Folge uns
.

Kolumnen

40 Punkte und das verpasste Saisonziel

“Lieber 1. FC Köln, diese Saison hat wirklich Spaß gemacht…” – zu diesem Fazit kommt Stefan von der #SektionTwitter in seinem Gastbeitrag zur abgelaufenen Spielzeit.

Foto: Dirk Unschuld
Foto: Dirk Unschuld

Foto: Dirk Unschuld

Sonntag, 10.Mai 2015, 19.20 Uhr. Der 1. FC Köln darf sich auch in der kommenden Saison mit den besten Mannschaften in Deutschland messen. Nach einem 2:0 über den FC Schalke 04 ist sicher, auch nächstes Jahr spielen wir weiter in der 1. Fußball-Bundesliga. Döpdödödöp.

Der wohl souveränste Klassenerhalt in der jüngsten Geschichte des 1.FC Köln. Eine Saison, die nicht nur verdammt ruhig, sondern auch vollgepackt war mit Rekorden. Die Ruhe wurde in erster Linie natürlich vom Sportvorstand des Vereines vorgelebt. Mit Peter Stöger und Jörg Schmadtke sind hier zwei Personen am Werk, die mit einem anscheinend so niedrigen Ruhepuls unterwegs sind, dass man Angst haben muss, sie würden in ihren Interviews beim Reden gleich einschlafen.

Aber kommen wir zum sportlichen Teil dieser Saison. Es begann mit einem lockeren Aufgalopp im DFB-Pokal in Braunschweig, wo man sich am Ende doch souverän mit einem 4:0 gegen die FT Braunschweig aus der Regionalliga Nord durchsetzte.

Die Hinrunde

Der Auftakt in die neue Bundesliga-Saison 14/15 hätte aus effzeh-Sicht kaum besser starten können. Sechs Punkte aus den ersten vier Spielen, darunter natürlich die obligatorischen drei Punkte beim VfB Stuttgart am 2. Spieltag. Platz acht. Man sah sich im Soll. Jedoch sollte zu diesem Zeitpunkt, aus meiner Sicht, die einzig gefährliche Situation in dieser Spielzeit aufkommen. Nach drei Niederlagen in Folge gegen Hannover 96, Bayern München und Eintracht Frankfurt stürzte man auf Platz 14 und es wartete im kommenden Spiel Borussia Dortmund. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte noch kein Mensch ahnen, was der BVB für eine katastrophale Hinrunde spielen würde.

Ein sonniger Tag im Oktober sollte aber für 90 Minuten die effzeh-Welt auf den Kopf stellen. Durch Tore von Kevin Vogt und Simon Zoller (!!) gewann man völlig überraschend mit 2:1 gegen den BVB. Ganz Köln stand Kopf. Nach dem Spiel hatte man das Gefühl, der effzeh hätte sich gerade für die Champions League qualifiziert. Überall freudestrahlende Gesichter. Man merkte den Menschen an, so etwas hatte der kölschen Seele sehr gefehlt. Ein Sieg gegen einen großen Gegner.

Die Woche darauf ging es nach Bremen. Freitagabendspiel, dazu noch Freimarkt in Bremen. Es war angerichtet. Der zweitschlimmste Gästeblock der Liga, vollkommen überfüllt, obwohl die Szene vor dem Stadion stand. Es durften keine Getränke mit in den Block genommen werden, Verzehr nur im Innenraum vor der Großbildleinwand. Jedoch schien der SVW an diesem Abend Mitleid mit dem effzeh zu haben. Selten habe ich einen lebloseren Haufen gesehen als dort… und wir erinnern uns alle an die Abstiegsmannschaft vom #effzeh aus dem Jahr 2012. Am Ende: 1:0-Sieg! Der Seelenfrieden war wieder komplett hergestellt, wenn da nicht dieser eine Spielverderber in dieser Saison gewesen wäre… Denn die Woche darauf hätte man einen großen Schritt machen können.

Das Trauma Freiburg

“Wer dreimal in der Saison gegen Freiburg verliert, muss eigentlich absteigen.” schallte es mir ironischerweise am vergangenen Samstag nach dem letzten Saisonspiel entgegen. Tatsächlich ist der SC Freiburg, neben dem FC Bayern, die einzige Mannschaft, gegen die wir in dieser Saison keinen einzigen Zähler geholt haben. Gegen jede weitere Truppe wurde zumindest ein Punkt geholt. Wenn ich überlege, welches von den drei Spielen gegen Freiburg das Schlimmste war, dann würde ich wahrscheinlich das Spiel im Pokal auswählen. Auch wenn es dafür keine Punkte gab, für mich persönlich der erschreckendste Auftritt in der abgelaufenen Saison der Mannschaft.

