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Der effzeh.com-Possbüggel: Rund um den 1. FC Köln wird es nicht langweilig

Foto: Lars Baron/Getty Images

Über allzu große Ruhe kann sich rund um den 1. FC Köln wahrlich niemand beschweren: Erst der Eklat um Fritz Esser, danach das peinliche Pokalaus in Regensburg, im Anschluss der “Spacken”-Skandal um Dominick Drexler, gefolgt vom Derbysieg bei Borussia Mönchengladbach. Kurzum: Die “Geißböcke” machten ihrem Ruf als Schlagzeilenlieferant wieder einmal alle Ehre – und das, obwohl es sportlich eigentlich in der jüngeren Vergangenheit ziemlich ordentlich aussieht.

Etwas Abstand zwischen sich und die Abstiegsplätze konnte das Gisdol-Team trotz der Unruhen auf und neben dem Feld legen, dennoch: Es ist wahrlich viel passiert in den vergangenen Wochen. Auch deshalb haben wir einmal mehr unsere Leser gefragt, zu welchen Themen sie unsere Einschätzung haben wollen. Denn auch diese Ausgabe des effzeh.com-Possbüggels dreht sich um die Dinge, die auf und neben dem Platz beim 1. FC Köln passieren!

Halt uns ens aff – die Zahl des Monats

18 Punkte hat der 1. FC Köln seit dem 9. Spieltag geholt, als die “Geißböcke” überraschend auswärts beim BVB gewannen. 18 von 21 Punkten, 86 Prozent der Gesamtausbeute. Mehr als der BVB oder beispielsweise Bayer 04 Leverkusen im selben Zeitraum. Lediglich sechs Teams holten in diesen zwölf Partien mehr Zähler. Das ist, was Markus Gisdol meint, wenn er davon spricht, dass der FC den schlechten Saisonstart noch mit sich herumschleppe. Bei aller Kritik an den fußballerischen Auftritten der Mannschaft: Sie liegt im Soll, wenn man sich die Tabelle anschaut. Und wer auf die Formtabelle blickt, wird feststellen, dass das Gisdol-Team mindestens auf Augenhöhe mit den Kontrahenten im unteren Tabellenmittelfeld ist. Allerdings ist das Polster aufgrund des miesen Einstiegs in diese Spielzeit nicht allzu komfortabel. Es wird also weiterhin ein enges Höschen im Kampf um den Klassenerhalt für die Kölner.

Ens em Vertraue – die Fragerunde

Besteht eine Chance, dass der 1. FC Köln Elvis Rexhbecaj halten kann? Wie sieht es bei den anderen Leihspielern aus? (via Instagram)

Ein Verbleib von Elvis Rexhbecaj beim 1. FC Köln wird extrem schwierig werden. Über die kolportiere Kaufoption von knapp sieben Millionen Euro brauchen wir nicht zu diskutieren, das wird sich der Verein im Sommer selbst bei einem Klassenerhalt nicht leisten können. Die „Geißböcke“ werden insgesamt deutlich kleinere Brötchen backen müssen – egal in welcher Liga sie spielen. Ob sich der VfL Wolfsburg in etwaigen Gesprächen um eine Weiterverpflichtung derart herunterhandeln lässt, dass sich der FC einen Transfer Rexhbecajs leisten kann? Das wage ich doch zu bezweifeln. Die einzige Chance: Die „Wölfe“ verleihen ihn erneut nach Köln, weil die Konkurrenz im Mittelfeld der Autostädter derart groß ist, dass ein Verbleib des Wolfsburger Eigengewächses keinen Sinn hat.

