Der zweite Bildband über die Europa-League-Abenteuer des 1. FC Köln ist erschienen: Lukas Mengeler präsentiert “Eines Tages” und damit seine Impressionen, die er im Umgang mit der Mannschaft machen konnte. Wir haben den Fotografen zum Interview gebeten.
Man mag es kaum glauben, doch der 1. FC Köln war in dieser Saison tatsächlich europäisch unterwegs. Während sich Sebastian Bahrs Bildband eher mit den Erfahrungen der Fans auseinandersetzt und diese in beeindruckenden Aufnahmen festhält, durfte Lukas Mengeler ganz eng an den Profis sein und den Auslöser drücken – dabei sind ebenfalls ganz viele tolle Fotos entstanden, die der Fotograf auf 352 beeindruckenden Seiten gebannt hat. Wir haben mit Lukas Mengeler über sein Projekt, die Reisen durch Europa und den Kontakt zur Mannschaft gesprochen.
effzeh.com: Einen Bildband zur Europapokal-Saison des 1. FC Köln zu machen – wann kam diese Idee bei Ihnen auf?
Lukas Mengeler: Als es im Mai doch recht gut aussah, dass es klappen könnte mit der Europapokal-Qualifikation, war bei mir die Idee sofort präsent, mit dem Motto „Eines Tages“, das auch der FC auf den Shirts dann aufgegriffen hat, etwas zu machen. Der Fangesang geistert ja schon seit Jahren durch das Müngersdorfer Stadion. Ich wollte das Ganze fotografisch etwas anders angehen – ich wollte nah an den Spielern sein, intime Einblicke der Mannschaft aus Bus, Kabine, Hotel und vielem mehr präsentieren.
>>> effzeh.com-Rezension zu “Eines Tages”: Mittendrin statt nur dabei!
Und wie kam dann der Kontakt zum FC zustande? Schließlich ist das, was Sie dort vorhatten, kein einfaches Unterfangen.
Mengeler: Das ist eine längere Geschichte (lacht). Ich habe beim FC ein Praktikum im Athletik-Bereich absolviert, da ich zu dieser Zeit Sportwissenschaften studierte. Dort merkte ich, dass das nichts für mich ist – und habe mich danach auf die Fotografie, die ich bis dahin nur als Hobby betrieben hatte, konzentriert. Als ich dann meine Idee ausformuliert hatte, habe ich bei Nils Schmadtke (FC-Chefscout, Anm.d.Red) angefragt. Mit ihm hatte ich mich im Praktikum gut verstanden, er hat das dann an Alexander Wehrle weitergeleitet. Der Verein war davon sehr angetan, sodass sowohl Wehrle als auch Jörg Schmadtke grünes Licht gaben.
Umsetzung eines ungewöhnlichen Projekts: “Die Freude war groß”
Hatten Sie erwartet, dass ihr ambitionierter Plan, eine Fußball-Mannschaft aus dem Profibereich derart nah begleiten zu dürfen, aufgeht? Immerhin waren Sie bis dahin als Fotograf im Umfeld des Teams noch gar nicht in Erscheinung getreten.
Mengeler: Nein, das habe ich definitiv nicht. Ich habe es zwar gehofft, aber mir war auch völlig klar, dass das ein Proficlub in dieser Form noch nicht gemacht hat. Es gibt von Paul Ripke den WM-Bildband, den man annähernd damit vergleichen kann. Auf Vereinsebene und in der Intensität – ich war ja schon eine lange Zeit dabei – gab es das in dieser Form nicht. Dass allein mein Vorschlag diskutiert wurde, hat mich schon enorm überrascht. Die Freude war daher umso größer, dass der FC den Mut hatte, dieses Projekt so anzunehmen.
Foto: Lukas Mengeler
Wie waren denn die ersten Gesprächen mit den Verantwortlichen? Gab es Grenzen, die der Verein frühzeitig gezogen hat?
