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Dirk Adam, Eurosport-Reporter
Teamgeist und Realitätssinn
Die Euphorie nach dem Aufstieg ins Fußball-Oberhaus ist gewaltig. Viele meiner Freunde und Kollegen aus Köln schweben bereits auf Wolke sieben, nachdem ihr Team zwei Jahre in der 2. Liga spielte. Ihr heiß geliebter FC ist endlich wieder in der Bundesliga angekommen, wo die Domstädter in meinen Augen hingehören.
Obwohl die Kölner manchmal dazu neigen, sich bei Erfolgen übermäßig zu freuen und bei Rückschlägen todunglücklich zu sein, stehen die “Geißböcke” endlich wieder fest mit beiden Beinen auf dem Boden. Vor allem Sportdirektor Jörg Schmadtke, der zur Saison 2013/14 sein Amt übernahm, sorgt für die nötige Bodenhaftung.
Schmadtke ist kein Selbstdarsteller. Schmadtke ist ein echter Macher und Kenner der Szene, der die Kölner mit einer gesunden Mischung aus Realitätssinn und wirtschaftlicher Weitsicht führt. Die Gefahr, dass sich Köln zu sehr in sich selbst verliert und dabei das Gewinnen vergisst, besteht nicht. Denn Trainer Peter Stöger ist ein ähnlicher Typ.
Von großen Sprüchen hält der Österreicher nichts. Stöger ist ebenfalls Realist. Er plant in aller Ruhe die kommende Saison. Mit Neuzugängen wie Yuya Osako (1860 München), Mergim Mavraj (Greuther Fürth), Simon Zoller (1.FC Kaiserslautern), Kevin Vogt (FC Augsburg) und Dusan Svento (Red Bull Salzburg) – die für frischen Schwung sorgen sollen.
Das Ziel ist klar. Die Mission Klassenerhalt steht über allem anderen. Diesem Ziel wird alles untergeordnet. Aber Aufsteiger Köln muss in der Bundesliga schnell umdenken, sich vom Ballbesitz-Fußball verabschieden und flexibel spielen. Als Messlatte dürfen nicht Bayern oder Dortmund dienen, sondern vielmehr Mainz, Freiburg, Augsburg und Hannover.
Bei der Zusammenstellung des Kaders haben Schmadtke und Stöger neben sportlichen Aspekten vor allem auf die Charaktere ihrer Spieler geschaut, die in Krisenzeiten keine “Umfaller” oder “Stinkstiefel” sein dürfen. Zwar haben nur wenige Profis genügend Bundesliga-Erfahrung, doch mit der Euphorie im Rücken ist Köln nicht zu unterschätzen.
Dennoch wird es nicht leicht, die Klasse zu halten. Denn die Mannschaft muss in der kommenden Saison beweisen, dass sie ebenso wie ihre fantastischen Fans wirklich das Zeug für die höchste deutsche Spielklasse hat. Diesen Nachweis muss der FC in 34 Spielen erbringen und keinen ähnlichen Katastrophenstart wie in der Saison 2010/11 hinzulegen.
Damals hatte Köln nach neun Spieltagen nur einen einzigen Sieg auf seinem Konto, obwohl die Bundesliga am Ende doch noch gehalten werden konnte. Aber Köln schaut nach vorne, denn die “Geißböcke” haben einige vielversprechende Spieler in ihren Reihen. Allen voran Torwart Timo Horn, der in einem engen Spiel entscheidend sein kann.
Hinzu kommen Anthony Ujah und Patrick Helmes, der sich in der Vorbereitung verletzte. Wie lange Köln auf Stürmer Helmes (Knorpelschaden in der Hüfte) verzichten muss, ist noch unklar. Er wird dem Verein zum Saisonauftakt auf jeden Fall fehlen. Bereits im vergangenen Jahr war Helmes durch Verletzungen immer wieder zurückgeworfen worden.
Eine schwere Hypothek, mit der die ambitionierten Kölner gleich zu Beginn leben müssen. Mit einem sportlich optimierten Kader muss Trainer Stöger versuchen, die Ansprüche Schritt für Schritt nach oben zu schrauben. Wenn die FC-Spieler als Mannschaft funktionieren, kann Köln die nötigen Punkte gegen den Abstieg einfahren. Ansonsten wird’s schwer.