Der 1. FC Köln trennt sich in einem eher unansehnlichen Auswärtsspiel beim FC Augsburg unterm Strich leistungsgerecht 1:1 und kann damit weder das fünfte Spiel seit Wiederaufnahme des Spielbetriebes gewinnen noch das erste Mal seit 2008 in Augsburg, als Milivoje Novakovic und Patrick Helmes den FC in Richtung Aufstieg schossen. Der eingewechselte Anthony Modeste brachte die „Geißböcke“ in der 86. Minute in Führung, diese wurde allerdings von Philipp Max nur zwei Minuten später egalisiert.
Dennoch machen die Kölner mit dem Punkt einen größeren Schritt in Richtung Klassenerhalt, weil man die Konkurrenz auf Abstand hält und den Mannschaften im Tabellenkeller auch schlicht die Spiele ausgehen, den strauchelnden Domstädtern noch ernsthaft bedrohlich zu werden. Sieben Zähler Vorsprung hat die Mannschaft von Trainer Markus Gisdol vier Partien vor Saisonende auf den Relegationsplatz, den derzeit der rheinische Rivale Fortuna Düsseldorf belegt.
Aggressive Augsburg, komatöse Kölner
Nach einem Punktgewinn sah es dagegen für den FC, der im Südwesten Bayerns auf Sebastiaan Bornauw (Rotsperre) sowie Dominick Drexler (fünfte Gelbe Karte) verzichten musste und darüber hinaus zweimal rotierte (Ehizibue und Uth für Katterbach und Rexhbecaj), zu Beginn nicht aus. Was auch immer sich Gisdol von den Wechseln versprochen hatte – in der ersten Halbzeit war wenig davon zu sehen.
Zu überzeugen wusste über weite Strecken nur der Gastgeber: Augsburg überließ Köln den Ball, lief schwungvoll und aggressiv an und setzte die „Geißböcke“ so früh sehr konsequent unter Druck, ohne sich jedoch für den hohen Aufwand zu belohnen. Lediglich ein paar Möglichkeiten sprangen heraus, wirklich zwingend wurde es allerdings nicht. Die Kölner machten es der Heimmannschaft durch viele einfache Fehler allerdings leicht und brauchten bis zu 17. Spielminute, ehe Jakobs eine erste Chance für die Domstädter vergeben konnte.
Horn mit dem Highlight einer schwachen Kölner Halbzeit
Für das Highlight der wirklich schlechten ersten Kölner Hälfte sorgte in der 27. Minute Timo Horn im Alleingang, als er erst extremst unnötig nahe der Torauslinie in den Augsburger Sarenren Bazee ungestüm zu Fall brachte, sodass Schiedsrichter Benjamin Cortus nichts anderes übrig blieb, als auf den Punkt zu zeigen. Den Elfmeter parierte Horn dann allerdings gut: Den harten, aber nicht platziert geschossenen Ball von Niederlechner lenkte der FC-Keeper gekonnt über die Latte lenkte.
Dabei half offenbar ein psychologischer Trick, wie Schütze Niederlechner nach Abpfiff zugeben musste: „Der [Leistner] hat gerufen: Du weißt, wo er immer hinschießt. Das hat mich dazu gebracht, dass ich mich umentschieden habe. Das war ein großer Fehler“, erklärte der Augsburger Angreifer, der im Hinspiel den einzigen FCA-Treffer erzielte hatte.
“In den ersten 30 Minuten haben wir gar nicht ins Spiel gefunden und waren nicht so präsent, wie wir es eigentlich sein wollten.”
Als Startschuss für die Kölner taugte der gehaltene Elfmeter jedoch nicht, auch wenn die Augsburger danach einen Gang zurückschalteten und die Gäste besser in die Zweikämpfe kamen, was allerdings auch keine besondere Leistung war: „Wir sind auch heute nicht so gut ins Spiel gekommen, haben die Zweikämpfe in den ersten 30 Minuten nicht richtig angenommen. Vor der Pause wurde es etwas besser“, analysierte Timo Horn nach der Partie. Jonas Hector pflichtete ihm bei: „In den ersten 30 Minuten haben wir gar nicht ins Spiel gefunden, haben viele einfache Fehler gemacht und waren in den Zweikämpfen nicht so präsent, wie wir es eigentlich wollten.“
Höger stabilisiert den 1. FC Köln nach der Pause
Nach der Pause machte es der FC dann sichtlich besser, ohne aber einen überzeugenden Auftritt mit dem unbedingten Willen, den Klassenerhalt bei einem Sieg zu 99 Prozent sicher zu haben, hinzulegen. Es war jedoch eher ein Spiel auf Augenhöhe mit leichten Vorteilen für den FC, wofür auch, man höre und staune, der in der Vergangenheit nicht immer überzeugende Marco Höger zuständig war.
Er wurde in der Pause für den angeschlagenen Ellyes Skhiri in die Partie gebracht. „Ellyes schleppt seit einigen Tagen eine Verletzung mit sich rum. Er spürt Verspannungen im Rücken“, erklärte Gisdol den Wechsel. Taktisch änderte sich wenig, die Mannschaften hatten sich nach der Pause jedoch aufeinander eingestellt und so plätscherte die Partie über weite Teile der zweiten Hälfte vor sich hin.
