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Spielerportraits

Marvin Schwäbe wechselt zum 1. FC Köln: Mehr als nur ein Ersatzmann?

Mit Marvin Schwäbe, der ablösefrei vom dänischen Meister Bröndby IF kommt, holt der 1. FC Köln einen neuen Herausforderer für Stammtorhüter Timo Horn. Der 26 Jahre alte Schlussmann will zeigen, dass er mehr ist als nur ein einfacher Ersatzkeeper. Unser Spielerporträt des Neuzugangs.

Marvin Schwäbe bejubelt ein Tor für Brøndby IF im Lokalderby gegen den FC Kopenhagen Foto: IMAGO/Gonzales Photo

Schließlich findet auch Schwäbes Freilaufverhalten lobende Erwähnung auf spielverlagerung.de. Es wird dort als “überaus aktiv und ambitioniert beschrieben” und dies führe zu einer schnelleren und variableren Spieleröffnung beim Zusammenspiel von Torwart und Abwehrspielern. Dabei orientiere sich Schwäbe gerne zur ballfernen Seite hin, was “eine schnelle Spielfortsetzung gewährleistet, während der Gegner durch das Passspiel in Bewegung versetzt wird und seine Orientierung verändern muss.”

Schwäbes Schwächen: Hohe Bälle, sein linker Fuß und unkonventionelle Paraden

Und doch ist Marvin Schwäbe weit davon entfernt, ein perfekter Torwart zu sein. So ist er bei all seiner guten Technik ein reiner Rechtsfuß, was ihn in der Vergangenheit des Öfteren in die Bredouille gebracht hat. So entstand auch die wohl bekannteste Szene mit dem damals noch jungen Torwart, als er in einem Junioren-Länderspiel gegen Polen den zurückgespielten Ball mit seinem linken Fuß annehmen musste und dann den anstürmenden Angreifer mit rechts tunnelte. Schwäbe sagte auf spielverlagerung.de dazu: “Ich hatte zu viele Gedanken im Kopf und konnte mich nicht entscheiden, ob ich den Ball rausschlage oder zu einem Innenverteidiger spiele. Plötzlich war der Stürmer da und ich hatte keine andere Möglichkeit mehr, als ihn durch seine geöffneten Beine zu tunneln.”

Bei der Ballsicherung offenbarte er zudem eine recht unkonventionelle Technik: “Schwäbe nimmt den Ball recht nah am Körper mit den Händen auf und kippt dann nach vorne über. Dabei rutscht schon durchaus mal etwas durch.” Auch seine Paraden seien gelegentlich nicht im Lehrbuch zu finden, so wehre er Schüsse, die etwas weiter links oder rechts neben ihn gelangen, durch ein an Volleyball erinnerndes Baggern ab oder verwende die Fäuste zum Ablenken. Zudem zeige er wiederholt Schwächen bei Flanken und hohen Hereingaben.

Und doch – die Positiva scheinen unter dem Strich  zu überwiegen. Marvin Schwäbe, ein beweglicher, mitspielender Torwart mit schnellen Reaktionen gepaart mit einem guten Stellungsspiel. Nach einer Begegnung im DFB-Pokal von Dynamo Dresden im Breisgau im Oktober 2017 sagte Freiburgs Trainer Christian Streich dies über den jungen Keeper: “Die Dresdener haben einen spielstarken Torhüter, gestalten viele Spielaufbauvarianten, machen das Feld groß, rochieren ganz viel, versuchen viel spielerisch zu lösen. Der Torwart spielt einen wesentlichen Faktor bei ihnen im Spielaufbau. Noch viel mehr als Manuel Neuer unter Pep Guardiola. Sieht man so extrem ganz selten.”

Seine Rolle beim 1. FC Köln – einige Fragezeichen scheinen angebracht

Es ist davon auszugehen, dass sich die Verantwortlichen des 1. FC Köln beim Transfer von Marvin Schwäbe etwas gedacht haben. Was genau, wissen wir nicht. Sollten sie die Absicht verfolgt haben, einen möglichst weitgehenden Gegenentwurf zu Timo Horn zu verpflichten, so scheint ihnen dies tatsächlich gelungen zu sein. Ein Torwart, der über eine gute Technik verfügt, offensiv ausgerichtet ist und – laut spielverlagerung.de – “fast wie ein Spielmacher” agiert, hat herzlich wenig mit dem Torwartspiel des Kölner Stammkeepers gemein.

Sollten sie die Absicht verfolgt haben, einen möglichst weitgehenden Gegenentwurf zu Timo Horn zu verpflichten, so scheint ihnen dies tatsächlich gelungen zu sein.

Umso interessanter wird die Antwort auf die Frage sein, welche Rolle Marvin Schwäbe bei den Kölnern ausfüllen soll. Ist er verpflichtet worden, um als starker Sparringspartner den Ur-Kölner Horn zu besseren Leistungen anzuspornen? Erinnert dies nicht an die abgelaufene Saison? Nicht wenige Beobachter behaupten nämlich, dass der leichte Formanstieg des Kölner Zerberus eher auf das Wetteifern mit Ron-Robert Zieler als auf den Einfluss von Torwarttrainer Andreas Menger zurückzuführen war.

Marvin Schwäbe im Einsatz für Dynamo Dresden (IMAGO/Robert Michael)

Oder sieht man in ihm lediglich den Ersatzmann, der sich ohne zu klagen auf die Ersatzbank setzt und den man bedenkenlos einsetzen kann, sollte Horn einmal ausfallen? Kaum vorstellbar, wenn man die Vita dieses ehrgeizigen Keepers berücksichtigt, der die Aussicht auf mögliche Spiele mit Brøndby in der Champions League gegen den Vertrag beim Geißbockclub eingetauscht hat.

Oder verspricht man sich von seiner Verpflichtung, einen Herausforderer für den nicht immer unumstrittenen Stammkeeper Horn gefunden zu haben? Interessant in diesem Zusammenhang erscheint, dass der neue Trainer, Steffen Baumgart, in Paderborn mit Leopold Zingerle einem Keeper das Vertrauen schenkte, dessen aktives Torwartspiel perfekt zur offensiven Ausrichtung der Ostwestfalen passte. Marvin Schwäbe ist ein ganz ähnlicher Torwarttyp. Ein offener Wettbewerb um die Nummer eins im Kölner Tor, in dem sich dann herausschält, wer der Bessere ist und folglich auch zum Einsatz kommt, würde den Transfer als wirklich sinnhaft erscheinen lassen. Sollte dies so sein, könnte man den Verantwortlichen des 1. FC Köln attestieren, dass sie wahrlich schon deutlich schlechtere Ideen gehabt haben.

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