https://effzeh.com

Mitgliederratsvorsitzender Wettich im Interview: “Die beste Entscheidung für unseren Verein”

Armin Veh, Carsten Wettich und Lionel Souque im Gespräch | Foto: effzeh.com

Der Sonntag wird definitiv in die Geschichtsbücher des 1. FC Köln eingehen: Läuft auf der Mitgliederversammlung alles nach Plan, dann haben die „Geißböcke“ ein neues Präsidium um den ehemaligen Bitburger-Manager Werner Wolf. Nach ziemlich turbulenten Jahren würde dies einen personellen Neustart beim Bundesliga-Aufsteiger bedeuten, der die Zukunft des Vereins prägen kann. Beendet wäre dann auf jeden Fall die Amtszeit von Toni Schumacher und Markus Ritterbach, die seit 2012 den Club als Vizepräsidenten führten. Der einstige Kopf des effzeh-„Dreigestirns“, Werner Spinner, war bereits im März nach in- wie externen Querelen von Bord gegangen.

Vor allem deshalb liegen bewegte Monate hinter dem 1. FC Köln – unter anderem mussten Kandidaten für den neuen Vorstand gefunden und vorgestellt werden. Über die Suche nach neuen Gesichtern für den Club, das Aus für Schumacher und Ritterbach, über die Reaktionen der FC-Mitglieder und über die Situation vor der Mitgliederversammlung sprechen wir mit Carsten Wettich, der als Mitgliederratsvorsitzender das Gremium anführt, das den noch zu wählenden Vorstand vorgeschlagen hat.

Herr Wettich, die Mitgliederversammlung des 1. FC Köln steht vor der Tür, am Sonntag soll ein neuer Vorstand gewählt werden. Überwiegt bei Ihnen die Anspannung ob der Wichtigkeit der Veranstaltung oder doch die Vorfreude?

Die Vorfreude überwiegt. Die Mitgliederversammlung ist die wichtigste Vereinsveranstaltung im Kalender. Der Mitgliederrat hat lange auf diesen Tag hingearbeitet, in einem ausführlichen Findungs- und Entscheidungsprozess ein Vorstandsteam gesucht und letztlich auch gefunden. Jetzt freuen wir uns darauf, das Trio den Mitgliedern zu präsentieren und sie darüber entscheiden zu lassen.

Was steht für den Mitgliederrat bis zur Mitgliederversammlung am Sonntag in der Kölnarena denn noch an?

Nicht mehr viel. Persönlich muss ich noch meine Reden zum Jahresbericht des Mitgliederrats und zum Wahlvorschlag fertigstellen. Ansonsten sind wir in meinen Augen gut aufgestellt. Am vergangenen Freitag gab es am Geißbockheim das abschließende Treffen zur Vorbereitung der Mitgliederversammlung, an dem ich für den Mitgliederrat teilgenommen habe. Das ist von den zuständigen Mitarbeitern alles professionell organisiert.

Wie bereits erwähnt, soll die Mitgliederversammlung ein neues Vorstandsteam, das der Mitgliederrat vorgeschlagen hat, ins Amt wählen. Ist das für das Gremium im Allgemeinen und Sie als Vorsitzenden im Speziellen eine besondere Situation?

Für uns als Gremium ist es sicherlich etwas Besonderes, da sich zum ersten Mal ein neues, vom Mitgliederrat ausgewähltes Vorstandsteam zur Wahl stellt. Für mich hat sich die Situation insoweit verändert, dass ich infolge der Entsendung von Stefan Müller-Römer in den Vorstand erstmals als Mitgliederratsvorsitzender auf der Bühne sitzen und neben dem Jahresbericht des Gremiums den Wahlvorschlag begründen werde.

“Sie haben sich in unseren Augen gut geschlagen.”

Das Trio um Werner Wolf ist seit der Nominierung im Mai auf Bewerbungstour gegangen, um sich den Mitgliedern und Fans des 1. FC Köln vorzustellen. Hat sich dabei der Eindruck des Mitgliederrats bestätigt?

