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Nachspiel

Munterer Test-Erfolg gegen Bayern München: Tore und der 1. FC Köln – das kann passen!

Der erste Test des 1. FC Köln gegen einen Bundesligisten verspricht eine lebhaftere Saison, nachdem die abgelaufene Spielzeit noch durch spielerische Ödnis und harmlose Angriffe geprägt war. Beim 3:2-Sieg gegen den FC Bayern sehen die Fans einen FC, in dessen Spielen plötzlich auch in beiden Strafräumen etwas passiert.

Foto: imago images / kolbert-press

Den ersten Härtetest unter dem neuen Trainer Steffen Baumgart hat der 1. FC Köln bestanden: Gegen den (zugegeben enorm ersatzgeschwächten) FC Bayern gewinnen die “Geißböcke” im Rahmen des Trainingslagers mit 3:2.  Jan Thielmann (20.) und Mark Uth (27., 57.) treffen dabei in Villingen für die Kölner, die unter Steffen Baumgart erneut mit hoher Intensität zu überzeugen wissen. Zur Einordnung der Partie gehört jedoch auch, dass Julian Nagelsmann in seiner Premiere beim Rekordmeister auf alle EM-Fahrer verzichtete. „Es war ein sehr gutes Vorbereitungsspiel. Wir haben ein gutes Niveau auf beiden Seiten gesehen. Aber wenn wir sehen, wer bei den Bayern nicht auf dem Platz stand, wissen wir, was auf uns zukommen kann“, erklärte FC-Coach Steffen Baumgart nach dem Testspielerfolg.

“Wir haben es über weite Strecken gut gemacht, auch wenn wir nicht alles haben lösen können. Aber es geht um Intensität und darum, mit den Situationen, die uns nicht gelingen, umzugehen. Insgesamt habe ich viele gute Momente gesehen”, so der neue Kölner Trainer nach dem dritten Formcheck in seiner Ära. Zuvor hatte der FC zum Vorbereitungsstart 4:0 gegen Fortuna Köln gewonnen, einen Tag später 1:1 beim Drittligisten MSV Duisburg gespielt. Den Sieg über den amtierenden Meister ordnete Doppelpacker Mark Uth dann auch direkt richtig ein: „Das war ein Vorbereitungsspiel, wir wissen das natürlich einzuschätzen. Aber es geht um die Intensität, wir wollen uns die Fitness holen – dafür war es ein guter Test“, so der FC-Rückkehrer, der abermals zu den auffälligeren Spielern auf dem Platz gehörte.

Holpriger Start für den FC

Beim FC Bayern zeigten die Ersatzleute zu Beginn, dass sie sich unter dem neuen Trainer für größere Aufgaben empfehlen wollen. Keine sechs Minuten dauerte es, bis Armindo Sieb den frühen Führungstreffer erzielen konnte: Nach einer zu langen Freistoßflanke von links kam es nach einer zweiten Hereingabe in der FC-Hintermannschaft zum bekannten Durcheinander. Sieb musste als Nutznießer nur noch ins rechte Eck ziehen und konnte so recht locker das 1:0 für die Münchener erzielen. Auch in den folgenden Minuten kamen die “Geißböcke” nicht wirklich in Tritt, sodass für den FC zu befürchten stand, selbst gegen eine geschwächte Auswahl der Bayern unter die Räder zu kommen.

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Nach einer Viertelstunde beruhigte sich das Spielgeschehen dann aber etwas, weil es den Kölnern immer öfter gelang, den Ball in den eigenen Reihen zu halten. Auch bei gegnerischem Ballbesitz wurde immer wieder mit dem gesamten Team nach vorne geschoben, um Druck auf den Aufbau auszuüben. Dabei setzte Baumgart erneut auf eine Mittelfeldraute: Sechser Özcan wurde von Hector und Kainz flankiert, Uth agierte als Hängende Spitze hinter Modeste und Thielmann, die sich immer wieder außen anbieten mussten, um der Viererkette auf den Flügeln als Anspielstation zu helfen. Das gelang dem FC mit fortschreitender Spieldauer zunehmend besser, so dass sich die Kölner auch selbst Torchancen erspielen konnten.

