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Kolumnen

Jahresrückblick Teil 3/4 – Die sportliche Leitung

Köpfe hatte der effzeh viele im Jahr 2012. Vor allem Sturköpfe. Schauen wir uns die Köpfe doch noch mal an.

© effzeh.com
Trainer Anfang 2012 Stale Solbakken   © effzeh.com

Trainer Anfang 2012 Stale Solbakken © effzeh.com

Kontinuität ist für die Leitung der Personalabteilung sportliche Leitung beim effzeh in naher Vergangenheit ein Fremdwort gewesen, vielleicht sogar ein nicht zu billigender Zustand. Allzu schnell drehte sich das Karussell der Posten und der Personen, die diese Posten besetzten. Deshalb sollte im Sommer 2011 alles anders werden. Ein Sportdirektor holte sich seinen Wunschtrainer samt Co-Trainer und stellte ihm Leute aus den eigenen Reihen aber nach Wünschen des Trainers zur Seite. Die Weichen waren gestellt für eine erfolgversprechende Zukunft.

Ein halbes Jahr später, der Zeitpunkt an dem dieser Rückblick beginnt, sieht die Situation so aus, als habe man alles richtig gemacht. Sportlich schielt man auf die Europaligaplätze nach der besten Hinrunde seit Jahren. Allerdings knirscht es schon etwas im Gebälk. Ganz leise sind erste Streitigkeiten zwischen Sportdirektor und Trainer hörbar. Der Trainer hatte einen Stürmer gefordert, der Sportdirektor einen geliefert. Solbakken stellt aber öffentlich seinen Unmut über den Transfer des Nordkoreaners Chong Tese zur Schau, in Worten und in Gestik, unübersehbar.

Denn auch der Trainer hat in der Winterpause gelitten. Trotz der guten Vorrunde kam nach dem 0:3 bei den Bayern in der Allianz Arena Kritik auf. Kritik, der er sich im Express-Interview stellte, und bezüglich der wackelnden Defensive zu einem interessanten Ergebnis kam: „Das wir stabiler werden müssen, ist keine Frage. Aber das ist kein Konzeptproblem. Auf der rechten Seite funktioniert das wunderbar. Auf der gesamten linken Seite können wir die Balance noch verbessern. Und wir müssen herausfinden, woran das liegt.“ Ein Satz, der auch durchaus heute Bestand haben könnte.

Musste vor dem Trainer gehen: Sportdirektor Volker Finke   © effzeh.com

Musste vor dem Trainer gehen: Sportdirektor Volker Finke © effzeh.com

Mit den Differenzen in der sportlichen Führungsetage kommt dann aber auch der Misserfolg zurück. Zudem dürfen sich die leitenden Angestellten mit den Eskapaden ihrer Untergebenen beschäftigen. Brecko landet im Gleisbett mit ein paar Promille, Geromel liebäugelt mit einem Wechsel und Poldi gibt letztendlich bekannt, dass er den effzeh im Sommer verlassen will, hält aber vorher noch ein flammendes Plädoyer für seinen Trainer Solbakken. Und das alles im und um den Karneval herum. Kein Wunder, dass der Trainer feststellt, dass in Köln immer mindestens ein bischen Karneval sein wird. Bestätigt wird er dann ca. 1 Monat später als Slawomir Peszko leicht angeheitert einen Taxi-Fahrer ärgert.

Inzwischen ist die Spannung in ganz Köln zu spüren. In jeder Gasse, an jedem Kiosk, an Stamm- und sonstigen Tischen wird das Verhältnis von Finke und Solbakken diskutiert. Das Heimspiel gegen die Hertha soll zum großen Showdown führen. Die sportliche Brisanz ist bereits groß genug. Der Schiedsrichter bringt ordentlich Farbe ins Spiel und der effzeh bringt in Unterzahl dank lautstarker Unterstützung seiner Fans ein Endspiel um den Abstieg ein 1:0 über die Zeit. Solbakken scheint ein Stein von der Größe des Doms vom Herzen gefallen zu sein und er stürmt auf die Südtribüne zu und lässt sich feiern. Bilder, die die anwesenden Fans nie vergessen werden. Und abends wird dann noch der vermeintliche Grund für seinen Jubelsturm geliefert: der effzeh trennt sich mit sofortiger Wirkung von seinem Sportdirektor Volker Finke.

