Die Coronakrise hat neben dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben auch die Fußball-Industrie zum Erliegen gebracht, seit mehr als einem Monat ruht der Spielbetrieb in der Bundesliga. Die DFL versucht, eine Lösung zu finden, um alsbald wieder spielen zu können – obwohl das keine gute Idee zu sein scheint. Doch derzeit sieht es so aus, als solle am Plan, im Mai wieder zu spielen, festgehalten werden. Das sorgt für Diskussionen, auch intern bei effzeh.com. Wir haben darüber in unserem Format “Rudelbildung” diskutiert. Wir nehmen es vorweg: Zu einer Lösung sind auch wir bisher noch nicht gekommen.
Arne: Die Bundesliga plant nach wie vor, im Mai den Spielbetrieb wieder aufzunehmen. Nun sind wir alle keine Experten in Virologie oder Epidemiologie, doch wir verfolgen natürlich, was passiert – und wir haben alle eine Meinung dazu. Also: Wie sieht es aus bei euch? Was denkt ihr über eine mögliche Wiederaufnahme des Spielbetriebs noch im Monat Mai, mit allen Konsequenzen, die das haben könnte?
Severin: Das ist doch einfach nur Wahnsinn. In allen anderen europäischen Ligen ruht der Spielbetrieb und dort scheint niemand ernsthaft etwas dafür zu unternehmen, das zu ändern. Weil die Leute wissen, dass die Entwicklung der Pandemie am Ruder ist und nicht irgendwelche Fußball-Funktionäre. Geduld ist die wichtigste Maxime, die Planung wirkt überstürzt. Deswegen bin ich froh, dass die Politik sich da noch bedeckt hält.
“Das ist doch einfach nur Wahnsinn. In allen anderen europäischen Ligen ruht der Spielbetrieb und dort scheint niemand ernsthaft etwas dafür zu unternehmen, das zu ändern.”
Arne: Naja, nicht alle Politiker haben sich da zurückgehalten. Armin Laschet hat in der Vergangenheit zumindest die Tür aufgemacht, dass darüber geredet werden kann und es eventuell im Mai schon weitergeht. Ich verstehe auch ehrlich gesagt den Druck nicht, wenn DFL-Chef Christian Seifert im Hintergrund mit Investmentbanken verhandelt, die die fehlende Kohle reinbuttern sollen. Warum ist es dann noch notwendig, im Mai zu spielen, wenn das Geld eh kommt?
TV-Gelder und andere Probleme
Kurt: Das Argument, dass Investmentbanken die durch fehlende Zuschauereinnahmen und vor allem (bei Verzicht auf Geisterspiele) fehlende TV-Gelder entstandenen finanziellen Löcher der Vereine schließen könnten und deshalb die Bundesliga auf Geisterspiele verzichten könnte, finde ich sehr gefährlich und ein großes Stück weit fragwürdig. Investmentbanken sind keine Wohlfahrtsinstitute, wenn Sie Geld locker machen, tun sie das nur, wenn sie sich einen gehörigen Profit erwarten. Der Generierung eines solchen Profits geht aber die Gewährung eines Mitspracherechtes voraus. Das kann kein Fußball-Fan wirklich wollen. Bei Geisterspielen (so schlimm sie auch für uns Fans sein mögen) sieht die Sache ganz anders aus. Sie ermöglichen es, Fernsehverträge einzuhalten und den lebensnotwendigen Geldfluss für die Vereine zu sichern.
Arne: Ich habe auch nicht gesagt, dass ich den Einstieg von einem Investmentfonds oder so gut finden würde, es ist nur eine Möglichkeit für die DFL, schnell an Kohle zu kommen. Der Fernsehsender wird ja auch ein Interesse daran haben, dass es weitergeht, weil er mit der Bundesliga jede Menge Geld verdient.
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Thorsten: Ganz ehrlich. Finanzprobleme der Fußballclubs sind für mich das geringste Problem, was wir derzeit haben. Wir stehen vor gesellschaftlich deutlich größeren Aufgaben. Vielleicht muss dann auch in Zukunft ein Fußballprofi weniger verdienen. Und der Teilzeitangestellte in der Geschäftsstelle wird dadurch der Job gerettet. Ich habe auch keine Angst vor dem Damoklesschwert, dass 50+1 fallen könnte. Und gar keinen Bock habe ich auf Geisterspiele. Ich habe mir dieses elendigliche Derby im Fernsehen angeschaut und war bedient. Es fühlte sich an wie eine Niederlage in einem Testspiel, das ganze Spiel fühlte sich an wie ein Testspiel. Steril, leistungsgerecht, fehlervermeidend, planbar. Alles das, was den Fußball nicht ausmacht.
