In Müngersdorf liegen ernüchternde Tage hinter dem 1. FC Köln: Der Stadion-Ausbau scheint endgültig vom Tisch, doch ein Neubau wirft viele Fragen auf.
Wenig Spielraum zur Interpretation ließ das Banner vor der Südkurve im Müngersdorfer Stadion: „Müngersdorf – unverhandelbar“ prangte dort beim Einlaufen der Mannschaft des 1. FC Köln in Großbuchstaben. Auch an der Bahnhaltestelle trommelten die Anhänger für einen Verbleib der „Geißböcke“ am Traditionsstandort, der seit Gründung des Vereins 1948 die Heimat des 1. FC Köln ist. „Der FC nur in Müngersdorf“? Das könnte im Jahr 2024 Geschichte sein. Die Machbarkeitsstudie hat einen für die Vereinsführung angemessenen Ausbau des Stadions auf eine Kapazität von 75.000 Zuschauern quasi ausgeschlossen, die Probleme selbst bei einer geringen Erweiterungen scheinen gewaltig.
Ernüchternde Erkenntnisse bei der Machbarkeitsstudie
„Eines ist ganz klar: Das Ergebnis war sehr ernüchternd. Die Fachplaner haben ganz klar gesagt, dass es nicht empfehlenswert ist, das Stadion auszubauen“, sagte FC-Finanzgeschäftsführer Alexander Wehrle der „Kölnischen Rundschau“ zur Studie. Man habe zwar „neue Fakten, doch oftmals haben Theorie und Praxis wenig miteinander zu tun“. In der „Bild“-Zeitung fügte der 42-Jährige noch hinzu: “Wir beim FC würden alle liebend gerne den Standort Müngersdorf ausbauen. Wir bedauern die Realität und können vor ihr nicht die Augen verschließen.”
Eines ist ganz klar: Das Ergebnis war sehr ernüchternd. Die Fachplaner haben ganz klar gesagt, dass es nicht empfehlenswert ist, das Stadion auszubauen. Wir beim FC würden alle liebend gerne den Standort Müngersdorf ausbauen. Wir bedauern die Realität und können vor ihr nicht die Augen verschließen.
Nicht die Augen verschließen bedeutet in der für viele effzeh-Fans ernüchternden Realität: Der 1. FC Köln will den Traditionsstandort im Kölner Westen verlassen, nach etwas mehr als 100 Jahren könnte die Ära Müngersdorf im Kölner Fußball damit bei Auslaufen des aktuellen Pachtvertrags 2024 enden. Schon länger favorisiert die Vereinsführung die Option Neubau, lässt vom renommierten Städteplaner Albert Speer mögliche Standorte überprüfen. Auch ein Wegzug aus Köln ist längst kein Tabu mehr, Areale in Pulheim und Frechen kommen genauso infrage wie ein neues Stadion in Widdersdorf, Marsdorf oder gar auf der Schäl Sick in Flughafennähe.
Große Fragenzeichen bei einem möglichen Neubau
Doch so riesig die Herausforderungen erscheinen, wenn es um eine Erweiterung des Müngersdorfer Stadions geht, so groß sind die Fragezeichen im Falle eines Wegzugs. Die Stimmungslage bei den eigenen Fans scheint nicht zu einem Neubau zu tendieren, die aktive Fanszene hat sich bereits klar positioniert. Dazu kommt die Standortfrage: Ein geeignetes Areal, das auch infrastrukturell den Ansprüchen gewachsen ist, könnte zu einem großen Problem werden. Nah- und Regionalverkehr, Autobahn und Straßen, Freiflächen: Köln ächzt aktuell in jedem Bereich unter den Bedingungen.
[interaction id=”59006577240e61ee26bf4bd0″]Gerade deshalb könnte ein Umzug ein finanzielles Vabanquespiel werden: Die Kosten für die nötigen Infrastrukturmaßnahmen, die nach effzeh.com-Informationen eine dreistellige Millionensumme verschlingen könnten, wird der effzeh nicht noch zusätzlich zum Stadionbau stemmen können. Die Umlandkandidaten wie Pulheim oder Frechen strotzen nicht gerade vor wirtschaftlicher Potenz, um neben einem günstigen Grundstücksangebot auch noch Autobahnauffahrten und Bahnhöfe für die neue Heimat des 1. FC Köln zu finanzieren. Ob eine klamme Kommune wie Köln dazu willens und in der Lage ist, wenn ihr dadurch ein zusätzliches Millionengrab in Müngersdorf droht, darf bezweifelt werden.
“Bekennt sich der FC zum Standort Müngersdorf, spielen wir in einer Mannschaft“
Kaum verwunderlich, dass die Politik um einen Verbleib am Traditionsstandort kämpft. „Bekennt sich der FC zum Standort Müngersdorf, spielen wir in einer Mannschaft“, sagt CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz und sieht nun den effzeh am Zug: „Die Machbarkeitsstudie kommt offenbar zu dem Ergebnis, dass ein Ausbau des Stadions in verschiedenen Varianten mit unterschiedlichen, sehr komplexen Herausforderungen möglich ist. Stadt, Verein und Politik müssen diese Varianten jetzt ganz genau analysieren und bewerten. Wenn sich die FC-Vereinsführung für eine der Ausbau-Varianten und somit für den Verbleib in Müngersdorf entscheidet, sind wir gerne bereit, das Projekt gemeinsam mit allen Beteiligten voranzutreiben.“
Auch die SPD spricht sich klar für das Müngersdorfer Stadion aus: „Wir haben immer gesagt, dass wir den 1. FC Köln dabei unterstützen, auch in Zukunft an seinem Traditionsstandort spielen zu können. Es scheint Ansätze für einen Ausbau in Müngersdorf zu geben, die jetzt intensiv verfolgt werden müssen“, betont SPD-Fraktionsvorsitzender Martin Börschel und fordert unter anderem Oberbürgermeisterin Henriette Reker zum Handeln auf: „Stadtverwaltung und Ratsmehrheit dürfen jetzt nicht denselben Fehler machen wie bei der Debatte um den Ausbau des Geißbockheims. Die Stadt muss sich als seriöser Partner des FC präsentieren, der seine Ziele und die des FC ebenso kennt wie die eigenen Trümpfe. Dazu gehört, dass nicht weiter nur die Probleme eines Ausbaus heruntergebetet, sondern die nun präsentierten Möglichkeiten konstruktiv verfolgt werden.“
Hintertür für Müngersdorf bleibt noch auf
Auch für den effzeh ist trotz der ernüchternden Erkenntnisse die Tür noch nicht komplett geschlossen. Ob 2024 der Auszug kommen wird, wollte Wehrle auch nach Abschluss der Machbarkeitsstudie noch nicht sagen: „Aus unserer Sicht ist ein Ausbau schwer realisierbar, aber wir bleiben natürlich dialogbereit“, betont der Finanzgeschäftsführer der „Geißböcke“. Es scheint, als drohe dem effzeh in den nächsten Jahren ein Stadionproblem.