Nach einem Blick auf die Darbietungen seiner Mannschaft wandte sich Friedhelm Funkel ab – mit Grausen, so schien es. Was seinen Spielern in der 1. Halbzeit des Spiels gegen den SC Freiburg an Fehlleistungen unterlief, war geeignet, die Augen zu schließen und den Kopf zu schütteln – wohl in Endlosschleife. Auf der Pressekonferenz nach der 1:4-Heimniederlage gegen das Team aus dem Breisgau musste der Trainer des 1. FC Köln dann auch zu einer für ihn ungewohnt langatmigen Aufzählung ansetzen, um immerhin die größten Defizite zu benennen: “Wir haben die schlechteste erste Halbzeit gezeigt, seit ich hier bin. Wir waren fahrig, hatten keine Sicherheit, haben Bälle ins Aus geschossen und nicht nur vor dem Gegentor dem Gegner den Ball in die Füße gespielt.”
“Wir haben die schlechteste erste Halbzeit gezeigt, seit ich hier bin. Wir waren fahrig, hatten keine Sicherheit, haben Bälle ins Aus geschossen und nicht nur vor dem Gegentor dem Gegner den Ball in die Füße gespielt.”
Konsequente Freiburger gehen 2:0 in Führung
Im sonnendurchfluteten Müngersdorfer Stadion tasteten sich beide Teams zunächst ab, bevor die Kölner in nur zwei Minuten das Spiel aus der Hand gaben. Ausgerechnet Ellyes Skhiri, der zuletzt formstärkste FC-Akteur, war es, der den Ball nach Czichos’ Kopfballabwehr viel zu kurz zu Sebastiaan Bornauw zurückspielte. Vincenzo Grifo spritzte dazwischen, der Ball gelangte auf Umwegen zu Nils Petersen, der keine Mühe hatte zum 0:1 einzunetzen (18.).
Nur zwei Minuten später flankte Roland Sallai an Bornauw vorbei in den Fünfmeterraum, Timo Horn ließ den Ball passieren, Vincenzo Grifos Schussversuch wurde von Ermedin Demirovic noch abgefälscht und landete zum 0:2 im Kölner Tor (20.). Danach schien es, als hätten die “Geißböcke” Blei in ihren Beinen, selbst einfachste Dinge misslangen, so dass man sich zur Pause beim Kölner Keeper bedanken musste, dass man nicht noch höher ins Hintertreffen geraten war.
Aufholjagd ohne Erfolg
Nach der Pause kam Ismail Jakobs für Marius Wolf und belebte sofort das Kölner Angriffsspiel. Seine Flanke war es auch, die Sebastian Andersson im Stile eines Torjägers zum Anschlusstreffer in die Maschen des von Mark Flekken gehüteten Tores setzte (50.). Nur wenige Minuten später drang Jakobs in den Freiburger Strafraum ein und wurde von Lukas Kübler gefoult. Schiedsrichter Marco Fritz blieb auch nach der Intervention des VAR bei seiner Elfmeterentscheidung. Da war sie, die Gelegenheit zum Ausgleich. Ondrej Duda, sicherer Elfmeterschütze des FC-Teams, trat an, rutschte aus und setzte das runde Leder über das Freiburger Tor.
Funkels Mannschaft schüttelte sich und lief weiter an, eröffnete dabei mit zunehmender Spieldauer immer mehr Räume für Freiburger Konter. Timo Horn musste mit einer Glanzparade gegen Nicolas Höfler (89.) retten, dann folgte des Dramas zweiter Teil aus Sicht der Kölner. Jannes Horn hatte einen langen Ball in Richtung Freiburger Strafraum geschickt, Jonas Hector den Ball abtropfen lassen, den schließlich der eingewechselte Jan Thielmann humorlos an Flekken vorbei zum vermeintlichen 2:2 einschoss. Schiedsrichter Marco Fritz versagte jedoch dem Tor seine Anerkennung, hatte er doch wahrgenommen, dass Hector den Ball an seinen Oberarm bekommen hatte und nicht an seine Schulter.
