Der Saisonendspurt steht für den 1. FC Köln bevor: Nach dem anstehenden Auswärtsspiel an der Alten Försterei kommt noch das Heimduell gegen Borussia Dortmund, bevor eine abermals absolut notwendige Länderspielpause den letzten Schnitt macht, ehe es dann in die entscheidende Phase der Saison geht. Schaffen die “Geißböcke” abermals den Klassenerhalt? Wie sieht die Zukunft aus, selbst wenn der FC den Bundesliga-Verbleib für ein weiteres Jahr feiern darf?
Fragen über Fragen, die nicht nur am Geißbockheim heiß diskutiert werden. Was machen die umworbenen Geschäftsführer des 1. FC Köln? Wie geht es auf und neben dem Platz weiter? Auch deshalb haben wir einmal mehr unsere Leser gefragt, zu welchen Themen sie unsere Einschätzung haben wollen. Denn auch diese Ausgabe des effzeh.com-Possbüggels dreht sich um die Dinge, die auf und neben dem Platz beim 1. FC Köln passieren!
Halt uns ens aff – die Zahl des Monats
Über 800 Profis wenden sich in einer konzertierten Aktion der “11 Freunde” an homosexuelle Mitspieler und sagen “Ihr könnt auf uns zählen!”. Dazu zählt auch der 1. FC Köln, der sich in Person von Kapitän Jonas Hector im Namen des kompletten Vereins dieser Initiative anschloss. Auch wir machen klar: Jeck, loss Jeck elans – ihr könnt auf uns zählen. Insgesamt eine sehr schöne Aktion, wenngleich damit nur ein symbolischer Schritt verbunden ist. Die harte Arbeit, eine offene und tolerante Atmosphäre im Fußball zu schaffen, liegt jeden Tag vor den Verantwortlichen, vor den Beteiligten und auch vor uns Fans.
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Ens em Vertraue – die Fragerunde
Warum hat der FC im Winter Anthony Modeste abgegeben, davor auch Simon Terodde, um jetzt ohne klassischen Stoßstürmer spielen zu müssen? (via Mail)
Abseits von allen angeblich persönlichen Animositäten, die rund um das Verhältnis zwischen FC-Coach Markus Gisdol und Anthony Modeste im Umlauf sind, gibt es in meinen Augen zwei Gründe, weshalb es gerade die zwei vermeintlichen Platzhirsche im Kölner Sturm sehr schwer hatten: Das eine ist ein horrend schlechtes Preis-/Leistungsverhältnis, das viel Budget im Kader band, ohne den entsprechenden Gegenwert auf dem Platz zu sehen. Modeste und Terodde zählten zu den Top-Verdienern bei den „Geißböcken“, waren aber keineswegs die Go-to-Guys auf dem Rasen, die sie dafür hätten sein müssen. Sie waren es auch nicht, um ihren Wert für das Team zu erhöhen – um über gewisse Schwächen bei Strafraumstürmern hinwegzusehen, müssen sie eben vor dem gegnerischen Tor funktionieren. Gisdol setzt stattdessen auf aggressives Anlaufen, auf physisch präsente Stürmer, auf sprintstarke Angreifer, die Meter um Meter für die Mannschaft abreißen. Das sind weder Anthony Modeste noch Simon Terodde.
Foto: Alex Grimm/Getty Images
Jhon Cordoba war das Paradeexemplar eines Stürmers, den sich Gisdol vorne für seine Spielweise wünscht. Dass nach dessen Abgang zwar der Kader in Sommer und Winter ordentlich durchgelüftet wurde, aber im Angriffszentrum keine adäquate Lösung gefunden wurde, ist nur zu Teilen dem FC-Coach anzulasten. Sebastian Andersson hatte schon bei Union Berlin Knieprobleme, Tolu Arokodare war nach dem gescheiterten Mamba-Deal ein komplett anderer Spielertyp als vorher offensichtlich gesucht und ist anscheinend nicht auf dem nötigen Niveau, Emmanuel Dennis ist eher Außen- denn Mittelstürmer und als einzige Spitze vorne auf verlorenem Posten. Da ist es verständlich, sich einen Stoßstürmer wie Modeste oder Terodde zurückzuwünschen – aber beide dürften vorne ähnlich auf verlorenem Posten sein wie Andersson in seinen wenigen Einsätzen. Zumal keiner des vermissten Duos zuletzt Bundesliga-Niveau nachweisen konnte, wenn sie denn randurften.
