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Nachspiel

Der 1. FC Köln siegt mit 3:2 in Wolfsburg: Ein Sieg mit Mut und Moral – und auch einer Portion Glück

In Wolfsburg gelingt dem 1. FC Köln dank eines Doppelpacks von Anthony Modeste der erste Auswärtssieg der Bundesliga-Saison. Ein Erfolg, der viel über die Moral und den Mut der Mannschaft aussagt.

Anthony Modeste erzielt den 3:2-Siegtreffer beim VfL Wolfsburg (Foto: Thomas Eisenhuth/Getty Images)

Florian Kohfeldt hat in seiner jungen Trainerlaufbahn schon so manche schwierige Phase durchgemacht. So befand er sich in seinen letzten beiden Jahren bei Werder Bremen eigentlich ständig im Krisenmodus und glaubte wohl, in dieser Beziehung eigentlich alles erlebt zu haben. Dass er aber nach einem verheißungsvollen Start in Wolfsburg mit seinem Team in eine derartige Abwärtsspirale geraten würde, hätte selbst er gewiss nicht erwartet. Und so schüttelte er auch ungläubig den Kopf, als am späten Dienstagabend der Schlusspfiff von Schiedsrichter Robert Hartmann die 2:3-Heimniederlage des VfL Wolfsburg gegen den 1. FC Köln  besiegelte.

Er war enttäuscht, ja fassungslos und haderte wohl auch mit dem Fußballgott, war sein Team doch zweimal in Führung gegangen und hatte dabei zwei blitzsauber herausgespielte Treffer erzielt. Ein halbes Dutzend hochkarätiger Torchancen für seine Wolfsburger standen zudem zu Buche und doch war da am Ende diese keinesfalls unverdiente Niederlage, mit der er sich schlecht abfinden konnte. Er schien immer noch im Wettkampfmodus zu sein, als er schnellen Schrittes in Richtung Kabine ging und sich dabei ein Wortgefecht mit Thomas Kessler, dem Leiter der Lizenzspielerabteilung des 1. FC Köln, lieferte. Nein, und das machte Kohfeldt deutlich, Verlieren ist ganz und gar nicht seins.

Wolfsburg legte zweimal vor, doch der FC behielt die Oberhand

Von Beginn an entwickelte sich eine flotte Partie ohne großes Mittelfeldgeplänkel und mit Chancen auf beiden Seiten. Aus einer abgewehrten Ecke der Kölner entstand dann auch die frühe Führung für die “Wölfe” durch Lukas Nmecha, der nach einem mustergültig vorgetragenen Konter Marvin Schwäbe im Tor der Gäste überwand (8.). Die “Geißböcke” schüttelten sich kurz, spielten munter mit und kamen durch einen Kopfballabstauber von Anthony Modeste zum verdienten Ausgleich (34.). Kurz nach der Halbzeit entsprang einem abgewehrten Kölner Freistoß die erneute Führung der Wolfsburger durch Wout Weghorst, der Lukebakios Vorlage ohne Mühe zum 2:1 einschob (51.).

Kingsley Schindler im Zweikampf mit dem Wolfsburger Maximilian Arnold (Foto: Thomas Eisenhuth/Getty Images)

Ein Dreifachwechsel von Trainer Steffen Baumgart leitete in der 71. Spielminute dann die Wende ein: Kingsley Schindler, Mark Uth und Jan Thielmann ersetzten Ondrej Duda, Louis Schaub und Florian Kainz. Kaum zwei Minuten später waren alle drei am Kölner Ausgleich beteiligt: Thielmann leitete den Angriff ein, Schindlers abgefälschte drückte Uth mit der Brust über die Linie (73.). Als die Begegnung schiedlich-friedlich unentschieden zu enden schien, erzielte Modeste wiederum nach abgefälschter Flanke per Kopf die umjubelte 3:2-Führung, die durch Marvin Schwäbes Glanztat nach Weghorsts fulminantem Dropkick den ersten Kölner Auswärtssieg der Saison bedeutete.

