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Der effzeh.com-Possbüggel: Ein heißer Herbst liegt vor dem 1. FC Köln!

Foto: Jörg Schüler/Bongarts/Getty Images

Mitunter ist die Schnelllebigkeit des Fußballs eine gute Sache: Das verkorkste rheinische Derby gegen Borussia Mönchengladbach ist für den 1. FC Köln Geschichte, das Duell David gegen Goliath bei Bayern München steht nun für die “Geißböcke” auf dem Programm. Chancenlos dürfte die Mannschaft von Trainer Achim Beierlorzer im Auswärtsspiel beim Rekordmeister nicht sein, wenngleich ein Punktgewinn zum Auftakt des Oktoberfests für den Aufsteiger recht unrealistisch erscheint.

Zu leblos hatte sich der effzeh zuletzt im Prestigeduell gegen den Erzrivalen vom Niederrhein präsentiert, zu spielerisch limitiert kamen die bisherigen Auftritte daher. Auch darum wird es in der neuen Folge unseres „Possbüggel“-Formats gehen – wie ab jetzt in jedem Monat der Saison kümmern wir uns um eure Fragen und geben darüber hinaus Einblicke in die verschiedenen Themen rund um den 1. FC Köln und im Fußball allgemein.

Halt uns ens aff – die Zahl des Monats

Mindestens 17 Verletzte gab es beim rheinischen Derby zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach durch einen völlig idiotischen Böllerwurf kurz vor Schluss. Aus einem Eckblock der Südkurve wurde ein Sprengkörper in den Bereich der Fotografen geworfen, der mutmaßliche Täter wurde noch während des Spiels aus dem Block abgeführt. Neben einem Stadionverbot warten auf ihn nun strafrechtliche Ermittlungen (u.a. wegen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion) sowie Schadenersatz-Forderungen der Geschädigten und des 1. FC Köln. „Der Böllerwurf war ein krimineller Akt, für den es keinerlei Toleranz gibt“, sagte FC-Finanzgeschäftsführer Alexander Wehrle und kündigte an, den Täter (kein Mitglied, kein Dauerkarteninhaber) für die erwartbare Verbandsstrafe des DFB in Regress zu nehmen.

Ens em Vertraue – die Fragerunde

Wann und in welcher Form wird Lukas Podolski zum 1. FC Köln zurückkehren? Und bringt uns das überhaupt etwas? (via Instagram)

Dass Lukas Podolski als Spieler noch einmal das Trikot mit dem Geißbock auf der Brust tragen wird, halte ich mittlerweile für nahezu ausgeschlossen. So begnadet der Kerl auch kicken mag, er wird einfach nicht jünger. Er ist jetzt 34 Jahre alt, seine Laufbahn neigt sich also mit großen Schritten dem Ende zu. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass er nach seiner Zeit in Japan, selbst wenn sie bereits im Winter endet, vielleicht noch etwas Neues ausprobiert. Er hat sich im Laufe seiner Karriere zunehmend von Köln emanzipiert, trotz aller Heimatliebe ist Lukas ein echter Weltbürger geworden. Vielleicht versucht er es in den USA, vielleicht geht er auch zu seinem polnischen Lieblingsverein Gornik Zabrze. Zum FC zurück? Ich glaube, das wäre für keine Seite ein glücklicher Schachzug.

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Dennoch glaube ich, dass Lukas in der näheren Zukunft eine wichtige Rolle im Verein und für den Verein spielen kann. Die Rolle als Markenbotschafter ist ja bereits in den Gedankenspielen des neuen Vorstands angeklungen. Eine Rolle, die niemand so perfekt ausfüllen könnte wie Lukas Podolski. Der Mann ist weltweit bekannt, verkörpert aber zugleich Köln und den FC wie kein anderer. Wo er auch hinkommt, Podolski ist direkt der Publikumsliebling. Das ist ein Pfund, mit dem der Verein wuchern kann. Wuchern sollte. Wuchern muss. Dazu denke ich, dass er nicht nur als Imageträger für seinen FC von enormer Bedeutung sein kann. Er hat ein großes Netzwerk über den Fußball hinaus, er hat im Profibereich enorm viel gesehen und enorm viel erlebt. Diese riesige Erfahrung in den Club zu bringen und ihm als Berater in irgendeiner Form zur Verfügung zu stellen – das könnte ich mir abseits des Rasens sehr gut vorstellen.

