Eintracht Frankfurt gegen den 1. FC Köln. Ein Topspiel, das sportlich zwar rasant, aber nicht hochklassig war. Ein Topspiel, das auf beiden Seiten viele Fehler und viele Chancen präsentierte. Ein Topspiel, das zwar die kölsche Torflaute beendete, aber verdeutlichte, dass Mut mitunter nicht alles ist. Ein Topspiel, das zwei stimmungsvolle Anhängerschaften sah, die in ihrer Leidenschaft teils zu weit gingen. Ein Topspiel, das leider aus effzeh-Sicht 2:3 ausging und die dritte Niederlage in Folge bedeutete.
Ausgangslage
Der effzeh reiste nicht nur mit zwei Niederlagen im Gepäck nach Frankfurt, sondern auch mit einer nervigen Diskussion um die Offensive und einer Torflaute von 417 Minuten. Damit dass das Krisengerede in der folgenden Länderspielpause nicht weiter anschwillt, sollte im Waldstadion etwas Zählbares her. Peter Stöger, der alte Realist, hielt dies für möglich – der zahlreich erschienene Kölner Anhang auch.
Dabei hatte der Gastgeber doch nach einem Sieg in Hamburg neun Zähler auf dem Konto und könnte durch einen Erfolg über den glorreichen 1. FC Köln einen weiteren Satz in die obere Tabellenhälfe machen. In Hamburg allerdings war der Sieg glücklich und die Eintracht wirkte unter ihrem neuen Trainer Thomas Schaaf wahrlich nicht unschlagbar. Allerdings hatte nicht nur der Verfasser dieser Zeilen einen Heidenrespekt vor Alexander Meier – zu Recht, wie sich später herausstellen sollte.
Personal
Quelle Surprise: Peter Stöger baute sein Team nach dem 0:2 gegen die Über-Bayern mächtig um. Yannick Gerhardt wurde von der Startelf auf die Tribüne versetzt, Simon Zoller und Yuya Osako gingen den umgekehrten Weg. Für Anthony Ujah, Adam Matuschyk und (große Überraschung) Kapitän Miso Brecko blieb nur ein Bankplatz. Dafür rückten Kevin Vogt sowie Marcel Risse in die Startelf. Pawel Olkowski übernahm Breckos Posten hinten rechts in der Viererkette, die damit erstmals in dieser Saison verändert auflief.
Bei der Eintracht ging Thomas Schaaf das ganze doch konservativer an: Der wiedergenesene Carlos Zambrano rückte zurück in die Startaufstellung, dazu begann Takashi Inui. Stefan Aigner und Timothy Chandler saßen zunächst genauso auf der Bank wie der Ex-Kölner Martin Lanig. Ein hessisches 4-3-1-2 stellte sich dem Kölner 4-2-3-1 gegenüber.
Spielverlauf
Wer dachte, die Teams würden sich zu Beginn der Partie eine quälende Abtastphase liefern, der sah sich massiv getäuscht. Mit offenem Visier gaben beide Teams Vollgas – Kölner Mauerfußball? Ich weiß nicht, wovon ihr redet. Immer wieder nutzte der effzeh die zahlreichen Ballverlust der Frankfurter und kombinierte sich schnell nach vorne. Zoller vergab frei vor Wiedwald (10.), des Öfteren verpassten die “Geißböcke” den entscheidenden Pass im Sechzehner. Defensiv wackelte die Beton-Abwehr nur einmal: Der heute sichtlich unsichere Hector rutschte weg, bügelte seinen Fehler aber im Anschluss mit dem langen Bein gegen Alex Meier wieder aus (5.).
Der erlösende Moment folgte für die effzeh-Fans nach 15 Minuten: Vogt spielte Risse nach einem Frankfurter Ballverlust auf der linken Seite brillant frei, der Kalker Jung blieb im Strafraum eiskalt und beendete die kölsche Torflaute. Doch das Momentum blieb nicht beim effzeh, gleich doppelt musste Horn direkt nach der Führung seine Qualitäten ausspielen: Erst parierte er gegen Haris Seferovic (16.), danach hielt er Alex Meiers Versuch (17.). Geballte Faust beim sonst so ruhigen Keeper, geballte Fäuste und Aufatmen im Gästeblock.
