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33 Punkte in 34 Partien sowie ein Sieg in der Relegation: Das ist die (eher dürftige) Bilanz des 1. FC Köln in der abgelaufenen Spielzeit. Eine Bilanz, die den „Geißböcken“ allerdings zum Klassenerhalt reichte. Das gesteckte Ziel wurde also soeben noch erreicht, doch eine ausgezeichnete Saison war es beileibe nicht. Dennoch haben sich einige Akteure im zurückliegenden Spieljahr durch besondere Aktionen eine Auszeichnung verdient: Vorhang auf für die effzeh.com-Saisonawards!
Den Spieler der Saison 2020/21 haben wir ja bereits gekürt – und seien wir ehrlich: Ellyes Skhiri hatte sich diese Ehre durch unglaubliche Laufstärke, durch konstante Leistungen und durch seine Torgefahr in der abgelaufenen Spielzeit auch einfach verdient. Niemand im Team stellte sich so unermüdlich in den Dienst der Mannschaft, niemand konnte auf dem Platz derart überzeugen wie der 26 Jahre alte Tunesier. Doch auch andere Spieler haben sich in den vergangenen Monaten hervorgetan – hier sind ihre Preise!
Die Hennes-Weisweiler-Bronzebüste für eine erfolgreiche Rückkehr auf die FC-Trainerbank wird angefertigt für…
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Hennes-Weisweiler-Bronzebüste für eine erfolgreiche Rückkehr auf die FC-Trainerbank: Friedhelm Funkel
Eine “Mission impossible” war es nicht, die Friedhelm Funkel am 12. April beim 1. FC Köln antrat, schließlich lagen die “Geißböcken” nach dem 28. Spieltag mit “lediglich” drei Punkten Rückstand auf das rettende Ufer auf einem Abstiegsplatz. Doch das Ziel, mit den “Geißböcken” den Klassenerhalt doch noch zu erreichen, war selbst für den routinierten Übungsleiter eine große Herausforderung. Nach der bitteren 2:3-Niederlage gegen Mainz übernahm der 67-Jährige zum zweiten Mal nach 2002 den Posten als Cheftrainer am Geißbockheim. “Ich weiß, was auf mich zukommen wird. Die Aufgabe ist nicht die einfachste. Aber wir haben die Möglichkeit, die nötigen Punkte zu holen, um unser Ziel zu erreichen. Dafür werden wir jetzt viel und hart arbeiten“, betonte Funkel bei seiner Vorstellung und ging seine “Mission Klassenerhalt“ mit der nötigen Portion Optimismus an: “Ich glaube fest daran, dass unser Ziel mit dieser Mannschaft zu erreichen ist.”
Das sollte – anders als 2002, als Funkel bereits im Februar übernommen hatte – am Ende auch gelingen, selbst wenn die Mission eine Woche länger dauerte als geplant. Nach der 0:3-Niederlage in Leverkusen, begleitet von hochgradig unglücklichen Aussagen des Cheftrainers, setzte der FC mit einem 2:1-Heimsieg gegen Leipzig das erste Ausrufezeichen im Abstiegskampf – gefolgt von einem 3:2 in Augsburg. Die Hoffnung lebte in Köln wieder, auch dank der simplen Maßnahmen, mit denen Funkel die Mannschaft stabilisierte. Dass nach dem 1:4 gegen Freiburg eine abermalige Kurskorrektur in Richtung Sicherheitsfußball die “Geißböcke” letztlich in die Relegation brachte, war auch sein Verdienst. In der Relegation führte Funkel sein Team dann zum Erfolg über Holstein Kiel – und ließ danach nicht nur seiner Freude freien Lauf, sondern holte auch zum vereinspolitischen Rundumschlag aus. Schon nach seinem Aus in Düsseldorf zeigte sich: Den sportlichen Erfolg erkauft man sich beim Trainerroutinier auch mit einer Myriade an Interviews.
