Manchmal braucht es dringend ein Zitat einer historischen Person, die in Köln gewirkt hat, um das Schaffen eines anderen in dieser Stadt zu beurteilen. So stellte Karl Marx in seiner Schrift Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte folgendes fest: „Hegel bemerkt irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen Thatsachen und Personen sich so zu sagen zweimal ereignen. Er hat vergessen hinzuzufügen: das eine Mal als große Tragödie, das andre Mal als lumpige Farce.“
Kaum etwas Geschriebenes passt so hervorragend auf die zwei Amtszeiten Christoph Daums beim 1. FC Köln. Heute wird der Übungsleiter 60 Jahre alt.
Große Klappe, große Wirkung (1986-1990)
Ein Leisetreter war der im Erzgebirge geborene und in Duisburg aufgewachsene Daum nie. Als Amateurspieler zum FC gestoßen entwickelte sich er sich bei der Reserve bald zu einer Trainerhoffnung für den Verein. Zur Saison 85/86 beförderte der FC ihn zum Co-Trainer der Profis, zunächst unter Stürmerlegende Hannes Löhr und danach unter Georg Keßler. Als dieser im September 1986 nach einer Pleite gegen Bayer Uerdingen den Hut nehmen musste, schlug Daums große Stunde als Cheftrainer.
Zwar stand am Ende der Saison lediglich Platz zehn zu Buche, doch der ehrgeizige Jungcoach bekam weiter das Vertrauen der FC-Verantwortlichen. Und zahlte es zurück: Mit Platz drei kehrte der FC ins internationale Geschäft zurück. Im Jahr darauf reichte es sogar zur Vizemeisterschaft hinter den großen Bayern. Es sollte sich ein Duell entwickeln, das in die Bundesliga-Geschichte einging: Im Sportstudio lieferte sich Daum, der bereits zuvor gegen Bayern-Coach Heynckes gestichelt hatte, ein Wortgefecht mit Uli Hoeneß. Eine Intimfeindschaft, die später noch ihren Höhepunkt erreichte.
Auch in der Saison 89/90 reichte es unter dem großen Kölner Zampano zur Vizemeisterschaft. Der ganz große Sprung misslang den Geißböcken, die darüber hinaus noch Thomas Häßler an Juventus verkauften. Eine der letzten Amtshandlungen in der Ära Daum. Noch während der Weltmeisterschaft in Italien entließ Präsident Artzinger-Bolten den Startrainer. Die Gründe dafür sind bis heute unklar.
Wechselfehler, glühende Kohlen, Kokainskandal (1990-2006)
Mit einem Knall endete Daums erste Kölner Amtszeit. Und turbulent ging es in seiner Karriere weiter: Meisterschaft mit dem VfB Stuttgart, Wechselfehler im Europapokal, Abflug in die Türkei. Währenddessen dümpelte der FC in den neunziger Jahren im Mittelmaß der Liga herum. Der Ruf nach dem alten Lautsprecher auf der Trainerbank wurde immer lauter.
Als Daum Besiktas 1996 verlassen wollte, schien eine Rückkehr des Zampanos zum Greifen nah. Medien vermeldeten die Verpflichtung bereits als perfekt, doch Daum sagte nach mehreren Verhandlungsrunden ab – und ging ausgerechnet zum Erzrivalen aus Leverkusen. Dort formte er die Werkself zu einer absoluten Spitzenmannschaft der Bundesliga. Und der FC stieg 1998 erstmals aus der Bundesliga ab.
Danach folgten weitere daum’sche Machtkämpfe mit den Bayern, die er allesamt verlor. Spieler, die über glühende Kohlen gehen sollten. Skurrile Anzüge, skurrile Aussagen. Und 2000 der Kokainskandal, als er sich auf dem Gipfel der Karriere wähnte. Daum verlor alles: Seinen Trainerposten in Leverkusen, den anvisierte Job als Bundestrainer und zu guter Letzt seine Reputation. Nach einem Entzug in Florida folgte ein erneutes Engagement bei Besiktas, Austria Wien und Fenerbahce.
Die Rückkehr des Messias (2006-2009)
Als der FC 2006 durch den Abstieg und eine folgende sportliche Talfahrt in die größte Krise seiner bisherigen Vereinsgeschichte schlitterte, war der Ruf nach dem Erlöser Daum wieder da. Nach einer denkwürdigen Pressekonferenz aus dem Krankenhaus in Hohenlind, auf der der Star-Trainer dem FC eine Absage erteilte, sagte er zwei Wochen später doch zu. Die sportliche Misere konnte der von den Anhängern frenetisch gefeierte „Messias“ aber erst einmal nicht bremsen. Im Gegenteil: Die Wintereinkäufe, die Daums Handschrift trugen, schlugen allesamt nicht ein – der als Aufstiegsfavorit gestartete FC beendete die Saison lediglich auf Rang neun.
Erst im Jahr danach erfüllte Daum den Wunsch aller FC-Fans. Mit einer hochgerüsteten Mannschaft rumpelten sich die Geißböcke zurück in die Bundesliga. Der Verbleib des teuren Coaches stand damit aber nicht fest: Lange sah es so aus, als würde Daum nach erfüllter Mission den Posten zur Verfügung stellen. In einem abermals denkwürdig (und mitunter erneut beschämenden) Showdown blieb er dann doch am Geißbockheim. Und führte den FC als Aufsteiger zu einem souveränen Klassenerhalt.
Was danach kam, beschädigte das Ansehen des Trainers in Köln immens: Trotz Zusage, beim FC zu bleiben, machte Daum, der eine halbjährige Kündigungsklausel in seinem Vertrag stehen hatte, im Sommer 2009 die Biege. Von Herzensangelegenheit und FC-Verbundenheit war beim ehrgeizigen Trainer nicht viel zu sehen. Nicht mit Vorlauf, sondern mit einem Knall endete somit auch seine zweite Amtszeit am Geißbockheim. Einer Amtszeit, die den FC enorm viel Geld gekostet, aber sportlich nicht sonderlich weit nach vorne gebracht hat.