Folge uns
.

Nachspiel

Der 1. FC Köln spielt 2:2 gegen Union Berlin: Der Tanz des Anthony Modeste

Mit einem späten Kopfballtreffer stellt Anthony Modeste den 2:2-Endstand gegen Union Berlin sicher. FC-Coach Steffen Baumgart ist trotz des erkämpften Punktes “angepisst” – die Pfiffe der eigenen Fans hatten ihn verärgert.

Anthony Modeste, zweifacher Torschütze gegen Union Berlin (Foto: Lukas Schulze/Getty Images)

Nein, Steffen Baumgart war not amused. Das war nicht zu übersehen, als er nach dem Schlusspfiff von Schiedsrichter Tobias Stieler in Richtung Mittelkreis stapfte. Dabei hatte seine Mannschaft in der Partie gegen den 1. FC Union Berlin erneut eine engagierte Leistung gezeigt, die mit dem späten 2:2 durch Anthony Modeste belohnt wurde. Sein Ärger rührte auch nicht von dem extravaganten Jubel des Franzosen, der seinem Trainer die Schiebermütze stibitzte und mit geschmeidigen Tanzbewegungen aufwartete, die man eher in den Karneval in Rio verortet hätte. Sein Ärger rührte vielmehr von der Reaktion des Publikums her, das sein Team nach dem 1:2 in der 45. Minute mit einigen Pfiffen in die Halbzeit begleitet hatte.

So hielt er auch mit seiner Kritik nicht hinter dem Berg: “Ich bin noch immer angepisst. Die Zuschauer müssen einen Weg gehen, genau wie wir auch. Ich habe kein Spiel gesehen, dass in irgendeiner Form Pfiffe verdient hatte. Schon gar nicht, wenn ich sehe, mit wie viel Mut die Jungs agiert haben. Ich bin darüber nicht glücklich”, machte er aus seinem Herzen keine Mördergrube. Sein Unmut ebbte erst ab, als er einige alte Freunde aus seiner Zeit bei Union Berlin auf der nun fast leeren Tribüne des Kölner Stadions entdeckte und sie herzlich begrüßte.

Frühe Führung, dumme Gegentore und ein später Ausgleich

Dabei hatte alles so gut begonnen. Anthony Modeste schob den Ball früh zur Kölner Führung ein, nachdem Florian Kainz mit einem fulminanten Schuss aus 30 Metern das Lattenkreuz getroffen hatte (7.). Der Kölner Jubel war kaum verklungen, als Julian Ryerson einen Ballverlust der FC-Defensive ausnutzte und zum 1:1 traf (9.). Nach dem rasanten Beginn verflachte die Begegnung, Chancen waren auf beiden Seiten Mangelware. Bis, ja bis Timo Horn einen Pass auf den Rafael Czichos schlug, dessen misslungene Weiterleitung von den Berlinern abgefangen und durch Grischa Prömel zur 2:1-Führung für Union ausgenutzt werden konnte.

“Die Zuschauer müssen einen Weg gehen, genau wie wir auch. Ich habe kein Spiel gesehen, dass in irgendeiner Form Pfiffe verdient hatte. Schon gar nicht, wenn ich sehe, mit wie viel Mut die Jungs agiert haben. Ich bin darüber nicht glücklich.”

Nach der Halbzeit verteidigten die “Eisernen” tief und ließen bis auf Hectors Kopfball, der nur knapp das Tor verfehlte, nichts zu. Ein Eckball musste her, der von Kainz geschossen und von Modeste in unnachahmlicher Weise zum 2:2 eingeköpft wurde (86.). Zwei Minuten später hatte der österreichische Außenstürmer sogar die Chance zum 3:2, vergab jedoch freistehend. Nach 94 Minuten pfiff Stieler eine Partie ab, die man nicht als hochklassig, dafür jedoch als kampfbetont und intensiv bezeichnen würde.