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Wie haben sich die Chancen für die Geißbockheim-Erweiterung und Stadionausbau innerhalb der Stadtgrenzen aufgrund vom neuerlichen Politikwechsel bei Henriette Reker verändert? (via Twitter)

Gute Frage zu einer komplizierten Lage. Der Vorstoß der Oberbürgermeisterin hat den Verein tatsächlich überrumpelt – gerade das Timing inmitten der Offenlage, die auch Stellungnahmen der Bürger*innen ermöglicht, hat beim FC für Verstimmung gesorgt. Doch geändert hat sich die Situation dadurch nicht wesentlich: Solange die Zustimmung der Ratsfraktionen von CDU, SPD und FDP steht, hat das Vorhaben eine Mehrheit im Stadtrat.

Insbesondere auf die Christdemokraten wird es ankommen, da sich zum einen die anderen beiden Parteien deutlich(er) positioniert haben und zum anderen die CDU in einer Ratskoalition mit den Grünen, die die Erweiterung des Geißbockheims ablehnen, hängt. Bleibt „Schwarz“ allerdings in diesem Machtpoker stabil, wird das Projekt bis zur OB-Wahl im kommenden Jahr durch sein. Das wird allerdings nicht der letzte Schritt sein, da bereits Klagen von mehreren Organisationen angekündigt wurden. Es wird also vermutlich vor Gericht entschieden werden – in welcher Instanz auch immer.

Beim Stadionausbau bin ich wesentlich pessimistischer: Gegen die doch recht große Anwohner-Lobby vor Ort ein solches Vorhaben durchzudrücken – das halte ich nicht für politisch umsetzbar, falls es überhaupt finanziell zu stemmen ist. Schon das jetzige Stadion erfüllt einige Anforderungen, die eigentlich als Kompromiss ausgehandelt wurden, bei Lärm- und Anwohnerschutz sowie beispielsweise bei den Parkplätze nicht. Diese Ausgangslage wird sicherlich nicht besser, wenn das Stadtoberhaupt keinerlei Unterstützung gewährt, wenn Frau Reker zum Zeitpunkt der Entscheidung noch in Amt und Würden sein sollte.

Welche Risiken birgt die eher passive Langball-Taktik, die vor allem bei Rückstand schwierig ist? (via Instagram)

Ich sehe die Spielweise gar nicht so passiv, wie sie vielleicht zuletzt erschien. Klar war der FC im Derby deutlich unterlegen, was in meinen Augen allerdings insbesondere an den spielstarken, passsicheren und robusten Gladbachern lag, die über weite Strecken des Spiels das Heft des Handelns in der Hand hatten. Im Heimspiel gegen Dortmund aber zum Beispiel war die Taktik keinesfalls passiv, auch wenn dort ebenfalls sehr auf lange Bälle gesetzt wurde.

Foto: UWE KRAFT/AFP/Getty Images

Wichtig ist aus meiner Sicht vor allem, wann und wie zu diesem Mittel gegriffen wird. Gegen einen früh anlaufenden Gegner kann es ein wichtiges Mittel ein, um Räume zu überbrücken und hinter die Pressinglinie zu kommen. Besonders durch die erdrückende Physis im Sturm, die Jhon Cordoba, Anthony Modeste, aber auch Simon Terodde in die Waagschale werfen können, kann dies zum Erfolg führen. Dann muss aber in vorderster Front die Besetzung stimmen und nach Eroberung des zweiten Balles auch die Qualität im Passspiel und der Entscheidungsfindung. Da ist derzeit noch viel Luft nach oben, auch in den guten Spielen vor dem Derby.