“Ich weiß echt nicht, ob ich mir auch nur ein einziges Spiel der verbleibenden Saison am Fernseher antun werde. Meinetwegen kann die Saison unterbrochen werden.”
Ich kann schon so der Liveübertragung deutlich weniger abgewinnen als dem Stadionbesuch. Ich brauche die Emotionen auf den Tribünen, die Diskussion mit den Stadionnachbarn, das Übertönen der gegnerischen Fans, auch mal einen unverdienten Sieg, eine unverdiente Niederlage, ein verzweifeltes Unentschieden. Den Fehler des Innenverteidigers, der über Sieg oder Niederlage entscheidet und eben auch diese Unplanbarkeit des Spiels. Ich weiß echt nicht, ob ich mir auch nur ein einziges Spiel der verbleibenden Saison am Fernseher antun werde. Meinetwegen kann die Saison unterbrochen werden. Re-Start im Frühjahr 2021. Ein Jahr Pause und danach Vollgas! Geisterspiele taugen bei mir als Ersatzdroge nicht.
Geisterspiele – ein notwendiges Übel?
Oli: Ja, Thorsten, das Geisterspiel zu Gladbach war schlimm. Nicht nur, weil am Ende durch ein Eigentor verloren wurde. Es war komplett für die Tonne. Damals schien die Situation eine vorübergehende – das ist sie leider nicht. Jetzt stehen neun komplette Spieltage als Geisterveranstaltung im Raum. Wollen tut das niemand. Weder Spieler oder Fans noch Funktionäre, Schiedsrichter oder Fernsehsender. Die Emotion gehört normalerweise zum „Produkt”. Eigentlich ein bisschen eklig. Doch die „Story” ist das Geld. Der Profifußball wirkt der Normalität entrückt und in einer Bezugssystemblase zu existieren. Das war schon vor Corona der Stein des Anstoßes und zeigt sich jetzt daran, sich notfalls gegen die Fans, gegen das Publikum zu entscheiden, wenn es ums Geld geht.
Kurt: Geisterspiele sind wie Bier ohne Alkohol. Aber: Bricht man die Saison ab und beendet sie ohne weitere Spiele, stehen viele Vereine vor dem finanziellen Ruin. Eine Insolvenzlawine droht. Natürlich ist im Fußball zu viel Geld im Spiel, natürlich hat sich das “Beautiful game” ein gehöriges Stück von seinen Fans entfernt. Nur: Der Verzicht auf Geisterspiele würde bedeuten, dass es die ersten drei Ligen (und die darunter erst recht) in der uns bekannten Form nicht mehr geben würde, möglicherweise würde es den 1. FC Köln auch nicht mehr geben. Das wäre mir als FC-Fan zu viel verbrannte Erde. Eins muss jedem klar sein: Bei einem derartigen Horrorszenario würde nicht alles auf Null gesetzt. Bayern München würde es immer noch geben, die Konstrukte und die Werkclubs ebenso. Mir reicht schon der Gedanke, dass der FC das Farmteam von Bayer Leverkusen werden könnte, um die Geisterspiele – wenn auch mit einer Faust in der Tasche – ertragen zu können. Geisterspiele sind also ein notwendiges Übel!
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Thorsten: Das ist ja nicht mehr als eine düstere Vision. Es könnte auch anders aussehen. Nach der Zwangspause ist der wirtschaftliche aus dem Geschäft verbannt, Investoren und Konstrukte sehen weder Notwendigkeit noch Nutzen in den übermäßigen Summen, die sie in den letzten Jahrzehnten reingepulvert haben. Bzw. können das auch gar nicht mehr so, weil die ganze Wirtschaft wichtigere Probleme zu lösen hat als wohin sie steuerlich günstig ihre Millionen verschafft. Der Fußball startet bei Null, mit Vereinen, mit Gehältern, die sich aus dem Geschäft selbst erwirtschaften lassen. Wer sonst als der 1. FC Köln, erster Deutscher Meister der Bundesliga, Gründungsmitglied, Heimat des Vaters der Bundesliga, Franz Kremer, sollte dabei mit im Rennen sein. Bei Gründung einer Bundesliga im Sinne der Franchise-Unternehmen wie in den USA bin ich raus. Dann gehe ich zum effzeh ins Franz-Kremer-Stadion.
“Bei Gründung einer Bundesliga im Sinne der Franchise-Unternehmen wie in den USA bin ich raus. Dann gehe ich zum FC ins Franz-Kremer-Stadion.”
