Im Kampf gegen sich selbst, den Gegner und den VAR zieht der effzeh erneut den Kürzeren. Nach sechs Niederlagen in Folge droht jetzt die totale Krise.
Ach, 1. FC Köln. Welcher andere Verein in der Bundesliga hätte es wohl schon schaffen können, innerhalb von vier Monaten vom siebten Himmel bis in die tiefsten Abgründe der Hölle abzusteigen. Während man im Mai in Müngersdorf noch eine große Party feierte, steht man im frühen Herbst auf Tabellenplatz 18. Zwar sind noch 29 Spieltage angesetzt, doch momentan kann einem wirklich angst und bange werden, wenn man an die Zukunftsaussichten dieser Mannschaft denkt. Mit mittlerweile 1:13 Toren und null Punkten aus fünf Spielen hat der effzeh seinen bemerkenswert schlechten Saisonstart noch ein weiteres Kapitel hinzugefügt. Das Elfmetertor von Sébastien Haller besiegelte die sechste Pleite am Stück – vor dem Auswärtsspiel gegen Hannover am Sonntag steht der 1. FC Köln jetzt mit dem gebückten Rücken zur löchrigen Wand.
Spiel gegen Frankfurt: Es war der erwartbare Krampf
Dass es kein besonders ansehnliches Spiel werden würde, war eigentlich keine Überraschung. Schließlich ist die Mannschaft der Frankfurter Eintracht bekannt dafür, durchaus abgezockt vorzugehen und dabei nicht unbedingt einen großen Wert auf ästhetische Aspekte zu legen. Doch wer wären wir, um das zu verurteilen? Die beiden ersten Jahre nach dem Wiederaufstieg waren ja schließlich ebenfalls von biederem Fußball geprägt, der allerdings die nötigen Punkte und damit den Erfolg brachten.
Momentan wäre man beim 1. FC Köln froh, wenn man eine annähernd selbstsichere Mannschaft wie die aus Frankfurt sein Eigen nennen könnte. Die Leistungsträger der vergangenen Tage sind entweder in China oder an der Syndesmose verletzt (Modeste und Hector), andere suchen seit dem Höhepunkt im Mai nach ihrer Form (Sörensen, Bittencourt, Osako). Mit ihnen steht und fällt das Kölner Spiel, aktuell fällt es nicht einmal mehr, es ist komplett zum Erliegen gekommen.
Ohne Fixpunkte wie Hector wirkt der effzeh konfus
Und dann fällt es eben schon auf, dass beim 1. FC Köln jede Menge Durchschnittsspieler im Kader stehen, die in der vergangenen Saison glänzen konnten, weil das gesamte Konstrukt funktionierte und ein paar Ausnahmespieler für die Glanzlichter gesorgt haben. Wenn die Speerspitzen des Kölner Spiels allerdings fehlen, müssen die Jungs aus der zweiten Reihe ins Rampenlicht und Verantwortung übernehmen – die bisherige Erfolgsbilanz ist dabei ziemlich überschaubar.
Spieler wie Konstantin Rausch oder Simon Zoller werden in der Bundesliga keine Bäume mehr ausreißen, und das ist auch nicht schlimm – wenn sie allerdings für den 1. FC Köln die Kohlen aus dem Feuer holen müssen, erkennt man, dass es nicht so gut aussieht um den ersten deutschen Bundesliga-Meister. Von jungen Spielern wie Jannes Horn oder Lukas Klünter jetzt zu erwarten, dass sie vorweg gehen, um die Krise abzuwenden, wäre vermessen. Tja, und das Selbstvertrauen von Jhon Cordoba scheint trotz des Tores in London immer noch in einem Umzugskarton in Mainz zu verstauben.
Vielleicht war Jörg Schmadtke im Spiel gegen Frankfurt also auch so kommunikativ, um dem vierten Offiziellen seine Transferpolitik zu erklären, die ja in Köln verständlicherweise mittlerweile kontrovers diskutiert wird. Möglicherweise war aber auch Schiedsrichter Petersen ein Thema, der das Spiel in der ersten Halbzeit mit seinen Entscheidungen eigentlich erst richtig zum Laufen gebracht hatte. Vorher hatten sich beide Mannschaften abgetastet und der effzeh die erwarteten Probleme, das eigene Spiel aufzuziehen, gezeigt. Frankfurt erwartete die Avancen des effzeh, hatte allerdings offensiv kaum Präsenz.