Oft hat sich der FC durch Hektik und fehlende Präzision um den Lohn gebracht, obwohl er durch einige Ballgewinne aussichtsreiche Situationen erzeugen konnte. Selbst gegen Mönchengladbach hatten die „Geißböcke“ einige Umschaltmomente, wo sie die Abwehr des rheinischen Rivalen überrumpeln konnten. Es stimmte dann allerdings im letzten Drittel nicht mehr allzu viel, sodass die Durchschlagskraft bis in die Schlussphase zu wünschen übrig ließ. Wichtig ist es hierbei allerdings, nicht zu sehr auf lange Bälle zu setzen, sondern auch andere Wege im Aufbauspiel zu finden. Diesen Schritt muss der FC wohl in den nächsten Monaten gehen, sonst wird es besonders gegen Mannschaften auf Augenhöhe sehr schwierig. Dafür braucht es aber Geduld – man darf nicht vergessen, dass Beierlorzer erst im Sommer begonnen hat.

Wat do nit sähs – unser Hot Take

Dass es das Auftaktprogramm nicht allzu gut mit dem 1. FC Köln meinte, ist hinlänglich bekannt. Wer sich anschaut, wo die ersten Saisongegner der „Geißböcke“ in der Bundesliga-Tabelle rangieren, weiß um die Schwere der Aufgaben, die der effzeh zum Saisonstart vor der Brust hatte. Nun kommen allerdings die wichtigen Partien, die richtungsweisend für den weiteren Verlauf der Spielzeit sein dürften: Bis zum Sessionsauftakt am 11. November hat die Mannschaft von Achim Beierlorzer Gegner auf Augenhöhe vor sich. Zuhause warten Hertha BSC, Mitaufsteiger Paderborn und die TSG Hoffenheim, auswärts stehen Schalke, Mainz und Düsseldorf auf dem Programm. Spätestens zum Elften im Elften wissen wir also, ob es wieder einmal nervenzehrende Monate bis zum Sommer für alle rund um den 1. FC Köln werden.

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Jot kamellt

„Wenn man oft genug würfelt, kommt irgendwann die Sechs.“

Achim Beierlorzer vor der Partie beim SC Freiburg. Die Sechs kam dann auch in der Nachspielzeit – der erste Sieg im Breisgau nach 23 Jahren war die Konsequenz.

Koot verzällt

Nur einen Tag war der neue Vorstand des 1. FC Köln in Amt und Würden, da ging es auch schon aufs Grün. Allerdings nicht auf den Rasen, der uns Fußball-Fans alles bedeutet, sondern viel mehr auf gut gepflegte Fairways und Grüns. Die FC-Stiftung 1. FC Köln hatte zum traditionellen Golfturnier im Pulheimer Golfclub Gut Lärchenhof geladen, fast 100 Spieler*innen folgten und schlugen für den guten Zweck ab. Neben dem neuen FC-Vizepräsidenten Jürgen Sieger waren unter anderem auch Club-Legende Karl-Heinz Thielen oder Komponist Helmut Zerlett am Start. Die Bilanz kann sich unter dem Strich sehen lassen: 55.000 Euro kamen an diesem Turniertag zusammen, die für soziale Projekte der FC-Stiftung genutzt werden.