Bei Marius Wolf dürften die Karten noch schlechter sein. Die Dortmunder Leihgabe verdient beim BVB extrem gut, weshalb er nur unter großen Zugeständnissen auf Seiten der Borussia und des Spielers überhaupt nur in Köln bleiben könnte. Realistisch ist das aber in meinen Augen nicht, da dürfte es entsprechende Konkurrenten auf dem Transfermarkt geben, die ein deutlich attraktiveres Angebot schnüren können. Bei Tolu Arokodare kann ich mir nicht vorstellen, dass der FC ihn unter den verhandelten Konditionen halten möchte. Dafür war das, was der Nigerianer bei den “Geißböcken” gezeigt hat, doch nicht eindrucksvoll genug. Aber: Die Politik Horst Heldts, auch auf Leihen zu setzen, zeigt sich in gewisser Weise erfolgreich – auch wenn dann zumeist in jedem Sommer wieder der Reset-Knopf am Geißbockheim gedrückt werden muss.

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Warum spielt Marvin Obuz trotz seiner starken Leistungen in der Regionalliga noch keine Rolle bei den Profis des 1. FC Köln? Droht dem FC bei dem talentierten Außenstürmer ein zweiter Fall Wirtz? (via Mail)

Ein paar Bemerkungen vorweg: Ich mag es nicht, wenn ein junger Spieler, egal wie talentiert, schon früh zu einer Art Heilsbringer hochgehypt wird, bevor er überhaupt nur einen Einsatz für die FC-Profis gemacht hat. Nur weil es fußballerisch dort schlecht läuft, sollten wir unsere Erwartungshaltung nicht einem 18-, 19-Jährigen auf die schmalen Schultern legen. Darüber hinaus bin ich nicht beim Training anwesend, kann also kaum einschätzen, wie sich Marvin Obuz dort gegen ausgebuffte Profis schlägt und wie er sich in der Mannschaft verhält. Der Sprung zwischen Regionalliga und Bundesliga ist gewaltig, das sollte nicht unterschätzt werden. Aber genug der Vorrede: Ich gehe schwer davon aus, dass Obuz oben bereits eine Chance erhalten hätte, wenn seine Vertragssituation geklärt wäre. Noch läuft sein Vertrag beim FC im Sommer aus, noch gibt es keinen Vollzug zu vermelden.

Deshalb: Ja, eventuell droht dem 1. FC Köln dort ein zweiter Fall Wirtz. Diesmal droht sogar ein Abgang ohne Ablöse, wenngleich diese beim heutigen Leverkusener nicht allzu üppig ausfiel. Dass die Konkurrenz auf einen Juniorennationalspieler, der in jungen Jahren bereits in der Regionalliga gezeigt hat, wozu er fähig ist, nicht gesondert aufmerksam gemacht werden muss, sollte jedem klar sein. Dass der FC einige Argumente in die Waagschale werfen kann, die andere Clubs nicht bieten können, dürfte der Spielerseite auch klar sein. Die Einbindung von Nachwuchshoffnungen hat zuletzt sehr gut geklappt – deswegen gibt es gerade bei einem Offensivtalent wie Obuz kaum Gründe, warum die Profis freiwillig auf dessen Qualitäten verzichten sollten. Dennoch scheint es keine leichte Entscheidung für alle Beteiligten zu sein – ein Abgang wäre auch ein Rückschlag für die neue Aufmerksamkeit, die man am Geißbockheim der Nachwuchsabteilung zukommen lässt. Dass Obuz’ Vertragssituation allerdings so ist, wie sie ist, sind auch teilweise noch Altlasten aus der jüngeren Vergangenheit.

Ist der Werner ein Wolf im Schafspelz oder warum hat sein Handeln nach der Wahl wenig bis gar nix zu tun mit seinen Ankündigungen während der Bewerbungsphase? (via Twitter)

Die Unzufriedenheit mit dem aktuellen Vorstand, die sich auch in der Frage zeigt, ist tatsächlich riesig. Denn: Viel ist von dem Programm, das sich vorgenommen und auch seitens der damaligen Opposition erhofft wurde, wahrlich nicht übrig geblieben. Was können sich Werner Wolf & Co. nach fast anderthalb Jahren auf die Fahnen schreiben? Eine Umgestaltung der Gremien, die noch auf Jürgen Sieger zurückgeht. Die Trennung von Medienchef Tobias Kaufmann – zu spät und reichlich unprofessionell. Ansonsten fehlt es dem Vorstand in der Außenwahrnehmung deutlich an Profil, an Präsenz und an Persönlichkeit. Das ist ein wenig den Umständen geschuldet, aber das Desaster einzig und allein auf Corona und die schwierige Situation beim Start ins Amt zu schieben, ist dann doch zu billig.

