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Zwischenzeugnis für neuen Vorstand des 1. FC Köln: Alleine verlieren alle?

Haben sich interne und externe Kommunikation unter dem neuen Vorstand in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit gebessert? Das effzeh.com Zwischenzeugnis des neuen Präsidiums zum Thema Kommunikation.

COLOGNE, GERMANY - APRIL 23: Werner Wolf, chairman of the administrative board leads the the extraordinary general meeting of 1. FC Koeln at LANXESS Arena on April 23, 2012 in Cologne, Germany. (Photo by Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images)
Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

„Vertrauen ist das Schlüsselwort. Ohne Vertrauen brauchst du gar nicht erst zu beginnen“ – mit diesen Worten beschrieb Werner Wolf auf der Vorstellungspressekonferenz des Vorstandsteams bestehend aus Wolf, Jürgen Sieger und Eckhart Sauren das aus ihrer Sicht wichtigste Element, um erfolgreich den 1. FC Köln zu leiten. Und fügte anschließend hinzu: „Es ist wichtig, dass man sich aufeinander verlassen kann. Das ist bei uns da, die Chemie stimmt. Wir ergänzen uns gut.“

Das Motto „Gemeinsam gewinnen alle“ wurde danach als Wahlkampfmotto aus der Taufe gehoben. Und Jürgen Sieger antwortete vor der Saison auf die Frage, was sich im Verein ändern muss: „Ich glaube, wie man zusammenarbeitet und mit unterschiedlichen Meinungen umgeht, der Respekt vor den Gremien, die man ja selbst geschaffen und in der Satzung verankert hat, Zuhören lernen – ich will niemandem zu nahe treten, aber da ist viel Luft nach oben.“

“Es ist wichtig, dass man sich aufeinander verlassen kann. Das ist bei uns da, die Chemie stimmt.”

Das diese Worte 100 Tage nach Amtsantritt alles andere als gut gealtert sind, legte der zwischenzeitliche Rücktritt von Rechtsanwalt und Vizepräsident Sieger offen. Die Chemie innerhalb des Vorstands stimmte anscheinend doch nicht wie gewünscht, gedacht und verkündet. Doch das Arbeitszeugnis des Trios ist vielschichtiger und wie so vieles nicht nur in den Farben Schwarz und Weiß zu sehen.

FC-Stammtisch Talk Wolf Sieger Sauren

Werner Wolf und Jürgen Sieger beim FC-Stammtisch | Foto: Dieter Voß

Mit obigem Motto war das Ziel – neben zahlreichen Wahlversprechen – jedenfalls klar formuliert und im Grunde sehr ähnlich zu dem der (damit auch gescheiterten) Vorgänger des neuen Kölner Vorstands: Auf der einen Seite die entstandenen internen Gräben zuschütten und eine neue Kultur im Verein etablieren. Auf der anderen Seite den Verein wieder in der Öffentlichkeit vernünftig repräsentieren und dafür sorgen, dass das Image als Chaosverein, bei dem zu viele Personen mitreden, verschwindet. Das eine ist interne Kommunikationsarbeit, das andere externe Öffentlichkeitsarbeit. Grundsätzlich findet Kommunikation immer nach außen und nach innen statt.

Schaut man auf die “kommunikative Bilanz” des neuen Vorstandes nach den ersten 100 Tagen, bietet es sich dabei an, zwischen interner und externer Kommunikation zu unterscheiden. Beide hängen freilich ein Stück weit zusammen, werden aber zunächst einmal getrennt voneinander betrachtet.

Externe Kommunikation: Keine Meisterleistung

Zunächst muss festgehalten werden, dass der neue Vorstand für die sportlichen Krisen wenig bis gar nichts kann. Sprichwörtlich ins kalte Wasser geschmissen zu werden und dann bei Sturmflut schwimmen lernen zu müssen, ist extrem undankbar. Für das Krisenmanagement und die Öffentlichkeitsarbeit dieser Zeit zeichnen Wolf und Co. dennoch verantwortlich – und die war unterm Strich verbesserungswürdig.