Erkenntnisse: Anfällig für Konter, mit Stärken in der Offensive

Die verständliche Freude über die ersten drei Punkte in der Fremde darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass beim FC weiß Gott nicht alles Gold war, was glänzte – zumal alle drei Kölner Tore eher glücklich entstanden. Die Tatsache etwa, dass beide Gegentore nach schnellen Kontern der Wolfsburger erzielt wurden, wird Gegenstand der Analyse von Trainerteam und Mannschaft sein müssen. Die bekannten Tempodefizite sollten das Team nicht daran hindern, solche Umschaltmomente des Gegners durch eine entsprechend ausgelegte Restverteidigung zu entschärfen. Auch wenn drei Tore erzielt werden konnten, scheint die Doppelspitze mit Andersson und Modeste weit von einer Ideallösung für die Offensive entfernt zu sein. Der schwedische Stoßstürmer zeigte zum wiederholten Male eine äußerst überschaubare Leistung und wurde von Modeste nicht nur wegen dessen Tore um Längen übertroffen.

Benno Schmitz ist vor Renato Steffen (VfL Wolfsburg) am Ball. (Foto: Thomas Eisenhuth/Getty Images)

Zudem scheint sich Florian Kainz in einer anhaltenden Formkrise zu befinden. Zahlreiche Ballverluste und mehrheitlich ungefährliche Standards legen eine Schaffenspause für den österreichischen Nationalspieler nahe. Sein Nationalmannschaftskollege Louis Schaub belebte hingegen das Kölner Offensivspiel und bewarb sich mit dieser Leistung um vermehrte Einsätze in der Startelf. Jonas Hector machte erneut eine starke Partie, vor allem nach der Pause, als er Salih Özcan im defensiven Mittelfeld ersetzte. Dies veranlasste auch Steffen Baumgart zu einem Lob: “Wenn ich heute jemanden hervorheben soll, dann wäre das Jonas Hector, der das auf der Sechs in der zweiten Hälfte super gemacht hat,” sagte er nach dem Spiel.

“Wenn ich heute jemanden hervorheben soll, dann wäre das Jonas Hector, der das auf der Sechs in der zweiten Hälfte super gemacht hat.”

In der Innenverteidigung zeigte schließlich Timo Hübers ein prima Spiel und wäre fast nach Kainz’ einzigem gelungenen Standard zu seinem ersten Tor für den FC gekommen. Am positivsten stimmt den geneigten FC-Fan jedoch die Tatsache, dass die Mannschaft auswärts auch dann mutig und mit bemerkenswerter Moral antritt, wenn Stammspieler wie Ellyes Skhiri und Dejan Ljubicic fehlen. Der Eindruck scheint sich zu verfestigen, dass gerade diese beherzte Spielweise, die Handschrift Steffen Baumgarts den größten Unterschied zu den Darbietungen des Teams in den vergangenen Jahren darstellt. Ein hohes Gut, das es zu bewahren gilt.

Der Blick nach vorne: Obacht, die Schwaben kommen

Am Sonntag (17.30 Uhr) schließt die Partie gegen den VfB Stuttgart die Hinrunde ab. Die Schwaben reisen nach einer 0:5-Heimniederlage gegen die Münchener Bayern an. Es wäre allerdings fatal, wollte man die Schützlinge von Pellegrino Matarazzo an diesem Ergebnis messen. Die Stuttgarter stellen eine junge, spielstarke Mannschaft, die zahlreiche schnelle Akteure in ihren Reihen weiß und mit Konstantinos Mavropanos über einen gleichermaßen defensivstarken wie torgefährlichen Innenverteidiger verfügt.

Die nächsten Tage werden zeigen müssen, wie sich die Personallage beim 1. FC Köln entwickelt. Es scheint ungewiss, ob Ellyes Skhiri, Dejan Ljubicic oder Salih Özcan gegen den VfB auflaufen können. Ein letzter Kraftakt vor der kurzen Winterpause, noch einmal 90 Minuten alles in die Partie hereinwerfen, bis an die körperliche Grenze oder sogar darüber hinaus gehen, all dies wird nötig sein, um gegen die Schwaben zu punkten. Ob dies gelingt? Man darf darauf gespannt sein.

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