Auf jeden Fall. Die Drei haben sich in den letzten Wochen breit vorgestellt. Vom Mitgliederstammtisch im Karnevalsmuseum über diverse Fanclub-Veranstaltungen und Stammtische bis hin zur AG Fankultur: Ihnen und uns war wichtig, den Fans und Mitgliedern schon weit vor der Mitgliederversammlung die Chance zu geben, das Trio und ihr Programm kennenzulernen. Sie haben sich in unseren Augen gut geschlagen, auch wenn das für die drei eine neue Situation war. Ich bin nach wie vor absolut überzeugt davon, dass die Nominierung von Wolf, Sauren und Sieger die beste Entscheidung für unseren Verein ist.

Vorsitzender des Mitgliederrats: Carsten Wettich | Foto: Privat

Wie fällt die Resonanz aus, die der Mitgliederrat von den FC-Mitgliedern und FC-Fans erhält?

Wir bekommen ganz überwiegend sehr positives Feedback. Vieles davon bestätigt das, was wir als Mitgliederrat uns zuvor gedacht, aber auch erhofft haben: Die inhaltlichen Qualitäten werden gelobt, die Sachlichkeit und klaren Meinungen zu Themen, der wirtschaftliche Sachverstand und die Expertise zu den anstehenden Großprojekten. Wir merken außerdem, dass der Wunsch nach Einigkeit im Verein groß ist – und da wird der Schritt zu einem neuen Vorstand um Werner Wolf als vermittelnder Person als wichtig und richtig angesehen.

Wie lief die Suche nach den Kandidaten überhaupt ab? Kam das Trio auf Sie zu und sagte „Wir wollen der neue Vorstand des 1. FC Köln sein“?

Nein, so lief es natürlich nicht. (lacht) Es war ein strukturierter Findungs- und Entscheidungsprozess, der sich über mehrere Monate erstreckt hat. Wir haben uns um den Jahreswechsel herum intensiv mit einem Anforderungsprofil für den Vorstand beschäftigt. Was brauchen wir für ein Vorstandsteam? Was sollten die Kandidaten für fachliche Qualitäten haben, welche Persönlichkeiten wollen wir an der Spitze des Vereins? Davon ausgehend haben wir uns auf die Suche nach den drei Personen gemacht, die dieses Profil erfüllen und zusammen ein gutes Team ergeben.

Haben Sie auch mit dem alten Vorstand gesprochen?

Wir haben bereits frühzeitig mit Werner Spinner gesprochen, auch mit Markus Ritterbach gab es ein Gespräch. Weitere Gesprächsangebote von uns gab es ebenfalls. Der alte Vorstand wollte allerdings den Aufstieg abwarten und bis dahin nicht mit uns sprechen. Wir haben das akzeptiert, den Dreier aber auch erklärt, dass wir diesen Zeitpunkt für zu spät halten und auch mit anderen Kandidaten sprechen werden. Unabhängig davon gab es trotzdem Gespräche von Mitgliedern der Findungskommission mit Mitgliedern des Vorstands. Der Rücktritt von Werner Spinner hat die Situation dann noch einmal verändert und uns darin bestätigt, den Findunsprozess früh angegangen zu sein. Damit gab es ja kein Vorstandsteam mehr, das als solches noch einmal hätte antreten können. Am Ende gab es auch noch jeweils ein Treffen der Findungskommission mit Toni Schumacher und Markus Ritterbach.

“Wichtig war uns definitiv der Teamgedanke.”

Aufgrund der Gesprächsabsage des amtierenden Vorstands kamen andere Kandidaten ins Spiel?

Nein. Die Findungskommission, also Engelbert Faßbender, Walther Boecker und ich sowie Stefan Müller-Römer bis zu seiner Entsendung in den Vorstand, hat nicht nur deshalb mit weiteren Kandidaten gesprochen. Wir als Mitgliederrat haben uns bewusst breit aufgestellt, um möglichst das beste Team für unseren Verein zu finden. Auf diesem Weg wollten wir Viele mitnehmen. Deshalb war die Findungskommission im regelmäßigen Austausch mit den Vorsitzenden des Beirats und des Aufsichtsrats. Wir wollten bei der Suche nicht im eigenen Saft schmoren, sondern einen möglichst breit getragenen Vorschlag erarbeiten. Das ist uns dann auch gelungen. Nachdem ich den Vorschlag dem Beirat und dem Aufsichtsrat der KGaA in einer gemeinsamen Sitzung vorgestellt hatte, haben sich die beiden Gremien auch öffentlich hinter unseren Vorschlag gestellt.

