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Vorspiel

Der 1. FC Köln zuhause gegen die SpVgg Greuther Fürth: Ein Gegner, besser als sein Ruf?

Auf den ersten Blick scheint die Sache klar: Die SpVgg Greuther Fürth steht mit lediglich einem Punkt am Tabellenende, der FC – in der Tabelle mit acht Punkten mehr enteilt – ist daher auf dem Papier der klare Favorit. Doch ist das Kleeblatt wirklich so schwach, wie diese Zahlen vermuten lassen? In unserem Vorspiel versuchen wir genau diese Frage zu beantworten.

Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images

Der 1. FC Köln als klarer Favorit in einer Bundesliga-Partie? Das kommt nicht allzu oft vor, dürfte aber die Ausgangslage vor dem Heimspiel am Freitagabend gegen die SpVgg Greuther Fürth ziemlich genau treffen. Der Aufsteiger rangiert mit einem Punkt und einem Torverhältnis von 4:16 am Tabellenende, bereits jetzt liegt das sicher rettende Ufer für die Franken vier Punkte entfernt. Die “Geißböcke” dagegen haben mit einem fulminanten Saisonstart acht Zähler mehr eingesammelt und grüßen aus der oberen Tabellenhälfte. Dennoch: FC-Trainer Steffen Baumgart behagt diese Rolle als Favorit ganz und gar nicht: „Der Begriff Favoritenrolle ist für mich halt auch nur ein Begriff. Wir spielen in der Bundesliga und beide Teams wollen die Partie für sich entscheiden.“

In der Tat fällt bei einer Betrachtung der Fürther auf, dass diese mitnichten das Klischee des klassischen Aufsteiger-Underdogs oder der grauen Bundesligamaus erfüllen, die sich nur hinten verbarrikadieren würde und vorne irgendwie auf ein mittleres Fußballwunder hofft. Das Kleeblatt ist vielmehr „eine Mannschaft, die alles in die Waagschale werfen wird. Fürth läuft sehr aggressiv an. Auch gegen Bayern München hatten sie offensiv einige Ballgewinne und konnten sich dadurch einige Möglichkeiten herausspielen“, wie auch der Kölner Übungsleiter auf der offiziellen Pressekonferenz am Mittwoch bestätigte. “Es trifft nicht der Große auf den Kleinen. Es wird ein enges Spiel. Unser oberstes Ziel ist der Klassenerhalt. Fürth ist ein direkter Konkurrent im Kampf um dieses Ziel.”

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Zu wenig Torgefahr

Tatsächlich geben die Zahlen und Statistiken Baumgart recht darin, die Franken nicht auf die leichte Schulter zu nehmen und den Sieg nicht als Selbstläufer zu betrachten. So hatten die Fürther beispielsweise im Spiel gegen Bielefeld (1:1) sage und schreibe 20 Torschüsse auf der Habenseite, wohingegen die Arminia nur auf deren 8 kam. Selbst beim 0:2 gegen Wolfsburg waren die Schüsse aufs Tor gleichmäßig verteilt (je 9). Der durchschnittliche xG-Wert der Fürther – ein Wert, der bestimmt, wie wahrscheinlich eine Torerzielung ist – liegt bei 6,8. In der Tabelle nach xG sortiert käme dies Rang 13 gleich – noch vor beispielsweise Hertha und Frankfurt. Die Kölner liegen hier mit 9,8 auf Rang sechs. Man sieht aber bereits, dass Fürth eine Mannschaft ist, die durchaus auch in der Lage ist, sich qualitative Chancen zu erarbeiten.

“Fürth ist eine Mannschaft, die alles in die Waagschale werfen wird. Fürth läuft sehr aggressiv an.”

Dies tun sie durch eine überdurchschnittliche Laufleistung von im Schnitt etwa 115 Km (Köln: 117). Die fränkischen Kilometer kommen durch relativ hohes, aggressives Anlaufen im mannschaftlichen Verbund zustande. Eine Spielweise, die tatsächlich an den 1. FC Köln der laufenden Saison erinnert, bei den Fürthern aber noch nicht zu dem gleichen Druck führt, den die Kölner in guten Phasen entfachen können. Für die Umwandlung des Aufwandes in Tore fehlt es auch an Qualität für die Bundesliga. Der Ex-Gladbacher Branimir Hrgota (immerhin zwei Tore in sechs Einsätzen), Cedric Itten (1/3) und Havard Nielsen (0/6) sind einfach keine gehobene Stürmerware für die oberste Spielklasse, auch wenn Hrgota und Nielsen in der 2. Bundesliga im vergangenen Jahr bestens harmonierten.

Foto: Thomas Eisenhuth/Getty Images

Da aber auch aus Mittelfeld und Abwehr bislang keinerlei Treffer beigesteuert wurden, fehlt es dem gesamten Kader im Schnitt noch an Torgefahr. Zwar ist gerade der Schweizer Itten, der von den Glasgow Rangers kam und bereits Champions-League- und Europa-League-Spiele absolviert hat (zwei Tore in fünf EL-Spielen) mit 1,89 Meter Körpergröße und 81 Kilogramm durchaus ein interessanter Mann als sogenannter Wandspieler, jedoch ging selbst in der Schweizer Super League nicht die ganz große Torgefahr von ihm aus (34 Tore in 112 Spielen). Mit 24 ist er jedoch noch jung und könnte noch einen entscheidenden Schritt machen, wenn er sich erst einmal an Tempo und Dynamik der Bundesliga gewöhnt hat.