Zurück zum Geschehen. Der effzeh hatte nach den beiden Siegen in Folge die große Chance sich von unten abzusetzen, es folgte das Heimspiel gegen den SC Freiburg. Wenn man sich vor dem Spiel so umhörte, war dies eine klare Angelegenheit. Freiburg wird hier heute dreistellig aus dem Stadion geschossen. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Vladimir Darida sorgte mit seinem 1:0-Siegtreffer dafür, dass ein bis heute vollkommen unverständliches Pfeifkonzert durch Müngersdorf schallte und der effzeh wieder auf dem Boden der Tatsachen landete. Doch man sollte sich von dieser Niederlage schnell erholen. Mit zwei weiteren Siegen (in Hoffenheim und auf Schalke) sowie einem Unentschieden gegen Mainz ging es, wie es sich für einen Karnevalsverein gehört, trotz mehrerer Rückschläge auf Platz elf in die Winterpause. 19 Punkte im Sack. 21 fehlen noch. Das ist machbar.

Der erste internationale Titel seit 2003

Zwölf Jahre musste man beim effzeh auf einen Titel warten. Zwölf Jahre nach dem 2:0-Sieg gegen Sparta Prag im Finale des Alpencup in Bregenz konnte der effzeh wieder einen internationalen Titel in die Domstadt bringen. Beim Florida Cup 2015 setzte man sich souverän gegen die brasilianischen Vertreter Corinthians 1:0 und Fluminense 3:2 durch und siegte vor einer namentlich hier nicht genannten Mannschaft von einem Parkplatz kurz vor Köln. Der wohl größte Titel seit dem Sieg beim Uhrencup 1991! Am Ende sollte der effzeh die einzige deutsche Mannschaft sein, die dieses Jahr einen internationalen Titel holte.

Die Rückrunde

Als frisch gebackener Florida-Cup-Sieger ging es nun am 18. Spieltag nach Hamburg in die AOL, ähh..HSH, ähh.. Imtech.. ähh.. Ach, es ging nach Hamburg. 2:0 auswärts. Kann man besser in eine Rückrunde starten? Ein Doppelpack vom Kalker Jungen Marcel Risse ließ das kölsche Hätz höher schlagen. Es folgten zwei Unentschieden (wir haben die Partien allesamt vergessen), ehe es dann am Karnevalssamstag in Gladbach zu dem Tag kam, den man am liebsten aus dem Gedächtnis streichen möchte. Nicht das Ergebnis, sondern die Begleitumstände um dieses Spiel sind allen in den Köpfen geblieben. Die Strafe und die daraus folgenden Reaktionen von Seiten des Vereins sowie der aktiven Fanszene sind bekannt und werden uns wohl noch einige Zeit weiter beschäftigen.

Ungeachtet davon blieb die Mannschaft aber in der Spur. Der effzeh verstand es in dieser Saison, wie aber auch schon im Aufstiegsjahr, immer dann da zu sein, wenn man die Punkte brauchte. Nach vier sieglosen Spielen (mit Pokalaus in Freiburg) drohte das Team erneut wie auch in der Hinrunde abzurutschen. Nun kam ausgerechnet die Eintracht aus Frankfurt mit seinem Topstürmer Alex Meier. Doch es kam mal wieder alles anders. Mal wieder punktete die Mannschaft genau dann, wenn sie es am dringendsten nötig hatte. 4:2 gewann man in einem herausragenden Heimspiel. Es scheint fast so, als könnte Peter Stöger die Truppe immer genau auf den Punkt neu motivieren. Aber es ist auch die Ruhe im Verein, die die Mannschaft genau dazu führt, dass man ohne weitere Nebengeräusche fokussiert weiter arbeitet und sich immer auf den nächsten Gegner neu einstellt.

Der Fall Ujah

So wurde es eigentlich nur noch ein einziges Mal etwas unruhig in der Stadt. Der Tag, an dem der SV Werder Bremen die Verpflichtung von Anthony Ujah bekannt gab. Die Reaktionen sind nicht gerade positiv ausgefallen, weder in den sozialen Netzwerken noch in der Presse oder auf Spruchbändern im Stadion. Aus dem Nichts ist er weg, der (kölsche) Jung. Wir wissen alle, dass diese Bekanntgabe alles andere als glücklich verlaufen ist, aber dennoch gehört an diese Stelle ein kurzes Dankeschön an Tony. 21 Buden und sechs Vorlagen in den letzten beiden Spielzeiten. Tony, ohne Dich gäbe es keine 1. Liga, ohne Dich gäbe es keinen Klassenerhalt. Dafür vielen Dank.

Foto Credits: Dirk Unschuld

Foto: Dirk Unschuld

Saisonfinale und der Traum von Baku

So sollte es am Ende tatsächlich doch noch dazu kommen, dass man hinter vorgehaltener Hand noch dieses zwei bösen Wörter in dem Mund nehmen konnte: Internationales Geschäft. Der effzeh hatte plötzlich nach dem 2:0 gegen Schalke die Chance, natürlich nur, wenn alle für uns spielen, doch noch über Umwege in die Europa League zu kommen. Donnerstagabend in Baku. Ein Traum. Dazu hätte aber natürlich alles passen müssen. Doch nach der 0:2-Niederlage in Mainz konnten wir auch dieses zum Glück wieder schnell zu den Akten legen. Egal. Denn der 1.FC Köln hat den ersten von vielen kleinen Schritten gemacht, er darf auch weiterhin in der Bundesliga spielen und das vollkommen zu Recht.