Einen ersten Aufschlag in der Öffentlichkeit machte Präsident Wolf mit einem ein wenig naiv geführten Interview bei Sky während einer Halbzeitpause. Dort bekannte der neue Präsident, mit dem damaligen Geschäftsführer Veh verlängern zu wollen. Eine unnötige Wasserstandsmeldung. Wolf schwächte damit unnötig die Verhandlungsposition des Vereins und sprang bereitwillig über das Stöckchen, das die Medien ihm hingehalten hatten. Dass Veh dieses Angebot und die ausgestreckte Hand dann auch noch ausschlug, ließ den Vorstand mit ersten Kratzern zurück. Doch während man das damals noch unter “Startschwierigkeiten” einsortieren konnte, sah das wenige Wochen später schon anders aus.

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Beim Hin und Her um die Einstellung von Horst Heldt, der erst im Gemeinsamen Ausschuss abgelehnt wurde, was wiederum Gerüchte um eine Rücktrittsdrohung von Alexander Wehrle beflügelte, die schließlich per Stellungnahme auf der Website vom Vorstand dementiert wurde, gelang ebenfalls keine stringente Erzählung. Ein paar Tage später wurde Heldt doch als neuer Geschäftsführer installiert. Wolf hatte noch kurz zuvor in einem Interview erklärt, Qualität sei nun wichtiger als Tempo. Dass der nicht über jeden Zweifel erhabene Heldt dann dennoch in Windeseile eingestellt wurde, verstärkte nur den Eindruck eines nicht allzu souverän agierenden Trios.

China-Debatte: Hektische Stellungnahmen

Die Causa China fügte sich schließlich in diese unruhige und wenig durchdacht wirkende Öffentlichkeitsarbeit ein: Anscheinend unabgesprochen auf die unabgesprochenen und zugegeben wenig diplomatischen Worte Stefan Müller-Römers zu reagieren, die den Vorsitzenden des Mitgliederrats ausgerechnet in der BILD-Zeitung zum „Gewinner des Tages“ machte, bediente letztlich nur das altbekannte Image des Chaosvereins vom Rhein. Zusätzlich konterkarierte man mit der Distanzierung von Müller-Römer die positiv aufgenommen Schlagzeilen um den Ausstieg aus dem Projekt in China.

Die Rüge, welche man sich von der DFL laut einem Bericht des Express abholte, hätte man durchaus zunächst intern bearbeiten und in Ruhe mit den Gremien besprechen können, statt innerhalb weniger Stunden per “Klarstellung” spürbar angepasst auf externen Druck zu reagieren. Gewonnen hatte mit dieser Mitteilung keiner. Lediglich Alexander Wehrle, Mitglieder Internationalisierungskommission der DFL, dürfte an diesem Mittwoch nicht nur dank der vier Tore, die der FC in Frankfurt erzielte, etwas beruhigter zu Bett gegangen sein. Der Kölner Finanz-Fachmann hatte die Bestrebungen des FC, in China Fuß zu fassen, in den letzten Jahren zusammen mit Ex-Präsident Werner Spinner federführend voran getrieben.

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Das Ziel, den Mantel des Chaosvereins abzustreifen und Ruhe in den Verein zu bringen wurde von Vorstandsseite in den ersten 100 Tagen also keineswegs erreicht. Geordneter wurde die Außendarstellung erst, als die für das Tagesgeschäft Verantwortlichen Heldt und Gisdol die Kommunikation übernahmen und sich Wolf und Co. wieder in den Hintergrund zurückziehen konnten.

Intern herrscht ein besseres Miteinander – oder?

Doch wie sieht es mit der Binnenkommunikation aus? Der Rücktritt von Vizepräsident Sieger sticht bei dieser Frage heraus. Der Verdacht, dass die auf der Vorstellungspressekonferenz gesprochenen Worte („Die Chemie stimmt“) und das Motto („Gemeinsam gewinnen alle“) offensichtlich nicht allzu umfassend gelebt wurden, liegt nahe – auch wenn der Rücktritt offiziell aus „persönlichen Gründen“ geschah. Doch die Missstimmungen im neuen Vorstand begründet mit der Tatsache, dass der 66-jährige Rechtsanwalt nichts oder zu wenig von dem, was er sich vorgenommen hatte, in die Tat umsetzen konnte, waren schon länger ein offenes Geheimnis rund ums Geißbockheim. Die schnelle Trennung scheint jedoch eher inhaltliche denn kommunikative Gründe gehabt zu haben.