Oli: Drohende Insolvenzen von Clubs, die Abermillionen umsetzen, scheinen ein Witz. Ein Abbruch oder Aussetzen der Saison bis ins kommende Jahr jedoch wird enorme wirtschaftliche Substanz und sportliche Werte vernichten. Wenn die Story stimmt, geht es also um Existenzen. Vielleicht müssen wir jetzt alle da jetzt durch. Gerade weil man aus der „Systemblase Fußball” jetzt nicht einfach so rauskommt, in dem man alles auf nächste Jahr aufschiebt. Daher wäre mein Vorschlag, die Saison zu spielen aber die neue entlang des Kalenderjahres 2021 auszutragen. Wenn wir der Story folgen, müssen wir Fans müssen dann ein paar blutleere Spiele am Bildschirm ertragen, damit unser Verein weiterbestehen kann.
Auf der nächsten Seite: Was wären mögliche Alternativen?
Lino: Systeme versuchen sich primär immer zu erhalten, der Fußball ist hier keine Ausnahme. Der Fußball ist aber auch, wir wissen das spätestens seit “Football leaks”, ein in Teilen mafiöses Buisness, welches mit aberwitzigen Summen hantiert und dabei so auf Kante genäht ist, dass es nach drei Wochen Stillstand offenbar kurz dem Kollaps steht. Nun versteht man sich allerdings als eine Unterhaltungsbranche und als solche sollte der Fußball als absolut nicht systemrelevant eingestuft werden. Sollten Geisterspiele stattfinden, dann geht das absehbar nur über längere radikale soziale Abschottung oder tägliche Tests sämtlicher Beteiligten, für die allerdings die Kapazitäten nicht bereitgestellt werden können. Eine Sonderstellung des Fußballs darf es nicht geben.
Thorsten: Ich frage mich schon seit langem, warum wir eine zweigeteilte Saison mit den meisten Spielen bei ekligem Wetter haben. Ich plädiere auch für Saison pro Kalenderjahr. Die Pause zu den Sommerferien wird wohl sein müssen. Vor Verbrennung von sportlichen Werten und wirtschaftlichen Einbußen im System Profifußball graut es mir allerdings nicht. Da haben andere Systeme deutlich mehr zu verlieren. Nicht mehr Geld, aber mehr Arbeitsplätze und Menschen.
“Zahlreiche Clubs würden in die Insolvenz gehen, die Big-Money-Clubs jedoch würden auch dann weiter existieren. Für sie gäbe es gar keinen Grund, irgendetwas auf Null zu setzen. Für diese Vereine wäre das Szenario sogar eine willkommene Gelegenheit.”
Kurt: Für den Fall eines Abbruchs der Saison würde ich das von mir skizzierte Szenario keineswegs für unrealistisch erachten. Was würde passieren? Zahlreiche Clubs würden in die Insolvenz gehen, die Big-Money-Clubs jedoch würden auch dann weiter existieren. Für sie gäbe es gar keinen Grund, irgendetwas auf Null zu setzen. Im Gegenteil: Sie würden sich aus der “Konkurs-Masse” der insolventen Clubs bedienen, Cordoba, Bornauw und Hector würden für Peanuts nach München, Leipzig oder Leverkusen gehen. Für diese Vereine wäre das Szenario sogar eine willkommene Gelegenheit, Gutes billig zu kaufen und sich international noch konkurrenzfähiger zu machen. National würden sie in einer zahlenmäßig deutlich kleineren Liga nach schottischem oder Schweizer Vorbild halt viermal im Jahr gegeneinander spielen, während der FC in einer Liga mit Weiler-Volkhoven II spielen müsste.
Wie sollen Geisterspiele überhaupt durchgeführt werden?
Lino: Falls das bedeutet, dass Vereine in die Insolvenz gehen, dann ist das so, so leid es mir tut. Und wenn es den FC trifft, bricht es mir vielleicht das Herz, aber es wird auch Branchen treffen wo nicht zu einem großen Teil Gehaltsmillionäre rumlaufen. „Leave no ohne behind“, „#stayathome“ und gesellschaftliche Solidarität gelten auch für Heldt, Wehrle, Wolf, Gisdol und die Spieler. Let’s face it. Vor uns steht eine wirtschaftliche Krise, die wir noch lange nicht überblicken können. 2008 und folgende aber wird im Vergleich vermutlich eher wie ein Kindergeburtstag aussehen. Es wird viele Insolvenzen und Elend geben, 2020 und 2021 werden garantiert nicht als goldene Jahre in die Geschichte eingehen. Wir sollten uns auf harte Zeiten einstellen. Geisterspiele wird man vielleicht durchprügeln können, es bleibt aber ein sehr instabiler Ritt auf der Rasierklinge. Und ob das ethisch und gesellschaftlich vertretbar ist, ich habe da große Zweifel. Wir sollten damit rechnen, dass es Normalität und volle Stadien erst geben wird, wenn ein Impfstoff verfügbar ist. Und vor Sommer ’21 wird das nichts, auch wenn Dietmar Hopp gerne anderes erzählt.