Mengeler: Zu Beginn ging es natürlich erst einmal um grundsätzliche Themen – Vorstellungen, Konzepte und so. Ich habe aber direkt klar gemacht, dass es nur Sinn hat, wenn die Nähe vorhanden ist, die mir vorschwebte. Da gab es vonseiten des Vereins eigentlich gar keine Grenzen, die gezogen wurden. Mir war aber auch im Vorhinein bewusst, dass ich nicht bei jedem Spiel in der Kabine herumturnen kann, sondern dass wir den passenden Rahmen für die verschiedenen Aspekte finden werden.
Ganz nah dran an den effzeh-Profis
Das kam dann aber etwas anders, oder?
Mengeler: Auf jeden Fall (lacht). Ich war in London eher zufällig vor dem Spiel in der Kabine dabei, weil ich dort meine Ausrüstung deponiert hatte. Dann ging Peter Stögers Ansprache los – und ich war mittendrin, niemand hat mich herausgeschickt. Ab da war ich eigentlich bei jeder Ansprache in der Kabine, egal wo.
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Was haben die Spieler dazu gesagt? Die Kabine gilt ja eigentlich als Heiligtum, das von Unbefugten besser nicht betreten wird. Und dann waren Sie als Fotograf ungewöhnlich nah dran. Kam es da zu Momenten, wo die Spieler Sie nicht in ihrer Nähe haben wollten?
Mengeler: Überhaupt nicht. Ich wurde eine Woche vor London den Jungs kurz vorgestellt – vorher kannten wir uns gar nicht. Auf dem Trip nach London hatte ich das Glück, dass ich mit „Zolli“ (Simon Zoller, Anm.d.Red.) zusammenstand, der selber großes Interesse an der Fotografie hat. Daraus entstand ein längeres Gespräch, das sicherlich das Eis gebrochen hat. Im Hotel hatte ich schon von acht bis zehn Spielern die Anfrage, ob sie Fotos von der Anreise bekommen könnten. So hat sich das eigentlich durchgezogen – es wurde stets sehr, sehr positiv aufgenommen.
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Die Vorfreude auf den Europapokal war bei den Fans riesig. War das bei den Spielern ähnlich festzustellen, dass sie heiß sind auf die sechs internationalen Partien?
Mengeler: Total. Die Freude war damals schon da – aber im Nachhinein eigentlich sogar noch mehr. Bei den Begegnungen waren sie fokussiert, wie im Grunde bei einem Spiel gegen Hannover oder Stuttgart. Die Jungs kriegen bei einem Europapokal-Duell auch ehrlich gesagt nicht viel mit von der Stadt. Aber jetzt, wo sie den Bildband in der Hand haben, da kommt im Nachhinein heraus, wie besonders das für sie war.
In den sozialen Netzwerken haben die Spieler ihren Bildband mächtig beworben. Haben Sie da gemerkt, dass da etwas Engeres entstanden ist und die Jungs das Buch als etwas Besonders wahrnehmen?
Mengeler: Ja, das definitiv. Als ich gepostet habe, dass der Bildband fertig ist, kamen viele Nachrichten der Spieler, wie gespannt sie darauf sind. Dominique Heintz hat mir beispielsweise vier- oder fünfmal geschrieben, dass er sich sehr auf den Bildband freut. Als ich ihn ihm dann persönlich überreicht habe, war er richtig happy. Das zog sich dann durch den Kader – vor allem bei den Spielern mit vielen Einsatzzeiten.
Wie Lukas Mengeler zum effzeh-Fan wurde
Bei all den geschilderten Emotionen: Wie schwer war es Sie als Fotograf, in den entsprechenden Situationen die Konzentration aufs für Sie Wesentliche zu legen?
Mengeler: Was natürlich geholfen hat, ist die Tatsache, dass ich vorher kein richtiger FC-Fan war. Ich fand den Club immer sympathisch, aber Fan war ich eben nicht. Das hat sich mittlerweile geändert, aber zu dem Zeitpunkt hat das wirklich geholfen. Ich habe mich beim Tor in London beispielsweise natürlich auch gefreut – aber vor allem darüber, dass ich im richtigen Moment am richtigen Ort war. Ich saß auf der Bank des Funktionspersonals, direkt neben der Spielerbank, dadurch konnte ich schöne Fotos mit sensationellen Emotionen der Spieler machen. Schwerer war es eher in den negativen Momenten, die richtige Balance zwischen Nähe und Distanz zu finden.