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Die Gerüchteküche brodelt am Geißbockheim wieder einmal auf mittlerer Stufe, sowohl Alexander Wehrle als auch Horst Heldt sollen von der Bundesliga-Konkurrenz umworben sein. Glaubt ihr, dass die Geschäftsführung auch in der kommenden Saison so aussehen wird wie derzeit? (via Mail)
Ich gehe davon aus, ja. Mit einer Einschränkung: Wenn der 1. FC Köln auch in der kommenden Saison in der Bundesliga spielt. Sollte das nicht der Fall sein, dann ist Horst Heldt krachend gescheitert und dürfte nicht mehr zu halten sein. Ähnliches gilt dann auch für die wirtschaftliche Situation des Vereins, die trotz anderslautender Bekundung tatsächlich im Verantwortungsbereich des Finanzgeschäftsführers liegt. Wenn die Liga aber gehalten wird, glaube ich nicht, dass sich in der Führungsetage am Geißbockheim viel ändern wird. Warum auch? Horst Heldt dürfte sich durch einen Klassenerhalt in seinem Handeln nicht ganz unberechtigt bestätigt fühlen, Alexander Wehrle seine Position als das Gesicht des Vereins noch mehr gestärkt sehen.
Das ist aber alles nicht in Stein gemeißelt: Zwar haben beide Geschäftsführer einen noch langfristig laufenden Vertrag beim FC, doch genießt das Duo in der Bundesliga (für manche nicht ganz verständlich) einen guten Ruf. Gerade Wehrle ist hochangesehen bei den Kollegen – was ihn für den Posten als Nachfolger von DFL-Boss Christian Seifert eigentlich prädestiniert. Das soll laut Gerüchteküche auch die erste Option für den Kölner Finanzchef sein, falls er die „Geißböcke“ überhaupt verlassen will. Eine Rückkehr zum VfB Stuttgart ist vorstellbar, steht aber angeblich nicht ganz oben auf der Prioritätenliste. Bei Horst Heldt halte ich die Gerüchte um einen Abschied Richtung Schalke oder Frankfurt für pures Namedropping – dazu hat der ehemalige Profi schon in Hannover ständig mit einem Abschied geliebäugelt (auch 2018 schon Richtung Köln), um sich intern in eine bessere Position zu bringen. Ob er das jetzt auch beim FC so handhabt? Das glaube ich derzeit noch nicht.
Warum hat der Verein die finanziellen Rahmendaten der vergangenen Saison noch nicht bekannt gegeben? Wird den Mitgliedern da etwas verschwiegen? (via Direktnachricht)
Die offizielle Begründung lautet wie folgt: Der Verein möchte die Zahlen der Saison 2019/20 den Mitgliedern zuerst präsentieren – auf der Mitgliederversammlung. Dies ist aber durch die Verzögerungen, die die Coronavirus-Pandemie mit sich gebracht hat, bislang noch nicht geschehen. Dass eine Mitgliederversammlung nicht der einzige Weg ist, seinen Mitgliedern zu den wirtschaftlichen Kennzahlen einer äußerst schwierigen Saison Rede und Antwort zu stehen, versteht sich von selbst. Ich verstehe die Beweggründe des Verein zwar, kann aber den Unmut mancher Mitglieder völlig nachvollziehen. Dass der FC seinen Geschäftsbericht, der eigentlich im Herbst 2020 den eigenen Mitgliedern hätte zugänglich gemacht werden müssen, vermutlich erst im Anschluss an die derzeit laufende Saison verkünden wird, ist in meinen Augen ein Unding – und sollte auch nicht durch die Sondersituation entschuldigt sein.