Worauf hat die Findungskommission des Mitgliederrats bei ihrer Suche besonders Wert gelegt?

Wichtig war uns definitiv der Teamgedanke. Vor sieben Jahren sind drei Personen isoliert nach einem Anforderungsprofil je Position ausgewählt worden. Das hat man meines Erachtens über die Jahre hinweg, aber vor allem im abgelaufenen Geschäftsjahr deutlich gemerkt. Wir wollten daher ein Team finden, das die benötigten fachlichen Qualitäten hat, aber auch menschlich gut zusammenpasst. Die Zeit um den Rücktritt von Werner Spinner hat uns noch einmal vor Augen geführt, wie wichtig der Teamgedanke ist. Fachlich war uns vor allem die wirtschaftliche Erfahrung wichtig. Mit dem Ausbau des Geißbockheims und der Prüfung einer möglichen Erweiterung des Stadions stehen für den FC große Projekte an. Dabei soll der neue Vorstand seine Expertise einbringen, um die Pläne bewerten und vorantreiben zu können. Darüber hinaus sollte eine hohe Verbundenheit mit dem FC vorhanden sein. Und die Persönlichkeitsprofile müssen stimmen. Das sind hohe Anforderungen, gerade deshalb sind wir froh, ein Team gefunden zu haben, das dieses Profil erfüllt. Das Team ergänzt sich fachlich und menschlich sehr gut.

Nächste Seite: Warum der Mitgliederrat nur ein Vorstandsteam nominiert hat

Sportliche Kompetenz scheint dabei im Anforderungsprofil keine allzu hohe Gewichtung gehabt zu haben. Um dieses Thema wird bei der Diskussion unter FC-Fans um die Entscheidung des Mitgliederrats heftig gestritten.

Natürlich wurde diese Frage im Mitgliederrat intensiv diskutiert. Wir haben uns auch angeschaut, wie es andere Vereine machen. Die halten es in dieser Frage übrigens sehr unterschiedlich. Im Endergebnis haben wir gesagt, dass es nicht zwingend notwendig ist, jemanden aus der Fußballbranche im Vorstand zu haben. Die sportlichen Entscheidungen werden sowieso im Grundsatz von der Geschäftsführung getroffen. Im Vorstand geht es also auch im Sport mehr um die Personalauswahl, um Strukturen, Beratung und um Kontrolle der Entscheidungen. Dafür muss jemand in der Lage sein, die richtigen Fragen zu stellen und die Themen zu analysieren. Für sinnvoll halten wir allerdings die Idee des designierten Vorstandsteams, sich durch das „Kompetenzteam Sport“ zusätzliche Beratung durch Fachleute mit Verbundenheit zum FC hereinzuholen, um mit der Geschäftsführung auf Augenhöhe diskutieren zu können.

Wie bewerten Sie die Arbeit des bisherigen Vorstands in den letzten sieben Jahren?

Die Entscheidung, ein neues Vorstandsteam vorzuschlagen bedeutet nicht, dass der Mitgliederrat alles schlecht sieht, was der alte Vorstand in den letzten sieben Jahren gemacht hat. Im Gegenteil: Werner Spinner hat den Verein zusammen mit Toni Schumacher und Markus Ritterbach im Jahr 2012 in einer schwierigen Situation übernommen und maßgeblichen Anteil an der wirtschaftlichen Konsolidierung gehabt. Es wurden gute Personalentscheidungen getroffen. Dafür gebührt den Dreien unser Dank.

Toni Schumacher bemängelte zuletzt in einem Interview, ihm seien seitens des Mitgliederrats keine Gründe für die Nichtnominierung genannt worden. Stimmt das?

