gedeutet hätte. Ob für oder gegen den effzeh – Schiedsrichterleistungen gehören auch dazu, muss man akzeptieren. Da man sie nicht beeinflussen kann, sollte man seine Energie eher auf andere Dinge verwenden.
Das Motiv der Abwehrarbeit
40 Gegentore nach 33 Spiele, das bedeutet einen Gegentorschnitt von ungefähr 1,21 pro Spiel. In der Bundesliga stellt der effzeh damit die fünftbeste Abwehr und auch im europäischen Vergleich muss man sich da nicht verstecken. In allen anderen großen europäischen Ligen findet man sich in illustrer Gesellschaft von Mannschaften, die in der kommenden Saison in europäischen Wettbewerben antreten. Die defensive Stabilität des effzeh dürfte mittlerweile nach dem Karneval das wichtigste Kulturgut der Stadt sein. Symbolisiert wurde die Lust aufs Verteidigen im Spiel gegen Bremen durch Dominic Maroh, der sich in der Nachspielzeit in einem (für den effzeh ja an sich unbedeutenden) Spiel derart heldenhaft in einen Schuss des großen Claudio Pizarro warf, dass begeisterte Väter die Szene mit ihren Söhnen unmittelbar im Anschluss im heimischen Garten nachspielten. Möglich, dass Maroh bald auch per Grätsche die ein oder andere totalitäre Diktatur zum Stürzen bringt oder nach seinem Vorbild Maschinen für die Spargelernte gebaut werden. Vincent Kompany, derzeit verletzter Abwehrchef bei Manchester City, ist wohl Marohs Bruder im Geiste.
Das Motiv der Chancenverwertung
Auch so ein Thema, das den effzeh in dieser Saison begleitet. Mal ganz davon zu schweigen, dass Felix Wiedwald in der gesamten Saison 65 Gegentore schlucken musste und AUSGERECHNET gegen den effzeh zwei Mal (darunter einmal im Pokalspiel im Oktober) zu Null spielte – jeder Statistikdienst Ihrer Wahl dürfte zu dem Ergebnis kommen, dass die Ratio zwischen Torversuchen und tatsächlich erzielten Toren beim effzeh unterdurchschnittlich schlecht ist. Aufwand und Ertrag stehen nur selten in einem passenden Verhältnis, was sich auch gegen Bremen bewahrheiten sollte: Modeste scheiterte zwei Mal am gut reagierenden Wiedwald, der auch gegen Bittencourt und Zoller die Überhand behielt. Marcel Hartel hätte ebenfalls sein erstes Bundesligator erzielen können. Für die kommende Saison würde man sich schon damit zufriedengeben, wenn der effzeh zumindest Durchschnitt in der Chancenverwertung wäre. Oder Dominic Maroh häufiger aus dem eigenen Strafraum auf das gegnerische Tor grätscht.
Für den letzten Auftritt des effzeh in Dortmund wäre es nicht schlecht, zu punkten, damit das Ziel eines einstelligen Tabellenplatzes und somit die persönliche Meisterschaft erreicht werden kann. Außerdem wäre es cool, die Saison mit fünf ungeschlagenen Spielen in Folge zu beenden.