Erkenntnisse: Abwehrschwächen und nur ein Modeste

Nicht wenige Bundesligisten würden sich einen Stürmer wie Anthony Modeste wünschen. Acht Tore in 11 Partien, dazu noch zwei Treffer im Pokal sprechen eine deutliche Sprache. “Tony ist gut drauf und seine Treffer tun uns als Mannschaft gut”, sagte etwa Benno Schmitz über seinen treffsicheren  Teamkollegen. Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass der 1. FC Köln extrem abhängig ist von seinem torhungrigen Franzosen. Die Torbilanz der übrigen Angreifer? Florian Kainz – zwei Tore, Mark Uth und Sebastian Andersson – jeweils ein Tor, Jan Thielmann wartet sogar noch auf seinen ersten Saisontreffer. Modeste – und wenig sonst. Ein riskantes Spiel, bei dem man nur hoffen kann, dass der Goalgetter gesund bleibt. “Tony ist unsere Lebensversicherung”, bekundete auch Mark Uth nach der Partie.

“Tony ist gut drauf und seine Treffer tun uns als Mannschaft gut”

Andere Sorgen hat der FC in der Defensive. Es bleibt abzuwarten, wie lange Steffen Baumgart noch dabei zuschaut, wie sich sein Torhüter bei Schüssen, die unhaltbar scheinen, dafür entscheidet, nicht einzugreifen und den Bällen auf dem Weg in sein Tor lediglich hinterher zu blicken. So geschehen bei nicht wenigen der 20 Gegentore, zuletzt bei beiden Treffern in Dortmund und auch beim ersten Tor von Union Berlin. Den Fans würde es sehr guttun, wenn Horn wenigstens den Versuch starten würde, aktiv zu werden und diese Bälle abzuwehren. Und auch seinem Selbstverständnis könnte dies zuträglich sein, denn zweifellos hält er sich selber für einen erstklassigen Keeper.

Genki Haraguchi (Union Berlin) im Zweikampf mit Benno Schmitz und Ondrej Duda (Foto: Lukas Schulze/Getty Images)

Seine Vorderleute und hier besonders Rafael Czichos plagt ein anderes Problem. Sie scheinen mit der spielerischen Lösung des Spielaufbaus aus der Deckung heraus noch etwas zu fremdeln. Zum wiederholten Male war es der Ex-Kieler, der in Strafraumnähe den Ball verlor und so gefährliche Situationen heraufbeschwor. Man erinnere sich etwa an die Spiele in Hoffenheim und Frankfurt, wo ihm ähnliche Lapsus unterliefen. Angesichts dieser Probleme scheint die Länderspielpause gerade recht zu kommen, um in Ruhe an Lösungen zu arbeiten.

Der Ausblick: Nach der Länderspielpause zu starken Mainzern

Nach der Länderspielpause geht es für den 1. FC Köln am 21. November (17.30 Uhr) in die Mewa Arena, Spielstätte des 1. FSV Mainz 05. Die Rheinhessen zählen nicht erst seit den Siegen über Augsburg und in Bielefeld zu den formstärksten Teams der Liga und haben unter Trainer Bo Svensson enorm an Spielstärke und Stabilität gewonnen. Die Borussia aus Mönchengladbach kann ein Lied davon singen, das 1:1 am letzten Spieltag in Mainz hatten sie ungeheurem Spielglück und einem Sahnetag von Keeper Sommer zu verdanken.

So reist der 1. FC Köln sicherlich nicht als Favorit in die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt. Das Spiel gegen Union Berlin hat Baumgarts Spielern einen Vorgeschmack auf Einsatzbereitschaft, Laufstärke und den unbändigen Siegeswillen der Mainzer geben können. Wenn die Kölner mit Zählbarem im Gepäck an den Rhein zurückkehren wollen, werden sie den Kampf annehmen müssen – und Fehler wie die gegen Union Berlin vermeiden. Dann klappt’s vielleicht mit einem Punkt – einen weiteren auf dem Weg zum Klassenerhalt. Schön wäre es und beruhigen täte es auch.

Mehr aus Nachspiel

.