Arne: Ich frage mich, wie Geisterspiele überhaupt durchgeführt werden sollen.
Lino: Ein praktikables Beispiel, wie Geisterspiele aussehen sollen, habe ich noch nicht gesehen. Wer schützt die Spieler, was passiert, wenn der Co-Trainer in Quarantäne muss, wie verhindert man das ein Spieler auf dem Spielfeld beim Eckball alle ansteckt und diese das Virus dann weiter in ihre Familien tragen? Wie reden von Kontaktsport und nicht vom Tennis. Wer wäscht die Kleidung, wer fährt den Bus? Sind das Risikogruppen, dürfen das Risikogruppen sein? Haftet die Versicherung, wenn ein Spieler sich ansteckt, auf die Intensivstation muss und Monate ausfällt? Denn notwendig war das wohl nicht. Was ist, wenn die Krankenhäuser kurz vor der Belastungsgrenze stehen und sich ein Spieler so verletzt, dass er operiert werden muss und ein Bett tage- oder gar wochenlang blockiert? Die Kapazitäten könnten knapp sein. Was machen wir bei einer zweiten Welle oder wenn in bspw. Bremen ein neues Cluster entsteht und man dort doch mal abriegeln muss?
“Abseits dieser Diskussion fand ich übrigens die Stellungnahme der deutschen Fanszenen klasse. Da steckt mehr gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein drin als in den Hirnen mancher Manager.”
Christopher: Puh, schwer, da jetzt noch was zu ergänzen. Ich stütze Linos Punkt zur Unsicherheit bei Geisterspielen. Die sicherste Variante wäre, wenn alle Spieler und Vereinsoffiziellen in einem abgeschotteten Ort einkaserniert würden. Natürlich nur, wenn alle gesund sind. Vielleicht finden die Spieltage ja dann alle nacheinander auf dem Hoffenheimer Trainingsgelände statt. Das würde auch weniger Aufwand erfordern, als alles in leeren Stadien quer durch die Republik stattfinden zu lassen. Und zur Gegenwart würde es auch passen. Vielleicht gucke ich mir das an, vielleicht nicht. Gerade ist’s einfach beschissen. Abseits dieser Diskussion fand ich übrigens die Stellungnahme der deutschen Fanszenen klasse. Da steckt mehr gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein drin als in den Hirnen mancher Manager, die wahrscheinlich alleine so viel verdienen wie eine ganze Fanszene zusammen.
Foto: Arne Dedert/Pool/Getty Images
Wer könnte als Gewinner aus dieser Krise hervorgehen?
Sarah: Im Endeffekt knickt man da aufgrund wirtschaftlicher Zwänge ein. In einer Lage, in der es den Großteil der Menschen deutlich härter trifft als so manchen Profi oder Funktionär. Da ist der Fußball meiner Ansicht nach gleicher als andere. Alle haben wirtschaftliche Zwänge und bleiben auch mit dem Arsch zu Hause. Geisterspiele dürfen keine Alternative sein, denn Fußball ohne Fans kann und darf nicht sein. Vielleicht sollte dieser (Profi)-Fußball sterben, damit der Fußball leben kann.
Lino: Never waste a good crisis – wer profitiert denn, wenn es erstmal die nächsten Monate nicht weitergehen könnte? Die großen Konstrukte und Werksvereine oder sind am Ende auch diese Geldgeber von der Krise betroffen und ziehen sich zurück, auch weil das gesamte Buisness schrumpft, absehbar keine Erträge mehr abwerfen kann und es auch nicht mehr so “cool” ist, sich einen Verein zu halten, weil die Blase eben vor den Augen der Weltöffentlichkeit platzt.