Foto: imago images / Herbert Bucco
Ich glaube aber nicht, dass die Vereinsverantwortlichen irgendetwas vor den Mitgliedern verheimlichen wollen. Ich glaube eher, dass man sich früh auf einen Standpunkt geeinigt hat, der aber nun aus verschiedensten Gründen obsolet geworden ist – nur der FC findet den kommunikativen Ausgang in diesem Fall nicht oder will ihn nicht finden. Die Bilanz wird natürlich einiges offenbaren, was in der jüngeren Vergangenheit aber bereits in der Öffentlichkeit Thema war. Eine große Unterdeckung aufgrund Transferausgaben, die durch Corona vergrößert wurde. Eine Lücke, die vermutlich durch das angesammelte Eigenkapital aufgefangen werden konnte, aber eben auch durch Geldspritzen von außen. Vielleicht ist tatsächlich etwas Pokern dabei – aber eher in die Richtung, die vermeintliche Einnahmenausfälle größer darzustellen, als sie letztlich waren. Das bleibt aber Spekulation, solange die Zahlen einfach nicht vorliegen.
Wat do nit sähs – unser Hot Take
So sehr manchen die Spielweise des 1. FC Köln auch wütend macht: In dieser Saison wird sich daran nichts mehr ändern. Spätestens nach dem Derbysieg war klar, dass Markus Gisdol diese Saison als FC-Trainer wohl auch beenden wird, wenn kein historischer Absturz mehr stattfindet. Zu eng ist die Bande zwischen Horst Heldt und seinem Coach, zu sehr hat sich der Sportchef der “Geißböcke” dem gebürtigen Schwaben und Nachbarn den Rücken gestärkt. Eine Kurzschlussreaktion wie in Bielefeld, wo aus dem Bruch zwischen den Verantwortlichen eine vorzeitige Trennung wurde, ist am Geißbockheim ausgeschlossen. Doch: Nach der Saison müssen alle Optionen auf den Tisch, muss kritisch und knallhart analysiert werden. Die spielerische Armut des Teams, die Sturmflaute, die schwankenden Leistungen vieler Spieler – das lässt viel Interpretationsspielraum für eine Entscheidung im Sommer. Selbst bei Klassenerhalt sollte ein Neuanfang an der Seitenlinie angestrebt werden, wenn die entsprechenden Alternativen verfügbar sind und der Kader es hergibt.
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Jot kamellt
„Ich hätte es mit den Kölnern auch durchgezogen. Noch einmal runterzugehen und es dann wieder aufzubauen. Das hätte ich mir zugetraut und das hätte mir auch Spaß gemacht.“
Peter Stöger im “kicker meets DAZN”-Podcast über seine Gedanken zum damaligen Abschied
Koot verzällt
Dass der 1. FC Köln finanziell weiter nicht auf Rosen gebettet ist, dürfte längst kein Geheimnis sein. Neben den zahlreichen teuren Fehlentscheidungen der jüngeren Vergangenheit trägt natürlich auch die Situation in der Coronavirus-Pandemie ihren Teil zu den wirtschaftlichen Problemen der “Geißböcke” bei. Um diese ein wenig abzumildern, hat sich der Verein mit den Profis auf einen erneuten Gehaltsverzicht geeinigt. Angeblich reduzieren sich die Zahlungen an das Team um 15 Prozent – bis zum Ende der Saison und rückwirkend auch für die ersten beiden Monate des Jahres gültig. “Wir hatten immer gute und offene Gespräche mit dem Spielerrat, die gesamte Mannschaft hatte großes Verständnis. Deshalb war das wie in den vergangenen Monaten kein Problem. Wir bekommen das immer sehr, sehr gut hin mit der Mannschaft”, erklärte FC-Sportchef Horst Heldt, der allerdings keine Details zur Abmachung mit der Mannschaft öffentlich machte.