Foto: imago images/Beautiful Sports

Ich glaube aber nicht, dass Werner Wolf viele Unterstützer, von denen sich viele nach den ersten 18 Monaten abgewendet haben, bewusst getäuscht hat, um ins Amt zu kommen. Ich glaube vielmehr, dass zum einen unterschätzt wurde, wie viel Reformbedarf am Geißbockheim besteht und auf welchen Widerstand das treffen wird (siehe beispielsweise die Kaufmann-Trennung). Und zum anderen überschätzt, wie handlungsbereit gerade der neue Präsident in diesen Fragen vorgehen will. Eines muss auch gesagt werden: Nach innen scheint das neue Präsidium deutlich besser zu arbeiten als von außen angenommen wird. Das ist angesichts des massiven Vertrauensverlusts bei vielen Unterstützern auch nicht schwierig, aber im Vergleich zu den Vorgängern ein enormer Fortschritt. Dennoch: Der Vorstand braucht einen Befreiungsschlag, will er bei der anstehenden Mitgliederversammlung nicht unter die Räder kommen. Und da wird schließlich ein neuer Vizepräsident gewählt.

Wat do nit sähs – unser Hot Take

Der 1. FC Köln braucht einen Plan B für ein eigenes Trainingszentrum in der Stadt oder sogar außerhalb Kölns. Und zwar schnellstmöglich. Das ist die logische Konsequenz aus dem Verhalten der städtischen Politik nach der Kommunalwahl, die eine Koalition aus Grün-Schwarz-Lila an die Macht gebracht hat. Die Absage an eine Erteilung eines Pachtvertrags war laut vernehmbar, das Projekt scheint damit zumindest für die kommenden Jahre erst einmal auf Eis gelegt. Die entscheidende Frage ist nun offensichtlich nicht mehr, ob ein Ausbau  am Geißbockheim überhaupt noch infrage kommt, sondern: Kann sich der FC eine große Lösung für alle Teams auf der grüne Wiese leisten? Und wo befindet sich ein entsprechendes Gelände? Fläche in Marsdorf ist zwar verfügbar, doch reicht das, wenn dort auch der Großmarkt hinzieht? Das sind Fragen, die der Verein schleunigst angehen und auch offen den Mitgliedern kommunizieren muss. Denn: So bitter es sein wird – ein Wegzug aus dem Grüngürtel scheint derzeit realistischer als ein Verbleib am Geißbockheim.

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Jot kamellt

„Der Club ist verrückt, aber ich liebe diesen Club auch. Ich glaube, das spürt auch jeder.“

Markus Gisdol leicht emotionalisiert nach dem Derbysieg des 1. FC Köln bei Borussia Mönchengladbach

Koot verzällt

Immer noch sicher ist, wann der 1. FC Köln in dieser Saison seine Mitgliederversammlung abhalten wird. Planungen, die auf eine Veranstaltung im März hinausliefen, hat der Verein offensichtlich nun angesichts der Entwicklungen inmitten der Coronavirus-Pandemie endgültig verworfen. “Wir hoffen weiter, dass eine hybride Versammlung im Mai oder Juni möglich sein wird”, teilte das Präsidium in seinem Newsletter an die Mitglieder mit. Die Vorbereitungen seien gut vorangekommen, aktuell sei der Club mit den letzten Daten. und Sicherheitschecks befasst. Sollte eine Veranstaltung, die sowohl vor Ort als auch digital stattfinden wird, nicht realisierbar sein, setzen die Verantwortlichen auf eine rein virtuelle Versammlung im Juni. Laut Vereinsrecht ist der FC verpflichtet, bis Ende Juni eine Mitgliederversammlung in welcher Form auch immer abzuhalten.

