Der glorreiche 1. FC Köln wird 70 Jahre alt. Grund genug, der “Oma effzeh” einen Liebesbrief zu schreiben, findet unser Autor Moritz Zimmermann.
Liebe Oma 1.FC Köln,
zu deinem 70.Geburtstag freue ich mich einfach nur. Oma ist die Beste! Ich möchte, dass du das weißt und nie vergisst. Oma, du bist mein Gefühl von Heimat. Wenn ich zu dir komme, dann fühle ich mich wieder wie mit fünf oder sechs Jahren, alles ist perfekt. Oma, du bist diejenige, die die Familie zusammenhält. Ja, wir sind alle sehr verschieden, meine Geschwister, meine Eltern, deren Geschwister, von den seltsamen Cousins will ich gar nicht erst anfangen. Aber wenn wir bei dir am Tisch sitzen, dann sind wir uns alle einig. Einer für alle, alle für Oma.
Ich liebe es, wenn du von früher erzählst. Deine frühe Kindheit war wohlbehütet und gleich mit Erfolgen gespickt. Wie du schon bei der Einschulung brilliert hast! Westdeutscher Meister mit sechs Jahren, hach, verdamp lang her.
Ein Blickfang in Jugendjahren
Als Teenagerin hast du dann allen den Kopf verdreht, Jungen und Mädchen gleichermaßen. Meine Oma als Teenagerin, das war eine echte Wucht! Wunderschön, anmutig, glorreich. Was ist eigentlich mit diesen Genen passiert im weiteren Verlauf? Bei mir ist davon heute irgendwie nichts übriggeblieben. Du dagegen, was hattest du für Verehrer! Franz Kremer, Hans Schäfer, Wolfgang Overath, Heinz Flohe, Karl-Heinz Thielen – alle standen sie Schlange! Das erfolgsverwöhnte Mädche us Kölle kannte als Teenagerin nur das Gewinnen. Der 1.FC Köln, eine Spitzenmannschaft. Ich könnte dir stundenlang zuhören, wenn du davon erzählst.
Dann kamst du in mein jetziges Alter, was für eine aufregende Zeit! Hättest du damals mal Meilen gesammelt, ich könnte heute noch davon um die Welt fliegen. Europa, die Welt, das war das, was dich interessierte. Klar, Köln, die Heimat, die war dir stets das Nächste. Aber als junge aufstrebende Frau will man schließlich auch was sehen von der Welt. In Europa hast du dabei so gut wie alles gesehen. Die vielen Dienstreisen haben dich aber auch zum Nachdenken gebracht, weshalb du mit 27 endlich die eigene neue Wohnung in Müngersdorf bezogen hast. Was für ein schickes Teil! Die hat einfach zu dir gepasst. Und pünktlich mit 30, wenn so die ersten Zweifel einsetzen, was man denn noch so erreichen kann in seinem Leben, da hattest du beruflich den Höhepunkt erklommen. Das Double. Unvorstellbar. Sagenhaft.
Der Ernst des Lebens
Danach kehrte dann der Ernst des Lebens ein, wie du immer so schön sagst. Bei keinem hat das mehr gestimmt, als bei dir, Oma. Als Frau mit Führungsaufgaben warst du natürlich weiterhin viel unterwegs, eine professsionelle Geschäftsreisende eben. Du bist einfach eine Frau von Welt! Dafür blieb im Heimatgeschäft der ganz große Erfolg aus. Manchmal hast du dich vielleicht sogar zu sehr aufs Ausland konzentriert. Immerhin, dein Ruf eilt dir bis heute voraus, üvverall jitt et Fans vom FC Kölle. Ach, Oma ist die Beste.
Aber auch die Beste kommt mal in eine Midlifecrisis. So ein Hang zu Jubiläen hast du ja, genau mit 50 warst du plötzlich nicht mehr erste Wahl. Ein echter Rückschlag. Aber Oma ist eine Kämpferin! Was hast du dich seitdem geplagt, bist immer wieder aufgestanden, leider auch immer wieder gefallen. Doch dann eben wieder aufgestanden. Meine Oma. Auch darauf bin ich stolz.
Oma, die Abenteurerin
Und da mit 66 Jahren das Leben wieder anfängt gehörst du nun wieder dazu. Sogar die Lust am Reisen ist zurückgekehrt. Und ich bin unendlich dankbar, dass du mich mitgenommen hast, auf deine erste große Dienstreise nach 25 Jahren. London, Belgrad, Borissov. Du bist und bleibst eine Abenteurerin. Vielleicht hast du nicht aus allen Fehlern der Vergangenheit gelernt, vielleicht kann ich hin und wieder nicht verstehen, für welchen Weg du dich gerade entscheidest, aber sei dir sicher, Oma, du bist und bleibst für mich die einzig wahre große Liebe. Bliev su, wie de bes!
In Liebe, dein Enkel Moritz