Doch das Momentum, die Spielkontrolle war dem effzeh verloren gegangen. Die Eintracht, bis dato fehlerbehaftet und dadurch anfällig für Kölner Konter, dominierte jetzt Ball und Gegner. Die Suche nach einer Lücke in der effzeh-Defensive war für die Hessen allerdings schwierig. Ein Tohuwabohu im Sechzehner nutzte der starke Inui zum Torschuss, doch Hector per Kopf klärte auf der Linie. Dennoch: Der Ausgleich schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein, gelangen dem effzeh doch keinerlei Nadelstiche nach vorne mehr. In der 44. Minute war es dann soweit: Seferovic flankte von rechts mit dem Außenrist, Meier hielt ungedeckt den Kopf hin. 1:1, alles wieder auf null zum Pausenpfiff.
Auch nach dem Seitenwechsel kein langes Abtasten, das Spiel blieb wie in Halbzeit eins: Rasant, aber fehlerbehaftet. Gerade im Passspiel und der Ballverarbeitung schien der effzeh zu Beginn der zweiten Hälfte nicht auf Augenhöhe zu sein. Kaum verwunderlich, dass die Frankfurter dies ausnutzten: Wieder Seferovic von rechts, wieder Flanke, wieder Meier ungedeckt, wieder Tor (54.). Stellungsfehler wie in dieser Situation von Dominic Maroh, zögerliches Abwehrverhalten wie Jonas Hector außen: Gnadenlos bestraft!
Es schien ein “Hallo Wach!”-Moment für den effzeh zu sein. Peszko kam für Halfar – und der effzeh wurde wieder initiativer, wieder zupackender, wieder galliger. Die Belohnung: Vogts Diagonalball fand den einlaufenden Hector, der linke Außenverteidiger stürmte auf Wiedwald zu und überlupfte den Frankfurter Keeper gefühlvoll. 2:2 – das Spiel war wieder ausgeglichen, der Gästeblock außer Rand und Band. Das Spiel folgte diesem stimmungsvollen Rhythmus von den Rängen: Inui und Seferovic waren für die SGE gefährlich, Risse zirkelte im Anschluss einen Distanzschuss knapp am Tor vorbei. Defensiv war offen Holland bei der Stöger-Elf: Immer wieder gelang es den Frankfurtern nach Kölner Ballverlusten gefährlich nach vorne zu kommen oder Lücken in der Defensivarbeit aufzudecken.
In dieser Phase sollte die Entscheidung fallen, das war klar. Beide Teams drängten auf die erneute Führung, beim effzeh war mittlerweile Ujah für Osako im Spiel. Das Tor fiel allerdings auf der anderen Seite – und das höchst unglücklich. Eine Oczipka-Ecke bugsierte Wimmer in Richtung eigenes Gehäuse an Horn vorbei, der zwar noch reagieren konnte, den Ball aber erst hinter der Linie erwischte. Die erneute kalte Dusche für den effzeh, der aber nicht aufgab und weiter nach vorne drängte. Ein erneuter Diagonalball auf Peszko hätte beinahe den direkten Ausgleich bewirkt, doch Frankfurts Anderson klärte die flache Hereingabe vor dem einschussbereiten Ujah. Die wütenden Angriffe der Kölner bewirkte nichts mehr, Eintracht brachte den Sieg clever über die Zeit.
Spieler im Fokus
Jonas Hector Der auffälligste Spieler beim effzeh, sowohl positiv als auch negativ. War defensiv gegen Inui, Seferovic und Co. mehrmals überfordert. Sein Ausrutscher zu Beginn schien mir symptomatisch für sein gestriges Spiel. Wäre, ja wäre da nicht seine Rettungstat auf der Linie und vor allem sein erstes Bundesligator gewesen. Eiskalt und gefühlvoll in einem – ein schöner Treffer nach starkem Lauf. Offensiv wohl so präsent wie noch nie!
