Die Fußballweltmeisterschaft ist neben den Olympischen Spielen das größte Sportereignis der Welt. Für die Vereinsmannschaften bedeutet das vor allem eines: Ruhe. Wir verweilen währenddessen aber nicht in den Liegestühlen und erinnern uns an FC-Helden oder Nicht-Helden aus den jeweiligen WM-Nationen. Heute: Der argentinische Mädchenschwarm, der kam, traf und wieder verschwand: Mariano Tripodi.
Argentinien – Iran, 21.06.2014, 18 Uhr, Estadio Mineirao, Belo Horizonte, Gruppe F
Ennepetal – du Perle am Rande des Ruhrgebiets. Mit knapp 30.000 Einwohner gehört die “Stadt der Kluterhöhle” zu den Metropolen im Ennepe-Ruhr-Kreis. Fußballerisches Aushängeschild der Stadt ist der TuS Ennepetal. Dass die erste Mannschaft die Saison in der Oberliga Westfalen auf Tabellenplatz 12 abgeschlossen hat, dürften nur die wenigstens Fußball-Fans der Republik wissen. Dass in Ennepetal (zumindest einmal im Jahr) aber Fußball von nationalem und internationalem Format gespielt wird, das ist zumindest in FC-Kreisen spätestens seit dem Jahr 2006 bekannt. Da nämlich nahmen die von Frank Schaefer trainierten Geißböcke am “Internationalen Ennepetaler Pfingstturnier” teil, einem U19-Turnier, bei dem regelmäßig nationale und internationale Top-Teams zu Gast sind. Die Kölner spielten gut und zogen trotz starker Konkurrenz ins Finale ein. Dort wartete der Club Atlético Boca Juniors aus Buenos Aires. Der Verein des großen Diego Armando Maradona. Und der argentinische Nachwuchs hatte einen Stürmer im Gepäck, der seine gleichaltrigen Gegenspieler immer wieder vor unlösbare Probleme stellte. Er sorgte dafür, dass die Boca Juniors das Finale gegen den FC gewannen, wurde Torschützenkönig und entsprechend zum besten Spieler des Pfingstturniers gewählt. Sein Name: Mariano Tripodi.
Der Jubellauf des Mariano “TriPoldi”
Schaefer und auch der damalige FC-Scout Stephan Engels waren überzeugt vom Talent des Stürmers mit den langen braunen Haaren und den himmelblauen Augen, der immerhin fünfmal für Argentiniens Jugendauswahl auflief. Und so lieh der gerade wieder frisch aus der Bundesliga abgestiegene 1. Fußballclub der Stadt den talentierten Angreifer zunächst für ein Jahr aus. Die Hoffnungen und Erwartungen waren groß, vielleicht zu groß: Der Boulevard taufte den Neuerwerb “TriPoldi”, in der Hoffnung, Tripodi könne den nach der WM zum FC Bayern gewechselten Publikumsliebling Lukas Podolski nicht nur gleichwertig ersetzen, sondern wäre auch dreimal so gut, wie Prinz Poldi. Doch “El Leon” sollte sich erst langsam akklimatisieren und kam zunächst nicht über Einsätze in der U23 des FC hinaus. Im Dezember war es dann schließlich soweit: Die Rückkehr des Messias war beschlossene Sache und Tripodi stand im Heimspiel gegen den MSV Duisburg, dem ersten Pflichtspiel-Auftritt von Rückkehrer, Held und Hoffnungsträger Christoph Daum, im Zweitliga-Kader. Zunächst durften in der Offensive aber Matthias Scherz, Milivoje Novakovic, Adil Chihi und Peter Madsen wirbeln. Erst als der FC zur Pause nach zwei Treffern eines gewissen Markus Daun zurücklag, kam Tripodi für Marvin Matip ins Spiel. Die Kölner kassierten noch ein drittes Tor, ehe Joker Tripodi in der Nachspielzeit doch noch stach und den 1:3-Ehrentreffer erzielte. Diesen zelebrierte er allerdings, als habe er soeben die Albiceleste höchstpersönlich zum WM-Titel geschossen. Das sorgte nicht nur auf den Rängen, sondern wohl auch bei Trainer Daum für reichlich Verwirrung. So kam es, dass Tripodis erster Pflichtspiel-Einsatz im FC-Dress auch sein letzter bleiben sollte. Die Leihe endete und Tripodi ging zurück zum Maradona-Club.
Unerreichte Quote
Was von Mariano Tripodi bleibt, ist eine Torquote, die in den Annalen des 1. FC Köln ihresgleichen sucht: Ein Pflichtspiel-Einsatz – ein Tor – 100 Prozent Quote. Doch auch was die Testspiel-Einsätze angeht, ist Tripodi wohl unerreicht: In sechs Freundschaftskicks traf der Argentinier sechsmal! Dass Mister 100% trotzdem nicht der erhoffte Nachfolger für Lukas Podolski wurde und seine vielversprechenden Auftritte in Ennepetal letztlich ein uneingelöstes Versprechen blieben, ist eine von so vielen Geschichten des Scheiterns, die sich in diesen Jahren rund ums Geißbockheim zugetragen haben. Immerhin spielte Tripodi im Jahr 2008 noch für sechs Monate beim FC Santos, der sportlichen Heimat von Edson Arantes do Nascimento – kurz Pelé.
Damit kickte der Junge aus Buenos Aires bei gleich in zwei Vereinen, die einen der größten Fußballer der Welt hervorbrachten. Dazu kommt eine hundertige Trefferquote für den Verein, der als erster Bundesligist den Titel „Deutscher Meister“ tragen durfte. Es gibt wahrlich Spieler, die weit weniger von sich behaupten können. In der Saison 2013/14 spielte Tripodi übrigens für den brasilianischen Club Sociedade Esportiva e Recreativa Caxias do Sul. Auch schön.