Den Holger-Gaißmayer-Verdienstorden am Bande für entscheidende Tore im Abstiegskampf bekommt verliehen…
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Holger-Gaißmayer-Verdienstorden am Bande für entscheidende Tore im Abstiegskampf: Sebastiaan Bornauw
Junge, Junge, Junge – war das knapp. Erst in der 86. Minute gegen den bereits abgestiegenen FC Schalke 04 machte der 1. FC Köln die Relegation perfekt. Und was hatten die “Geißböcke” zittern müssen: Mehrere Großchancen vergeben, ein Tor aufgrund einer zuvor eher lasch umgesetzten Regel aberkannt bekommen, ein Gegner, der sich mit allem Denkbaren gegen die Niederlage wehrte. Und dann kam Sebastiaan Bornauw, dieser blonde Engel aus Belgien. Nachdem Namensvetter Sebastian Andersson den nächsten Hochkaräter liegen ließ, blieb der Abwehrhüne im gegnerischen Strafraum und stand goldrichtig am ballfernen Pfosten, als Jan Thielmann pfannenfertig servierte. Mit einem Kopfballaufsetzer ließ Bornauw dem bärenstarken Ralf Fährmann keine Abwehrchance – und ganz Köln vor Jubel erbeben. 1:0 FC, Relegation!
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Der Jubellauf des Belgiers war allerdings auch nicht zu verachten, schlug sich Bornauw doch wild auf die eigene Brust und schrie seine Erleichterung über diesen enorm wichtigen Treffer hinaus. Nach dem Abpfiff ordnete er das Geschehen dann etwas nüchterner ein: “Ich bin vorher immer wieder auf den ersten Pfosten gelaufen. Da dachte ich mir, dass ich es mal am zweiten versuche. Sehr guter Ball von Jan, dann war es gar nicht mehr so schwer, den zu machen”, sagte der sichtlich erschöpfte Schütze des goldenen Kölner Tores im Anschluss an die nervenaufreibende Partie. „Ich glaube, das war das wichtigste Tor bisher in meiner Karriere. Ich bin glücklich, dass ich diesen Treffer gemacht habe. Das ist wichtig für den Verein, für uns alle”, so Bornauw, dessen Saison von einer schweren Rückenverletzung geprägt wurde. Bei der OP musste der belgische Innenverteidiger ins künstliche Koma versetzt werden, er hatte allergisch auf ein Narkosemittel reagiert. Die Ärzte retteten Bornauw das Leben – und dann rettete er den 1. FC Köln.
Die Milivoje-Novakovic-Gedenktafel für heroische Derbytaten wird angebracht für…
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Milivoje-Novakovic-Gedenktafel für heroische Derbytaten: Elvis Rexhbecaj
Wie wird man beim 1. FC Köln zur Legende? Es gibt verschiedene Wege, das zu erreichen, doch der schnellste Weg ins Herz der FC-Fans führt über Heldentaten im Derby gegen Borussia Mönchengladbach. Geht es danach, dürfte der Name Elvis Rexhbecaj in der Domstadt ziemlich hoch im Kurs stehen. Erst brachte die Leihgabe des VfL Wolfsburg die “Geißböcke” im Duell beim rheinischen Rivalen früh in Führung, dann netzte der 23 Jahre alte Mittelfeldspieler auch noch zum Siegtreffer in der niederrheinischen Steppe. 2:1: Der FC geht zum ersten Mal seit 2016 in Mönchengladbach wieder als Derbysieger vom Feld – dank Rexhbecaj, der die ersten beiden Chancen der Kölner gegen den klaren Favoriten eiskalt zu nutzen wusste.
Dabei standen die Vorzeichen alles andere als auf Überraschung im ewig jungen Duell der rheinischen Rivalen: Die “Geißböcke” waren unter der Woche ziemlich peinlich aus dem Pokal geflogen, dazu sorgte ein Video aus dem Mannschaftsbus, auf dem Dominick Drexler die dort anwesenden Fans als “Spacken” schmähte, für ordentlich Druck auf dem Kessel. Den nutzte die Mannschaft zu einem couragierten Auftritt gegen espritlose Gladbacher, die sich von Rexhbecaj zweimal überrumpeln ließen. “Wir wussten, dass wir heute im Derby vieles wieder geraderücken können”, erklärte der Mittelfeldmann nach seiner Glanzleistung, die ihn zurecht in die Nähe von Derbyhelden wie Milivoje Novakovic (Siegtorschütze 2008) und Marcel Risse (Siegtorschütze 2016) rückte. Und nach dem Abpfiff kam es dann noch zu einer kleinen Genugtuung für Mannschaft und Fans: Im Stile von Mönchengladbachs Marcus Thuram feierten die Spieler den Derbysieg im leeren Borussia-Park mit der Eckfahne. „Rache ist süß“, schmunzelte Rexhbecaj. Oooooooohja!
