Es so weit kommen zu lassen sprach nicht unbedingt für die Weitsicht von Weisweiler, auch wenn die Umstände zuvor hoch dramatisch und außergewöhnlich waren. Flohes Abgang zu kompensieren ging nicht. Es wäre nur dann möglich gewesen, wenn man zwei, drei Jahre Zeit gehabt hätte, diesen neuen, allseits akzeptierten Kopf beziehungsweise Spielgestalter zu installieren. Flohe hätte sicherlich noch diese zwei, drei Jahre auf höchstem Niveau beim FC spielen können.
Dazu wäre ihm vermutlich sein tragisches Ende als Profifußballer erspart geblieben. Als Spieler von 1860 wurde er im Dezember 1979 von dem damaligen MSV-Spieler Paul Steiner zum Invaliden getreten. Über dieses unfassbare Foul redet man bis heute. Als besonders düster erwies sich zudem die stillose Verpflichtung von Steiner durch den FC, gerade mal ein halbes Jahr später zur Saison 1980/81.
Die Ereignisse beim 1. FC Köln überschlagen sich
Zwischenzeitlich überschlugen sich die Ereignisse beim FC. Kurz vor Ende der Saison 79/80, Anfang April, zog Meistertrainer Weisweiler höchst selbst von dannen. Präsident Weiand hatte ihn für seinen Geschmack zu lange wegen einer Vertragsverlängerung zappeln gelassen. Weisweiler setzte sich kurz entschlossen in den Flieger und heuerte bei Cosmos New York an. Am Geißbockheim hinterließ er ein riesiges Vakuum.
Foto: imago images / WEREK
Weisweiler konnte Flohes Abgang zwar nicht kompensieren, aber wenn irgendjemand die Mannschaft wieder in Richtung Erfolgsspur hätte bringen können, dann wäre er es gewesen. Immerhin bekam Weisweiler es hin den Laden mit einer mittelfristig aussichtsreichen Perspektive zu stabilisieren. Als er in den Sack haute, Anfang April 1980, stand der FC auf Platz vier und erneut im Pokalfinale. Immerhin! Statt seiner wurde Karl-Heinz Heddergott engagiert, was sich als keine allzu gute Idee herausstellen sollte.
Heddergott verspielte binnen kürzester Zeit allen Kredit, vergeigte das von Weisweiler noch geerbte Pokalfinale, überwarf sich mit dem Mega-Talent Bernd Schuster, derentnervt nach Barcelona flüchtete, zerstritt sich mit Herbert Neumann, Dieter Müller und quasi der ganzen Mannschaft. Seine skurrilen Auftritte vor den gestandenen Profils mit Wandergitarre und fröhlichen Liedern auf den Lippen, sind bis heute unvergessene Anekdoten aus der Scherzkiste des Geißbockclubs.
Der Scherbenhaufen war nicht mehr zu kitten
Als er im Oktober 1980 wieder nach Hennef zurückgeschickt wurde, war es zu spät, der Scherbenhaufen nicht mehr zusammenzuflicken. Im Fußballgeschäft einmal ins Hintertreffen zu geraten, kann verheerende Folgen nach sich ziehen. Der HSV stieß beherzt in die Lücke, die Köln aufmachte, etablierte sich mehrere Jahre ganz oben, um die Position dann wiederum an Bayern München abzutreten. Die “Geißböcke” bekamen seither nie mehr richtig die Kurve.
Als Fazit kann gesagt werden, dass Flohes völlig unnötiger Abgang 1979 den schleichenden Abstieg des 1. FC Köln ursächlich einleitete. Weisweilers beinahe ebenso unnötiger Abgang ziemlich genau ein Jahr später, ließ das mühsam Aufgebaute endgültig einstürzen. Danach wechselten sich immer wieder bessere Phasen mit schlechteren in schöner Regelmäßigkeit ab, aber die Tendenz zeigte abwärts. Zunächst unbemerkt, später rasant fortschreitend. Man kam von ganz oben, bestimmte personelle Weichenstellungen beeinflussten noch jahrelang das Geschehen positiv, verhinderten den harten Crash, aber irgendwann war die Substanz endgültig aufgezehrt.
Keine Zwangsläufigkeit: Der Abstieg zum Abstieg
In diesem Weg nach unten lag keine unumkehrbare Zwangsläufigkeit, aber die Auslöser der Entwicklung lassen sich benennen. Später keine nachhaltige Wende mehr hinbekommen zu haben, resultierte später aus vielen ineinandergreifenden Fehlentscheidungen, die in ihrer Summe aber den Abstieg zum Abstieg bedeuteten.
Foto: Edition Steffan
Andersherum gesagt: Wäre Flohe geblieben und hätte Weisweiler selbst den nächsten Kapitän des 1. FC Köln aufgebaut, wäre außerdem des Trainers Kontrakt verlängert worden, dann hätten sich sehr wahrscheinlich bereits 1980 wieder greifbare Erfolge eingestellt. Es hätte sich vermutlich die Chance ergeben, den erreichten Status des Doublegewinners national und gegebenenfalls auch international wieder zu erlangen und auszubauen.
Es hatte nicht sein sollen.
Das alles aber ändert nichts daran, dass der 29. April 1978 ein ganz großer Tag in der Historie des 1. FC Köln bleiben wird. Ein Double ist, wenn man die Häufigkeit der Bayern-Siege einmal außer Acht lässt, immer noch etwas ganz Besonderes und Großes. Nach wie vor haben nur ganz wenige Vereine diesen großen Triumph feiern dürfen. Man darf in der großen Fanschar des 1. FC Köln niemals die Einmaligkeit dieses Tages vergessen. Für diejenigen, die ihn erleben durften, bleibt er sowieso für alle Zeiten unauslöschlich im Gedächtnis.