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Kurz & Knapp

Verein und Fans im Dialog mit der Polizei

Bloggerin Sarah Peters und wir trafen uns mit Fans, Polizei und Verein um über die Ereignisse in Karlsruhe zu diskutieren. Ein guter, aufschlussreicher Abend.

Foto: roteboecke.com
© roteboecke.com

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Am 08.11.2013 trafen sich Fans, Vertreter des effzeh und Vertreter der Polizei zu einer Diskussionsrunde über die Ereignisse in Karlsruhe. Anwesend auch zwei Vertreter von effzeh.com und Sarah Peters, deren Augenzeugenbericht durch viele Gazetten ging. Zufälligerweise saß sie neben uns und so entschloss man sich kurzerhand den Abend gemeinsam zusammenzufassen: (Anmerkung der Redaktion: Immer wenn in erster Person singular gesprochen wird, ist dies von Sarah Peters)

Bingen-Gaulsheim, ein knapp 1.100-Seelen Ort, der einigen hundert FC-Anhängern nachhaltig  im Gedächtnis bleiben wird. Nach Wochen der Aufregung rund um die Vorkommnisse des Auswärtsspiels in Karlsruhe im Oktober, veröffentlichte der 1.FC Köln kürzlich eine Stellungnahme, die die Anhängerschaft gespalten zurückließ. Zu einem „Abend des Austauschs“ hatte der Fanservice des 1. FC Köln nun aufgerufen. Rund 35 FC-Fans, die sich beim Verein nach den Vorfällen in Karlsruhe gemeldet und ihre Sicht des Erlebten geschildert hatten, folgen der Einladung. Auf dem Podium stellten sich nicht nur Rainer Mendel, Fanbeauftragter, und Thomas Schöning, Leiter der AG Fankultur, den Fragen der Fans. Ebenfalls dabei: Marco Kaisen, Einsatzleiter einer Hundertschaft, dem die BFE, die den Regionalzug ab Ludwigshafen begleitete, an diesem Tag unterstand. Ebenfalls anwesend: Helge Scharfscheer (Inspektionsleiter der Bundespolizei Köln) und den meisten Kölner Fans wohl bekannt: Matthias Ballentin (szenekundiger Beamter für den 1. FC Köln). Leider konnte der zuständige Einsatzleiter der Polizei Karlsruhe nicht an dem Treffen teilnehmen, wäre er doch die Anlaufstelle für all jenen, die Fragen zur Ankunft in Karlsruhe und der Bussituation  – für viele das auslösende Moment für große Teile der unsinnigen Gewalt an diesem Tag – stellen wollten.

Der Einsatzleiter, der nach eigener Aussage regelmäßig in dieser Funktion beispielsweise Fußballfans aus Frankfurt zu Auswärtsspielen begleitet, erklärte, dass nicht die Vorfälle in Karlsruhe (Situation im ersten Bus, Flaschenwürfe am Stadion etc.)  die Polizeibegleitung der FC-Fans auf dem Heimweg ausgelöst habe, sondern vielmehr die Tatsache, dass das Zusammentreffen mit verfeindeten Anhängerschaften aus Duisburg, Mainz und Hoffenheim verhindert werden sollte. In Koblenz sollten Duisburger Anhänger in den Regionalzug Richtung Köln zusteigen und Mainzer und Hoffenheimer befanden sich zur Umsteigezeit in Mainz (ca. 17:45 Uhr) ebenfalls auf dem Heimweg.

© effzeh.com

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Die Vorgabe, dass sich Kölner Anhänger außerhalb des Mainzer Bahnhofes nicht frei bewegen durften, sei der Tatsache geschuldet, dass vor dem Bahnhof eine große Anzahl gewaltbereiter Mainzer auf die Kölner warteten, so der Einsatzleiter. Dass viele Fans während der Wartezeit am Bahnhof über den Grund des Aufenthalts im Unklaren gelassen wurden, war dem Entschluss geschuldet, dass mit Megaphon Ansagen in letzter Zeit schlechte Erfahrungen gemacht wurde. Wie die Fans von den Plänen erfahren und danach handeln sollen, blieb jedoch unklar.

 Zahl der zugreisenden FC-Anhänger der Polizei unbekannt

 Auch habe man sich eine genau “Zugbelegung“ der Regionalbahn (Mainz – Köln über Koblenz) ausgedacht: So sollte der Zug, der aus zwei separaten Einheiten bestand, im hinteren Bereich mit FC-Anhängern gefüllt werden, der vordere Teil sollte für „normale Fahrgäste“ sowie die in Koblenz zusteigenden Anhänger des MSV Duisburg reserviert werden. Man habe aber nicht mit  400 bis 500 FC-Anhängern gerechnet. Als der hintere Teil des Zuges voll gewesen sei, mussten rund 100 weitere FC-Fans in den hinteren Teil des ersten Wagens einsteigen. Leider versäumten es Einsatzleitung und Beamte, die Kölner Anhängerschaft von ihren Plänen in Kenntnis zu setzten. Dass sich unter den Fans im ersten Teil des Zuges rund 30 bis 40 „harte Jungs“ befunden hätten, sei nicht bekannt gewesen und erst aufgrund der späteren Ereignisse und „Identitätsfeststellung“ aufgefallen.

