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Holger Schmidt, Redakteur beim Sport-Informations-Dienst
Aus nächster Nähe kenne ich den FC eigentlich nur als chaotische Diva. Seit ich im Jahr 2000 aus dem Saarland ins Rheinland zog, gab es vier Abstiege, 17 Trainer, eine Handvoll Messiase und ein ständiges Auf und Ab zwischen Champions-League-Träumen und Weltuntergangsstimmung.
Zum ersten Mal, seit ich hier lebe und arbeite, habe ich nun das Gefühl, dass bei diesem Verein wirklich etwas entsteht. Die Großmannssucht scheint gebannt, die elitäre Arroganz auch, stattdessen wird am Geißbockheim endlich mit Sinn und Sachverstand gearbeitet. Vor gar nicht langer Zeit hätte man auf die Verletzung von Patrick Helmes wohl mit der Verpflichtung von sündhaft teuren WM-Teilnehmern reagiert – natürlich welchen von 2002 – oder der Rückholaktion von Lukas Podolski. Nun musste der Verein gar nicht reagieren. Weil er Weitsicht gezeigt und vorgesorgt hatte.
Bis vor kurzem befand sich der effzeh in einem schlimmen Strudel. Falsche Leute verpflichteten andere falsche Leute, die wiederum die falschen Trainer und falschen Spieler verpflichteten. Genauso scheint sich die Spirale seit dem großen Umbruch nun in die andere Richtung zu drehen. Weniger liebenswert macht dies die Diva nicht. Man darf Chaos nicht mit Leidenschaft verwechseln.
Der aktuelle Weg des FC erinnert extrem an den von Eintracht Frankfurt vor zwei Jahren. Wie die Eintracht damals ist der FC mit einer völlig neu zusammengestellten Mannschaft und einem neuen Trainer souverän aufgestiegen, hat keinen Leistungsträger abgegeben und noch einige der stärksten Zweitliga-Spieler von anderen Vereinen verpflichtet. Frankfurt erreichte damals als Aufsteiger die Europa League.
Das wäre des Guten zunächst wohl ein bisschen zu viel. Doch auf Sicht kann und muss das auch für den FC einen Ziel sein. Was für Frankfurt, Mainz, Freiburg oder Hannover zumindest in guten Jahren möglich ist, muss auch für einen Verein wie den 1. FC Köln möglich sein. Das Fundament dafür steht. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Statt über Europa zu reden, arbeiten sie beim FC lieber still und leise daran. Endlich. Weil rund ums Geißbockheim verstanden wurde, dass sich die Dinge nicht durch Tradition von selbst lösen. Der FC wird bald wieder auf Dauer vor Augsburg, Mainz oder Freiburg stehen, auch vor Bremen, Frankfurt oder Hannover – wenn in den nächsten Jahren mindestens genauso gut gearbeitet wird wie andernorts. Im ersten Jahr kann das Ziel nur der Klassenerhalt sein, alles andere wäre nur die Sahne auf der Torte.
Der Ruhe im Umfeld traue ich erst so richtig, wenn auch die erste Krise gemeistert wurde. Doch eigentlich hat der FC nun ein stabiles Gerüst, das so schnell nicht zu erschüttern sein dürfte. Unter normalen Umständen erwarte ich eine Saison mit Höhen und Tiefen, in der sich der FC am Ende aber ohne allergrößte Abstiegssorgen retten wird. Ich erwarte einen Platz zwischen 9 und 13.
Lest auf der nächsten Seite, was Markus Klausen als Schlüssel für eine erfolgreiche Spielzeit erachtet.