Folge uns
.

Vorspiel

Union Berlin zu Gast in Müngersdorf: Chancenlos gegen den Angstgegner des 1. FC Köln?

Der 1. FC Köln hat am Sonntag die „Eurofighter“ von Union Berlin zu Besuch und hofft, mal wieder einen Sieg einzufahren. Doch mit den “Eisernen” kommt ein unangenehmer, sehr stabiler Gegner. Unser Vorspiel.

Foto: Lars Baron/Getty Images

Ellyes Skhiri, Max Meyer, Elvis Rexbehcaj, Jonas Hector, Salih Özcan, Ondrej Duda. Welchen dieser zweifellos talentierten Spieler würden Sie in die Startelf für ein Spiel des 1. FC Köln gegen den 1. FC Union Berlin beordern? Markus Gisdol, in einem Anflug von Pep-Fieber, hat diese Frage im letzten Aufeinandertreffen gegen den 1. FC Union Berlin mit „Ja“ beantwortet und ganz einfach alle diese Spieler aufgestellt. Wer für die Gefahr über die Flügel sorgen sollte, wer Geschwindigkeit ins Spiel bringen sollte, wer vorne Torgefahr generieren sollte…unklar. Ein eher dunkles Kapitel in den taktischen Erwägungen eines Geißbock-Trainers. Wenig überraschend ging das Spiel 1:2 verloren, Unions rechter Schienenspieler Christopher Trimmel machte vermutlich das Spiel seines Lebens und erzielte sein erstes und bis dato einziges Bundesligator – weil man ihn ließ.

Ein solches Kapitulieren schon vor Anpfiff wird es, so viel darf man ruhigen Gewissens behaupten, am morgigen Sonntag nicht geben. Steffen Baumgart verordnet seinen Mannen immer eine grundlegend offensive Ausrichtung und einen mutigen Spielstil. Zwar klappt das in der Praxis mal besser und mal weniger gut, aber der Anspruch ist stets der gleiche: „unser Fußball vor 50.000 Fans soll nach vorne gehen und wir wollen uns Torchancen erspielen“, so der FC-Coach, der im Heimspiel gegen die “Eisernen” nur auf den immer noch verletzten Skhiri verzichten muss. Prominentester Ausfall bei den Kölnern ist sicherlich das erst unter der Woche vorgestellte Karnevalstrikot, das nach einem Veto der DFL nicht im Original zum Einsatz kommen wird – die Fliege, die das Dress eigentlich ziert, muss entfernt werden.

Auch interessant
Der 1. FC Köln unterliegt 0:2 beim BVB: Gut gespielt und doch verloren

Union, der Angstgegner?

Während Trainer Baumgart sehr positive Erinnerungen an seinen Ex-Verein hat und dort die ersten Schritte seiner Karriere machte, hat der Verein 1. FC Köln in jüngster Vergangenheit eher wenig positive Erfahrungen mit den Köpenickern gemacht: Vier Bundesligaspiele, null Punkte, 3:8 Tore, der letzte Sieg gegen Union datiert auf das Jahr 2014, der letzte Heimsieg sogar auf noch ein Jahr früher. Jan Thielmann dürfte damals gerade die Erprobungsstufe verlassen und sich auf die siebte Klasse vorbereitet haben, so lange ist dies bereits her.

“Union steht nicht ohne Grund so weit vorne auf Platz sechs. Die Mannschaft spielt sehr kompakt und ist aggressiv beim Mann. Man bekommt nur wenige Torchancen gegen sie.”

Seitdem hat sich einiges verändert in der Balance beider Clubs: Nicht wenig FC-Fans haben das Gefühl, der Verein aus dem Berliner Osten sei dem FC im Rekordtempo enteilt: zwei letztlich souveräne Klassenerhalte mit jeweils über 40 Punkte, am Ende sogar eine Teilnahme an der „Europa Conference League“ mit Spielen in und gegen Rotterdam, Prag und Haifa. Doch, als FC-Fan darf man schon ein wenig neidisch in Richtung Alte Försterei blicken. Aber nicht nur alleine wegen des sportlichen Höhenflugs wirkt Union mindestens einen Schritt weiter als der FC, sondern auch auf Grund der Art und Weise, wie sich die Berliner Mannschaft auf dem Platz präsentiert: Hier gaben sich die “Eisernen” bislang kaum Blöße. Die Mannschaft wirkt unheimlich stabil, erwachsen und reif in der Spielanlage und macht kaum vermeidbare Fehler.

