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Zweite Liga mit Anthony Modeste: Wie baut der 1. FC Köln eine Legende ein?

Foto: Lennart Preiss/Bongarts/Getty Images

Es ist noch nicht allzu lange her, da wurde beim 1. FC Köln darüber diskutiert, ob eine Doppelspitze nicht die Lösung wäre, um der offensiven Harmlosigkeit beim Auswärtsspiel in Hamburg zu begegnen. Dort offenbarte die Mannschaft von Markus Anfang erhebliche Schwächen im Offensivspiel und verlor folgerichtig mit 0:1. Danach machte sich der Autor auch so seine Gedanken darüber, wie der 1. FC Köln denn durch den Herbst kommen könnte, weil die sportliche Leistung und insbesondere die Ergebnisse über einige Wochen nicht wirklich passten. Aber gut: Mit dem 8:1-Heimerfolg gegen Dynamo Dresden schoss man sich vor der Länderspielpause noch ein wenig den Frust von der Seele und die Doppelspitze bestehend aus Terodde und Cordoba war mit ihren fünf Treffern in aller Munde.

Nun, in der Saure-Gurken-Zeit, weil eben an diesem Wochenende bis auf den Kick der U21 gegen Kaan-Marienborn nichts wirklich Wichtiges in Bezug auf den effzeh anstand – fand also diese Geburtstags-Gala statt, auf der der 1. FC Köln nicht nur seinen 70. Geburtstag feierte, sondern auch die Rückkehr von Anthony Modeste verkündete. Dieser hatte sich zuletzt bereits beim Kölner Nachwuchs fit gehalten und über seine Social-Media-Kanäle immer wieder Andeutungen gemacht, dass etwas Großes warten würde.

Modestes Abgang als Beginn des Niedergangs

Trotz der komplizierten Vertragssituation mit seinem ehemaligen Arbeitgeber Tianjin Quanjian unterschrieb Modeste am Samstag also einen neuen Vertrag beim 1. FC Köln – die FIFA soll nun den Weg zur Spielberechtigung für den Stürmer freimachen. Spielberechtigt ist der Franzose frühstens zum Heimspiel gegen Fürth am 1. Dezember. In jedem Fall setzte Modeste seine Unterschrift unter ein Arbeitspapier, das ihn bis 2023 an den 1. FC Köln bindet.

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Keine Frage: Diese Nachricht war, obwohl einige sicherlich davon geträumt hatten, schon eine Überraschung. Dass eine Rückkehr von Modeste in die Domstadt ein wenig emotionaler ausfallen würde, war allen Beteiligten klar: Schließlich hatte “Big Mo” in seiner Zeit von 2015 bis 2017 in 73 Spielen für den 1. FC Köln 45 Tore erzielt. 15 davon in der ersten Spielzeit für den effzeh in der Bundesliga. Während der zweiten, der legendären Europapokal-Qualifikationssaison, waren es dann sogar gleich 25, hinzu kommen noch fünf im Pokal. Die Bilder des 20. Mai sind nach wie vor unvergessen und haben sich in das kollektive Gedächtnis aller effzeh-Fans eingebrannt.

Ein Mittelstürmer wurde nicht wirklich gesucht

Doch seitdem ist viel passiert: Die Europa-Saison des effzeh entwickelte sich nach Modestes Abgang zu einer absoluten Katastrophe, gefühlt war man schon zum Jahreswechsel 2017/2018 abgestiegen. Die Rückrunde begann durch einen Last-Minute-Heimsieg gegen Mönchengladbach, bei dem mit Simon Terodde ein weiterer Rückkehrer im Sturm zum Helden avancierte. Doch auch das konnte den effzeh nicht retten, man stieg aufgrund vieler Faktoren verdient ab, zurück blieb jede Menge Ernüchterung. Unter dem neuen Geschäftsführer Sport Armin Veh, der im Dezember 2017 seine Arbeit aufnahm, stellte man am Geißbockheim aber frühzeitig die Weichen, um so schnell wie möglich in die Bundesliga zurückzukehren.

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Einige Leistungsträger blieben, dazu wurde der Kader verstärkt, auch wenn es immer noch einige Disbalancen gibt. Die Offensive funktioniert bis dato überwiegend gut, mit Simon Terodde hat man einen der besten Zweitligastürmer in der jüngeren Vergangenheit unter Vertrag. Und auch das Sorgenkind aus der vergangenen Saison, der damals als “Modeste-Nachfolger” bezeichnete Jhon Cordoba, entwickelt sich langsam zu dem Stürmer, den der effzeh gebrauchen und den man eigentlich auch aus Mainz verpflichtet hatte. Mit Serhou Guirassy und Simon Zoller hat man sogar noch zwei weitere Akteure in der Hinterhand, die ebenfalls ihre Qualitäten bereits nachgewiesen haben.

Zwei Strafraumstürmer mit Terodde und Modeste – wie bringt man das zusammen?

