2019 – so schien es häufiger rund um den 1. FC Köln – sollte das Jahr des Aufbruchs werden. Auf dem Rasen sollen die effzeh-Stars um Nationalspieler Jonas Hector die direkte Rückkehr in die Bundesliga schaffen und damit die Scharte des sechsten Abstiegs der Vereinsgeschichte auswetzen. Neben dem Platz sollten richtungsweisende Entscheidungen getroffen werden, die die Zukunftsfähigkeit des Clubs sichern würden. Die Erweiterung des Geißbockheim-Geländes, das hatten die Verantwortlichen bis kurz vor Jahreswechsel gehofft, könnte 2019 nach einem erfolgreichen Ratsbeschluss zugunsten der „Geißböcke“ endlich beginnen – auch in der Stadionfrage solle Klarheit herrschen.
Entscheidung noch dieses Jahr, Baubeginn “Anfang 2020”
Dass daraus nichts werden wird, ist mittlerweile deutlich geworden. „Wir sind in der zweiten Öffentlichkeitsbeteiligung. Die politisch Verantwortlichen haben uns in Aussicht gestellt, dass wir im dritten, spätestens vierten Quartal 2019 mit einer Entscheidung rechnen können. Anfang 2020 könnten wir anfangen, zu bauen“, erklärte effzeh-Finanzgeschäftsführer Alexander Wehrle der „Bild“-Zeitung. Danach sei der 1. FC Köln, der neben weiteren Trainingsplätzen auch ein Nachwuchsleistungszentrum errichten will, am Standort am Geißbockheim auf Dauer wettbewerbsfähig. Seit Jahren kämpfe der Club für die Erweiterung, um Bedingungen zu schaffen , die eines Bundesliga-Vereins würdig seien. Wehrle: „Denn das, was wir hier haben, ist mittlerweile höchstens noch drittklassig.“
Wir kämpfen seit Jahren in sehr aufwendigen politischen und verwaltungsrechtlichen Verfahren dafür, dass wir eine wettbewerbsfähige Infrastruktur bekommen – mit Bedingungen, die eines Bundesligisten auch würdig sind. Denn das, was wir hier haben, ist mittlerweile höchstens noch drittklassig.
Bereits gegen Ende des vergangenen Jahres hatte Baudezernent Markus Greitemann in einem Interview mit dem „Köln.Sport“-Magazin einen Baubeginn für die kommende Monate bezweifelt. Es sei zwar das Ziel des 1. FC Köln, dass 2019 die Bagger im Grüngürtel rollen, doch sei es wahrscheinlicher, dass die großen Maßnahmen am Geißbockheim erst 2020 umgesetzt werden können. „Es hängt alles davon ab, wann die Planungsbeschlüsse rechtssicher sind. Dafür sind noch einige Aufgaben abzuarbeiten“, betonte Greitemann, der seit Juli 2018 als Kölner Baudezernent fungiert. Die Zusammenarbeit mit dem 1. FC Köln sei allerdings sehr intensiv, konstruktiv und vertrauensvoll. Zuvor hatte Alexander Wehrle bereits mit Lob nicht gespart und Greitemann attestiert, in der Ausbaufrage Geschwindigkeit hineingebracht zu haben.
Zweite Machbarkeitsstudie zum Stadionausbau läuft
Tempo, dass der effzeh auch gerne in der Stadionfrage vorlegen würde – allerdings wird auch bei diesem Thema derzeit gebremst. Der Traum der aktuellen Vereinsführung, das Müngersdorfer Stadion auf 75.000 Plätze zu erweitern, ist auch nach dem Abstieg längst noch nicht vom Tisch. Es laufe, das bestätigt Wehrle abermals in der „Bild“-Zeitung, die zweite Machbarkeitsstudie bezüglich eines möglichen Ausbaus der FC-Spielstätte, die bei der Europameisterschaft 2024 als Spielort fungieren wird. „Schon heute stehen 13000 Mitglieder auf der Warteliste für eine Dauerkarte. Wir könnten statt 25000 also locker 40000 Dauerkarten verkaufen. Für Fans und Mitglieder geht es darum, häufiger ins Stadion gehen zu können. Für den Verein geht es um 10 bis 15 Mio Euro Mehrerlös im Jahr“, erklärt Wehrle die Beweggründe für die Überlegungen.