Foto: Lukas Mengeler
Sie waren über die Partien hinweg sehr nah an Mannschaft und Verein dran. Gab es auch Momente, wo sie dachten, eigentlich lieber einen anderen Blickwinkel auf das Geschehen zu haben?
Mengeler: Doch, das muss ich schon zugeben. Im Nachhinein würde ich das ein oder andere gern etwas anders machen. Ich habe oft Glück gehabt, dass ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen bin – zum Beispiel war ich gegen Borisov in der Südkurve und habe Bilder von den Fans machen können, als zwei Tore gefallen sind. Das sind auch sehr schöne Eindrücke gewesen. In London hätte ich sicher die Zeit vor dem Spiel gerne noch genutzt, um mehr von den Emotionen in der Stadt mitkriegen und festhalten zu können. Aber es war schwer, die richtige Balance zwischen den intimen Einblicken der Mannschaft und den emotionalen Momenten der Fans zu finden. Es war nicht immer beides möglich.
“Eines Tages” keine Konkurrenz zu “Nur einmal nach Europa”
Haben Sie da ihre Priorität schnell auf die Nähe zum FC-Team gelegt? Oder war das für Sie keine leichte Entscheidung?
Mengeler: Das war schon ein Konflikt für mich, weil ich beides interessant fand. Ich habe dann aber den Fokus auf die Mannschaft, weil es das in dieser Form nicht gab. Diese Einblicke hinter die Kulissen – das war für mich dann einen Tick wichtiger. Beim Heimspiel gegen Borisov habe ich dann auch Sebastian Bahr kennengelernt, der den Bildband „Nur einmal nach Europa“ erstellt und dabei viel die Fans begleitet hat. Da war ich wirklich happy, weil ich wusste, dass ich mich auf die Mannschaft konzentrieren kann und es trotzdem genug schöne Bilder von den Fans gibt.
Dadurch dass es nächste Saison in die 2. Liga geht, wird der Europapokal noch einen Ticken besonderer, für Spieler wie für Fans.
Also haben Sie das Projekt ihres Kollegen gar nicht so sehr als Konkurrenz aufgefasst, sondern eher als willkommene Ergänzung?
Mengeler: Genau. Ich freue mich auch total, dass das mit „Nur einmal nach Europa“ so hervorragend gelaufen ist. Beide Bildbände sind eben unterschiedlich: Bei mir liegt der Fokus auf der Mannschaft, bei ihm auf den Fans. Deswegen sehe ich da keine Konkurrenz, sondern tatsächlich als sehr willkommene Ergänzung.
Auf der nächsten Seite: Wie die Kooperation mit dem Verein verlief
Die Saison läuft für den FC jetzt nicht wirklich gut, auch die Europapokal-Abende waren aus sportlicher Sicht nicht von entsprechendem Erfolg gekrönt. Gab es da bei Ihnen den Moment, wo sie dachten: Jetzt mache ich so ein Projekt und am Ende interessiert es vielleicht keinen, weil der Verein ausgerechnet in diesem Moment vor die Wand fährt?
Mengeler: Ja, das gab es schon. Im Dezember und Januar war ich ziemlich geknickt, weil das Projekt beim FC natürlich in dieser Phase keine Priorität mehr genoss. Ich habe dann auch eine Zeit lang vom Verein nichts gehört. Mir fehlte da nach dem Ausscheiden in Belgrad auch die Motivation, noch groß nachzufassen, denn ich wusste nicht ob der sportlichen Situation, was daraus überhaupt werden wird. Das hielt aber nicht allzu lange an, denn ich wusste: Selbst wenn der Worst Case eintritt – das heißt: Der FC steigt ab –, dann ist das zwar schade, aber es hebt eigentlich das Geleistete der vergangenen Jahre nochmals heraus. Dadurch dass es nächste Saison in die 2. Liga geht, wird der Europapokal noch einen Ticken besonderer, für Spieler wie für Fans. So bleiben trotz des traurigen Ist-Zustands die positiven Emotionen erhalten.