Die Marcel-Risse-Medaille für außergewöhnlich schöne Tore erhält…
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Marcel-Risse-Medaille für außergewöhnlich schöne Tore: Ondrej Duda
Leckomiomaio: Was für eine Bude! So oder so ungefähr dürften alle Fans des 1. FC Köln gedacht haben, als Ondrej Duda am 31. Spieltag beim FC Augsburg die frühe Führung der “Geißböcke” besorgte. Schneller Einwurf von Florian Kainz, Flanke von Ellyes Skhiri – und dann die wundervolle Direktabnahme des slowakischen Spielmachers von der Strafraumgrenze. Ein Tor wie ein Gemälde. Eins, das sich jeder Kölner gern ins Wohnzimmer hängen würde. Eins, das nicht nur schön aussah, sondern letztlich auch hohen Wert besaß. Durch das wundervolle 1:0 in der achten Spielminute gab Duda den Startschuss zu einer furiosen Halbzeit, die mit einem 3:0 für den FC (und letztlich dem ersten Auswärtssieg in Augsburg in der Bundesliga überhaupt) endete.
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Doch nicht nur die FC-Fans hatte ihre helle Freude am Wahnsinnstreffer ihres Spielmachers: Die Zuschauer der ARD-Sportschau wählten Dudas Volleyschuss zum “Tor des Monats” im April. Der slowakische Spielnacher der “Geißböcke” setzte sich im Voting gegen Lukas Görtler (FC St. Gallen), Sascha Mölders (TSV 1860 München), Ingmar Merle (Hessen Kassel) und (Julia Matuschewski) vom 1. FC Saarbrücken durch. „Vielen Dank an alle Fans, die für mich gestimmt haben. Das ist eine schöne Auszeichnung, deswegen kann ich nicht sagen, dass ich mich nicht darüber freuen würde”, sagte der 26-Jährige nach seiner ersten Auszeichnung als Torschütze des Monats, schränkte aber sofort ein: “Im Moment bedeutet es mir nicht so viel, weil wir gerade um den Klassenerhalt kämpfen. Wenn wir den Klassenerhalt schaffen, kann ich mich mehr darüber freuen“, so Duda, der nun also mit etwas Verspätung die volle Freude über die Ehrung entwickeln kann. Und von uns wird ihm natürlich ebenso die gerechte Ehre zuteil. Was für eine Wahnsinnsbude das aber auch war!
Das Manasseh-Ishiaku-Pflaster für den verletzungsanfälligsten Neuzugang bekommt aufgeklebt…
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Manasseh-Ishiaku-Pflaster für den verletzungsanfälligsten Neuzugang: Sebastian Andersson
Große Hoffnungen setzte der 1. FC Köln auf einen ganz besonderen Mann: Sebastian Andersson sollte im Sturmzentrum der “Geißböcke” die Lücke schließen, die der millionenschwere Abgang von Jhon Cordoba zu Hertha BSC gerissen hatte. Eine Ablösesumme von über sechs Millionen Euro legten die Rheinländer auf den Tisch, um den kopfball- und zweikampfstarken Angreifer, der in der Spielzeit 2019/20 13 Treffer für den 1. FC Union Berlin erzielt hatte, kurz vor Start der Bundesliga-Saison von den “Eisernen” loszueisen. Der schwedische Sturmhüne sollte mit seinen Toren für den Klassenerhalt der Kölner sorgen – doch nach einem Erfolgserlebnis zum Saisonstart gegen Hoffenheim ging die Strategie zunächst nicht auf. Andersson laborierte nach einem Trainingszusammenprall an Knieproblemen, schon zuvor in Berlin hatte dem 1,90 Meter großen Angreifer das Gelenk zu schaffen gemacht.
Hat sich der 1. FC Köln einen Halbinvaliden teuer andrehen lassen? Oder hatten die “Geißböcke” schlicht nur Verletzungspech? Schwierig zu beantworten. Doch Andersson schleppte sich in Folge mit schwerwiegenden Knieproblemen durch die Saison, ließ auch deshalb seinem Auftakttreffer bis Ende der regulären Spielzeit nur zwei weitere Tore (davon ein Elfmeter) folgen. Doch im Verlaufe der Relegation, in der er im Hinspiel zunächst nur auf der Bank saß, zeigte der Schwede, welchen Wert er für den FC haben kann. Mit zwei astreinen Kopfballtoren im Rückspiel hatte Andersson großen Anteil am Klassenerhalt der Kölner, die über weite Strecken der Spielzeit auf einen klassischen Mittelstürmer hatten verzichten müssen. Für die kommende Saison ist dem einsatzfreudigen Angreifer zu wünschen, dass die Knieprobleme, die ihn auch im Endspurt des abgelaufenen Spieljahrs immer wieder eingeschränkt hatten, auskuriert sind – und er den FC-Fans noch mehr solche Momente wie im Relegationsrückspiel bescheren kann.