Nach dem blamablen Auftritt in Augsburg wird es sehr eng für Stale Solbakken. Das Rennen um die schnellste Meldung der Trainerentlassung beginnt. Die Reporter knubbeln sich am Geißbockheim und spielen „wer zuckt zuerst“. Alle halten still, bis ein ehemaliger Pressesprecher des effzeh in Diensten von Sky-News zuerst zuckt, fälschlicherweise, damit aber einen Massenfehlstart verursacht: die gesamte Presse meldet: Solbakken entlassen! Und muss nur kurze Zeit zurückrudern, weil die offizielle Pressemitteilung des effzeh genau das Gegenteil besagt: Stale soll für die sportliche Trendwende sorgen.

Und der greift zu ungewöhnlichen Mitteln. Schließt sich und seine Spieler für ein paar Tage im Kloster ein. Nicht alle Spieler, denn Nova, Petit, Pezzoni und Andrezinho fliegen vorerst aus dem Kader. Diese Maßnahme bringt einen Punkt gegen Werder. Aber im anschließenden Spiel in Mainz kommt der effzeh ordentlich unter die Räder und die Führungsetage hat nun endgültig den Glauben in den Trainer verloren. Am 12. April 2012 endet die Ära Solbakken am Geißbockheim. Frank Schaefer soll versuchen das Unvermeidbare zu vermeiden. Zusammen mit Dirk Lottner bemüht er sich redlich, aber letztenendes steht der fünfte Abstieg fest. Es müssen neue Pläne geschmiedet werden.

Neues Trainergespann in Köln: Stanislawski, Trulsen       © effzeh.com

Neues Trainergespann in Köln: Stanislawski, Trulsen © effzeh.com

Nachdem Beiersdorfer und Schmadtke für den Posten des Sportdirektors sowie Ralf Rangnick und Mike Büskens als Trainer gehandelt wurden präsentiert das Präsidium die neue kölsche Lösung: Schmadtkes bisheriger Chefscout Jörg Jakobs soll Frank Schaefer bei den Aufgaben im Management unterstützen. Kurze Zeit später wird als Trainer Holger Stanislawski präsentiert. Und während die Verhandlungen mit der neuen sportlichen Leitung noch laufen ist bereits klar, dass man in Köln den totalen Umbruch vornehmen will. Teure Leistungsträger sollen abgegeben und durch eigene Talente oder günstige Transfers ersetzt werden. Ein mutiger Schritt, der aber von einem Großteil der Mitglieder und Fans unterstützt wird.

Sommerpause bedeutet hier also Arbeit rund um die Uhr. Insgesamt 44 Transferbewegungen werden in den nächsten Wochen zu erledigen sein. Ein Mammutprogramm. Zunächst können als Zugänge Bröker und Lehmann präsentiert werden, wie es heißt auf Wunsch des neuen Trainers. Das Unterbringen der Topstars bereitet Schwierigkeiten, aber letztendlich bringt man sie alle noch unter. Geromel bei Mallorca, Riether und Peszko in die Premier-League, Nova in die J-League nach Japan, Lanig nach Frankfurt. Schließlich wechselt Rensing die Rheinseite und versucht bei Leverkusen sein Glück. Als Neuzugänge kommen Maroh, Wimmer sowie Royer (Bremen) und Strobl (Hoffenheim) auf Leihbasis. Als Last-Minute-Transfer stoßen dann noch Sascha Bigalke, der im Pokalspiel in Unterhaching noch auf der Gegenseite überzeugen konnte, und Anthony Ujah als Leihspieler aus Mainz zur Mannschaft.