Im Vorstandsbrief zum Jahreswechsel betonte der Vorstand, dass er die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie noch 2019 erwarte. Dafür wurden nach „Express“-Informationen die Architekten des derzeitigen Stadions ins Boot geholt, ein anderer Ansatz soll verfolgt werden. Doch: Große Überraschungen, das sickerte aus dem Umfeld des Vereins sowie der Stadtverwaltung durch, werden beim zweiten Anlauf nicht erwartet. Zu kostspielig scheinen die Voraussetzungen für einen Umbau im Verhältnis zum Nutzen zu sein, zu aufwändig dürften die behördlichen Anforderungen in Sachen Lärmschutz, Umwelt und Verkehrskonzept sein, zu hartnäckig der Widerstand aus Anwohnerschaft und Politik gegen einen groß dimensionierten Ausbau. Dazu kommt: Ob ein Umbau vor der Europameisterschaft 2024 überhaupt durchgeführt werden darf, steht in den Sternen.
Ein Wegzug des 1. FC Köln aus Müngersdorf ist unrealistisch
Dem effzeh, dessen Pachtvertrag für das Müngersdorfer Stadion mit den Sportstätten im Jahr 2024 ausläuft, droht angesichts dieser Informationen die Zeit davon zu laufen. Ein Wegzug aus dem Sportpark Müngersdorf, mit dem immer wieder kokettiert wurde, kommt derweil nicht infrage. Dieser Bluff zur Verbesserung der eigenen Verhandlungsposition, so betonte ein Kölner Lokalpolitiker zuletzt gegenüber effzeh.com, sei längst aufgeflogen – nicht zuletzt auch wegen der massiven Proteste vieler effzeh-Fans, die den Standort Müngersdorf für unverhandelbar erklärt hatten. Allerdings seien ebenso die wirtschaftlichen Voraussetzungen für einen Abschied vom Müngersdorfer Stadion weder für die Kommune noch den Club tragbar. Ein ungenutztes Top-Stadion, das zweistellige Millionensummen im Jahr verschlingt, kann sich Köln nicht leisten – und wird daher keinerlei politische wie finanzielle Anstrengungen unternehmen, dieses Szenario realistischer werden zu lassen.
Bleibt zuletzt nur der Kauf der effzeh-Heimat durch den Verein: Eine Möglichkeit, die die Verantwortlichen immer wieder in Überlegung gezogen, allerdings unter den Vorbehalt eines Ausbaus gestellt haben. „Eine Kommune muss meiner Meinung nach nicht zwingend Eigentümer eines Stadions sein. Wenn wir einen Ausbau in Müngersdorf realisieren können, müssen wir auch über die Eigentümerfrage diskutieren“, unterstreicht Wehrle und bringt in dieser Frage wieder einmal die hohen Mietzahlungen, die der effzeh im Falle einer Bundesliga-Zugehörigkeit leistet, ins Spiel. Während der Club derzeit aufgrund des Abstiegs äußerst günstig davon kommt (2,1 Millionen Euro), kommt er in der Bundesliga auf knapp acht Millionen Euro – ein Vertrag, den übrigens Wehrle selbst 2013 ausgehandelt hatte. Doch ein Kauf ohne Ausbau des Stadions, das laut interner Einschätzung einiges an Investitionsbedarf benötigt, scheint derzeit ebenso ausgeschlossen. Für den 1. FC Köln droht 2019 ein Jahr des Stillstands zu werden.