Wir haben die drei Vorstände zu Beginn des Prozesses eingeladen, mit uns zu sprechen. Das wollten sie, wie vorhin gesagt, nicht. Auch weitere Gesprächsangebote des Mitgliederrates hat Toni Schumacher leider nicht angenommen. Am Ende gab es dann doch ein Gespräch der Findungskommission mit ihm. In dem Gespräch haben wir mit ihm offen über den Stand unseres Entscheidungsprozesses und die Gründe gesprochen. Da waren wir transparent. Ich möchte die Einzelheiten des Gesprächs aber intern belassen. Das gehört sich so.

“Selbst wenn wir gewollt hätten, hätten wir kein zweites Team vorschlagen dürfen.”

So mancher FC-Fan fragt sich nach der Entscheidung: Warum hat der Mitgliederrat nicht einfach zwei Teams nominiert?

Das ist einfach: Die Satzung des 1. FC Köln berechtigt und verpflichtet uns als Mitgliederrat, genau ein Vorstandsteam vorzuschlagen. Das heißt: Selbst wenn wir gewollt hätten, hätten wir kein zweites Team vorschlagen dürfen. Diese Einschränkung ist übrigens erst 2014 auf Wunsch des damaligen Vorstands und der Geschäftsführung in die Satzung aufgenommen worden. Man wollte ausschließen, dass es vor der Mitgliederversammlung über den Sommer hinweg Unruhe durch einen möglichen Wahlkampf gibt. Deshalb wurde diese Einschränkung eingeführt – und die Hürden für einen Alternativvorschlag der Mitglieder wurden ebenfalls auf Wunsch des alten Vorstandes hin deutlich erhöht.

Toni Schumacher steht nicht zur Wahl | Foto: Lukas Schulze/Bongarts/Getty Images

Aber ist das denn überhaupt demokratisch, wenn nur ein Team zur Wahl steht? Warum sollten die Mitglieder nicht die Auswahl haben, ob sie lieber mit Werner Wolf einen Neustart wagen oder doch mit Toni Schumacher und Markus Ritterbach weitermachen wollen?

Dieser Einwand kommt immer dann, wenn jemand mit dem Ergebnis nicht zufrieden ist – dann wird hinterfragt, ob das überhaupt demokratisch sei. Vor drei Jahren hat es niemanden interessiert, ob es demokratisch sei, wenn nur der seinerzeit bereits amtierende Vorstand um Werner Spinner zur Wahl steht. In der Sache ist der Prozess demokratisch. Wer sich das deutsche Politiksystem anschaut, wird feststellen, dass wir in einer repräsentativen Demokratie leben. Die Bundeskanzlerin wähle ich auch nicht direkt. Ich wähle den Bundestag, der dann entscheidet. Ähnlich verhält es sich beim FC: Der Mitgliederrat ist erst im vergangenen Jahr aus einer großen Auswahl von Bewerbern von der Mitgliederversammlung unmittelbar gewählt worden. Dieser unterbreitet am Sonntag den FC-Mitgliedern einen Wahlvorschlag für ein Vorstandsteam. Die Entscheidung treffen dann wiederum die Mitglieder. Das ist sogar noch mehr als beispielsweise bei der Wahl der Bundeskanzlerin.

Bei manchen Kritikern klingt durch, dass sie sich vom Mitgliederrat nicht (mehr) repräsentiert fühlen. Einige fühlen sich auf dem Weg zu dieser Entscheidung nicht richtig mitgenommen. Wie stehen Sie zu diesen Einwänden?

Ich bedaure das. Wir versuchen als Mitgliederrat natürlich, die Interessen aller Mitglieder zu repräsentieren. Wenn man sich den Mitgliederrat anschaut, sind wir heterogen zusammengesetzt, sowohl was Alter, Beruf, aber auch Fan-Dasein oder inhaltliche Schwerpunkte angeht. Damit bilden wir einen großen Teil der Mitgliedschaft ab. Wenn das einzelne anders sehen, ist das schade. Aber einzelne Meinungen bilden nicht die Mehrheit ab. Von Seiten des Mitgliederrates werden wir weiterhin versuchen, auf diese Kritiker zuzugehen. Wir haben daher nach der Wahl im letzten Jahr auch unsere Kommunikation umgestellt und sind präsenter, beispielsweise durch unsere Artikel auf den FC-Kanälen und unsere regelmäßigen und von den Mitgliedern gut angenommenen Mitgliederratsstammtische. Bei diesen Anlässen waren wir auch transparent hinsichtlich des Entscheidungsprozesses für das neue Vorstandsteam.