Das Jesus-von-Mondragon-Kreuz für herausragende Medienarbeit geht an…
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Jesus-von-Mondragon-Kreuz für hervorragende Medienarbeit: Jonas Hector
Ja gut: Jonas Hector und Interviews, das war noch nie die große Liebesbeziehung. Der Kapitän des 1. FC Köln gilt seit jeher als skeptisch gegenüber dem Medienrummel und versucht sich dem auch zumeist zu entziehen. Als Führungsspieler der “Geißböcke” stellt sich der ehemalige Nationalspieler jedoch zuletzt vermehrt den Fragen der Journalisten – insbesondere nach den Spielen. Wie schnell da allerdings die Abneigung gegenüber den zumeist eher dämlich daherkommenden Nachforschungen durchbricht, zeigte sich beim frustgetränkten Interview nach der Niederlage im Relegationshinspiel gegen Holstein Kiel. Nachdem Hector schon mit “Lassen sie einmal Dampf ab” zum Intervieweinstieg wenig bis gar nichts anfangen konnte, platzte ihm nach “Wie leer fühlen sie sich?” endgültig der Kragen.
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“Immer diese Scheiß-Fragen… Wie leer… Das ist ja Ihr Job, dumme Fragen zu stellen. Das machen Sie gut”, wütete ein sichtlich verärgerter FC-Kapitän am DAZN-Mikrofon – und bescherte damit Fußball-Deutschland auch eine Debatte über den Sinn oder Unsinn solcher Field-Interviews. “Dass das so hohe Wellen schlägt, hätte ich niemals gedacht”, sagt Hector in der Abschlussfolge der vereinseigenen Dokumentation “24/7 FC” und ging dort mit seinen Antworten selbstironisch um. Schon zuvor hatte er nach dem 5:1-Erfolg wieder den neugierigen Reportern Rede und Antwort gestanden, sonderlich gesprächiger wirkte der FC-Kapitän allerdings auch da nicht. Jonas Hector und Post-Match-Interview: Das wird in diesem Leben wirklich keine Liebesbeziehung mehr.
Der deutsche Fußball-Undercover-Filmpreis als bester Hauptdarsteller wird überreicht an…
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Deutscher Fußball-Undercover-Filmpreis als bester Hauptdarsteller: Dominick Drexler
Die Kabine, der Mannschaftsbus: Es gibt so einiges, was bei Fußballvereinen als Heiligtum gilt. Als Ort, aus dem nichts nach außen dringen soll. Das wird beim 1. FC Köln schon etwas länger anders gehandhabt, gibt der Club doch mit “24/7 FC” eine Dokumentation heraus, die den Fan vermeintlich ganz nah an die Mannschaft lässt. Doch auch die Spieler selbst filmen gern – und versenden solche Videos ebenso gern an ihren Freundeskreis. Wie schnell das zum Problem werden kann, zeigte sich vor dem Derby in Mönchengladbach: Mit einer Pyroshow verabschiedeten einige FC-Anhänger*innen die Mannschaft vom Geißbockheim – die Szenerie wurde auch innerhalb der Mannschaftsbusse von Spielern gefilmt. Das Problem: Die an die Öffentlichkeit gelangten Videos ließen eher unangenehme Einblicke auf das Innenleben des Teams und seinem Verhältnis zu den Fans zu.
Die #effzeh-Profis beziehen Stellung zu dem kursierenden Video. Dominick Drexler entschuldigt sich für seine Beleidigung. https://t.co/pGEAsXHy3b
— #Nazisraus | Thomas RausK (@koelnsued) February 6, 2021
Zu hören war beispielsweise, wie manche Spieler dem Schauspiel meckernd entgegneten, man wolle nun im Bus weiterzocken. Und Dominick Drexler verstieg sich zu der Formulierung “Spacken” gegenüber den eigenen Anhänger*innen, die inmitten der Coronavirus-Pandemie versucht hatten, dem Team moralische Unterstützung zu signalisieren. Hohe Wellen schlug diese Bemerkungen, Drexler bat noch vor dem Derby um Entschuldigung – vermutlich rettete einzig und allein der Sieg in Mönchengladbach dem Spieler seine Karriere beim 1. FC Köln und bewahrte das Pulverfass, das dieser Verein von Zeit zu Zeit ist, vor der Explosion. Gespräche mit den Fans folgten nach der Rückkehr, die Situation normalisierte sich schnell wieder. Dass die Spieler allerdings aus diesem Fauxpas nicht allzu viel gelernt haben, zeigte sich nach dem Klassenerhalt: Auch dort kursierten Feiervideos der Mannschaft schnell in der Öffentlichkeit – inklusive einem Party-Abstecher in eine Shishabar, der von der Polizei beendet wurde.
