Wohin führt der Weg des 1. FC Köln noch in dieser Saison? Geht es nach dem von den Medien immer wieder breitgetretenen Klischee, dann könnte im Umfeld der „Geißböcke“ am Sonntagnachmittag entweder der Traum von Europa erneut entfacht oder aber die Sorge vor dem Abstieg wiederbelebt werden. Doch obwohl vermutlich alle wissen, dass an diesem Vorurteil vermutlich nur ein klitzekleines Quäntchen Wahrheit ist, bleibt das Auswärtsspiel beim Nachbarn aus Leverkusen dennoch eine Art Gradmesser für den FC, der derzeit mit 36 Punkten gemütlich im Tabellenmittelfeld der Bundesliga logiert.
Schon gegen Hoffenheim, wie Leverkusen ein Kandidat für die Champions-League-Plätze, hatte die Mannschaft von Steffen Baumgart Bekanntschaft mit einer Spitzenmannschaft gemacht. Das wird am Autobahnkreuz im Kölner Norden nun auch wieder der Fall sein: Die „Werkself“ zählt, trotz der Niederlage in der Europa League unter der Woche bei Atalanta Bergamo, zu den formstärksten Teams der Liga und kann insbesondere in der Offensive auf große Qualitäten bauen. Mit 24 Treffern sind die Leverkusener sogar die treffsicherste Mannschaft der Rückrunde. Es kommt also eine Menge auf den FC zu am Sonntagnachmittag, wenn um 15.30 Uhr das Nachbarschaftsduell zwischen den rheinischen Rivalen angepfiffen wird.
Dabei können die „Geißböcke“ wieder auf Jonas Hector bauen: Der Kapitän, der am vergangenen Wochenende gegen Hoffenheim aufgrund privater Gründe fehlte, steht wieder im Kader und wird das Team aufs Feld führen. Ob im Abwehrzentrum der wiedergenesene Timo Hübers in die Anfangsformation zurückkehrt und Jeff Chabot nach dessen solidem Bundesliga-Debüt in der Vorwoche auf die Bank verdrängt, ist noch nicht abschließend geklärt. Verzichten müssen die Kölner definitiv auf Mark Uth, der krank ausfällt – wer den Offensivroutinier in vorderster Front ersetzt, ist noch unklar. FC-Coach Steffen Baumgart brachte mehrere Optionen ins Spiel: Ondrej Duda gilt als positionell logische Wahl, aber auch Dejan Ljubicic könnte ins Zentrum rücken. Oder aber die Kölner starten mit zwei Stürmern, dann kämen Jan Thielmann oder Sebastian Andersson infrage.
Ausgangslage
Die Vorzeichen sind eigentlich eindeutig: Die Favoritenrolle liegt eindeutig bei den Gastgebern. Bayer 04 kämpft um den Einzug in die Champions League, der FC dagegen um den Anschluss an die Europapokal-Plätze. Während das allerdings bei den Leverkusenern den Normalfall darstellt, den es mit einem hochgerüsteten Star-Ensemble auch zu erreichen gilt, schweben die Kölner relativ ungewohnt in solchen Sphären. Daher ist der Unterschied wohl nicht nur auf dem Papier größer, als es die Tabelle vermuten lässt. Ein Thema, das auch Steffen Baumgart im Vorfeld der Partie umtrieb. „Der Gedanke, wie man gegen eine solche Mannschaft gewinnen kann, ist da. In der einen oder anderen Situation zählt eben nicht nur der Wille, die Moral oder die Mentalität, sondern eben auch das Quäntchen Können. Wir wollen als Club, als Mannschaft dagegenhalten“, so der FC-Coach.
https://twitter.com/fckoeln/status/1502343606367105024
Das sei ein Prozess, eine Entwicklung, die die „Geißböcke“ gemeinsam gehen wollen. „Wir wollen den Abstand nach oben verringern. Deswegen freuen wir uns auf solche Begegnungen, in denen wir uns weiterentwickeln wollen. Wir wollen den Abstand zu den Mannschaften über uns verringern und haben die Hoffnung, dass wir damit am Sonntag schon anfangen“, fordert Baumgart von seinen Schützlingen den nächsten Schritt nach vorn. Das war schon gegen Hoffenheim trotz der knappen Heimniederlage zu beobachten. Aus dem deutlichen Unterschied im Hinspiel hatte der FC beim zweiten Aufeinandertreffen einen Kampf auf Augenhöhe gemacht. Das ist wohl auch das Ziel mit den Leverkusenern, die die beste Offensive der Rückrunde stellen und zuletzt den FC Bayern vor große Probleme stellten.