“Ein personeller Neustart, der sich auch in der Qualität der Zusammenarbeit niederschlagen wird.”

Auch wenn sie ihren Verzicht auf eine Kampfkandidatur bereits längst erklärt haben: Die Unterstützung für Toni Schumacher und Markus Ritterbach ist vonseiten einiger Fans weiterhin da. Ist das ein Problem für den Mitgliederrat?

Nein. Wir akzeptieren, dass es auch Mitglieder gibt, die den beiden Vizepräsidenten hinterhertrauern. Wichtig finde ich nur, dass jedes Mitglied Sonntag dem zur Wahl stehenden Vorstandsteam zuhört und eine Chance gibt. Wir sind überzeugt von unserem Team und sehr zuversichtlich, dass die drei um Werner Wolf die erforderliche Mehrheit erhalten werden. Es wäre natürlich schön, wenn es eine überzeugende Mehrheit wird.

Sie haben die Uneinigkeit rund um den FC bereits angesprochen. Auch im Verein war zuletzt wenig Harmonie vorhanden, in der Zusammenarbeit zwischen Mitgliederrat und Vorstand knirschte es immer wieder gewaltig. Ist durch das Team um Werner Wolf ein Neustart in diesem Thema zu erwarten?

Ja. Wenn das Team von der Mitgliederversammlung gewählt wird, ist es ein personeller Neustart, der sich auch in der Qualität der Zusammenarbeit niederschlagen wird. So teilt das zur Wahl stehende Vorstandsteam unsere Position, dass der Mitgliederrat den Vorstand ganzheitlich berät und überwacht, also auch in seiner Funktion als Gesellschafter der KGaA. Für mich als Rechtsanwalt im Gesellschaftsrecht ist das eine Selbstverständlichkeit, über die der Mitgliederrat jedoch mit dem alten Vorstand jahrelang gestritten hat. Auch darüber hinaus bin ich zuversichtlich, dass künftig die Fähigkeiten und Erfahrungen, die im Mitgliederrat, aber auch in den anderen Gremien vorhanden sind, zum Wohle des Vereins genutzt werden. Das wünsche ich mir auch persönlich, weil es zermürbend ist, wenn man ehrenamtlich viel Freizeit für den FC opfert und sich dann über solche Dinge streitet.

Nächste Seite: Wettich über die Arbeit mit Müller-Römer im Vorstand und den Transfersommer

Was sind denn die Ziele, die der Mitgliederrat in Zusammenarbeit mit dem neuen Vorstand angehen möchte?

Ziele sollte zuvorderst der neue Vorstand haben. Die hat er bereits präsentiert und wird dies auf der Mitgliederversammlung nochmals tun. Wir wünschen uns eine starke Rolle für den Mitgliederrat bei den wichtigen Fragen wie beispielsweise dem Geißbockheim-Ausbau oder dem Stadion. Das andere Thema wird sein, den Verein und die Fans wieder zusammenzuführen. Da hat das designierte Vorstandsteam bereits erklärt, eng mit uns zusammenarbeiten zu wollen, da wir im Dialog mit vielen Mitgliedern, Fans, Fanclubs und auch der aktiven Fanszene einschließlich der Ultras stehen. Gemeinsam muss geschaut werden, diesen Dialog zu verstärken und Einigkeit im Verein zu erzielen. Das wird kein einfacher Prozess, der aber angegangen werden muss.

Spinner-Rücktritt, Trainer-Entlassung, das Ringen um die Vorstandskandidatur: Der 1. FC Köln hat ein turbulentes Halbjahr hinter sich. Wie sehr hat das auch den Mitgliederrat beschäftigt?