vorne v.li., Robert Andrich Union Berlin, Salih Özcan 1.FC Koeln, Sebastian Andersson 1.FC Koeln, Rafael Czichos 1.FC Koeln, Robin Knoche Union Berlin, Cedric Teuchert Union Berlin 22.11.2020, Fussball GER, Saison 2020 2021, 1. Bundesliga, 8. Spieltag, 1. FC Köln - 1. FC Union Berlin 1:2, ***DFL regulations prohibit any use of photographs as image sequences and/or quasi-video.*** EDITORIAL USE ONLY Koeln Nordrhein Westfalen Deutschland *** front left , Robert Andrich Union Berlin , Salih Özcan 1 FC Koeln , Sebastian Andersson 1 FC Koeln , Rafael Czichos 1 FC Koeln , Robin Knoche Union Berlin , Cedric Teuchert Union Berlin 22 11 2020, Fussball GER, Saison 2020 2021, 1 Bundesliga, 8 Matchday, 1 FC Köln 1 FC Union Berlin 1 2, DFL regulations prohibit any use of photographs as image sequences and or quasi video EDITORIAL USE ONLY Koeln Nordrhein Westfalen Germany Team2

Foto: imago images / Team 2

Zwar läuft es in der Conference League noch nicht so rund (drei Punkte aus vier Spielen), aber in der Bundesliga ist fast beeindruckend, wie sie die ungewohnte Doppelbelastung wegstecken: Nur gegen Bayern und Dortmund verlor man überhaupt – und auch hier waren die Spiele ausgeglichener, als es das Endergebnis von 2:4 beziehungsweise 2:5 jeweils vermuten ließe. Dazwischen gewann man auch solche Spiele, die „weh tun“, wie etwa auswärts in Mainz nach einem Europa-Donnerstag. Oder, wie Steffen Baumgart sagt: „Union steht nicht ohne Grund so weit vorne auf Platz sechs. Die Mannschaft spielt sehr kompakt und ist aggressiv beim Mann. Man bekommt nur wenige Torchancen gegen sie.“

Die Chance ist da

Union zeigte sich bislang als bissige, zweikampfstarke wie -harte Mannschaft, die sowohl durch Standards als auch durch Umschaltmomente für realistische Torgefahr sorgen kann und in Taiwo Awoniyi einen gefährlichen Stürmer vorweisen kann (sieben Tore in zehn Spielen), den es zu neutralisieren gilt. Gleichwohl ist diese vermeintliche Überlegenheit, die bislang beschrieben wurde, nur auf den ersten Blick gegeben. Die Zahlen geben das gar nicht unbedingt her: In der Tabelle kann der FC mit einem Sieg punktemäßig gleichziehen, man hat gleich viele Tore erzielt und lediglich drei Gegentore mehr kassiert. Man kann also sagen: Der FC ist lediglich ein Hoffenheim-Spiel schlechter.

“Unser Fußball vor 50.000 Fans soll nach vorne gehen und wir wollen uns Torchancen erspielen – auch gegen einen Gegner, der für gewöhnlich wenig zulässt.“

Gegen Union wird es nun darum gehen, in den Zweikämpfen mitzuhalten und sich dort nicht den Schneid abkaufen zu lassen. Es ist gut möglich, dass daher auf Grund seiner körperlicher Robustheit Salih Özcan erneut das Vertrauen von Anfang an erhält. Irgendwann werden die Köpenicker den vielen Spielen unter der Woche Tribut zollen müssen – mit der bislang fast immer gezeigten Laufbereitschaft kann der FC diesen Prozess durchaus beschleunigen. Es wird darauf ankommen, die „Eisernen“ ans Laufen zu kriegen und selber keine Umschaltmomente anzubieten, dazu wird eine bessere Flügelabsicherung als gegen Leverkusen und Dortmund vonnöten sein. Zudem muss es gelingen, den erwähnten Awoniyi vom Spiel abzuschneiden und auch auf eine mögliche Einwechslung eines gewissen Max Kruses (Einsatz ungewiss) reagieren zu können.

Gleichzeitig muss man selber durch eben jene Laufbereitschaft und geschicktes Verlagern Lücken in die Unioner Dreier-/Fünferkette reißen und die nicht gerade schnellen Julian Ryersson, Niko Gießelmann oder eben Trimmel in Laufduelle verwickeln. Erneut wird dabei der Fokus auf Flanken liegen, weshalb es Sinn ergäbe, den Strafraum mit Anthony Modeste und Ex-Unioner Sebastian Andersson konsequent zu besetzten, Mark Uth könnte auf die Zehn zurück rücken und Ondrej Duda auf die Bank verdrängen. So könnte man sowohl über die Außen als auch durch die Mitte für Gefahrenmomente sorgen. Mainz hat dies im Heimspiel gegen die Unioner recht ähnlich versucht und konnte so immerhin zwölf Torschüsse herausholen. Das sowie die bisher über weite Strecken der Saison gezeigten Leistungen sollten der rot-weißen Elf im Karnevalstrikot mit Konfetti, wenn auch ohne Fliege Mut geben, dass das Spiel nicht schon im Vorfeld verloren ist – auch weil Baumgart eine mutigere Aufstellungen wählen wird als zuletzt Markus Gisdol.

Mehr aus Vorspiel

.