So lief das Hinspiel
Eigentlich sah alles nach einem Favoritensieg im Duell der rheinischen Rivalen in Müngersdorf aus: Mit einem Doppelschlag hatten Patrik Schick (15.) und Karim Bellarabi (17.) die Leverkusener in Führung geschossen, die Gäste vergaben darüber hinaus noch beste Möglichkeiten, um das Ergebnis noch etwas komfortabler zu gestalten. Das nutzte der FC eiskalt, um wieder in die Partie zu kommen: Anthony Modeste nutzte einen Abwehrpatzer der „Werkself“ zum Anschlusstreffer (63.), um dann in der 82. Minute nach einem langen Einwurf inklusive Kopfball-Verlängerung zum Ausgleich einzuköpfen!
Schlüsselspieler
Florian Wirtz, Lucas Alario oder der derzeit verletzt fehlende Patrik Schick: Die Offensive der Leverkusener ist prominent besetzt. Einer sticht dabei jedoch heraus: Moussa Diaby. Der pfeilschnelle Außenstürmer der „Werkself“ zeigt sich derzeit in besonders guter Form, hat in der Rückrunde noch einmal einen gewaltigen Schritt nach vorn gemacht. Sein kaum zu bremsendes Tempo war schon zuvor gefürchtet, nun ist der Franzose auch noch effektiver und zielstrebiger in seinen Aktionen. „Die Hinrunde war für ihn sicher eine Lehre“, unterstrich auch Leverkusens Coach Gerardo Seoane zuletzt den Reifeprozess seines Offensivdribblers Moussa Diaby.
Einen solchen Reifeprozess hat auf Kölner Seite sicherlich Salih Özcan durchlaufen. Das FC-Eigengewächs entwickelt sich für die „Geißböcke“ zunehmend zum absoluten Führungsspieler in der Mittelfeldzentrale. Ganz wichtig dabei: Özcan gibt dem Baumgart-Team dank seiner neu gewonnenen Ruhe im Passspiel zusätzliche Stabilität, wirft dazu seine für Bundesliga-Verhältnisse überdurchschnittliche Physis in die Waagschale. Das wird auch gegen die Offensivpower der Leverkusener gefragt sein. Ruhe am Ball, Körperlichkeit gegen den Gegner: Niemand beim FC verkörpert das derzeit wie Salih Özcan.
“Die Ergebnisse sprechen für sie. Wir müssen dagegenhalten.”
Top-Fakt
Leverkusen ist im eigenen Stadion seit sieben Bundesliga-Spielen ungeschlagen (fünf Siege, zwei Remis), zuletzt gab es sogar erstmals in dieser Bundesliga-Spielzeit drei Heimsiege in Folge. Der 1. FC Köln hat gegen die ersten Fünf der Tabelle in dieser Saison noch keinen Sieg eingefahren, es setzte in sechs der sieben Partien Niederlagen für die „Geißböcke“.
Das sagen die Trainer
Gerardo Seoane (Leverkusen): „Wir wissen, was von Köln kommen wird – Energie, Pressing. Wir sind überzeugt von unserer spielerischen Qualität, aber unsere Hauptaufgabe wird sein, eine mindestens gleichwertige Power und Intensität an den Tag zu legen. Es muss unser Ziel sein, dem Gegner unser Kombinationsspiel und unser Tempo aufzudrücken. Wir müssen auch in den Momenten, in denen es etwas harzig wird, unsere Stärken zeigen.Dass wir schnell und direkt mit wenig Ballkontakten auf hohem Niveau Fußball spielen können, wissen wir. Aber bei gewissen Gegnern braucht es manchmal eben auch andere Skills.“
Steffen Baumgart (Köln): „Leverkusen hat eine überragende Qualität, was das Spiel nach vorne angeht. Wir schauen aber auf uns, wollen ihnen das Leben schwer machen und in Leverkusen gewinnen. Wir wollen auf unsere Art und Weise dort Fußball spielen. Das bedeutet, dass wir versuchen werden, oft den Ball zu haben und sie vorne zu attackieren, um sie dann unter Druck zu setzen. Gerade im Umschaltspiel ist Leverkusen stark. Fehler dürfen wir uns am Sonntag nicht erlauben. Wir sollten uns alle auf ein schönes Spiel freuen.“
So könnte der FC spielen
Schwäbe – Schmitz, Kilian, Hübers, Hector – Skhiri, Özcan – Thielmann, Ljubicic, Kainz – Modeste