Es geht weiterhin Schlag auf Schlag für den 1. FC Köln: Nach dem Europapokal-Auftritt beim OGC Nizza bekommen es die „Geißböcke“ am Sonntag mit dem 1. FC Union Berlin zu tun. Die „Eisernen“, sie sind nun wahrlich kein Lieblingsgegner der Kölner – aus den sechs bisherigen Bundesliga-Begegnungen konnte der FC noch keines gewinnen. Erstmals also die Köpenicker im Fußball-Oberhaus besiegen: Das ist das Ziel für die Mannen von Steffen Baumgart, für die nur drei Tage nach dem kraftraubenden Remis an der Cote d’Azur wichtig wird, wie voll die Reserven sind. Und wie tief der Kader besetzt ist, denn beide Gegner werden sicherlich rotieren, um die Belastung aus den Partien auf internationalem Parkett auch im Hinblick auf die anstehenden Aufgaben sinnvoll zu verteilen.
Die Vorbereitung auf das Spiel gegen die Köpenicker stand durchaus im Schatten der Krawalle in Nizza. Rund um das Spiel kam es zu Ausschreitungen, bei denen sich beide Fanlager nicht mit Ruhm bekleckerten – Tiefpunkt waren dabei sicherlich die für alle ersichtlichen Ausschreitungen im Stadion, die auch an Steffen Baumgart nicht spurlos vorbeigingen. „Ich kann das nicht einfach so abhaken. Das war mein erster internationaler Auftritt als Trainer. Und der wird immer damit in Verbindung bleiben. Für mich ist das nicht einfach, damit umzugehen“, erklärte der FC-Coach, der aus der Loge heraus hautnah Zeuge der Vorfälle wurde. Nichtsdestotrotz steht direkt das nächste Duell im Fokus. Man werde natürlich seinen Job machen, so Baumgart, und das Team bestmöglich auf Union Berlin vorbereiten.
Es dürfte wieder ein intensives Aufeinandertreffen werden im Müngersdorfer Stadion, wenn die beiden Europapokal-Teilnehmer um die drei Punkte kämpfen. Köln ist mit 117,3 Kilometer pro Partie das laufstärkste Team der Bundesliga, die “Eisernen” folgen mit 117,1 Kilometer im Schnitt direkt dahinter. Es dürfte interessant werden, welche der beiden Mannschaften die Belastung unter der Woche besser verkraftet hat und weiter Richtung Tabellenspitze schielen darf. Sowohl für die Gäste aus der Hauptstadt als auch für die “Geißböcke” ist ein Sprung auf Platz eins möglich, wenngleich die Kölner dafür einen Sieg mit zehn Tore Abstand (und anschließend einen Gladbacher Erfolg in Freiburg) bräuchten. Angesichts der anstehende Aufgabe, bei der auf FC-Seite Benno Schmitz nach Sprunggelenksblessur in den Kader zurückkehrt, eher illusorisch. Schöne Nachricht bei den Köpenickern: Timo Baumgartl ist erstmals seit seiner Krebserkrankung wieder im Aufgebot.
Ausgangslage
Rein sportlich hat der 1. FC Köln einen tollen Saisonstart hingelegt. Nach der Enttäuschung mit dem Ausscheiden im DFB-Pokal bei Jahn Regensburg reagierten die “Geißböcke” bravourös: Die Qualifikation zur Gruppenphase der UEFA Europa Conference League wurde gepackt, in der Bundesliga ist das Team von Trainer Steffen Baumgart noch ungeschlagen. Vergangene Woche setzte sich der FC souverän beim VfL Wolfsburg mit 4:2 durch – und zeigte auch im Europapokal seine Qualitäten: Beim Gruppenfavorit OGC Nizza zeigten die Kölner eine starke Partie und holten – auch dank ihres überragenden Torwarts Marvin Schwäbe – einen verdienten Punkt an der Cote d’Azur. Insbesondere in der ersten Hälfte überzeugte der FC, dem der Treffer von Steffen Tigges allerdings nicht zum Sieg reichte.
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Ohne Zähler und ohne Tor geriet dagegen der Europapokal-Auftakt für den 1. FC Union Berlin: Gegen Union Saint Gilloise unterlagen die Köpenicker nach wenig erbaulicher Vorstellung mit 0:1. Dennoch ist den “Eisernen” der Saisonstart durchweg gelungen: Die Mannen des Schweizer Trainers Urs Fischer haben in der Bundesliga nach fünf Partien bereits elf Punkte auf dem Konto, konnten am vergangenen Wochenende dem FC Bayern München in der Alten Försterei ein 1:1 abtrotzen. Saisonübergreifend ist Union seit zwölf Bundesliga-Spielen ungeschlagen (neun Siege, drei Remis) – das ist der derzeit längste Lauf in der höchsten deutschen Spielklasse. Nicht nur ergebnistechnisch, sondern auch spielerisch haben sich die Berliner trotz schwerwiegender Abgänge wie Taiwo Awoniyi oder Grischa Prömel noch einmal weiterentwickelt.
