Das tolle Jahr 2016 ist unweigerlich mit den starken Leistungen von Mergim Mavraj verbunden. Der effzeh-Verteidiger im effzeh.com-Portrait.
Im Leben ist es leider zu oft so, dass das Herausragende, das Glänzende und Schillernde oftmals wertvoller erachtet wird als etwas, das unscheinbar, zurückhaltend und unspektakulär daherkommt. Überraschenderweise ist das in der Sportberichterstattung nicht anders, wie sich auch in dieser Woche wieder unter Beweis gestellt hat: mit Cristiano Ronaldo gewinnt natürlich einer der spektakulärsten und besten Fußballer aller Zeiten (verdientermaßen?) erneut den Ballon d’Or – Spieler wie Iniesta, Koke oder Sergio Busquets tauchen in der Liste noch nicht einmal auf.
Alle drei sind in ihrem Fach natürlich ebenfalls herausragend, sie brechen aber nicht im Monatsrhythmus einen anderen Torrekord. Gewiss, beim Fußball kommt es auf die Tore an und es ist nur allzu verständlich, dass ein Hattrick die Zuschauer mehr begeistert als ein Diagonalball über 40 Meter. Der wahre Fußballästhet behauptet dann und wann von sich, im über den Platz schwebenden Andrés Iniesta die wahre Vollendung der Fußballkunst zu erkennen. Doch manchmal ist es im Fußball auch das Archaische, das Wilde und Grobe, dem Schönheit innewohnt. Eine halsbrecherische Grätsche oder ein aufopferungsvoller Sprung in die Schussbahn, um ein sicheres Gegentor zu verhindern – geborenen Verteidigern geht bei einem solchen Anblick das Herz auf.
Mergim Mavraj als „unsung hero“
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Zwar reicht es beim effzeh-Verteidiger Mergim Mavraj wohl in diesem Leben nicht mehr zum Ballon d’Or, allerdings ist der Albaner in seiner mittlerweile dritten Saison am Geißbockheim nicht mehr aus der Mannschaft wegzudenken – und das, obwohl er bisher noch kein einziges Tor für die Geißböcke erzielen konnte. Nach seinem Wechsel aus Fürth absolvierte Mavraj in der ersten Saison nach dem Wiederaufstieg 15 Spiele für den effzeh, in der darauffolgenden Saison aufgrund einer langwierigen Knieverletzung nur zwölf. In dieser Saison fehlte der gläubige Muslim nur im Pokalspiel gegen den BFC Preußen in der Startelf, ansonsten ging er ging er jedoch in allen anderen Spielen über die volle Distanz. Es hatten nicht unbedingt viele damit gerechnet, dass Mavraj nach seinem schwierigen zweiten Halbjahr 2015 so zurückkommen würde, als ihn ein Knorpelschaden für mehr als sechs Monate aus der Bahn warf.
Doch das Jahr 2016 hätte für den albanischen Nationalspieler insgesamt kaum besser laufen können: von den insgesamt 32 effzeh-Spielen spielte Mavraj 26mal durch. Dass er dabei in der öffentlichen Wahrnehmung etwas unter dem Radar fliegt, überrascht dann schon ein wenig – schließlich holte der effzeh mit ihm in der Startelf durchschnittlich 1,6 Punkte pro Spiel. Es ist also durchaus zu hoffen, dass sich Jörg Schmadtke, Jörg Jakobs und Peter Stöger damit beschäftigen, sobald wie möglich mit Mavraj zu verlängern, da dessen Vertrag im Sommer 2017 ausläuft.
EM 2016 mit Albanien
Für den Linksfuß war das Jahr 2016 weiterhin insofern außergewöhnlich, weil er sein Heimatland Albanien das erste Mal auf großer europäischer Bühne bei der Europameisterschaft in Frankreich vertreten durfte. Nach dem knappen Ausscheiden in der Gruppenphase überwog in Albanien allerdings der Stolz auf das Erreichte, speziell der 1:0-Erfolg über Rumänien wird für die kleine Nation immer etwas Besonderes bleiben. Im Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger betonte Mavraj, dass er „gemischte Gefühle“ in Rückblick auf die EM habe.
„Auf der einen Seite haben wir die Erwartungen, die unsere Landsleute hatten, sicherlich übertroffen. Aber wir hatten in allen drei Spielen die Möglichkeit, etwas mitzunehmen, aber wir haben es nur in einem Spiel geschafft. Aus sportlicher Sicht ist man schon enttäuscht“, so der Innenverteidiger, der in allen drei Partien gute Leistungen zeigte. Für das kleine, in den letzten Jahrzehnten oftmals gespaltene Land habe die EM allerdings eine enorme Bedeutung gehabt, der 33malige Nationalspieler Mavraj spricht gar „von einer Sache für die Ewigkeit“ für seine Heimat.
“Sache für die Ewigkeit”
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Das Jahr 2016 wird in seinem Verein zwar eher weniger ewig in Erinnerung bleiben, obwohl es das erste richtige Jahr in diesem Jahrtausend war, in dem der effzeh sowohl als fußballerisch ernstzunehmender und in der Außendarstellung seriöser Verein in der Bundesliga unterwegs war. Mavraj, dessen Eltern einst aus dem Kosovo nach Deutschland kamen, hat daran immensen Anteil – in der öffentlichen Wahrnehmung gilt der geborene Hanauer allerdings eher zurückhaltend und als kein Mann der großen Töne.
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