Der 20. Mai – in den Erinnerungen der Fans des 1. FC Köln ist das kein ganz normaler Tag. Es war ein wunderschöner Frühsommer-Tag im Jahr 2017, als sich dieses Datum wohl für immer ins Gedächtnis des kölschen Anhangs gefräst hat. Mit einem 2:0 gegen den 1. FSV Mainz 05 schafften die “Geißböcke” nach 25 Jahren die Rückkehr auf die internationale Bühne. Yuya Osakos Tor zum Endstand, das wenige Minuten vor dem Abpfiff den Ausnahmezustand im Müngersdorfer Stadion auslöste, dürfte bei vielen noch heute Gänsehaut und tränennasse Augen auslösen. Doch vor dem 2:0, man mag es kaum glauben, gibt es bekanntlich immer ein 1:0 – und das schoss niemand Geringeres als Jonas Hector, der sich unter der Woche mit einem Abschiedsinterview im “11 Freunde”-Magazin zu Wort meldete.
Ein sportlich versöhnendes Ende nach vielen Aufs und Abs in den 13 Jahren beim 1. FC Köln: Das haben die “Geißböcke” bereits geschafft. Schon drei Spieltage vor Schluss war der Verbleib in der Bundesliga auch rechnerisch unter Dach und Fach, erstmals seit 1998 spielt der FC fünf Jahre am Stück in der höchsten deutschen Spielklasse. Daran hat der Kapitän, der die Brücke in sieben Tage für immer verlassen wird, ebenso großen Anteil wie der Rest der Mannschaft um Trainer Steffen Baumgart. Nach zwei Leistungsdellen im Herbst und rund um Karneval haben sich die Kölner stets wieder zurückmelden können – wie zum Beispiel im Hinspiel gegen Werder Bremen, als mit einem 7:1-Heimsieg ein fulminanter Start ins neue Jahr gelang. Gegen eben jene Hanseaten bestreitet der FC nun das letzte Auswärtsspiel der Saison.
Und auch wenn sportlich nicht mehr der allergrößte Druck auf den Baumgart-Schützlingen lastet: Die “Geißböcke” wollen sich, anders als noch in vergangenen Jahren, vernünftig aus der Saison verabschieden. In Bremen gelang dies beispielsweise vor drei Jahren überhaupt, wenngleich niemand so richtig darunter zu leiden hatte. An der Weser läuft es grundsätzlich eh nicht sonderlich gut für den glorreichen 1. FC Köln: In ihrer Bundesliga-Geschichte kassierten die Rheinländer bei keinem anderen Verein so viele Auswärtsniederlagen wie bei Werder (29). Eine 30., so viel sollte klar sein, soll nicht hinzukommen. Schließlich geht es um einen vernünftigen Abschied – für Jonas, Ellyes, Timo und für diese aufregende Saison.
Und auch in zehn Jahren wird noch jeder #effzeh-Fan wissen, wo er am 20.05.2017 war. ❤⚪ pic.twitter.com/xXbSPlxDnQ
— 1. FC Köln (@fckoeln) May 20, 2019
Ausgangslage
Was der 1. FC Köln bereits hochgradig souverän geschafft hat, versucht Werder Bremen nun im Heimspiel gegen die “Geißböcke” ebenfalls zu erreichen: Der Klassenerhalt ist für den Aufsteiger zum Greifen nah, will aber seit Wochen nicht perfekt gemacht werden. Die Hanseaten haben nur eins der letzten zehn Bundesliga-Spiele gewonnen, verloren die letzten drei Partien allesamt mit 1:2. Erinnerungen an den schwachen Saisonendspurt vor zwei Jahren werden an der Weser bereits wach, als die Grün-Weißen früh in der Saison bereits gerettet schienen, dann aber doch noch gewaltig abstürzten und den bitteren Gang in die 2. Bundesliga antreten mussten. Ganz so schlimm steht es um den SVW derzeit nicht, hat Werder doch noch fünf Punkte Vorsprung auf den Relegationsrang. Auch ohne Sieg gegen den FC dürfte in Bremen der Klassenerhalt gefeiert werden dürfen.
Das war in Köln bereits längst der Fall, mit dem fulminanten Heimsieg gegen Hertha BSC haben die “Geißböcke” die 40-Punkte-Marke übersprungen. Jetzt gilt es am Geißbockheim, sich andere Ziele zu stecken. Einstelliger Tabellenplatz beispielsweise, auch wenn das ziemlich unrealistisch ist. Vor Erzrivale Borussia Mönchengladbach einlaufen: Das dürfte doch Motivation genug sein. Eigentlich könnte der FC die letzten beiden Partien ziemlich sorglos angehen, doch was in der Vergangenheit gern guter Brauch war bei den Kölnern, dürfte unter Steffen Baumgart keine Rolle spielen. Ein vernünftiger Abschied für Jonas Hector und Ellyes Skhiri, die noch 180 Minuten im Trikot mit dem Geißbock auf der Brust vor sich haben. FC, jeff Jas!