Auch nach Rücksprache mit dem VAR blieb Fritz bei seiner Entscheidung und sah danach, wie die Freiburger einen schnellen Konter schulmäßig durch Grifo abschlossen und nur wenig später durch Jonathan Schmid zum 1:4-Endstand trafen.
Erkenntnisse aus diesem Spiel
Welche Erkenntnisse bleiben aus diesem Spiel? Zuallererst ein Manko, ein altbekanntes zudem, das sich schon über Jahre im FC-Spiel zeigt: die mangelnde Schnelligkeit. Christian Streichs Spieler waren fast immer einen Schritt schneller und konnten ihre Geschwindigkeitsvorteile ein ums andere Mal ausspielen. Dem 1. FC Köln und seinen sportlich Verantwortlichen ist es nicht gelungen, dieses Defizit zu beheben und so gibt es mit Ismail Jakobs lediglich einen wirklich schnellen Spieler im Team.
Und dann wären noch die Aussetzer in der Abwehr, die vom SC Freiburg konsequent ausgenutzt wurden. Diese Konzentrationsschwächen, kombiniert mit einer mangelnden Konsequenz im Zweikampf, müssen dringend abgestellt werden. Sonst wird das nichts mit der Umsetzung des Funkel’schen 6-Punkte-Plans aus den Spielen gegen Hertha BSC und Schalke 04.
Die Stimmen nach dem Spiel
Friedhelm Funkel sprach über die unterschiedlichen Halbzeiten und richtete seinen Blick nach vorne: “Wir haben nicht gut angefangen. Die ganze erste Halbzeit hat sich so hingezogen, sodass wir überhaupt nicht ins Spiel gefunden haben. Das ist in der zweiten Halbzeit besser geworden und wir haben früh den Anschluss erzielt. Durch den Elfmeter hatten wir dann die Möglichkeit. Ondrej Duda macht sich selber die größten Vorwürfe. Das kann immer passieren. Es scheint nicht immer die Sonne, jetzt werden wir über das Spiel reden und versuchen, bei Hertha die Punkte zu holen.”
“Wir geben das 0:2 viel zu einfach her, haben eine schlechte erste Halbzeit gespielt mit einer schlechten Intensität – alle, die auf dem Platz waren.”
Jonas Hector beschäftigte die Leistung in der 1. Halbzeit und sein vermeintliches Handspiel vor Thielmanns Tor: “Wir geben das 0:2 viel zu einfach her, haben eine schlechte erste Halbzeit gespielt mit einer schlechten Intensität – alle, die auf dem Platz waren. Das war nicht das, was in der Situation angebracht ist. Vor Jans Tor hatte ich den Eindruck, dass der Ball an meine Schulter gegangen wäre. Der Schiedsrichter hat es anders gesehen.”
Ismail Jakobs blickte auf den verschossenen Elfmeter zurück: “Bei der Szene vor dem Elfmeter spüre ich einen Treffer und kann dadurch nicht weiterlaufen. Für mich war es ein klarer Elfmeter. Ich glaube nicht, dass der verschossene Elfmeter der Knackpunkt war. Wir waren danach trotzdem gut im Spiel. Ondrej hat bisher immer alle Elfer verwandelt, deswegen ist ihm niemand böse.”
Der Blick auf das nächste Spiel
Für die Profis des 1. FC Köln geht es nun zur Quarantäne ins Fünf-Sterne-Hotel Schloss Bensberg. Die großzügigen Parkanlagen dort laden zu Spaziergängen ein, auf denen die Akteure die Partie gegen die Freiburger und vor allem die zahlreichen Fehler Revue passieren lassen können. Daraus die richtigen Lehren zu ziehen wird auch mehr als notwendig sein, würde doch eine Niederlage gegen die Berliner die Gefahr eines Abstiegs in die 2. Bundesliga beträchtlich erhöhen.
Die Konsequenzen wären gravierend – für die Fans, für die Finanzlage des Vereins, für die sportliche Ausrichtung in der kommenden Saison, möglicherweise auch für die Geschäftsführung der Kölner und nicht zuletzt für Michael Liebetrut, den Busfahrer des 1. FC Köln, müsste der doch das Navigationsgerät seines Gefährts auf die Städte umprogrammieren, in denen die Zweitligaklubs beheimatet sind.