Zwei bekannte Gesichter des 1. FC Köln werden demnächst beim FCK an der Seitenlinie stehen: Boris Schommers ist neuer Cheftrainer des 1. FC Kaiserslautern, der mittlerweile in der 3. Liga herumdümpelt. Am Betzenberg wird dem einstigen Kölner Nachwuchscoach eine Spielerlegende der „Geißböcke“ assistieren: Kevin McKenna, bis vor kurzem noch in der effzeh-U21 als Co-Trainer unterwegs, wird nun wie ehemals in der Kölner U19 Schommers’ rechte Hand bei den „Roten Teufeln“. In der Pfalz trifft das Duo auf alte Weggefährten: Der ehemalige effzeh-Chefscout Boris Notzon ist beim FCK Sportdirektor, Angreifer Christian Kühlwetter stammt aus dem Kölner Nachwuchs und spielte einst unter Schommers und McKenna in der effzeh-Jugend.

Mit dem 1. FC Köln verbinden viele von uns prägende Erinnerungen. Das geht auch Menschen mit Demenz nicht anders. Mit dem „1. FC Köln Erinnerungskoffer“, den den Fan-Initiative „FC-Echo hilft“ in Zusammenarbeit mit dem Regionalbüro Alter, Pflege und Demenz für Köln und das südliche Rheinland zusammengestellt hat (effzeh.com berichtete), sollen diese Menschen Anregungen erhalten, sich mit früheren Erlebnissen und Gefühlen auseinanderzusetzen und einen Zugang zu Vergessenem zu finden. “Wir wollen den Kranken ihr emotionales Lebensgefühl wiederbringen. Aber nicht wir allein, sondern wir brauchen dafür Helferinnen und Helfer”, sagt Anne Türke, Koordinatorin des Regionalbüro. Deshalb werden Ehrenamtliche gesucht, die sich schulen lassen, um mit dem Erinnerungskoffer in Einrichtungen zu gehen. “Wir wollen die kognitiven und motorischen Fähigkeiten der Menschen wecken”, sagt Michael Tuchscherer, Vorstandsmitglied des “FC-Echo hilft”. Deutsches Vorbild für den Erinnerungskoffer ist die benachbarte Fortuna aus Düsseldorf.

Social jeck

Hinger d’r Britz

Sahar Khodayari liebte das, was wir alle lieben: Fußball. Ihren Verein Esteghlal Teheran wollte die junge Iranerin auch im Stadion unterstützen. Was für uns mittlerweile vollkommen normal daherkommt, ist im brutalen islamischen Regime verboten. Khodayari versuchte es trotzdem, riskierte ihr Leben und verlor es am Ende. Aus Protest gegen die menschenverachtende Regelung und aus Angst vor der drohenden Strafe zündet sie sich an. Ein Drama, das nicht unbeachtet blieb: Iranische Fußballspieler solidarisierten sich mit der jungen Anhängerin, die für ihren Traum starb, international wurde der Kampf gegen den Ausschluss aller Frauen aus den iranischen Stadien und ihr tragischer Tod medial verbreitet.

Auch der 1. FC Köln bekundete in den sozialen Netzwerken seine Trauer: „Niemand sollte aufgrund seines Geschlechts vom Fußball ausgeschlossen werden. Zeit für Wandel“, twitterte der Verein und färbte auf dem angehängten Bild das Müngersdorfer Stadion ganz in Blau, die Farbe von Esteghlal. Der Grund, weshalb Sahar Khodayari auch als „Blue Girl“ bekannt wurde. Ihr sinnloser Tod vor dem Hintergrund eines drakonischen Gesetzes bringt auch die FIFA unter Zugzwang: Der Fußball-Weltverband, von den eigenen Grundwerten eigentlich ein Verfechter der Gleichberechtigung, hatte sich bisher zu den Vorgängen in Iran seltsam ruhig verhalten. Das könnte sich nun ändern, wenn auch bei Länderspielen: Auf Druck der FIFA könnten schon beim nächsten Länderspiel der iranischen Männer-Nationalmannschaft auch Frauen im Stadion zugelassen sein – in einem Extra-Bereich, den sie durch einen eigenen Eingang betreten können. Für Sahar Khodayari kommt dies zu spät. Ruhe in Frieden, Blue Girl!

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