https://twitter.com/fckoeln/status/1359843520887091210

Der 1. FC Köln im internationalen Wettbewerb? Wovon die Profis auch dank des überflüssigen Ausscheidens im DFB-Pokal mittlerweile meilenweit entfernt sind, ist für die U19 der “Geißböcke” in dieser komplizierten Spielzeit Realität. In der UEFA Youth League erwischte die Mannschaft von Trainer Stefan Ruthenbeck, die derzeit keinem geregelten Spielbetrieb nachkommen kann, ein echtes Traumlos: Am 2. März geht es für die jungen Kölner zu den Glasgow Rangers nach Schottland. “Die Teilnahme ist etwas ganz Besonderes für uns und die Glasgow Rangers sind ein absolutes Traumlos. Wir freuen uns sehr auf das Duell mit diesem schottischen Traditionsverein”, erklärte Ruthenbeck nach der Auslosung: “Für unsere Jungs ist es ein absolutes Highlight, dass sie auswärts antreten und neue Erfahrungen sammeln dürfen. Die Rangers gehörten zu den attraktivsten, aber auch zu den schwierigsten Gegnern in unserem Lostopf.”

Foto: imago images / Eibner

Ein bekanntes Gesicht rund um den 1. FC Köln scheint bald in die Bundesliga zurück zu kehren: Tobias Kaufmann steht nach Informationen der “Stuttgarter Nachrichten” und dem “Express”, die effzeh.com bestätigen kann, vor einem Engagement beim VfB Stuttgart. Der ehemalige Mediendirektor der “Geißböcke” soll diesen Posten auch bei den Schwaben einnehmen. Der FC hatte sich im August 2020 von Kaufmann nach über sieben Jahren getrennt – dem Vernehmen nach war das Vertrauensverhältnis zwischen dem neuen Vorstand um Werner Wolf und dem einstigen Journalisten des “Kölner Stadt-Anzeigers” nachhaltig gestört. Schon zuvor war der Mediendirektor im Vereinsumfeld umstritten gewesen – gerade von der aktiven Fanszene als auch engagierten Mitgliedern hatte es massive Kritik an der FC-Kommunikation gegeben.

Social jeck

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Hinger d’r Britz

Kein Spielbetrieb im Amateurbereich, aber die Profis reisen kreuz und quer durch die Gegend, verlegen Partien, um Einreiseverboten aus dem Weg zu gehen, poltern herum, weil sie keine Sonderrechte am Flughafen genießen? Auf den DFB als Lobbyinstitution brauchen Hobbykicker bis zur Oberliga dabei vermutlich nicht zu hoffen, denn der größte Sportverband der Welt ist wieder einmal im Selbstzerfleischungsmodus angekommen. DFB-Präsident Fritz Keller gegen DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius, die Aufklärung des Skandals um das Sommermärchen, um Steuerprobleme bei Sponsorendeals, um Berater für Kommunikation und Berater für aufgemotzte Wikipedia-Artikel – die Schlammschlachten in der Frankfurter Fleck-Schneise finden einmal mehr kein Ende.

Ränkespiele, Intrigen, Seifenoper – wenn man sich vor Augen führt, welche Institution aus dem DFB in den vergangenen Jahren geworden ist, wie viel Geld für krumme Deals und komische Vorgänge ausgegeben wird, kommt man als kleiner Kreisliga-Kicker nicht mehr aus dem Kopfschütteln heraus. Unterdessen leiden an der Basis viele Vereine höchste Not – der Lockdown mit der Einstellung des Trainings- und Spielbetriebs stellt gerade kleine Clubs vor schier unlösbare Aufgaben. Statt mit der Wucht des gesamten DFB, mit dem bekanntlich großen Einfluss dieser Branche dem ganzen Amateurbereich eine Stimme zu geben, wird die Energie lieber in erneute Machtkämpfe an der Verbandsspitze gesteckt. Mehr ist eigentlich zur Verbindung zwischen oben und unten im Fußball nicht zu sagen.

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