Foto: Matthias Hangst/Getty Images
Auch an der Sponsorenfront kommen Aufgaben auf die Verantwortlichen des 1. FC Köln zu: Der Vertrag mit Hauptsponsor REWE läuft im Sommer 2022 aus – eine Verlängerung der Zusammenarbeit scheint jedoch wahrscheinlich zu sein. Bei einem anderen Thema sieht es dagegen nach effzeh.com-Informationen nach einer Trennung aus: Im Sommer 2022 dürfte die Partnerschaft zwischen den „Geißböcken“ und Ausrüster Uhlsport nach vier Jahren ein Ende finden. Ein heißer Kandidat für die Nachfolge soll der dänische Sportartikelhersteller Hummel sein, der in der Bundesliga beispielsweise den SC Freiburg beliefert. Eine Entscheidung über den kommenden Ausrüster des 1. FC Köln soll nach Ende dieser Saison fallen – der Zuschlag zuletzt für Uhlsport fiel im Sommer 2018.
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Es wirkt schon fast wie aus einer ganz anderen Zeit, als der 1. FC Köln von einem Stadionneubau träumte beziehungsweise diesen auch schon öffentlichkeitswirksam nach vorne treiben wollte. Eine Option bei diesem Luftschloss war stets die Verknüpfung mit der Olympiabewerbung 2032 der Rhein-Ruhr-Region, die eine private Initiative um den umtriebigen Michael Mronz (mittlerweile auch Beiratsmitglied beim 1. FC Köln) mit freundlicher Unterstützung der NRW-Landesregierung angestoßen hatte. Dieses Gedankenspiel dürfte nun endgültig ein Ende gefunden haben: Das IOC empfahl in seiner unnachahmlich transparenten Art und Weise für die deutschen Funktionäre überraschend Brisbane als Austragungsort der Olympischen Sommerspiele 2032. Unterdessen läuft der Pachtvertrag für das Müngersdorfer Stadion 2024 aus – und der FC liefert sich ein juristisches Scharmützel um die Höhe der Mietzahlungen.
Social jeck
It was about time.
For the first time ever, a woman is on the front of the #effzeh club magazine.
Nicole Bender, sporting director of the women’s team, is the face of the newest issue. #IWD2021 pic.twitter.com/nDg2gOFRvr
— 1. FC Cologne (@fckoeln_en) March 8, 2021
Hinger d’r Britz
Der öffentliche Druck auf die Verbände, die absurde Fußball-Weltmeisterschaft im kommenden Jahr in Katar sausen zu lassen, nimmt wieder etwas zu: Nachdem unter anderem der „Guardian“ berichtet hatte, dass bis Mitte Februar fast 7.000 Arbeiter auf den Baustellen für die Turnierstadien ums Leben gekommen seien, fordern zunächst norwegische Vereine wie der einstige Serienmeister Rosenborg BK ihren Verband dazu auf, die Endrunde im Wüstenstaat zu boykottieren. „Sollte die WM im nächsten Jahr in Katar stattfinden, geschieht dies auf einem Friedhof“, zitiert beispielsweise der Sportinformationsdienst den norwegischen Rosenborg-Fan Kenneth T. Kjelsnes. Die Initiative zu dieser Aktion, der sich insgesamt sechs Clubs angeschlossen haben, ging von Aufsteiger Tromsö IL aus.
Der Boykottforderung schließen sich auch in Deutschland Fan-Organisationen an. ProFans forderte den DFB offen zum Verzicht auf die WM 2022 auf. “Wir sind Fußballfans und lieben diesen Sport. Aber es gibt nichts, was es rechtfertigen könnte, die Menschenrechtsverletzungen in Katar hinzunehmen, ja, gar durch die Teilnahme am Turnier wissentlich, billigend zu unterstützen. Die Stimmen werden lauter, und ProFans stellt sich ganz klar an die Seite derer, die einen Boykott dieser Weltmeisterschaft für unumgänglich halten“, heißt es in der Stellungnahme. „Ein rauschendes Fußballfest auf den Gräbern von Tausenden Arbeitsmigranten – daran teilzuhaben, wäre das Ende von Ethik und Würde. Mit Entsetzen wenden wir uns davon ab. Fußball ist mehr als nur ein Spiel. Fußball ist auch: gesellschaftliche und soziale Verantwortung. […] Will der DFB noch einen letzten Rest von Glaubwürdigkeit behalten, muss er seine Teilnahme an diesem Turnier absagen, und zwar jetzt!“