Folge uns
.

Nachspiel

Der 1. FC Köln gewinnt 3:1 bei Hertha BSC: Erstklassiger Sieg auf viertklassigem Geläuf

Der 1. FC Köln kommt optimal ins neue Jahr – und gewinnt bei Hertha BSC mit 3:1. Auch, weil die “Geißböcke” besser mit dem ramponierten Rasen im Berliner Olympiastadion zurechtkamen und in einer Schlüsselszene Qualität zeigten.

Foto: Martin Rose/Getty Images

Nein, darüber kann es keine zwei Meinungen geben – möchte man wirklich hochklassigen Fußball sehen, bei dem man mit der Zunge schnalzt und nach mehr lechzt, so braucht es dazu einen ganzen Strauß von Zutaten: Spieler mit hoher individueller Qualität, Tempo, Technik und Spielwitz, ein taktisches System, das viele Torszenen gestattet, einen Schiedsrichter, der dem Ganzen gewachsen ist – und einen Rasen, der diesen Hochgenuss erlaubt. Denn, wer würde schon auf die Idee kommen, ein Drei-Sterne-Menü auf Papptellern zu servieren?

Nun bewegten sich an diesem Sonntagnachmittag in Berlin die beiden Mannschaften sicherlich nicht auf Sterne-Niveau. Die rotgewandeten Kölner lieferten jedoch zumindest gehobene, schmackhafte Hausmannskost ab, aber mehr ließ halt der Platz auch nicht zu! Denn der Rasen des Berliner Olympiastadions glich eher einer landwirtschaftlichen Nutzfläche denn einem für erstklassigen Fußball geeigneten Untergrund. So entwickelte sich dann auch ein Spiel auf allerhöchstens viertklassigem Geläuf – mit dem besseren Ende für den 1. FC Köln.

Schwäbes Rettungstat leitet einen Sieg ein, den Thielmann besiegelt

Dabei hatte es zu Beginn der Partie den Anschein, dass die Herthaner besser mit dem von so manchem Erdhügel durchsetzten Grün zurechtkommen würden. Die ersten Torchancen gehörten den Berlinern, der Motor der Gäste aus Köln lief erst langsam rund, dann aber umso gewaltiger. Chancen im Minutentakt von Schaub und Duda (19.), wiederum Schaub (21.) und Uth (22.) deuteten an, dass etwas gehen könnte für die “Geißböcke”. Zehn Minuten später wurde dies auch durch den Doppelschlag von Anthony Modeste (30.) und Ondrej Duda (33.) zur 2:0-Führung in die Tat umgesetzt, bedurfte jedoch zuvor einer bravourösen Rettungstat von Keeper Marvin Schwäbe gegen den allein vor seinem Tor auftauchenden Herthaner Maolida (28.).

Mark Uth setzt sich gegen Herthas Marco Richter durch (Foto: Martin Rose/Getty Images)

Mit dem Vorsprung ging es auch in die Halbzeit, nach der der verletzte Schiedsrichter Tobias Stieler durch Alexander Sather ersetzt werden musste. Die Kölner kontrollierten die Partie, den Berlinern fiel aus dem Spiel heraus wenig ein. Erst ein Freistoß von Vladimir Darida, der an Freund und Feind vorbei den Weg zum 1:2-Anschlusstreffer ins Gästetor fand, brachte die Hertha zurück ins Spiel (57.). In der Folge lief die Hertha an, ohne wirklich Gefahr zu erzeugen, und so blieb es schließlich Jan Thielmann überlassen, einen Alleingang mit dem Tor zum 3:1 zu krönen und damit den Sieg des 1. FC Köln zu besiegeln.

