Ein großer FC-Präsident ist von Bord gegangen. Albert Caspers, bodenständiger Eifler mit hervorragender Karriere in der Automobilindustrie, hat mehr für die Entwicklung des 1. FC Köln getan als vielfach vermutet. Um das zu verstehen, muss man zurück ins Jahr 1997. Der Verein war in den unseligen 90er durch Misswirtschaft und Klüngeltum an den Rande des Ruins geraten. Zu allem Überfluss geriet der Verein noch in eine Führungskrise. Guter Rat war teuer und die massgeblichen Kräfte in der Stadt mieden den Posten des FC-Präsidenten wie der Teufel das Weihwasser. In dieser verzweifelten Phase fragte man auch bei Albert Caspers an.
Zu aller Überraschung ließ er sich auf das Abenteuer ein, obwohl er, wie er in einem Interview damals sagte, eher Fan sei und keine Ahnung von Fussball habe. Caspers war dem Klub seit Jahren über das FORD-Sponsoring wohlwollend verbunden. Er machte sich daran und stellte das Gebilde FC auf den Prüfstand und erkannte ziemlich schnell, dass der Verein faktisch pleite war und – noch schlimmer – in einer Managementstrukturkrise steckte. Unermüdlich verhandelte er mit Finanziers und schaffte es durch sein beharrliches, kompetentes Verhandeln, ohne großes Tamtam, den Verein in ruhiges Fahrwasser zu schleusen.
Gleichzeitig trieb er die Professionalisierung voran, so investierte er in Marketing, Merchandising und Mitgliederwerbung- und -betreuung. Positionen wie die des Fanbeauftragten wurden auf die Schiene gesetzt. Caspers erkannte zudem, dass die Managementfunktionen vom Verein getrennt sein müssten. Die Grundlagen für die KGaA wurden gelegt und er bewies in Personalfragen ein gutes Händchen mit Hannes Linsen oder Andreas Rettig als sportlichem Leiter ober aber auch Klaus Horstmann, der als kfm. Verantwortlicher über 12 Jahre den Verein prägen sollte. Seither ist eine Doppelspitze für die Belange des Vereins verantwortlich.
Visionär war Caspers in einer wichtigen Frage – und zwar der Spielstätte. Die Betonschüssel des Müngersdorfer Stadions entsprach in keinster Weise mehr den sich ändernden Bedürfnissen des Konsumenten-Fans. Laufbahn, zugige Plätze und desolate VIP-Flächen, grenzwertiges Catering und Vieles mehr hielten immer mehr Sponsoren davon ab die Spiele der Geißböcke zu sponsern oder die Fans davon ab die Begegnungen vor Ort zu schauen.
Er brachte die Idee eines neuen Stadions auf. Eine reine Fussballarena, mit guter Sicht für alle, großzügigen VIP-Bereichen und funktionalen Geschäftsräumen für das Vereinsmangement. Zur WM 2006 sollte die Arena bereit sein. Die Diskussion über seine Idee hob an und insbesondere auch sein Vorschlag, dass der FC diese Arena in Eigenregie erstellen sollte, forderte nun die besagten maßgeblichen Kräfte Kölns heraus. An der Spitze Fritz Schramma und dem damaligen Leiter des Sportamtes Hans Rütten gelang es die Idee Caspers aufzugreifen – allerdings anders als von Caspers geplant.
Die Stadt sollte die Arena bauen und in eine eigenständige, städtisch kontrollierte GmbH übertragen. Jetzt zeigte sich ein Manko Caspers, er war nicht drin im vielfältigen Netzwerk der Stadt. Schramma schaffte es zudem den Stadionbau als sein Wahlkampfthema breit zu streuen und gewann bekanntlich damit dann auch die Kommunalwahl. Im Fahrwasser Schrammas übernahm Rütten die lohnende Geschäftsführung der GmbH.
