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“Die Chancen stehen überraschend gut”

Abstiegskampf oder Überraschungsteam? Teil 2 der Expertenmeinungen mit Marc L. Merten, Frank Lußem , Daniel Uebber, Hendrik Buchheister und Stephan Uersfeld.

© Hendrik Buchheister

© Hendrik Buchheister

Hendrik Buchheister, Sportredakteur Spiegel Online (mit Kölner Vergangenheit)

Neulich saß ich mit einem alten Freund aus Köln zusammen. Wie redeten über dies und das und natürlich auch über Fußball. Als wir die großen Komplexe besprochen hatten, also die zurückliegende WM und den Dortmund-Bayern-Konflikt, da fragte er, ob ich denn wisse, bei welchem Verein mittlerweile totale Ruhe eingekehrt sei. Es war eine rhetorische Frage, meine Antwort war nicht nötig. Wir schauten uns bloß wissend an.

So weit ist es also schon: Der 1. FC Köln gilt in stillschweigender Übereinkunft als Synonym für Harmonie und Ordnung. Der Wandel vom Chaos-Klub zurück zum seriösen Mitglied der deutschen Fußball-Familie ist in der jüngeren Vergangenheit hinreichend beschrieben worden. Kein deutsches Medium kam daran vorbei, die friedlichen Zustände in Köln zu loben und Hymnen auf Trainer Peter Stöger, Sportchef Jörg Schmadke und Präsident Werner Spinner zu singen. Die Hymnen sind berechtigt.

Und jetzt also: erste Liga. Dass der 1. FC Köln den Klassenerhalt als einziges Ziel ausgibt und sich eher mit Vereinen wie Augsburg und Mainz vergleicht als mit dem FC Bayern und Real Madrid, zeugt von einem neuen Realitätssinn. Den Klassenerhalt garantiert das noch nicht.

Trainer Stöger hat Recht, wenn er der populären These widerspricht, wonach das zweite Jahr immer das schwerste sei für einen Aufsteiger. Das erste Jahr ist das schwerste, das lässt sich am Beispiel des 1. FC Köln illustrieren: Der Kader, den Stöger zur Verfügung hat, ist ein besserer Zweitligakader. Dass er automatisch für die erste Liga taugt, wäre ein falscher Umkehrschluss. Spieler wie Timo Horn, Yannick Gerhardt und Jonas Hector haben keine Bundesliga-Erfahrung und müssen erst noch lernen, was es bedeutet, nicht mehr gegen Sandhausen und St. Pauli zu spielen, sondern gegen Werder und Wolfsburg. Von Bayern und Dortmund gar nicht zu sprechen.

Trotzdem wird die Mannschaft den Klassenerhalt schaffen, und das recht ungefährdet. Zwei, drei Spieltage vor Saisonschluss. Denn die Kölner haben eine gute Mischung aus jungen Spielern mit großer Perspektive (siehe oben), aus Spielern, die schon einige Erfahrung haben und in der zweiten Liga gereift sind wie Daniel Halfar, Dominic Maroh oder Anthony Ujah, und aus Veteranen wie Miso Brecko und Patrick Helmes. In der Mannschaft stimmt es spielerisch und atmosphärisch. Ob das auch auf die potenziellen Konkurrenten im Abstiegskampf wie den Hamburger SV, den VfB Stuttgart oder auch Mainz 05 zutrifft, muss sich erst noch zeigen.

Die Punkte für den Klassenerhalt wird der 1. FC Köln vermutlich weniger in Dortmund, München oder, es tut mir leid, Mönchengladbach holen. Sondern im eigenen Stadion und gegen die unmittelbare Konkurrenz. Durch ehrlich erkämpfte, leidenschaftlich verteidigte 1:0- oder 2:1-Siege. Die neue Saison wird aus Kölner Sicht eher eine Arbeiter- als eine Helden-Saison. Man kann auch sagen: Eine grundsolide Klassenerhalts-Saison.

Und wenn das schwere erste Jahr in der Bundesliga überstanden ist, kann Trainer Stöger daran gehen, sein Team zu entwickeln und es mithilfe des vorhandenen Potenzials zu einem stabilen Bundesligisten aufzubauen. Zu einem FC Augsburg des Westens sozusagen. Wenn man sieht, wo der 1. FC Köln vor nicht allzu langer Zeit stand, wäre das ein lohnendes Ziel.

Lest auf der nächsten Seite, in welcher Kategorie Stephan Uersfeld den effzeh in der kommenden Spielzeit erwartet.

 

 

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