Erkenntnisse: Eine fast schon beängstigend gute Serie

Der dritte Sieg in Serie, der zweite Auswärts-Dreier in Folge, ein Sieg ohne den in die USA abgewanderten Abwehrchef Rafael Czichos, ohne den erkrankten Jorge Meré und ohne den eigentlich unverzichtbaren Mittelfeld-Stabilisator Ellyes Skhiri – was ist nur mit dem 1. FC Köln passiert? Das Team wirkt wie nach einer Frischzellenkur, Kapitän Jonas Hector kämpft um jeden Zentimeter, Anthony Modeste läuft auch noch in der 90. Minute Hertha-Torwart Schwolow im Vollsprint an, und die gesamte Mannschaft weiß mit Marvin Schwäbe einen sicheren Torwart hinter sich, dessen Rettungstat vor dem Kölner Führungstreffer der Schlüssel zum Sieg war. Ein Keeper, der stehenbleibt, wenn er Schüsse in Hochgeschwindigkeit auf sich zurasen sieht, wie etwa bei Pekariks Versuch in der 53. Spielminute, der auch verzwickte Situationen im Spielaufbau fußballerisch zu lösen vermag und der dem Team mit seiner Ruhe ein Gefühl von Vertrauen zu vermitteln scheint.

“Wir haben nach dem 2:0 nach vorne gespielt, haben nach dem 2:1 nach vorne gespielt – wir haben uns nicht hinten reingestellt und uns aufs Verteidigen verlassen, sondern immer wieder auch versucht, Torchancen zu haben.”

Ein wesentlicher Faktor ist jedoch auch der Mut, mit dem der 1. FC Köln selbst in der Fremde auftritt. Dies merkte auch Trainer Steffen Baumgart an: “Wir haben nach dem 2:0 nach vorne gespielt, haben nach dem 2:1 nach vorne gespielt – wir haben uns nicht hinten reingestellt und uns aufs Verteidigen verlassen, sondern immer wieder auch versucht, Torchancen zu haben,” zollte er seinem Team nach der Partie ein kollektives Lob.

Salih Özcan im Zweikampf mit Herthas Vladislav Darida (Foto: Martin Rose/Getty Images)

Wohin soll das noch alles führen, wo soll das enden? Zunächst beim Erreichen der 40-Punkte-Grenze, das Ziel wurde vor der Saison ausgelobt und das Ziel steht. Was danach kommen könnte? Steffen Baumgart ist auf die Gegenwart fokussiert und weist das Spekulieren weit von sich: “Wenn die Ergebnisse so bleiben, werden wir gewisse Sachen nicht aufhalten. Aber wir werden nicht darüber reden, das kommt von alleine”,  sagte er nach dem Spiel. Eines noch zum gestrigen Gegner: Die vielen, vielen Millionen von Investor Windhorst haben wohl nicht dazu ausgereicht, die Hertha mit einem vernünftigen Rasen im Olympiastadion auszustatten. Schade eigentlich.

Der Ausblick: Die Bayern kommen – mit besserer Besetzung und Wut im Bauch

Am Samstag wird das Kölner Stadion eine Partie sehen, die im Journalisten-Deutsch neuerdings als Bonus-Spiel bezeichnet wird. Gemünzt ist dieser Begriff auf die Perspektive eines vermeintlichen Underdogs, der gegen ein Team antreten muss, das gemeinhin als kaum schlagbar angesehen wird. Man meint damit, dass es für den Außenseiter bei diesem Spiel um nicht viel geht; er kann eigentlich nur gewinnen – selbst im Falle einer Niederlage. Nun kann man davon ausgehen, dass dieser Ausdruck nicht zum Sprachschatz von Steffen Baumgart gehört. Seine Mannschaft wird attackieren und versuchen, Zählbares in Müngersdorf zu behalten.

“Wenn die Ergebnisse so bleiben, werden wir gewisse Sachen nicht aufhalten. Aber wir werden nicht darüber reden, das kommt von alleine.”

Die Bayern kommen mit einer 1:2-Heimniederlage gegen ihren Angstgegner aus Mönchengladbach im Gepäck, bei der sie allerdings personell über alle Maßen gebeutelt waren. Das wird am Samstag anders sein: Sie werden in besserer Besetzung antreten und sie werden mit Wut im Bauch spielen. Eine gefährliche Mischung, zweifellos. Der 1. FC Köln sollte vom Auftritt der Fohlen in München lernen. Den Bayern auf den Füßen stehen, sie unablässig stören, sie nicht ihren Kombinationswirbel aufziehen lassen. Gesagt ist dies leicht, getan ungleich schwerer. Man wird sehen, am Samstag in Müngersdorf.

Mehr aus Nachspiel

.