Timo Horn Zwei Wahnsinnstaten nach dem 1:0. Auf der Linie ist der Ex-Rondorfer (was habe ich ihn im Block gefeiert!) bärenstark, auch wenn er natürlich beim 2:3 unverschuldet unglücklich aussieht. Kann allerdings beim Rauslaufen noch mehr machen, fing sich für sein zögerliches Agieren in der 1. Halbzeit bereits einen heftigen Anpfiff von Kevin Vogt ein.
Pawel Olkowski Gab sein Debüt hinten rechts – und machte seine Sache gut. Ging entschlossen nach vorne, versuchte sich ins Spiel einzubinden und stand sogar defensiv solide, wenngleich mitunter ein wenig weit weg vom Gegenspieler. Dennoch: Ein echter Aktivposten, der zeigte, dass er mehr als nur eine Alternative für den ewigen Miso auf der Rechtsverteidigerposition ist. Bildete mit Peszko am Ende ein gutes Duo.
Kevin Vogt Wie die komplette Mannschaft: Licht und Schatten. Dass diesmal allerdings das Licht in der Offensive liegt, war nicht zu erwarten. Bereitete beide Treffer sehenswert vor. In der Rückwärtsbewegung jedoch nach dem 1:0 ohne Zugriff auf das Frankfurter Mittelfeld. War anstatt Matthias Lehmann der verbale Führungsspieler im Team, versuchte seine Mannen mehrmals wachzurütteln und anzufeuern. Verpasste Halfar und Horn in den ersten 45 Minuten lautstark einen Einlauf.
Fazit
Wie viele Punkte gibt es jetzt nochmals für ein mutig erspieltes 2:3? Gerade so im Vergleich zu einem dreckig ermauertem 0:0 mit defensiverem Fußball? Auch wenn die Niederlage bitter und aufgrund des 2:3 unglücklich war: Sie war auch verdient. Verdient, weil wir defensiv große Lücken und individuelle Fehler präsentierten. Wer gegen eine durchschnittliche Bundesliga-Offensive wie die der Frankfurter soviel zulässt, der sollte sich eingestehen, dass eine defensivere Spielweise vermutlich die richtigere und wichtigere ist.
Dennoch sollte sich der effzeh davon nicht entmutigen lassen. Es war ein erneutes Spiel auf Augenhöhe bei einem Gegner, wo wir Punkte nicht als Selbstverständlichkeit begreifen sollten. Wichtig ist jedoch, dass sich dieser fehlenden Qualitätsunterschied auch schnellstens in der Tabelle niederschlägt. Von mutigem Auftreten, guter Moral, brillanter Fitness und vernünftigen Spielen kann sich letztlich im Kampf um Platz 15 keiner etwas kaufen, wenn nach 90 Minuten die Punkte fehlen. Und dafür muss manches besser werden, vor allem aber die Konzentration im letzten Spieldrittel bei den Hereingaben und Pässen. Und das Ausnutzen gegnerischer Fehler – denn letztlich war es genau das, das uns heute um den Lohn einer couragierter Leistung brachte.
Die Statistik zum Spiel:
Eintracht Frankfurt: Wiedwald – Ignjovski , Zambrano, Anderson, Oczipka – Russ – Medojevic (88. Chandler), Hasebe – Inui – Meier (90.+2 Madlung), Seferovic (86. Aigner)
effzeh: Horn – Olkowski, Maroh, Wimmer, Hector – Vogt, Lehmann – Halfar (61. Peszko), Risse –Osako (72. Ujah) – Zoller (81. Nagasawa)
Tore: 0:1 Risse (15.), 1:1 Meier (44.), 2:1 Meier (54.), 2:2 Hector (65.), 3:2 Wimmer (Eigentor, 79.)
Gelbe Karten: Seferovic – Vogt
Schiedsrichter: Wolfgang Stark (Ergolding)
Zuschauer: 51.000