Zuallererst ist mit den Vorgängen um den Rücktritt von Werner Spinner eine Situation entstanden, die so nicht vorkommen sollte. Trotz mancher Meinungsverschiedenheit hätten wir ihm einen schöneren Abschied am Ende seiner Amtszeit gewünscht. Insgesamt wünschen wir uns ein konstruktives Miteinander. Das heißt für uns, dass man intern offen miteinander spricht und dass sachliche Kritik nicht mit persönlichem Angriff verwechselt wird. Es geht darum, unterschiedliche Meinungen zusammenzubringen und das bestmögliche Ergebnis für den Verein zu erzielen. Diese Entscheidungen müssen dann nach außen von allen gemeinsam getragen werden. Das war im letzten Jahr leider nicht immer der Fall. Vielmehr wurden interne Konflikte wie beispielsweise die Vorgänge rund um den Rücktritt von Werner Spinner öffentlich ausgetragen. So etwas geht auch nicht spurlos am Mitgliederrat vorbei – nicht nur, weil danach der bisherige Mitgliederratsvorsitzende Stefan Müller-Römer von uns in den Vorstand entsandt wurde. Wir waren insgesamt sicherlich stärker gefordert, als uns lieb war.

“Miteinander und nicht gegeneinander arbeiten.”

Eine Situation, die der Mitgliederrat sich nicht gewünscht hat. Hatte das auch Auswirkungen auf die Arbeit nach der Bundesliga-Rückkehr? Was müsste sich ändern?

Wenn ich mir für die Zukunft etwas wünschen dürfte: wenn alle – sowohl im Verein als auch unter den Fans und Mitgliedern – miteinander und nicht gegeneinander arbeiten. Im Hinblick auf die laufende Saison, die schwer genug wird, müssen Mannschaft, Trainer und Geschäftsführung die volle Unterstützung der Gremien erhalten. Festhalten möchte ich aber auch: Bei aller Uneinigkeit, die auch nach außen gedrungen ist, wurde beim 1. FC Köln in den letzten Monaten professionell gearbeitet. Der Verein war handlungsfähig.

Bei der letzten Mitgliederversammlung noch im Amt: Werner Spinner | Foto: Sebastian Bahr

Nach dem Rücktritt von Werner Spinner hat der Mitgliederrat seinen bisherigen Vorsitzenden Stefan Müller-Römer in den Vorstand entsandt. Hat sich durch diese Entscheidung das Verhältnis zum Präsidium verbessert? Hat es sonst die Arbeit des Mitgliederrates verändert?

Direkten Einblick hatten wir dadurch nicht, weil sowohl Stefan Müller-Römer als auch wir darauf geachtet haben, die Rollen klar zu trennen. Es hilft aber trotzdem, einen direkten Ansprechpartner im Vorstand zu haben, mit dem wir bereits zuvor jahrelang vertrauensvoll zusammengearbeitet haben. Andererseits war die Zusammenarbeit der drei Vorstandsmitglieder untereinander nicht gut. In Folge dessen wurde die Rolle des Gemeinsamen Ausschusses wichtiger und aktiver gelebt, als es vorher der Fall war. So kam Walther Boecker als meinem Stellvertreter und mir dort eine stärkere Funktion zu – vor allem in der Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung. Sowohl mit Armin Veh als auch mit Alex Wehrle habe ich in den letzten Wochen und Monaten viele Gespräche und Telefonate geführt. Das war für beide Seiten hilfreich, weil wir uns dadurch besser kennengelernt haben. Insgesamt waren die letzten Monate zeitlich herausfordernd für mich. Aber ich denke, das war es wert.

Sollte die Mitgliederversammlung den Vorstandsvorschlag des Mitgliederrats gutheißen, dann wird Stefan Müller-Römer wieder in das Gremium zurückkehren. Ist schon geklärt, ob er dann wieder zum Vorsitzenden wird?

Erst einmal freue ich mich, dass wir dann Stefan in unserem Kreis wieder begrüßen dürfen. Und ja, die Rollenverteilung wird wieder so sein wie vor seiner Entsendung in den Vorstand. Wobei wir im Mitgliederrat sowieso flache Hierarchien haben und beispielsweise für jedes Aufgabengebiet ein Mitglied des Mitgliederrates primär zuständig ist.

Sie müssen am Sonntag den Jahresbericht des Mitgliederrats vortragen. Wie fällt aus Sicht des Gremiums denn die Bilanz des zurückliegenden Jahres aus?

