Vier Mal hat der glorreiche 1. FC Köln den DFB-Pokal bereits gewonnen. Das ist verdammt lange her. Und nicht nur das, selbst das Viertelfinale des deutschen Pokalwettbewerbs hat der FC schon seit Jahren nicht mehr erreicht. Genauer gesagt: seit zehn Jahren! Im Februar 2010 ging es im Viertelfinale gegen den FC Augsburg, die für viele FC-Fans in schrecklicher Erinnerung gebliebene Partie endete 0:2. Aber der effzeh, einst wohl eine der besten Pokalmannschaft Deutschlands, hatte immerhin mal die Runde der letzten Acht erreicht.
Und diese Chance bietet sich dem Team von Markus Gisdol nun wieder, mit dem Achtelfinal-Spiel in Regensburg können sich die “Geißböcke” einreihen in die acht besten Mannschaften des diesjährigen Wettbewerbs. Es ist darüber hinaus vermutlich auch DIE Gelegenheit, einer bislang höchst mühsamen Saison neuen Schwung zu verleihen und ein wenig Glanz in die tristen Erfolgsbilanzen zu bringen. Und dazu das klamme Konto mit einer Millioneneinnahme zu polstern – gelegener als aktuell könnte dem FC ein Einzug ins Pokalviertelfinale also kaum kommen.
Ohne Modeste, Bornauw und Hector nach Regensburg
Nach dem 3:1-Erfolg gegen Arminia Bielefeld bat Coach Gisdol seine Spieler am Dienstagnachmittag zum Abschlusstraining. Danach traten die Akteure die Reise nach Regensburg an. Nicht dabei: Anthony Modeste, der ab sofort in Frankreich bei der AS St. Etienne spielt. Für das anstehende Halbjahr hat der FC den Torjäger a.D. in seine Heimat verliehen – an einen Club, für den bereits sein Vater stürmte. „Tony hat keine einfache Zeit hinter sich. Als sich kurzfristig die Möglichkeit für einen Wechsel ergab, haben wir offen gesprochen: Die Luftveränderung und den Wechsel in seine Heimat sehen wir als Chance. Wir wünschen Tony, dass er bei Saint-Étienne möglichst viel spielen kann, seine Tore macht und zu seiner Stärke zurückfindet“, sagt FC-Geschäftsführer Horst Heldt.
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Außerdem wird Sebastiaan Bornauw erneut mit Rückenproblemen ausfallen. Ebenfalls verzichtet FC-Coach Markus Gisdol auf Kapitän Jonas Hector, dafür reist Marco Höger erstmals seit Monaten wieder mit. Für den Sturm ist neben Neuzugang Emmanuel Dennis, der gegen Bielefeld sein Bundesliga-Debüt feierte, auch Tolu Arokodare im Aufgebot für das Spiel beim oberpfälzischen Zweitligisten dabei. Auch Max Meyer kann sich Hoffnungen auf einen Einsatz machen. Der Ex-Schalker erinnerte vor der Partie an die starken unterklassigen Pokalgegner in Deutschland: “Ich weiß noch, wenn man früher in den ersten Runden auswärts bei unterklassigen Vereinen gespielt hat, war das immer ein kleiner Hexenkessel.”
Die kleine Chance nutzen
Denn auch der Gegner, der SSV Jahn Regensburg, träumt natürlich von der nächsten Pokalüberraschung. Das Team von Trainer Mersad Selimbegovic kann dabei auf seine Nervenstärke bauen. Denn sowohl in Runde 1 als auch in Runde 2 mussten die Oberpfälzer bis ins Elfmeterschießen, um die Gegner aus Wiesbaden und Kaiserslautern auszuschalten. Die Vorzeichen allerdings sind diesmal andere. Statt gegen unterklassige Mannschaften muss sich der aktuell Tabellenelfte der 2. Bundesliga nun gegen den Favoriten aus Köln beweisen. “Köln ist ein großer Verein und eine gute Mannschaft. Sie hat in der Bundesliga zuletzt gegen die direkte Konkurrenz gepunktet, ist stabil und hat interessante Neuzugänge.”
Das Kalkül hinter der Aussage des Regensburger Trainers ist allzu deutlich: den Favoriten starkreden und in Sicherheit wiegen – und dann zuschlagen. Denn die anderen Aussagen in der Regensburger Pressekonferenz deuteten durchaus darauf hin, dass Selimbegovic Schwächen beim 1. FC Köln ausgemacht hat: “Wir werden versuchen unser Spiel zu spielen und aktiv nach vorne zu verteidigen. Wenn du dich versteckst, wird es nicht schön.” Jede Mannschaft habe im DFB-Pokal in jedem Spiel eine kleine Chance, so auch Jahn Regensburg gegen den FC. Selimbegovic sprach seiner Mannschaft deshalb Mut zu: “Wenn wir die Chance morgen bekommen, werden wir sie nutzen.” Und sei es eben im Elfmeterschießen, wie in den Vorrunden. Späte Tore jedenfalls kann der Jahn, auch in den vergangenen Zweitligabegegnungen traf Regensburg jeweils in den Schlussminuten der Partien gegen Nürnberg und Darmstadt und sicherte sich so immerhin vier Punkte aus zwei Spielen.
Das Viertelfinale bringt Kohle
Auch finanziell wäre ein Weitergehen der Reise für beide Mannschaften natürlich höchst attraktiv. Zwar hat der DFB wegen der Corona-Pandemie mit sinkenden Einnahmen zu kämpfen und schüttet deshalb weniger Geld an die Vereine aus als in den Vorjahren, dennoch würde ein Sieg der damit verbundene Einzug ins Viertelfinale mit einer Prämie von wohl über 1 Million Euro belohnt werden. In der Vorsaison hatte es 1,4 Millionen Euro gegeben. Das Geld wäre sowohl für den Zweitligisten aus der Oberpfalz, als auch für den finanziell angeschlagenen 1. FC Köln ein Segen.
Und wer weiß, wie weit es danach noch gehen kann. So gut wie in dieser Saison, waren die Chancen für ein Erreichen des Finals in Berlin für den FC schon ewig nicht mehr. Der große Favorit Bayern München ist raus. Bayer Leverkusen scheiterte sensationell an Viertligist Essen, die sonst gegen die effzeh-Amateure in der Regionalliga West antreten. Die übriggebliebenen Kandidaten sind auch nicht immer sattelfest – und zwei starke Teams dieser Saison, Stuttgart und Gladbach, treffen im Achtelfinale direkt aufeinander. Die Chance für Markus Gisdol und sein Team ist da. Und es ist dann eben nicht allein die Chance nach zehn Jahren, mal wieder das Viertelfinale zu erreichen. Es ist die riesige Gelegenheit, diese Saison in eine zu verwandeln, an die man sich erinnert. Der erste Schritt dazu muss am Mittwochabend ab 20:45 Uhr in Regensburg getan werden. Ohne Wenn und Aber.