Die Wende: Thielmanns Ausgleich und Uths Einlage

Hectors langen Ball aus der eigenen Hälfte über die zu weit aufgerückte Bayern-Abwehr in den Lauf von Jan Thielmann konnte der schnelle Nachwuchsstürmer kaltschnäuzig im linken Eck versenken. Nicht nur dadurch setzte sich das FC-Eigengewächs in Szene. Immer wieder profitierte Thielmann von seiner in der Pause offenkundig verbesserten Physis – im Spiel mit dem Ball als auch im Pressing gegen den Spielaufbau der Bayern zeigte sich der 19-Jährige sehr präsent. Auch Sturmpartner  Modeste musste in der Spitze immer wieder gegen den Ball arbeiten, weil der erste Gedanke nach dem Ballverlust unter Steffen Baumgart nicht selten „direkte Rückeroberung“ heißt. Hätten sich die Stürmer in der letzten Saison gleich nach hinten fallen lassen, scheint es in dieser Spielzeit eine neue vorgegebene Marschrichtung von der Seitenlinie zu geben.

Foto: imago images / Kolbert-Press

Oft ging diese Strategie allerdings auch schief, sodass die schwarz gekleideten Bayern frei auf die Abwehrkette zulaufen konnten. Beflügelt vom Ausgleich schafften es die Domstädter nach dem Thielmann-Treffer in ihrer besten Phase jedoch immer wieder in der gegnerischen Hälfte zu bleiben. Nur sieben Minuten nach dem ersten Tor konnte Mark Uth daher das Spiel drehen: Einen punktgenauen Diagonalball Merés flankte der nach links ausweichende Thielmann vom Sechzehnereck scharf ins Zentrum. FC-Rückkehrer Uth vollendete spektakulär per eingelaufenem Seitfallzieher aus kurzer Distanz ins kurze Eck. Das hatte schon “Tor des Monats”-Qualitäten, was der ehemalige Schalker da in Villingen präsentierte.

Defensive Schwierigkeiten

In der Folge meldeten sich die überrumpelten Bayern zurück. Sie konnten im munteren Spiel aber keinen Druck aufbauen, der über eine längere Phase den Gegner hinten reindrückte. Trotzdem wurde die Kölner Hinterreihe nach überspieltem Mittelfeld aber immer wieder vor Probleme gestellt. Das ging zwar zumeist gut, dennoch erzielte der FCB noch vor dem Seitenwechsel den Ausgleich: Rafael Czichos verlor kurz vor dem eigenen Strafraum den Ball, wenige Sekunden später klingelte es im Kasten von Timo Horn, weil Zirkzee perfekt freigespielt wurde und dann die Nerven behielt.

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Es war nicht die erste Szene, in der der kontrovers diskutierte Ex-Kieler in dieser Partie nicht ganz glücklich aussah. Von seinen überspielten Vordermännern unter Druck gesetzt, rückte Czichos bei gegnerischen Kontern nicht immer glücklich aus der Abwehrkeette heraus. Außerdem fiel eine Schwachstelle im System auf, die jedoch zu selten vom Nagelsmann-Team genutzt werden konnte: Die zentralen Mittelfeldspieler des FC ließen sich bei gegnerischem Ballbesitz immer wieder weit nach außen ziehen. Wenn dann zwei Spieler im Korridor zwischen Strafraum und Auslinie standen, klaffte nicht selten auf der anderen Hälfte und in der Mitte eine große Lücke für das angreifende Team.