Und so musste ein individueller Fehler herhalten, um den Frankfurtern die Führung zu bringen: Dominic Maroh unterschätzt einen langen Ball, sein Rückpass auf Timo Horn misslang. Der Kölner Keeper musste gegen Gacinovic Kopf und Kragen riskieren und spielte den Ball, Schiedsrichter Petersen allerdings entschied auf Foul und Elfmeter. Eigentlich gab es in dieser Szene also gleich zwei individuelle Fehler – von Maroh und dem Referee.
Frankfurt hat fast keine Mühe, die Angriffe des effzeh zu verteidigen
Sébastian Haller, bisher nicht als Serientäter in den Bundesliga-Strafräumen bekannt geworden, bedankte sich jedenfalls und schob nach 22 Minuten zur Frankfurter Führung ein. In den letzten Tagen wurden diverse Entscheidungen der Schiedsrichter bei Spielen des effzeh diskutiert, was bei Petersens Pfiff auch nicht ausblieb. Sagen wir es mal so: Der definitive Sinn und Zweck der Video-Schiedsrichterei hat sich uns noch nicht ganz erschlossen. Der erste Durchgang verzeichnete nämlich noch zwei weitere Szenen, in denen es durchaus hätte Elfmeter geben können: Einmal für den effzeh nach Foul an Bittencourt, einmal für die SGE nach Foul an Haller. Na ja, was soll’s, wegen des Video-Schiedsrichters stehen die “Geißböcke” schließlich nun auch nicht auf Platz 18.
Es wird nicht leichter: Wie soll dat nur wigger jon?
Sicherlich ist es unglücklich, wenn eine komplett verunsicherte Mannschaft durch einen mindestens umstrittenen Foulelfmeter in Rückstand gerät und dann vor der Aufgabe steht, ihn aufholen zu müssen. Von der Mannschaft des 1. FC Köln kann man derzeit keine Wunder erwarten, es war nach dem Gegentor also abzusehen, dass die Aufgabe gegen die routinierte Mannschaft der SGE danach nun nicht leichter werden würde.
Mit der Achse Abraham-Hasebe-Boateng verfügten die Frankfurter über absolut souveräne Fixpunkte, die der Mannschaft Halt gaben – und den effzeh nicht ins Spiel kommen ließen. Zur Pause versuchte Stöger, mit Risse für Zoller einen neuen Impuls zu setzen, doch Besserung war nicht wirklich in Sicht: Zwar agierte der effzeh weiterhin bemüht, der Frankfurter Strafraum blieb allerdings bis auf Osakos Direktschuss im Anschluss an ein Zufallsprodukt nach 79 Minuten fast komplett verwaist. Die Torschuss-Statistik ist einigermaßen geschönt, da Stögers Schützlinge es wiederholt aus der Distanz versuchten. Ansonsten hatten die Frankfurter aber keine Probleme, die Angriffsversuche des effzeh zu verteidigen.
Und somit blieb es dann auch beim 0:1 aus Sicht der Domstädter, bei denen die Stimmungslage damit komplett im Keller angekommen sein dürfte. Im Kampf gegen sich selbst, die Gegner und auch ein wenig die Video-Schiedsrichter konnte der effzeh bislang kein Erfolgserlebnis verzeichnen. Bis Dezember bleibt die Taktung der Spiele hoch, sodass die Trainingsarbeit weiterhin erschwert wird. An den Defiziten, die wir an dieser Stelle nicht alle aufzählen wollen, zu feilen, dürfte auch bis Sonntag in Hannover schwierig werden – uns steht somit allen ein stürmischer Herbst bevor. Und da ist es egal, wie schön es damals war, damals im Mai…
SPIELER DES SPIELS: Keine einfache Wahl angesichts der erneut schwachen Leistung der Geißböcke. Dennoch konnte Dominique Heintz noch am meisten überzeugen – seine überragende Rettungsaktion verhinderte das frühe 0:2 in der zweiten Halbzeit.