Der nächste Tiefschlag im Aufstiegsrennen ist da: Mit einer taktisch und individuell indiskutablen Leistung in der Schlussviertelstunde gab der 1. FC Köln einen sicher geglaubten Sieg in Paderborn aus der Hand. Das elfte Saisontor von Jhon Cordoba? Der Comeback-Treffer von Anthony Modeste? Letztlich alles Makulatur. In Ostwestfalen wurde das Team von Markus Anfang mit etwas konfrontiert, das ihm derzeit mitunter abzugehen scheint: Ehrgeiz und Unbeugsamkeit. Die Mannschaft von Steffen Baumgart gab nicht auf und wurde am Ende belohnt, während sich die “Geißböcke” spätestens nach dem 2:0 offensichtlich einmal mehr zu sicher waren.
Offensive hui, Defensive pfui
Doch beginnen wir mit dem Positiven: Die Mannschaft konnte in der Offensive ihr Potenzial erneut abrufen – die Treffer von Jhon Cordoba und Anthony Modeste sprechen für sich. Kam die Mannschaft mit Tempo und Spielwitz in die Nähe des Paderborner Strafraums, wurde es zumeist gefährlich. Der Sturm bleibt der mit Abstand stärkste der Liga, auch die Spieler dahinter sind gut genug, um in der 2. Bundesliga auf hohem Niveau zu agieren. Dass Anthony Modeste schon kurz nach seiner Einwechslung traf, zeigte, wie wenig Eingewöhnungszeit der Franzose offenbar nur benötigt – und dass er das Toreschießen nicht verlernt hat.
Umso schlimmer war das, was der effzeh defensiv ablieferte. Abgesehen von Jorge Meré, der in unzähligen Situationen den Feuerwehrmann geben musste, ließ die Leistung im Rückwärtsgang die Fans schaudern. Die zweitbeste Offensive der Liga schien das Gros der Defensivspieler in den Kölner Reihen vor schier unlösbare Probleme zu stellen. Die naive Zweikampfführung, die insbesondere Benno Schmitz, Rafael Czichos und Johannes Geis zeigten, war erschreckend, ebenso Timo Horns Unaufmerksamkeit, die Florian Kainz seine erste gelbe Karte einbrachte.
Foto: Thomas F. Starke/Bongarts/Getty Images
Angesichts der 28 zu 11 Fouls und der gefühlt unzähligen Freistöße für die Gastgeber in Strafraumnähe überraschte es dann auch nicht mehr, dass die Tore im Anschluss an Standardsituationen fielen. Gerade der Anschlusstreffer war ein dämliches, vermeidbares Gegentor, bei dem die Zuordnung wieder einmal überhaupt nicht stimmte. Und klar: Die beiden folgenden Treffer durch sehenswerte Distanzschüsse waren außergewöhnlich. Sie hätten trotzdem im Vorfeld verhindert werden können. Mit einem strukturierten, aggressiveren Anlaufen, mit mehr Entschlossenheit – und mit einer tauglichen Defensivtaktik.
Anfang muss die Probleme in den Griff bekommen
Denn es ist nicht das erste Mal, dass das Team von Markus Anfang im Abwehrbereich enorme Probleme hat. Ein frühes, aggressives Pressing der Gegner stellt die Mannschaft jedes Mal vor immense Schwierigkeiten. Es sind allerdings nicht nur die daraus resultierenden Ballverluste, die ärgerlich sind. Es sind die Unaufmerksamkeiten, das schlechte Verschieben, die Unordnung bei Standards und beim Rausrücken, die mangelnde Unterstützung füreinander, die riesigen Abstände zwischen den Mannschaftsteilen… die Mängelliste ließe sich wahrscheinlich noch etwas länger weiterführen.
Sonntagsschüsse hin oder her: Diese Probleme sind nicht erst im gestrigen Spiel erkennbar gewesen. In den vier Spielen der Rückrunde kassierte der effzeh neun (!) Gegentreffer. Das ist nicht die Bilanz eines Aufstiegsaspiranten, das ist das Resultat aus vielen Dingen – vor allem jedoch etwas, für das der Trainer verantwortlich ist. Bei allem Reiz, den eine offensive Spielanlage verströmt: Die Kombination aus fatalen Defensivschwächen und einer nicht immer passenden Einstellung war nicht nur gegen Paderborn erkennbar.
Foto: Thomas F. Starke/Bongarts/Getty Images
Markus Anfang muss diese Probleme endlich in den Griff bekommen, wenn er den Aufstieg hinbekommen und eine Basis für die kommende Saison legen will. Mit dieser defensiven Ausrichtung und Einstellung würde der effzeh in der Bundesliga vermutlich eine absurde Zahl an Gegentoren bekommen. Denn 2. Liga hin oder her: Das erklärte Ziel ist der Aufstieg in die Bundesliga. In dieser Verfassung ist der effzeh nicht erstligatauglich – und hat sich in Paderborn selbst die gute Ausgangslage nach dem Sieg gegen St. Pauli eigenhändig zunichte gemacht.