Ein vermeintlicher Aufreger war höchstens ein nicht gegebener Elfmeter für Augsburg in der 49.Minute. Sarenren Bazee kam in einer Art Dreikampf mit Jakobs und Czichos im Strafraum zu Fall, der in seinen Beurteilungen nicht immer konsistente Refree Cortus pfiff nicht und kontaktierte Guido Winkmann im Kölner Keller, der jedoch die Entscheidung von Cortus nicht widerruf. Vertretbar, denn eine klare Fehlentscheidung lag nicht vor.
Heiko Herrlich wittert die große Verschwörung
Coach Herrlich brachte sie nach dem Spiel jedoch auf die Palme – der Augsburger Coach verstieg sich letztlich sogar darauf, dem Videoassistenten Guido Winkmann, der sich nach der Szene bei Schiedsrichter Cortus gemeldet hatte, Befangenheit zu unterstellen: „Das ist ein Skandal. Es geht hier um den Klassenerhalt, und da sitzt einer, der 30 Kilometer weg von Köln wohnt.“
„Das ist ein Skandal. Es geht hier um den Klassenerhalt, und da sitzt einer, der 30 Kilometer weg von Köln wohnt.“
Eine große Verschwörung gegen Augsburg? Als Kölner Fan lacht man lauthals auf – mit der Erinnerung an gewisse Pokalspiele in Augsburg im Hinterkopf. Obendrein stimmt die Kilometerangabe auch schlichtweg nicht: Winkmann wohnt in Kerken, welches fast 90 Kilometer nördlich von Köln liegt und pfeift für den SV Nütterden, sogar knapp 120 Kilometer vom Geißbockheim entfernt.
Das ist damit nicht einmal der selbe Landesverband wie Köln. Die Regel, dass Schiedsrichter keine Partie betreuen dürfen, in welchem ein Team aus ihrem Landesverband spielt, wurde vor Wiederbeginn der Liga aufgehoben. Weshalb in Augsburg auch Benjamin Cortus pfeifen durfte, der – aufgepasst, Heiko! – aus Bayern stammt. Klagen aus Köln aufgrund des zweifelhaften Zweikampfverhaltens der Gastgeber vor dem 1:1? Fehlanzeige!
Modeste zieht mit Novakovic gleich
Abgesehen vom vermeintlichen Skandal bot die zweite Hälfte über weite Teile nicht viel, der FC war nun besser im Spiel und verdiente sich nachträglich das Unentschieden. Die Schlussphase hatte es dann jedoch in sich: Zunächst wurde Anthony Modeste in der 82. Minute eingewechselt. Der Franzose zeigt sich als so ziemlich einziger FC-Spieler seit der corona-bedingten Zwangspause in aufsteigender Form und brauchte auch im bayrischen Schwabenland wenig Anlaufzeit.
Nur vier Minuten nach Betreten des Platzes schloß er sehenswert einem Angriff über Ehizibue und Jakobs ab, traf mit seinem insgesamt 44. Bundesliga-Tor zum 1:0 und hat nun genau so viele Bundesligatore für den FC geschossen wie ein gewisser Milivoje Novakovic. Das Tor hätte das befriedigende Ende eines eher langatmigen Fussballnachmittages sein können, doch der 1. FC Köln wäre derzeit nicht der 1. FC Köln, wenn er sich die Butter nicht postwendend wieder vom Brot nehmen lassen würde.
Nur zwei Minuten nach dem Führungstreffer glich Max aus, nachdem Framberger Katterbach ausspielen und auf den Torschützen flanken konnte, der dann keine Probleme hatte den Ball an Horn vorbei ins Tor zu befördern. 1:1 der Endstand, mit dem die Kölner jedoch nach der Partie leben konnten: „Der Punktgewinn ist ein weiterer Schritt in Richtung Klassenerhalt. Als ich beim FC angefangen habe, habe ich gesagt, dass man immer mal wieder einen Punkt klauen muss. Und heute haben wir einen Punkt dazugewonnen“, brachte Gisdol die Eichhörnchentaktik der letzten Wochen auf den Punkt.
Der Klassenerhalt scheint nur noch Formsache zu sein
Dagegen ist wenig zu sagen, den Luxus mit simplen Punktgewinnen die Konkurrenz auf Abstand zu halten hat man sich im Winter hart erarbeitet. Der Klassenerhalt scheint jetzt nur noch Formsache zu sein, sollte nichts komplett außergewöhnliches in den nächsten Wochen passieren. Über die Art und Weise, wie man seit der Wiederaufnahme die Spiele bestreitet, muss und wird intern jedoch geredet werden – das eher gemütliche Austrudeln aus der Saison konnte man sich erlauben. Im Sommer jedoch muss die Spannung und die Intensität der Wintermonate wiedergefunden werden, ansonsten droht ein ungemütlicher Saisonstart 2020/21.