So lief das letzte Aufeinandertreffen
Das Hinspiel dürfte der 1. FC Köln noch in allerbester Erinnerung haben: Zum Auftakt ins neue Jahr schossen die “Geißböcke” Werder Bremen mit 7:1 aus dem Müngersdorfer Stadion. Schon zur Pause war nach Treffern von Linton Maina (9.), Steffen Tigges (15., 21.), Ellyes Skhiri (30.) und Denis Huseinbasic (36.) alles klar, da störte auch der Schönheitsfehler in Form eines Gegentreffers durch Niclas Füllkrug (38.) nicht. Nach dem Seitenwechsel legte der FC durch Skhiri (54.) und einem Eigentor von Marco Friedl (76.) nach und feiert den höchsten Bundesliga-Sieg seit über 30 Jahren. Zuletzt im Weserstadion trafen die beiden Traditionsvereine im November 2020 aufeinander: Niklas Moisanders Eigentor egalisierte der ehemalige Kölner Leonardo Bittencourt kurz vor Schluss.
Schlüsselspieler
Wenn über Werder Bremen gesprochen wird, dann ist oft von Niclas Füllkrug die Rede. Mit 16 Saisontoren führt der Nationalstürmer weiterhin die Torjägerliste an, obwohl der 30 Jahre alte Mittelstürmer bereits seit Wochen mit hartnäckigen Wadenproblemen passen musste. Auch wenn diese rechtzeitig zum abschließenden Heimspiel gegen den FC ausgeheilt sind, muss dringend auf jemand anderes hingewiesen werden: In Füllkrugs Schatten hat sich Marvin Ducksch zu einem Bundesliga-Stürmer der gehobeneren Klasse entwickelt. Mit neun Treffern zählt der zweite der “hässlichen Vögel” in Bremens Angriff zu den Top-Torjägern im (mittlerweile nicht mehr ganz so) neuen Jahr, hat besonders an seiner Abschlussqualität gefeilt, ist aber dennoch auch spielerisch der Dreh- und Angelpunkt der Werder-Offensive.
“Ich erwarte ein hochemotionales Spiel. In Bremen herrscht eine geile Atmosphäre. “
Auch deshalb wird es für den FC wichtig sein, das Zentrum zu schließen. Und wer käme da als Schlüsselspieler eher infrage als Ellyes Skhiri, der tunesische Duracell-Hase? Eigentlich könnte der Dauerläufer in Kölner Diensten stets in dieser Kategorie auftauchen, hat sich aber insbesondere im vorletzten Spiel seiner FC-Karriere eine zusätzliche Erwähnung verdient. Laufstärke, spielerische Qualität, taktische Intelligenz, Torgefahr: Skhiri vereint spätestens in dieser Saison alle Skills, die ein zentraler Mittelfeldspieler von Format besitzen sollte. 180 Minuten lang gibt es das noch im Trikot mit dem Geißbock auf der Brust zu bewundern. Wir sollten jede einzelne davon genießen – wie bei Jonas Hector auch.
Top-Fakt
Der 1. FC Köln hat seine letzten drei Bundesliga-Auswärtsspiele gewonnen. Vereinsrekord sind vier Auswärtssiege in Serie, diese gelangen unter den Trainern Hans Merkle (1970) sowie Jörg Berger (1992).
Das sagen die Trainer
Ole Werner (SV Werder Bremen): “Wie immer im Finale knistert es ein bisschen. Es sind die letzten Meter der Zielgerade und da ist immer eine gewisse Anspannung da. Wir haben den Anspruch, das Heimspiel hier zu gewinnen und den Sack zuzumachen. Das Selbstbewusstsein ist da, dass wir es hier zu Hause in unserem letzten Heimspiel mit der Unterstützung schaffen können, das gemeinsame Ziel zu erreichen. Köln bringt Wucht und Körperlichkeit mit. Deshalb bin ich auch froh, dass sich die personelle Situation wieder verbessert hat. Denn wir wollen am Samstag punkten und im Optimalfall auch unser Saisonziel erreichen.”
Steffen Baumgart (1. FC Köln): „Ich erwarte ein hochemotionales Spiel. In Bremen herrscht eine geile Atmosphäre. Ich erwarte ein volles Stadion und eine positive Stimmung. Wir wollen erfolgreich sein, unser Spiel durchziehen und in Bremen gewinnen. Ich brauche meine Mannschaft nicht in die Pflicht nehmen. Das finde ich sowieso immer interessant. Wir spielen für uns, das bedeutet, dass wir erfolgreich sein wollen.”
“Wir haben den Anspruch, das Heimspiel hier zu gewinnen und den Sack zuzumachen.”
Schiedsrichter
Robert Hartmann (SR), Christian Leicher (SR-A. 1), Marcel Pelgrim (SR-A. 2), Dr. Robin Braun (4. Offizieller), Felix Zwayer (VA), Michael Emmer (VA-A)
So könnte der FC spielen
Schwäbe – Schmitz, Hübers, Chabot, Hector – Martel, Skhiri – Ljubicic, Kainz, Maina – Tigges