Caspers große Niederlage – eine gute, modere Idee entwickelt, aber okkupiert von anderen und zu Lasten des Vereins umgesetzt. Denn Schramma dachte nicht daran alternative Lösungen und Finanzierungsmodelle zu Gunsten des Vereins auch nur anzudenken. Sieht man sich in der Nachbarschaft um, kann man gerade beim Erzrivalen in Gladbach sehen, welche finanziellen Vorteile ein eigenes Stadion hat. Musste der FC hohe Mieten an die Stadion GmbH zahlen, so konnte Gladbach durch das eigene Stadion ganz andere Finanzierungschancen erzielen, was dort letztendlich direkt auch der Mannschaft zugutekam.
Dagegen herrschte beim 1. FC Köln “Schmalhans Küchenmeister”. Durch die geringen finanziellen Ressourcen konnte nicht in die Qualität des Kaders investiert werden. Caspers und das Management waren froh, überhaupt die immer schärfer werdenden DFL-Vorschriften erfüllen zu können. Aus dieser Schieflage entwickelte sich eine beispiellose Kampagne zu Lasten von Caspers. Immer häufiger wurde er in den örtlichen Medien aufgrund der sportlichen Misere angegriffen – unterschwellig wurde ihm nun vorgehalten, dass er keine Ahnung von Fussball habe, was ja immerhin Jahre zuvor eine Eigenaussage Caspers gewesen war.
Immer lauter wurden die Rufe nach sogenannter sportlicher Kompetenz im Präsidium, am besten durch einen Weltmeister. Angefeuert wurde die Debatte durch einen offenen Brief von Verleger Alfred Neven DuMont, in welchem dieser Wolfgang Overath zur Übernahme des Vereins aufforderte und das alles im Bewusstsein, dass Caspers zu dem Zeitpunkt der gewählte Präsident des 1. FC Köln war. Overath zierte sich, insbesondere auch, nachdem Caspers ihm einen Platz im Präsidium – verantwortlich für alle sportlichen Belange – anbot. Mit der öffentlichen Meinung, insbesondere auch der veröffentlichten, stellte Overath die Machtfrage: er oder ich.
Der Ausgang ist bekannt. Caspers erkannte die Ausweglosigkeit eines Machtkampfes mit einem Weltmeister und zog sich zurück, beziehungsweise wurde dazu gedrängt. Overath übernahm.
Unrühmlich bleibt die Behandlung Caspers durch Overath und dem neuen Vorstand im Anschluß in Erinnerung: kein Wort der Anerkennung der Leistungen Caspers, geschweige denn eine Ehrenposition als Ehrenvorsitzender bzw. Ehrenmitglied. Das Ganze nahm Formen eines Fortjagens eines räudigen Hundes vom Hof an.
Erst das aktuelle Präsidium um Werner Spinner rehabilitierte Caspers und erkannte dessen Leistungen voll an und machte ihn verdientermaßen am 27.02.2014, dem Tag seines 81. Geburtstages, zum Ehrenmitglied. Das Verhältnis Caspers zum effzeh entspannte sich. Caspers hat das Stadion aber dennoch seit dem Overath-Eklat nie mehr betreten.
Was wird von Albert Caspers bleiben? Die Professionalisierung des 1. FC Köln, die finanzielle Konsolidierung, frühzeitig die richtigen Fragen und Ideen gestellt bzw. entwickelt zu haben.
Außerdem steht der Name Albert Caspers für einen unsäglichen Umgang im Verein, unterfüttert mit einer öffentlichen Meinungsmache, die als Karies in den unwürdigen Vorkommnissen im Mai 2012 letztendlich müdete.
Der Verein tut gut daran Alber Caspers ein ehrendes Andenken zu erhalten. In der Geschichte des 1. FC Köln wird er neben dem glänzenden Franz Kremer als derjenige eingehen, der den FC am Leben gehalten und trotz aller Umwege die Weichen für eine gute Zukunft gestellt hat.