Es dürfte für Markus Anfang dementsprechend in der Zukunft nicht ganz einfach werden, seine Mannschaft aufzustellen. Der ehemalige Kieler präferiert ein 4-1-4-1-System mit zwei Außenstürmern und zwei Achtern, ihm war bis dato viel daran gelegen, das System so zu entwickeln, um Simon Teroddes Stärken bestmöglich einzubringen. Bis er von seinem Plan abwich, brauchte es das Spiel in Hamburg, das die Kritik deutlich lauter werden ließ. Das 8:1 ließ diese zwar fast gänzlich verstummen, die Aufgaben werden für Anfang und sein Team allerdings auch nicht einfacher: Gegen Darmstadt 98 erwartet die “Geißböcke” am kommenden Samstag erneut ein Gegner, der nicht wirklich mitspielen wird und schon gar nicht freiwillig die Waffen streckt.

Denn eines steht fest: Die alleinige Anwesenheit zweier überdurchschnittlicher Stürmer mit jeweils überragenden Torquoten im Dress des effzeh bedeutet nicht, dass der Aufstieg zum Selbstläufer wird. Mannschaft und Fans des 1. FC Köln haben in den vergangenen Monaten bereits erleben dürfen, wie schwierig es ist, Spiele in der zweiten Liga zu gewinnen. Damit Stürmer Tore erzielen können, muss der Ball in die Zonen gebracht werden, aus denen Abschlüsse möglich sind – sowohl für Terodde als auch für Modeste liegt das Jagdrevier in erster Linie im Sechzehner, aus dem beide ihre große Stärke einbringen – mit einem Kontakt abschließen, mit links, rechts oder mit dem Kopf.

Anthony Modeste: Ein Vorgriff auf die erste Liga?

Während Terodde ein wenig das Tempo abgeht, bewies Modeste insbesondere unter Peter Stöger, dass er ein idealer Konterstürmer ist, wenn sich die Räume ergeben – das dürfte allerdings in der zweiten Liga nun noch weniger der Fall sein. Und so wird es die große Frage bleiben, wie Markus Anfang mit diesem Neuzugang umgeht. Denn insgesamt erscheint es schwer vorstellbar, beide Stürmer gleichzeitig einzusetzen, weil sie sich zu sehr ähneln. Hinzu kommt die Tatsache, dass Modeste sein letztes Pflichtspiel Anfang August absolviert hat. Sein Trainingspensum in Köln absolviert er seit sechs Wochen – jedoch bis dato nur in der Regionalliga-Mannschaft, die nach wie vor auf einem Abstiegsrang liegt.

Foto: Lintao Zhang/Getty Images

Und da Terodde mit seiner Torquote von sechzehn Toren in dreizehn Zweitligaspielen die Argumente ohnehin auf der Hand hat, ist erst einmal nicht damit zu rechnen, dass der Franzose ihm vor der Winterpause den Rang abläuft. Dazu wird sich Modeste erst einmal wieder an Tempo und Härte im Trainingsbetrieb der Profis gewöhnen müssen. Man kann aber davon ausgehen, dass dies sehr schnell gehen wird – schließlich ist Modeste ein ziemlicher Ausnahmespieler. Doch auch Ausnahmespieler brauchen Training und eine Mannschaft, die es versteht, sie in Szene zu setzen.

Was passiert mit Guirassy und Zoller?

Wenn Modeste dann zu Einsätzen kommt, wird er natürlich aufgrund seiner individuellen Qualität viele Dinge besser lösen als seine Konkurrenten – und damit auch den effzeh weiterbringen. Was das für Terodde und Cordoba bedeutet, wird sich zeigen. Für Stürmer wie Simon Zoller und Guirassy dürften die Einsatzzeiten in Zukunft nun noch geringer ausfallen – beim Franzosen gibt es prompt Gerüchte um eine Ausleihe, auch ein Winter-Abgang von Zoller ist denkbar.

Wenn man allerdings etwas kritischer auf den Transfer schaut, fällt neben dessen finanzieller Dimension für das Gehaltsgefüge auch auf, dass der effzeh das Geld durchaus auch an anderen Stellen hätte investieren können (und das immer noch tun sollte): Ein linker offensiver Mittelfeldspieler ist die dringendste Baustelle für Armin Veh, der nun mit Modeste vielleicht schon so etwas wie einen Vorgriff auf die nächste Saison getätigt hat. Denn da soll der 1. FC Köln nach dem Wunsch seiner Verantwortlichen wieder in der 1. Bundesliga spielen. Wenn dann so ein Spieler verfügbar ist, muss man auch zuschlagen – das macht die Aufgabenstellung aber auch nicht wirklich leichter. Den zweiten Schritt nicht vor dem ersten zu machen, könnte deswegen umso mehr das Credo für den 1. FC Köln in dieser Saison sein – bei aller Freude über die Rückkehr des Torjägers Anthony Modeste.

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