“Die Stimmung in London hat mich fasziniert”
Den Bildband vermarkten Sie auf ihrer Homepage selbst – bestand nicht angesichts der engen Kontakte zum Verein die Möglichkeit, dass auch der FC dort tätig wird?
Mengeler: Das werden Sie noch tun. Der FC wird es an alle Fans verschenken, die bei allen drei Auswärtspartien anwesend waren. Wenn das geschehen ist, dann wird es auch beim Verein selbst in den Verkauf gehen. Wir unterstützen uns da gegenseitig, das passt auf ganzer Linie.
Foto: Lukas Mengeler
Sie sprachen von den positiven Emotionen, die erhalten bleiben: Bei uns Fans gibt es da so einige Momente, die wir niemals vergessen werden. Das Cordoba-Tor in London, das erste Heimspiel im Europapokal nach 25 Jahren, in Belgrad im Stadion zu stehen – nur ein paar Beispiele. Was sind denn im Rückblick für Sie die besonderen Momente dieses Abenteuers?
Mengeler: Die Stimmung in London hat mich natürlich auch fasziniert. Die Lautstärke, der Support nach dem 1:3: Das waren richtige Gänsehaut-Momente. Aus fotografischer Sicht fand ich das Spiel in Belgrad am spannendsten. Das Stadion gibt einfach sehr viel her, mit diesem langen Spielertunnel voller schwerbewaffneter Polizisten, die Kabine außerhalb des Stadions. Da hatte ich das erste Mal richtig das Gefühl: Das ist jetzt Europa League, das ist nicht so ein Standardstadion. London war schon besonders, aber das Ding könnte genauso gut in München stehen. Da war Belgrad echt etwas anderes.
Viele besondere Europa-Momente des 1. FC Köln: Komplimente aus der Mannschaft
Mengeler: Ein besonderer Moment aus persönlicher Sicht war auf der Rückreise von diesem Spiel: Ich saß neben „Klünti“ (Lukas Klünter, Anm.d.Red.), auf der anderen Seite war „Matze“ Lehmann. Ich hatte Kopfhörer drin, er hatte welche drin. Er hat sie dann herausgenommen, mich angetippt und mir gesagt, dass ich das Ganze sehr gut gemacht hätte. Also auch die Fotos, aber vor allem das Drumherum. Ich war da, aber hätte nie gestört – das war für mich das große Kompliment, das ich hören wollte. Und dass das unaufgefordert von jemandem wie Matthias kam, mit dem ich vorher eher weniger zu tun hatte, das hat mich sehr gefreut.
Wenn Sie jetzt den Bildband vor sich haben und zurückblicken: Ist das Projekt für Sie so aufgegangen, wie Sie sich das vorgestellt haben, oder ist es sogar noch viel besser geworden, als Sie es sich in ihren kühnsten Träumen ausgemalt haben?
Mengeler: Das klingt immer blöd, wenn man das sagt, aber: Es ist viel besser geworden, als ich es mir erträumt habe. Normalerweise lässt sich eine Idee, die man entwickelt, dann nicht eins zu eins umsetzen. Ich hätte eigentlich gedacht, dass der Verein diese Nähe, die ich am Ende hatte, nicht unbedingt zulassen möchte. Aber es war einfach kein Problem. Das war von den Möglichkeiten her mehr als ich es mir erhofft hatte. Das Endresultat mit 352 Seiten als ein solch schöner Bildband, das hätte ich mir nicht erträumen können. Ich bin wirklich richtig happy!
[accordions] [accordion title=”Eines Tages” load=”show”]“Eines Tages. Exklusive Einblicke in die Europa League Saison des 1. FC Köln” von Lukas Mengeler kann man hier kaufen. (29,95 Euro, 352 Seiten, ISBN: 978-3899462722)[/accordion] [/accordions]