Auch die zweite Reihe zieht mit

Wie in Testspielen üblich, bekamen im zweiten Durchgang immer mehr Spieler durch Auswechslungen Einsatzzeit: In den zweiten 45 Minuten durften sich neben Benno Schmitz auch Jens Castrop und Tim Lemperle zeigen, die insbesondere beim Test gegen Fortuna als Linksverteidiger und Stürmer eine gute Figur abgegeben haben. Gerade der Angreifer stand im chancenreichen zweiten Durchgang immer wieder im Mittelpunkt. In seiner größten Szene vergab er in der 71. Minute aber gegen Bayern-Keeper Hofmann, der zwar getunnelt wurde, mit dem Oberschenkel aber noch Zentimeter neben den linken Pfosten abfälschen konnte. Erfolgreich war dagegen ein zweites Mal Uth. Auf Vorlage vom an die Eckfahne geschickten Kainz konnte der FC-Angreifer in der 56. Minute mit seinem Doppelpack aus fünf Metern zum 3:2 einköpfen.

Erneut sorgte im Vorfeld ein hoher Ball über die Abwehrkette für den auslösenden Moment vor dem Treffer. Für die letzte halbe Stunde wurden dann auch die verbleibenden sieben Spieler ausgetauscht: Auffällig war dabei besonders Kingsley Schindler, der als rechter Verteidiger eingesetzt wurde, während Schmitz den rechten Innenverteidiger spielen musste. Der Rückkehrer von der erfolglosen Leihe in Hannover gilt als Abgangs-Kandidat, belebte das Offensivspiel mit vielen Vorstößen über die rechte Seite aber deutlich. Defensiv konnte er in der 76. Minute glänzen, als er kurz vor dem einschussbereiten Angreifer zur Ecke grätschen konnte. Fraglich ist dennoch, ob Schindlers Zukunft auf der Rechtsverteidiger-Position liegt, eigentlich sieht er sich weiter vorne und mit Schmitz, Strauch und Sponsel stehen weitere Alternativen parat.

Sonderapplaus und das Wort des Tages

Der Aufmerksamkeits-Luxus einer einzelnen Auswechslung wurde nur einem Spieler zuteil: Ellyes Skhiri. Der Tunesier, der wie die EM-Reisenden wegen einer Länderspielreise später in die Vorbereitung einsteigen konnte, kam für Kapitän Hector in die Partie. Der Tunesier wurde von den FC-Fans im Stadion aus Dank für seine überragende letzte Saison sehr freundlich empfangen. Doch auch um den Tunesier gibt es viele Wechsel-Gerüchte, sodass ein Verbleib mehr als fraglich erscheint. Zusammenfassen lässt sich der Auftritt der Kölner am besten anhand eines Wortes, das der aktive Neu-Coach Baumgart immer und immer wieder von der Seitenlinie zu seinen Spielern schrie: „Durchschieben!“. Gemeint ist damit, dass der Stürmer auf den aufbauenden Spieler nach vorne läuft und die Spieler dahinter die entstehenden Lücken dadurch schließen, dass sie selbst nach vorne rausrücken.

“Es war ein sehr gutes Vorbereitungsspiel. Wir haben ein gutes Niveau bei beiden Mannschaften gesehen.”

Insgesamt gab es dadurch neben vielen heiklen Defensiv-Aktionen auch immer wieder frühe Ballgewinne. Die Folge war ein turbulentes Testspiel, indem es auf beiden Seiten nicht an Chancen mangelte und das Endergebnis mit fünf Toren noch deutlich steigerbar gewesen wäre. FC-Fans dürfen sich nach vielen mageren Partien berechtigte Hoffnungen auf eine munterere kommende Spielzeit einstellen. Damit noch weitere Siege gegen den FC Bayern dazukommen können, muss aber auf allen Bereichen des Platzes an der Stabilität gearbeitet werden. Ein erster kleiner Achtungserfolg kann dabei aber zumindest Rückenwind für anstrengende Einheiten im Trainingslager geben.

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