Kurt: Lino, natürlich wären die Konstrukte, die Werksvereine, Bayern München und ganz vielleicht noch der BVB Profiteure eines durch Saisonabbruch verursachten Finanzkollaps der Konkurrenten. Und natürlich wissen deren Macher, dass es auch eine Zeit nach Corona geben wird, in der die Fans in die Stadien strömen werden. Es wird eine überschaubare Liga sein, Bayern, RB, Lev, Wob, Hopp, der BVB und möglicherweise noch zwei, drei andere. Die Geldgeber der Konstrukte brauchen den Gürtel doch gar nicht enger zu schnallen. Es wird immer genügend Idioten geben, die die Plörre saufen, Audi, BMW und VW werden auch wieder Rekordabsätze ihrer Produkte haben, Pillen werden immer benötigt, vielleicht wird der Konzern sogar zum Corona-Gewinner mit entsprechenden Medikamenten oder gar einem Impfstoff, Hopp sowieso, der rettet ja gerade die Welt.
“Ich meine, es wäre naiv zu glauben, dass ein Saisonabbruch und der Verzicht auf Geisterspiele alles auf Null setzen würde und der Fußball (und auch der FC) wie Phönix aus der Asche emporsteigen könnte.”
In a nutshell: Ich meine, es wäre naiv zu glauben, dass ein Saisonabbruch und der Verzicht auf Geisterspiele alles auf Null setzen würde und der Fußball (und auch der FC) wie Phönix aus der Asche emporsteigen könnte. Ich befürchte, dass das Gegenteil der Fall wäre, die Krisengewinnler würden in punkto Fußball den Ton angeben und den FC würde es nicht mehr geben. Bei aller berechtigten Kritik am Kommerz im Profifußball, das wäre mir zu viel verbrannte Erde.
Warum der Profifußball ohnehin nicht gerettet werden kann
Lino: Das mag alles sehr gut sein. Sagen wir so: Sollte man Geisterspiele wie auch immer ohne Sonderrolle durchführen können und anstehende Fragen zufriedenstellend beantworten, dann kann man das von mir aus machen. Ich habe da jetzt keine gesteigerte Lust am Untergang. Ich sehe beim durchführen von Geisterspielen nur etliche Fragen, die man in meinen Augen nicht beantworten kann, weswegen ich ihnen schon rein aus ethischen Gesichtspunkten sehr skeptisch gegenüberstehe. Und ob mich Geisterspiele dann interessieren würden, ist dann noch mal eine ganz andere Frage. Denn normalerweise gucke ich an jedem Strand barfußspielenden Kindern gerne hinterher und wenn ich durch den Park gehe und mir ein Ball entgegen gerollt kommt, freue ich mich auch jedes Mal, den zurückzukicken, aber das Geisterderby hat mich überhaupt nicht interessiert. Ich habe es zwar geschaut, aber ehrlich gesagt hatte das mit dem Fußball, den ich liebe, nichts, aber gar nichts nichts zu tun.
Ob da dann der FC oder Leipzig spielen, mit meinem Interesse wäre es vermutlich das gleiche – quasi kaum existent. Wenn man jetzt also die nächsten Monate endlos viele Geisterspiele durchführt um die Branche zu “retten”, dann hätte ich davon nur sehr eingeschränkt was. Und das alles für die Hoffnung, dass nachher alles wieder genau so ist wie vorher. Mit Konstrukten, Werksvereinen, 50+1 Ausnahmen und Dietmar Hopp? Das ist dann ein wenig wie der DFB, wo jeder neue Präsident seinen Sitz bei der FIFA annimmt und sagt, er würde sie von innen einfacher verändern wollen und dann geht alles so korrupt weiter wie bisher. Das korrupte System Profifußball, wie es sich derzeit gestaltet, ist doch kaum erhaltenswert – man schaut ihn oft nur noch, weil das Herz halt am FC hängt.
Thorsten: Was macht dich so sicher in deiner Prognose, Kurt? Und mal angenommen, dass es so kommt. Wer schaut sich denn eine von dir beschriebene “Liga” an? So wie ich bei Geisterspielen raus bin, so interessiert mich so was auch null. Vielleicht kommt dann auch eine Superliga (oder wie heißt das Ding?), aber eben nicht für mich. Und ich denke für einen genügend großen Teil der Fans eben auch nicht. Ich möchte, dass mein Verein, der effzeh, so hoch wie möglich, so erfolgreich wie möglich spielt. Wenn Superliga nicht drin ist und selbst, wenn nur Kreisliga möglich ist. Ich gehe hin und schau es mir an. Und der Fernseher mit international hochtechnisch und -taktischem Fußball bleibt aus. Bleibt er bei mir eh, interessiert mich nicht.
Kurt: Siehst Du, in einem Punkt sind unsere Ansichten absolut deckungsgleich: Auch ich möchte, dass der FC so hoch und erfolgreich wie möglich spielt. Ich bin mir hinsichtlich meiner Prognose auch nicht sehr sicher, halte das von mir beschriebene Szenario aber für denkbar. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich mich irre.