Aufstellungspuzzle

Auf Ballbesitz verzichtet Fürth in der Regel, da der Ansatz eben, wie beschrieben, eher auf dem Anlaufen und Umschalten liegt. Auf Steffen Baumgarts Elf wird daher die Aufgabe zukommen, das Spiel zu machen und mit Ballbesitzwerten um die 65 Prozent gestalterisch tätig zu werden. Daher wird es für das Trainerteam darauf ankommen, jene Spieler auf dem Platz zu haben, die mit dem Ball konstruktiv umzugehen wissen. Die Einsatzgarantie, die Baumgart Jorge Meré auf der Pressekonferenz gegeben hat („Die Entscheidung ist bereits gefallen. Jorge wird spielen“), erscheint daher nur konsequent, da der Spanier nicht nur in den letzten beiden Spielen als Einwechselspieler überzeugt hat, sondern eben auch das Spiel von hinten heraus mit präzisen, eher flachen Pässen auf die Seiten eröffnen kann.

Dies in Kombination mit Rafael Czichos‘ weiten, hohen Bällen auf einen der Wandspieler macht den Spielaufbau variabler – zumal auch die beiden Außenverteidiger Jonas Hector und Benno Schmitz von Haus aus gelernte Mittelfeldspieler sind (Schmitz wurde auf dieser Position in der Jugend ausgebildet) und daher durchaus das Instrument der Spieleröffnung beherrschen. Schmitz‘ weiter Pass auf Hector nach abgewehrter Ecke war es, der das 1:0 gegen die Frankfurter erst ermöglichte. Im Mittelfeld dürfte daher auch Florian Kainz gesetzt sein und eigentlich sollte man für dieses Spiel auch an Ondrej Duda nicht vorbei kommen. Jedoch fremdelt der Slowake auch nach sechs Spielen noch immer mit Baumgarts Anforderungen und wirkt auch noch nicht ganz in der Form, die ihn im vergangenen Jahr zu einer wichtigen Säule machte – auch wenn er sich inzwischen durch Laufleistung und Zweikampfführung mehr mit Baumgarts System identifiziert, neigt er immer noch zu einer gewissen Verspieltheit und falscher Entscheidungsfindung um den Strafraum herum.

Foto: Lars Baron/Getty Images

Die Frage wird also sein, ob man vorne weiter an den beiden Wandspielern Modeste und Andersson festhalten möchte, dann würde vermutlich Mark Uth in die Spitze der Mittelfeldraute rotieren und Duda bliebe nur der Platz auf der Bank. Jedoch ist für ein Spiel mit viel Ballbesitz und der Notwendigkeit konstruktiver Ideen der Ex-Herthaner eigentlich ebenso prädestiniert wie der Ex-Schalker. Aber auch für den Einsatz Anderssons gemeinsam mit Anthony Modeste spricht etwas, vor allem nämlich, dass der zweite Fürther Innenverteidiger – der Niederländer Nick Viergever mit 1,83 Meter und 78 Kilogramm – körperlich beiden Stoßstürmern des FCs unterlegen sein dürfte und mit beiden auf dem Platz immer wieder in ein ungleiches Duell verwickelt werden kann. Vielleicht erhält sogar Dejan Ljubicic eine Verschnaufpause und Uth bekleidet den rechten Flügel. Man sieht: Die Aufstellung bleibt spannend und dürfte auch dem Trainerteam nicht gerade leicht fallen. Allerdings ist ein Kader, in dem eine solche Leistungsdichte und Variabilität herrschen, natürlich ein sehr wünschenswertes Szenario.

Ein wichtiges Spiel für die Gesamtlage

Aber die Aufstellung muss sitzen für dieses Spiel, dass für beide Mannschaften wichtiger ist, als es auf den ersten Blick aussieht. Bei den Kölnern bleibt ein wenig das ungute Gefühl zurück, es verpasst zu haben, sich ein dickeres Punktepolster angefressen zu haben – gerade mit Dudas Last-Minute-Fehlschuss gegen Leipzig. Auch aufgrund einer der schwächsten Halbzeiten der bisherigen Serie gegen Frankfurt gilt es, das Momentum nicht zu verlieren, indem man nicht mit einer Niederlage oder einem erneut ärgerlich zustande gekommenen Remis in die Länderspielpause geht. Es gilt, das Gefühl zu bekämpfen, nicht das Mögliche herausgeholt und Punkte liegen gelassen zu haben. Vielmehr würde ein Sieg gegen einen Aufsteiger am Freitag Abend unter Flutlicht vor bis zu 40.000 Zuschauer*innen enorm dazu beitragen, eine komplett ruhige Pause zu verbringen.

“Es wird ein enges Spiel – und wir wollen es gewinnen.”

Zudem hätte man einen Mitbewerber um die Abstiegsplätze dann bereits auf elf Zähler (!) distanziert. Für Fürth geht es darum, genau das zu verhindern und den Anschluss an die Plätze 15 bis 16 nicht zu verlieren – da Augsburg in Dortmund und Bochum in Leipzig spielen, wäre ein eigener Sieg für die Kleeblätter elementar. Es ist daher ein spannendes, enges Spiel zu erwarten, gegen einen Gegner, der mitnichten so schwach ist, wie es die Tabellenlage vermuten ließe. Aber: Die individuelle Qualität und auch die Statistiken sind auf Seiten der Kölner; daher formulierte Steffen Baumgart auch zu Recht: „Wir haben die bessere Mannschaft, aber nicht immer gewinnt das bessere Team. Aber natürlich wollen wir gewinnen, wir spielen zu Hause vor 40.000 Fans. Es wird ein enges Spiel – und wir wollen es gewinnen.”

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