Der Lilian-Laslandes-Schandbaum für den schlimmsten Transferflop wird aufgestellt für…
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Lilian-Laslandes-Schandbaum für den schlimmsten Transferflop: Emmanuel Dennis
Einen Mittelstürmer hatte der 1. FC Köln im vergangenen Winter dringend gebraucht, fiel doch Sebastian Andersson aufgrund seines maladen Knies noch bis April aus. Einen Mittelstürmer hatten die “Geißböcke” in der zweiten Transferperiode auch gesucht und vermeintlich gefunden, die Wahl von FC-Sportchef Horst Heldt fiel auf Emmanuel Dennis, den die Kölner vom belgischen Spitzenverein Club Brügge ausleihen konnten. Eine waghalsige Entscheidung, galt der Nigerianer doch nicht gerade als Musterprofi. In Brügge war Dennis nicht nur durch zwei Treffer gegen Real Madrid aufgefallen, sondern auch durch zahlreiche Undiszipliniertheiten. Höhepunkt: Seine Weigerung vor dem Champions-League-Spiel gegen Borussia Dortmund, einen anderen Platz im Bus als seinen angestammten zu belegen.
Doch nicht nur charakterliche Zweifel waren bei der Leihgabe durchaus angebracht: Dennis bekundete selber wenig zuvor in einem Interview, er sei kein Mittelstürmer. Auch hatte er in Brügge zumeist entweder auf außen oder als zweiter Angreifer in einem Zwei-Mann-Sturm überzeugen können. War der Nigerianer, der in der Champions League glänzte, also der Richtige im Abstiegskampf? Alle in- wie externen Warnungen bließ FC-Sportchef Horst Heldt in den Wind, verschoss die einzige Patrone, den huflahmen Sturm der “Geißböcke” im Winter auf Trab zu bringen, praktisch mit Ansage. Zehn Spiele, ein Tor im Pokal gegen Regensburg, im Saisonendspurt nicht einmal mehr ein Fall für eine Kadernominierung: Das ist die traurige Bilanz dieses Deals, der den klammen 1. FC Köln einen siebenstelligen Betrag gekostet hat.
Die Elitäre-Arroganz-Spange in Gold bekommt…
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Elitäre-Arroganz-Spange in Gold: Horst Heldt
Als Verantwortlicher, das sagt schon der Name, steht man in der Verantwortung. Für die guten Entscheidungen wie auch für nicht ganz so gute. Das gilt jedenfalls für normale Unternehmen, das gilt jedenfalls für halbwegs normale Fußballvereine. Beim 1. FC Köln sehen das die Verantwortlichen von Zeit zu Zeit etwas anders. So verwundert es auch kaum, wie dünnhäutig Sportchef Horst Heldt auf Kritik zu reagieren pflegte. Nach der 0:1-Heimniederlage gegen den VfB Stuttgart stellte der ehemalige Bundesliga-Profi einen Reporter ins Achtung und verwies darauf, doch mehr Ahnung zu haben als die anwesenden Medien. Kann man machen, solche Aussagen kommen aber im Falle des Misserfolgs wie ein Bumerang zurück.
Und naja: Mit einem Blick auf die Bilanz des mittlerweile gefeuerten Sportgeschäftsführers hätte die elitäre Arroganz gegenüber Kritikern vielleicht ein wenig zurückhaltender ausfallen sollen. Wer einen Mittelstürmer holt, der keiner sein will (siehe Emmanuel Dennis). Wer einen jungen Angreifer aus einer Kirmesliga verpflichtet, der dann nur für den Horst Heldt überraschend aufgrund seiner Herkunft nicht in der Regionalliga-Reserve Spielpraxis sammeln darf. Wer den x-ten zentralen Mittelfeldspieler ans Geißbockheim holt, weil die Spieleragentur des Vertrauens diesen Kicker gerade eben im Angebot hatte. Und, und, und. Da haben manche vielleicht lieber weniger Ahnung von alledem als solch eine Horrorbilanz.
