© Mario Derstappen
Klaas Reese, Journalist und Blogger (Fokus Fußball und Collinas Erben)
Ich kann mich an keine Phase erinnern, in der es im Verein oder im Umfeld des 1.FC Köln so ruhig gewesen ist wie aktuell. Natürlich gibt es auch nur wenig Grund, unruhig zu sein, wenn man als Meister der 2.Liga wieder ins Oberhaus aufgestiegen ist, aber ich habe auch das Gefühl, dass den allermeisten, die es mit dem Effzeh halten, klar ist, dass man in der kommenden Saison keine Wunderdinge von der Mannschaft erwarten kann. Selbst die, die laut vom Einzug in die Champions League und der Anknüpfung an glorreiche Zeiten tönen, wissen, dass es in der Saison 2014/15 nur ein Ziel geben kann: den Klassenerhalt.
Der Realismus tut dem Verein gut, denn nur so kann Euphorie nach einer kurzen Siegesserie oder Fatalismus nach ein paar Niederlagen vermieden werden. Ob die Ruhe allerdings von Dauer ist oder nur auf den nächsten Sturm in Müngersdorf hinweist, ist die aus meiner Sicht entscheidende Frage für den 1.FC Köln.
Neben dem Platz hat sich der Verein gut aufgestellt. Allen voran Jörg Schmadtke kann den Verein auf Ruhepuls halten. Im Zusammenspiel mit Trainer Peter Stöger, Geschäftsführer Alexander Wehrte und dem Präsidium um Werner Spinner wird es wichtig sein, dass die Mannschaft in Ruhe arbeiten kann. Denn die Saison wird viele bittere Momente bereithalten, obwohl die Vorbereitung mit der früh abgeschlossenen Kaderplanung – abgesehen von den Verletzungen – fast optimal verlief.
Das große Plus des Teams ist wohl die Hintermannschaft, die letzte Saison nur zwanzig Tore zuließ und vor allem in der Innenverteidigung gut besetzt ist. Torwarttalent Timo Horn muss zwar noch seine Bundesligatauglichkeit nachweisen und wird sich wahrscheinlich auch mal einen Klops wie letzte Saison gegen Dresden leisten, ihm traue ich aber den Schritt in die Bundesliga zu – er sollte nur nicht zu lang mit seiner Vertragsverlängerung warten. Es würde sonst ein nerviges Dauerthema. Auf den Außenbahnen Brecko und der von mir sehr geschätzte Jonas Hector werden auch in der Bundesliga für die nötige defensive Stabilität sorgen.
Im Mittelfeld bin ich gespannt, wie sich Kevin Vogt und Yannick Gerhardt schlagen und ob sie Matuschyk und Lehmann aus der ersten Elf verdrängen können. Beide sind hoch veranlagte Kicker und wohl handlungsschnellere Spieler als der in Köln oft kritisierte Matthias Lehmann, dennoch könnte es Lehmann sein, dem eine Schlüsselrolle zukommt, um dem jungen Team die richtigen Impulse zu geben in engen Spielen. Ob er sie ausfüllen kann, wird wichtig für den Saisonverlauf sein.
Während die Defensive Zuversicht gibt, bleibt der Blick in die Offensivabteilung ein Rätsel. Die Ausfälle von Helmes und Nagasawa wiegen schwer. Ob Sympathieträger Ujah und Top-Transfer Zoller für die nötige Torgefahr sorgen können, bleibt abzuwarten. Auch Risse, Halfar, Dusan, Peszko oder Osako müssen erst noch zeigen, dass sie genug Torgefahr in der 1.Liga entwickeln können, denn der Blick auf die letzten Spielzeiten zeigt, dass Mannschaften mit wenigen Treffern (Braunschweig (29 Tore), Nürnberg (37), Düsseldorf (39), Fürth (26)) sich schnell in der 2.Liga wiederfinden. Der FC hat hier mit seinen 53 Toren in der letzten Zweitligasaison auch nicht immer überzeugt. Da war zum Beispiel Mitaufsteiger Paderborn mit 63 Treffern deutlich besser.
Ich bleibe deshalb skeptisch, ob die Qualität des 1.FC Köln für die 1.Liga ausreicht, lobe aber ausdrücklich den eingeschlagenen Kurs, der auf wirtschaftliche Konsolidierung setzt, Talenten eine Chance gibt und nicht auf von Dritten finanzierte Starspieler setzt. Die Chancen auf einen Verbleib in der 1.Liga und eine mittelfristige Konsolidierung mit dieser Führungsriege sind sicher so gut wie nach keinem der bisherigen Aufstiege.
Man muss in Köln nur immer das 1. Schmadtkesche Gebot wie ein Mantra aufsagen: “Ruhig. Ruhig. Ganz ruhig bleiben.”
Lest auf der nächste Seite, was Guido Ostrowski bei der Bundesliga-Rückkehr des 1. FC Köln für möglich hält.