Das verpasste Saisonziel

Was die Mannschaft um Peter Stöger in dieser Saison erreicht hat, ist aller Ehren wert. Der effzeh, der zeitweise mit neun Spielern aus der Aufstiegstruppe auf dem Feld stand und dabei die komplette Saison auf Patrick Helmes verzichte musste, hat bewiesen, dass er mit dem vorhandenen Material mehr als souverän die Klasse halten kann. Der Trainerstab hat es verstanden, dass man die spielerischen Defizite nur über das Kollektiv als Mannschaft ausgleichen kann und formte eine echt Truppe. Etwas, was man aus den vergangenen Zeiten in Köln nicht kannte. Hier steht ein echtes Team auf dem Rasen. Jeder war bereit für das Ziel zu kämpfen, den Klassenerhalt. Die Mannschaft wurde nur punktuell verstärkt. Ein Pawel Olkowski entpuppte sich als wahrer Glücksgriff und wurde nach nur acht Monaten mit einer Vertragsverlängerung belohnt. Kevin Vogt, welcher zu Beginn der Saison noch so seine Schwierigkeiten mit seiner neuen Rolle beim effzeh hatte, wurde zu einer unverzichtbaren Stütze im defensiven Mittelfeld und räumte mit seinem Partner Matthias Lehmann so gut wie alles weg. Zum Ende der Saison zeigte dann auch Yuya Osako, warum man sich entschied ihn von 1860 München nach Köln zu holen. Mit Mavraj hat man einen Innenverteidiger in der Hinterhand, auf den man sich immer verlassen konnte, wenn er gebraucht wurde.

Lediglich Simon Zoller, der sich nach einem halben Jahr entschied, doch lieber wieder in der 2. Liga zu spielen und Allrounder Dusan Svento blieben in den Erwartungen zurück. Den zur Winterpause ausgeliehenen Deyverson, den eine Muskelverletzung lange außer Gefecht setzte, nehme ich mal aus der Bewertung raus.

Was schon in der 2. Bundesliga zu erahnen war, hat sich in dieser Saison wieder ein Stück weit mehr gezeigt. Man ist wieder in der Lage, Spieler weiter zu entwickeln und zu formen. Mit Jonas Hector hat der effzeh wieder einen deutschen Nationalspieler in seinen Reihen und mit Kevin Wimmer einen österreichischen Auswahlakteur geformt. Das dieser nun zusätzlich für eine Millionensumme nach England wechselt, zeigt auch, was hier für eine Arbeit geleistet wird. Es werden wieder Ablösesummen erzielt! Man wäre sogar vor der Saison bereit gewesen, einen jungen Spieler wie Yannick Gerhardt für 8 Mio € nach Lissabon abzugeben. Die Fehler, die frühere Geschäftsführer gemacht haben, Spieler zu halten, bis sie die angebotene Summe nicht mehr wert sind, werden nicht mehr gemacht. Kein Spieler scheint unersetzbar und wenn, dann will man dafür sorgen, dass dieser dann auch für gutes Geld geht.

Foto: Dirk Unschuld

Foto: Dirk Unschuld

So sehen wir am Ende der Saison sogar noch einige Rekorde. 13 mal spielte der effzeh in dieser Saison als Aufsteiger zu Null. neunmal davon sogar 0:0. Das gab es noch nie. Darauf kann man stolz sein. Jeder, der meint, diese 0:0 Spiele wären unerträglich gewesen, der möge jetzt bitte auf die Homepage seines Vertrauens gehen, die Tabelle ansehen und die neun Punkte von den erreichten 40 abziehen und dann schauen, wo der effzeh stehen würde. Zudem geht der effzeh ungeschlagen aus dem eigenen Stadion in der Rückrunde. Herrje, wann hat es so was zuletzt gegeben?

Lieber 1. FC Köln, diese Saison hat wirklich Spaß gemacht und wir sind gespannt, welche Überraschungen Du in der kommenden Saison noch so für uns im Gepäck hast. An oberster Stelle wird natürlich die Titelverteidigung in Florida stehen. Vielen Dank für eine souveräne und nahezu, für effzeh-Verhältnisse, ruhige Saison.

Achja…

Wäre da nicht dieser eine Schönheitsfleck. Das ausgesprochene Saisonziel, Platz 15, wurde nicht erreicht. Demnach sollte sich nach der Saison der Vorstand, aber auch sportliche Leitung hinterfragen, wie dies passieren konnte. Wir erwarten dementsprechende Reaktionen.

Text: Stefan Buck / #SektionTwitter

Mehr aus Kolumnen

.