Dennoch muss festgehalten werden: Die Kommunikation innerhalb der Gremien des Vereins hat sich anscheinend merklich verbessert. Das gilt insbesondere im Vergleich zum Vorgängervorstand: Spinner, Schumacher und Ritterbach akzeptierten und beachteten die Kontrolle durch den Mitgliederrat im Laufe ihrer Amtszeit immer weniger, verpesteten damit willentlich das Binnenklima und versuchten am Ende sogar aktiv, die Anhängerschaft zu spalten, indem man versuchte Kritiker pauschal in eine Ecke mit “gewaltbereiten Ultras” zu stellen.

Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images

Diese „Teile-und-Herrsche“-Vorgehensweise war keine Erfolgsgeschichte: Auf einer Mitgliederversammlung wurde der damalige Präsident Werner Spinner ausgepfiffen, sämtliche Anträge der Vereinsführung wurden in den letzten drei Jahren abgeschmettert. Im Ergebnis wurde der Mitgliederrat fast ausschließlich mit eher kritischen Kandidaten besetzt. Offensiv zu spalten, statt zu versöhnen und begangene Fehler aufzuarbeiten – der alte Vorstand scheiterte am Ende trotz Wiederaufstieg auch auf Grund seiner Scheuklappen und gewählten internen Kommunikationsstrategie.

Dieser Dissens zwischen Mitgliederrat und Vorstand existiert nach Aussage aller Beteiligten nicht mehr. Man hört sich wieder zu und diskutiert angeregt. Auch wenn die öffentliche Rüge, welche man Müller-Römer für seine Aussagen gegenüber China erteilte, dem Mitgliederrat nicht geschmeckt haben dürfte. Inwieweit diese unnötige Aktion das Verhältnis zukünftig trüben kann, wird die Zukunft zeigen. Ebenfalls positiv ist der kommunikativ eher entspannte Umgang des neuen Vorstands mit Verfehlungen der aktiven Fanszene, zum Beispiel dem Einsatz von Pyrotechnik und den daraus folgenden möglichen DFB-Strafen – hier gibt sich der neue Vorstand bisher angenehm zurückhaltend.

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Es gibt viel Luft nach oben

Über die verbesserte interne Kommunikation hinaus allerdings schaffte man es bislang nicht Aufbruchstimmung zu kreieren und das Image des Vereins entscheidend zu verändern. Eine neue Kultur zu etablieren, gelang intern aber immerhin bereits ein Stück weit. Der nächste Schritt muss sein, das den Mitgliedern zu vermitteln. Dass der Mitgliederrat neuerdings im “Geißbockecho” erklärt, wie die Gremienstruktur des Vereins genau aussieht und so manchem Mythos auf den Grund geht, ist absolut lobenswert. Aber müsste dies nicht auch die Aufgabe des Vorstands sein? Immerhin trägt das Präsidium an den jüngsten Krisensituationen und damit auch an der im Club-Umfeld derzeit sehr populären „Zu viele Köche verderben den Brei“-Erzählung eine Mitschuld.

Mit eigenen Wortmeldungen brachte der neue Vorstand bislang ebenfalls kaum Ruhe in den Verein – auch wenn die Verpflichtungen von Gisdol und Heldt auf anderer Ebene nach der maximal erfolgreichen Englischen Woche zum Ende der Hinrunde erst einmal gelungen erscheinen. „Gemeinsam gewinnen alle“ – das war ein schöner Wahlkampfslogan. Er hielt dem Realitätscheck aber auch durch den schnellen Rücktritt von Jürgen Sieger nicht lange stand. Dennoch ist er richtig: Alle müssen zusammenarbeiten, damit der Verein zueinander findet. Alleine verlieren alle. Es liegt noch viel Arbeit vor Werner Wolf, Eckhard Sauren und Interimsvizepräsident Carsten Wettich.

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