Im Juni wird eine für die sportliche Leitung weitere wichtige Entscheidung bekannt gegeben. Claus Horstmann wird seinen Vertrag, der bis zum 30.Juni 2013 läuft, nicht verlängern. Auch Oliver Leki gibt kurze Zeit später bekannt, dass er nur noch ein Jahr beim effzeh bleiben will. Die KGaA braucht demnächst einen neuen Geschäftsführer. Vorweggreifend sei erwähnt, dass dieser im Winter gefunden wird: Alexander Wehrle aus Stuttgart übernimmt ab Juni 2013 das Ruder, wird aber im Januar schon seinen Dienst antreten und eingearbeitet werden.

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Im 2. Halbjahr 2012 herrscht, was die sportliche Leitung angeht, eine erstaunliche Ruhe in Köln. Der Trainer bleibt im Amt, die Sportdirektoren machen still und heimlich ihren Job. Man kommt sich nicht groß in die Quere. Das war schon mal anders. So kann man sich auf die Dinge konzentrieren, auf die es ankommt. Trainingslager in Österreich, Testspiele, letzte kleine Transferaktivitäten, vielleicht auch mal Staub wischen im Geißbockheim. Ziemlich idyllisch in und um Köln. Vor allem, weil die Fans den Umbruch mittragen. Rückschläge lassen die Anhänger kalt, sie feiern die Mannschaft, die zu 90% Vollgas gibt, und freuen sich auch nach wahren und gefühlten Niederlagen über ein kämpferisch geführtes Fußballspiel. Auch das war schon mal anders. Nur Boulevard und kleinere Fernsehsender bringen die Trainerdiskussion ab und an noch mal auf, weil sie noch nicht mitbekommen haben, dass der Aufstieg in Köln kein Zwang ist.

Als einziger Knaller bleibt da der Fall Kevin Pezzoni. Aber der hat es in sich. Der Spieler hat von je her einen schlechten Stand bei den Fans in Köln. Es gab nicht wenige, die ihm einen Wechsel nahegelegt haben. Aber die sportliche Führung hat sich aufgrund seines Alters, seines linken Fußes und der körperliche Robustheit dafür entschieden auf ihn zu bauen. Offensichtlich hat Pezzoni selbst auch nie einen Gedanken gehegt, den effzeh zu verlassen. Dann kam der Tag, an dem eine Grenze überschritten wurde. Im Internet wurde zu Gewalt gegen Pezzoni aufgerufen und tatsächlich gab es einen Vorfall in der Nähe der Privatwohnung des Spielers. Die Lösung musste schnell gefunden werden. Und letztendlich bleibt offen, wer den Vertrag aufgelöst hat und ob wirklich in beiderseitigem Einverständnis. Fakt ist, die Zeit drängte und man entschloss sich dazu den Vertrag aufzulösen, um Kevin Pezzoni die Möglichkeit zu geben möglichst schnell einen neuen Verein zu finden. Die gewaltbereiten verantwortlichen Personen sind, so weit wie möglich ausfindig gemacht und bestraft worden. Bleibt zu hoffen, dass diese Grenze in Zukunft nie wieder überschritten wird.

Hoffnungsträger Timo Horn   © effzeh.com

Hoffnungsträger Timo Horn © effzeh.com

Zum Abschluss des Jahres und als Zeichen für kommende glorreiche Zeiten beschließe ich diesen Rückblick mit der Meldung, dass Timo Horn im Oktober 2012 seinen laufenden Vertrag über die Laufzeit hinaus bis zum 30. Juni 2016 verlängert hat. Und mit einem Zitat von Frank Schaefer: „Wichtig ist, dass der Entwicklungsprozess da ist. Und dass die Zuschauer immer das Gefühl haben, dass es Spaß macht, der Mannschaft wieder zuzugucken!“

Diesen Rückblick gibt es auch bei spox.com.

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