Das Käptn-Blaubär-Gütesiegel für den größten sprachlichen Seemannsgarn erhält…
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Das Käptn-Blaubär-Gütesiegel für den größten sprachlichen Seemannsgarn: Dr. Werner Wolf
Nein, der Vorstand des 1. FC Köln konnte bisher noch keinen guten Eindruck hinterlassen. Auch anderthalb Jahre nach Amtsantritt wirken Werner Wolf und Co. immer noch nicht so recht, als seien sie auf dem wichtigsten Posten bei den “Geißböcken” angekommen. Gerade in der Öffentlichkeit, das zeigte nicht zuletzt die Pressekonferenz nach der Trennung von Sportgeschäftsführer Horst Heldt, versteht es die Vereinsführung nicht, sauber zu kommunizieren und die Anhängerschaft für seine Ziele einzunehmen. Die Kritik am Präsidium ist dementsprechend in der vergangenen Spielzeit gewachsen, zumal sich das “Wolf-Rudel” gerade in der Phase der sportlichen Probleme dezent im Hintergrund hielt. “Ein Kapitän in schwerer See steht auf der Brücke und arbeitet konzentriert. Er steht nicht an der Reling und gibt Interviews”, entgegnete Wolf schon im November in einem großen “Express”-Interview der Kritik, er sei zu wenig präsent.
Wenn aber die Zweifel am Kurs des in Not geratenen Tankers namens 1. FC Köln wachsen, wenn sowohl die Besatzung als auch die Gäste auf diesem Schiff ein ungutes Gefühl haben beziehungsweise sogar offen meutern, dann sollte ein Kapitän vielleicht doch einmal an die Reling gehen und nach dem Rechten sehen. Dieser Aufgabe ist das Präsidium der “Geißböcke” in der vergangenen Saison selten gerecht geworden, auch deshalb ist die Unterstützung für den Vorstand in der Öffentlichkeit so gering wie selten zuvor. Es ist schwer vorstellbar, dass es Werner Wolf und Co. nochmals, um in der Seefahrersprache zu bleiben, gelingt, das Ruder herumzureißen und den FC in sichere Gewässer zu führen. Zu angeschlagen kommt die Führungsetage am Geißbockheim daher, es wäre wenig verwunderlich, wenn sich die Belegschaft demnächst einen neuen Kapitän für die Brücke suchen würde.
Der in Grün gehaltene Sessionsorden für die größte Karnevalsveranstaltung geht an …
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In Grün gehaltener Sessionsorden für die größte Karnevalsveranstaltung: Deutscher Fußball-Bund (DFB)
Der Präsident gegen seinen Generalsekretär, Vizepräsidenten im Zwist, DFB versus DFL, ein grobes Foul durch einen Freisler-Vergleich, Eigen-PR durch hochdotierte Berater, Durchstechereien von Interna noch und nöcher: Wer den 1. FC Köln an Ränkespielen für führend hält, der hat sich noch nicht mit dem Deutschen Fußball-Bund beschäftigt. Welches Bild der DFB im abgelaufenen Spieljahr abgegeben hat, war an Traurigkeit kaum zu überbieten. Statt in der Coronavirus-Pandemie sein ganzes Gewicht in die Waagschale zu werfen, um den eigenen Vereinen und gerade den jungen Spielern im Breitensport Unterstützung zu gewähren, verzettelte sich der Verband in internen Grabenkämpfen und zerfleischte sich in aller Öffentlichkeit selbst.
Am Ende standen im Grunde nur Verlierer: Fritz Keller trat als DFB-Präsident zurück, Friedrich Curtius musste seinen Posten als DFB-Generalsekretär räumen. Einzig Rainer Koch, seit Jahren als Strippenzieher im Hintergrund tätig und deshalb zunehmend in der Kritik, blieb vorerst übrig. Im Zusammenspiel mit Peter Peters, der die Schalker Finanzen ordentlich vor die Wand fuhr, führt er interimistisch den im dauernden Krisenmodus befindlichen Verband. Doch auch zwischen beiden Führungsfiguren beim Übergang soll es schon deutlich knirschen, auch das Verhältnis zwischen DFB und DFL gilt weiterhin als enorm belastet. Aussichten auf einen qualifizierten Nachfolger oder gar eine qualifizierte Nachfolgerin, die den einstigen Vorzeigeverband wieder in die Spur bringt: Fehlanzeige. Es dürften also noch einige Büttenreden aus Frankfurt auf uns warten.