So lief das letzte Aufeinandertreffen
Eher unglücklich verlor der 1. FC Köln Anfang April an der Alten Försterei. In einer fußballerisch schwachen Partie ohne viele Chancen war es letztlich Jonas Hectors Aussetzer, der die Partie am Freitagabend zugunsten des 1. FC Union Berlin entschied. Kurz nach Wiederbeginn spielte der FC-Kapitän im Spielaufbau den Ball Taiwo Awoniyi in die Füße, der sich nicht zweimal bitten ließ. Ohne den kurzfristig erkrankten Modeste fehlte den “Geißböcken” im Anschluss die Durchschlagskraft, um den Ausgleich noch zu erzwingen. So endete eine Begegnung, die eigentlich ein klassisches 0:0 war, mit einem Heimerfolg für die “Eisernen”. Das Hinspiel im Müngersdorfer Stadion endete 2:2-Unentschieden – ein Modeste-Doppelpack sicherte den Kölnern einen Zähler.
Schlüsselspieler
Ein echter Rückhalt – auch in Nizza: Marvin Schwäbe zeigte beim Auswärtsspiel in Frankreich einmal mehr, warum er Timo Horn im Tor der “Geißböcke” längst den Rang abgelaufen hat und in manchen Medien bereits mit der Nationalmannschaft in Verbindung gebracht wird. Mit mehreren Glanzparaden rettete der FC-Keeper am Donnerstag an der Cote d’Azur den Kölnern den verdienten Zähler, war darüber hinaus als Anspielstation gegen druckvolle Franzosen immer wieder eine Option. Ob gegen Union Berlin derweil so viel auf den Schlussmann zukommen wird? Das ist noch nicht klar. Klar ist aber, dass Marvin Schwäbe dafür bereit ist – der FC hat derzeit einen der besten Bundesliga-Torhüter zwischen seinen Pfosten stehen.
Der Star ist die Mannschaft? Diese Floskel trifft sicherlich auf Union Berlin zu – die “Eisernen” überzeugen als taktisch diszipliniertes Kollektiv. Sogar derart, dass ein Journalist schrieb, die Köpenicker könnten auch zwei Truthähne verpflichten, einer davon würde sicherlich zehn Saisontore machen. Dennoch ragt in dieser Saison jemand heraus, der bei der Mannschaft von Trainer Urs Fischer in der Vergangenheit keine größere Rolle gespielt hatte. Sheraldo Becker reißt mit seinem Tempo in vorderster Front große Lücken in die Abwehrreihen der Gegner, dazu ist der surinamische Nationalspieler auch endlich effektiv unterwegs. Mit fünf Toren führt der pfeilschnelle Angreifer die Torjägerliste der Bundesliga, dazu legte Becker noch zwei weitere Treffer auf.
“Union Berlin ist definitiv keine Eintagsfliege mehr, sondern eine Mannschaft, die in der Bundesliga konstante Leistungen bringt.”
Top-Fakt
Der 1. FC Union Berlin ist der einzige aktuelle Bundesligist, gegen den der 1. FC Köln in seiner Bundesliga-Geschichte noch nie gewann (ein Remis, fünf Niederlagen).
Das sagen die Trainer
Steffen Baumgart (Köln): „Union ist sehr konstant in ihren Leistungen und verteidigt sehr gut. Sie haben dabei immer wieder fußballerische Elemente. Sie bringen sehr viel mit und sind auf jeden Gegner hervorragend eingestellt. Zudem haben sie immer die richtigen Lösungen parat. Gegen Union wird man immer wenig Torchancen haben. Sie sind definitiv keine Eintagsfliege mehr, sondern die Mannschaft, die in der Bundesliga konstante Leistungen bringt. Wir waren in den beiden Spielen in der vergangenen Saison nie die schlechtere Mannschaft, aber eben auch nicht die bessere. Ich hoffe, dass das Momentum dieses Mal auf unserer Seite ist.“
Urs Fischer (Union Berlin): “In der Europa League taten wir uns unheimlich schwer, Lösungen zu finden. Die letzte Konsequenz, dieses Provozieren hat gefehlt. Wir waren enttäuscht und nicht zufrieden. Wir haben uns aber nicht lange damit aufgehalten. Wir haben ein, zwei Dinge angesprochen, die es besser zu machen gilt. Der 1. FC Köln ist gut in die Saison gestartet. Auch die Partie gegen Nizza in der UEFA Conference League, gerade die erste Halbzeit, war sehr gut. Sie sind gut unterwegs und das, obwohl sie auch mit Salih Özcan und Anthony Modeste schwerwiegende Abgänge hatten. Beim FC muss man das Kollektiv hervorheben. Sie sind viel als Mannschaft unterwegs und laufen den Gegner immer wieder hoch an. Das Spiel der Kölner hat wirklich eine gute Mischung, einerseits locken sie den Gegner gut, können dann aber auch schnell umschalten. ”
So könnte der FC spielen
Schwäbe – Schindler, Kilian, Hübers, Pedersen – Skhiri, Martel – Maina, Kainz – Dietz, Adamyan