 Eine Zigarette und ein Joint

 Zunächst verlief die Zugfahrt ruhig, was durch gezeigte Videoaufnahmen belegt wurde. Der auslösende Moment war das Rauchen einer Zigarette und eines Joints im vollbesetzten hinteren Zugteil. Also der Teil, der extra für die Kölner Anhänger freigehalten wurde. Als die Beamten davon in Kenntnis gesetzt wurden, versuchten sie zu den Rauchern zu gelangen um ihnen dieses zu untersagen. Auf dem Weg dorthin, wurden sie jedoch mit Ellenbogen und Schlägen bedacht, worauf sie zwei Leute zur Identitätsfeststellung in einen vorderen Wagon bringen wollten. Der Weg dorthin führte jedoch durch das Abteil mit den 100 später eingestiegenen Fans. Als diese die beiden „festgenommenen“ sahen, kam es zu Übergriffen auf die Polizei. Es entwickelte sich eine Auseinandersetzung, die ebenfalls auf Video vorgeführt wurde. Dabei ist zu erkennen, dass die Polizisten mit Tritten und Schlägen gegen Kopf und Körper bedacht werden. Nicht sehr deutlich ist zu erkennen ob ein Polizist in einer Situation mit der Faust auf einen schon festgehaltenen Fan einschlägt. Die Staatsanwaltschaft hat jedoch ein Verfahren gegen den Polizisten eingeleitet.

Zur großen Wartezeit in Bingen-Gaulsheim kam es, da die Einsatzleitung sich zur Identitätsfeststellung aller, an der Schlägerei teilnehmenden, Personen entschloss. Dies waren zunächst ca. 40 Personen sowie weitere ca. 37, die in einer „zweiten Welle“ versuchten ihre Kollegen zu befreien.

Nach etwa vier Stunden Aufenthalt konnte die Fahrt dann wieder aufgenommen werden. Soweit die Schilderungen aus Sicht der Polizei.

Anwesende Fans zeigten jedoch ein etwas abweichendes Bild auf. So meldete sich einer der festgehaltenen, der davon berichtete vier Stunden in Regen und Kälte, nur mit Pullover bekleidet, habe ausharren müssen und das Urinieren nur an einem Zaun im gesperrten Bereich erlaubt war.

Logo der Aktion

Logo der Aktion

Noch interessanter waren jedoch die Schilderungen einer jungen Dame, die im hinteren Wagon dabei gewesen war. Ihre Schilderungen warfen vor Allem auf das Vorgehen der Polizisten, als sie zu den rauchenden Personen vordringen wollten, ein anderes Licht. So sei deren Vorgehen sehr rabiat gewesen und sie hätten sich eher mit Gewalt den Weg frei machen wollen. So sei sogar die Rede von Drohungen und Schlägen gegenüber unbeteiligten Fans, die sich über die Vorgehensweise beschwerten. Dass es dann zu „Konter“aktionen der Anwesenden kam ist leider dumm aber bei Alkohol oft nicht verwunderlich. Deeskalation ist das auf jeden Fall nicht und gerade dieses Vorgehen wurde von den meisten Anwesenden sehr kritisiert, was die Polizisten relativ unkommentiert ließen.

 Fans geben wichtige Antwort

Dass es im Zug zu Fehlverhalten und unnötiger Gewalt kam, ist unbestritten. Fakt ist: Der Regionalzug war komplett videoüberwacht und die gesamten Bänder liegen dem zuständigen Staatsanwalt vor. Was genau, wie, wann und wo der Auslöser der Gewalt war, kann und mag ich nicht beurteilen, denn ich war weder dabei noch habe ich diese Bänder vollständig gesehen. Für viele ist es jedoch fraglich, ob eine brennende Zigarette oder ein Joint im Zugabteil das Maß der Gewalt, die an den Tag gelegt wurde, rechtfertigen oder in irgendeinem Verhältnis dazu stehen. Aussagen der Polizei und Fans stehen sich gegenüber, sodass man sich fragt, ob beide Parteien im selben Zug mitgefahren sind.

Wichtig ist jedoch, wie es nach diesen Vorfällen weitergeht. Die Fans haben beim Auswärtsspiel in Bielefeld bereits eine wichtige Antwort gegeben: Lautstarke Unterstützung unserer Mannschaft während des gesamten Spiels.

Die Vorfälle rund um das Auswärtsspiel in Karlsruhe haben aber einen einzigen positiven Effekt: Wir sprechen über Polizeiwillkür, über Deeskalation und über Sicherheitskonzepte aber auch über Fanverhalten. Das ist gut und wichtig. Zu Karlsruhe kann man nur eins sagen: Mund abwischen, weitermachen. Betroffene von Polizeigewalt müssen Anzeige erstatten. Denn eins ist klar: angegriffene Beamte tun das auch. Auswärtsfahrer und sowieso alle Fußballfans müssen sich organisieren, Fehlverhalten der Beamten dokumentieren und zur Anzeige bringen. Auch das ist Zivilcourage.

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