Der 1. FC Köln ist in erster Linie ein Fußballclub. Das Ziel Wiederaufstieg wurde erreicht, auch wenn der Weg dorthin holprig war. Aber letztlich zählt nur das Ergebnis. Und das stimmt mit der Rückkehr in die Bundesliga. Dieses Jahr kann das Ziel nur Klassenerhalt lauten. Ich habe im ersten Trainingslager miterleben dürfen, dass nicht nur professionell gearbeitet wird, sondern der Spaß in die Mannschaft und das Umfeld zurückgekehrt ist. Das halte ich für wichtig, denn der Klassenerhalt wird schwierig genug. Mit dem neuen Trainer, seinem Team und den Neuzugängen bin ich aber zuversichtlich, dass wir das erreichen werden. Wirtschaftlich war das letzte Jahr bitter, weil zu sehen ist, dass den Verein ein Abstieg um Jahre zurückwirft. Das ist auch durch die Rückkehr in die Bundesliga nicht wettgemacht. Immerhin ist erfreulich, dass wir trotz 2. Bundesliga ein finanziell gutes Ergebnis präsentieren können. Das zeigt, dass beim FC wirtschaftlich seriös gearbeitet wird. Da leistet gerade Alexander Wehrle mit seinem Team gute Arbeit.

Wie sieht das in diesem Sommer aus? Der FC hat sein Budget für Neuzugänge ja gewaltig strapaziert, wenn nicht sogar deutlich überzeugen.

Das wird dieses Jahr leider tatsächlich deutlich anders aussehen. Das schmerzt. Ich hatte eigentlich gehofft, dass wir diese Zeiten hinter uns gelassen haben. Wichtig ist andererseits, dass es sich um ein Übergangsjahr handelt. Daher und aufgrund der mittlerweile guten Eigenkapitalquote haben wir die Entscheidung im Gemeinsamen Ausschuss mitgetragen, das Transferbudget nochmals zu erhöhen, um gute und entwicklungsfähige Spieler in den Verein zu holen, mit denen der Klassenerhalt hoffentlich geschafft wird. Und es wird auch in der Zukunft die Situation geben, dass wir Spieler, die sich bei uns gut entwickeln, für hoffentlich viel Geld verkaufen werden.

“Am Ende sind wir alle Mitglieder und Fans des gleichen Vereins.”

Wie sehen überhaupt die Schwerpunkte aus, die der Mitgliederrat nach der Mitgliederversammlung angehen möchte?

Ein Schwerpunkt, den wir mit dem designierten Vorstandsteam bereits besprochen haben, ist das Fanthema. Dort möchten wir eine aktive Rolle spielen. Zudem haben wir uns vorgenommen, die Satzung einer grundlegenden Überprüfung zu unterziehen. In diesem Prozess möchten wir die Mitglieder mitnehmen. Beim Ausbau des Geißbockheims haben insbesondere Walther Boecker und Ho-Yeon Kim bereits wertvolle Dienste für den Verein geleistet. Das möchten wir fortsetzen. Bei den Überlegungen zum Stadionausbau möchten wir die Sichtweise der Mitglieder und Fans einbringen. Das sind die prominenten Themen – neben dem bunten Strauß an Themen, mit denen wir uns sowieso beschäftigen wie zum Beispiel dem Ticketing, der Verbandsarbeit oder den Breitensportabteilungen im Verein. Das machen wir auch in der Zukunft gerne weiter!

Am Sonntagabend ist die Mitgliederversammlung Geschichte. Was erhoffen Sie sich letztlich als Fazit der Veranstaltung?

Wie auf dem Platz zählt auch hier in erster Linie das Ergebnis. Dass das von uns vorgeschlagene Vorstandsteam gewählt worden ist – möglichst von einer breiten Mehrheit. Dass es eine gerne lebhafte, aber halbwegs sachliche Mitgliederversammlung war. Dass danach der Blick nach vorne geht und die Vergangenheit ein Stück weit hinter sich gelassen wird. Denn am Ende sind wir alle Mitglieder und Fans des gleichen Vereins.

ZurückSeite 1 von 3