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Ehrentribüne

Lebenswege beim 1. FC Köln: Silvio Pagano – “Ich hätte mehr aus meinem Talent machen können!”

Wie ergeht es ehemaligen Jugendspielern des 1. FC Köln, die den Sprung zu den Profis nicht geschafft haben? effzeh.com-Autor Kurt Ludwigs sprach mit Silvio Pagano, der einst bei den “Geißböcken” zu den hoffnungsvollen Talenten zählte. Doch sein Weg führte ihn zu zahlreichen anderen NRW-Clubs – und hinter die Theke zweier Eisdielen.

Silvio Pagano in seiner Zeit bei Viktoria Köln Foto: imago/osnapix

Körperlich ist er noch fit, aber die Anforderungen des Berufs lassen sich nicht mehr mit Training und Wettkampf vereinbaren. Er hat 2016 eine Idee für seine berufliche Zukunft entwickelt, die sich als goldrichtig erweisen sollte. Am 1. September 2016 eröffnet er zusammen mit Giuseppe Scolaro, seinem besten Freund, das Eiscafé „La Luna“ im Ruhrpark in Bochum. In der Folgezeit brummt das Geschäft – bis zum Beginn der Corona-Pandemie. An schönen Sommertagen kümmern sich nicht weniger als 15 Mitarbeiter um das leibliche Wohl der Gäste.

Silvio Pagano heute | Foto: Silvio Pagano

„Ich habe mir nicht vorgestellt, dass dies so viel Arbeit sein könnte“, gesteht er. „Auf der anderen Seite ist es für mich auch eine gute Erfahrung zu sehen, dass ich so konsequent und hart arbeiten kann. An sechs Tagen in der Woche bin ich täglich zehn bis zwölf Stunden im Geschäft.“ Sein Arbeitspensum ist durch die Eröffnung eines zweiten Eiscafés in Velbert noch einmal größer geworden. „Es macht mir aber auch unheimlich viel Spaß, die beiden Geschäfte zu führen“, sagt er. „Und das soll man doch von seinem Beruf sagen können, dass er einem Freude bereitet!“

Kein Blick zurück im Zorn

Ich frage ihn nach der Bilanz seiner Laufbahn als Fußballer. „Insgesamt gibt es viele Positiva. Ich habe vom Fußballspielen gut leben und darüber hinaus auch einiges an Ersparnissen aufbauen können. Ich habe viele Menschen kennengelernt, tolle Trainer wie Michael Dämgen und Uwe Koschinat, aber auch Mitspieler, die Freunde fürs Leben wurden. Ich denke da an Hamdi Dahmani, der jetzt für die Alemannia in Aachen seine Tore schießt, Sebastian Zinke und Massimo Cannizzaro“, sagt er und hält einen Moment inne.

“Ich habe viele Menschen kennengelernt, tolle Trainer wie Michael Dämgen und Uwe Koschinat, aber auch Mitspieler, die Freunde fürs Leben wurden.”

„Natürlich gab es auch dunkle Tage, wie die Odyssee der Saison 2006/07 oder die schweren Verletzungen. Gerade in diesen Zeiten konnte ich mich auf meine Familie verlassen, auf meine Eltern und meine Schwester Daniela. Wenn ich allein daran denke, wie mein Vater in der Zeit, als ich noch Nachwuchsspieler war, seine Wochenenden stets danach ausrichtete, wo ich das nächste Spiel zu bestreiten hatte und unzählige Kilometer als Fahrdienst abgespult hat.“

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Er überlegt einige Augenblicke lang. „Manchmal denke ich auch daran, dass ich aus meinem Talent mehr hätte machen können. Spiele in der 2. und sogar in der Bundesliga wären für mich möglich gewesen. So ist es bei den sechs Zweitligapartien für Jena geblieben.“ Nachdenklich schaut er auf seine Hände, dann sagt er. „Aber ich habe meinen Frieden damit gemacht, die schönen Erinnerungen an meine Fußballzeit überwiegen.“

Silvio Pagano im Training mit den Profis des 1. FC Köln Saison 2005/06 Foto: imago/Eduard Bopp

Hat er noch Verbindungen zum FC? „Nein, von den handelnden Personen dort kenne ich niemanden mehr“, antwortet er. „Aber am Wochenende, wenn die Bundesliga läuft, frage ich immer zuerst, wie der FC gespielt hat. In den acht Jahren, die ich dort gespielt habe, ist mir der Verein schon ans Herz gewachsen. Die Zeit in der FC-Jugend war wunderschön, auch für die Zwote habe ich gerne gespielt und sogar gemeinsam mit den Profis trainiert.“

Unser Gespräch neigt sich dem Ende zu, wir haben es pandemiebedingt via FaceTime geführt. Wir reden noch etwas über den FC, den heutigen Fußball und über Gott und die Welt. Bevor wir die Internetverbindung trennen, sehe ich noch, dass ein entspanntes Lächeln über sein Gesicht huscht. Der Eindruck drängt sich auf, dass da jemand sitzt, der in sich ruht und seine Mitte im Leben gefunden hat. Dann schalte ich den Bildschirm aus.

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