Es klingt komisch, ist aber so: Den ersten Titel dieser Saison hat der 1. FC Köln bereits in der Tasche. Beim Kurzturnier in Lohne, das von einem Wettanbieter gesponsert wurde, setzten sich die „Geißböcke“ trotz einer 0:1-Niederlage gegen Werder Bremen durch, da der effzeh zuvor gegen den VfL Osnabrück ein deutliches 3:0 eingefahren hatte. Das bessere Torverhältnis sprach für die Mannschaft des neuen Trainers Achim Beierlorzer. Zur Belohnung durfte Kapitän Jonas Hector am Ende der Dienstreise ins tiefste Niedersachsen einen kleinen, aber feinen Pokal entgegennehmen.
Doch nicht deswegen hatten die Verantwortlichen nach den knapp 120 gespielten Minuten Grund zum Jubeln – vielmehr zeigte der Aufsteiger in Lohne durchaus ansprechende Leistungen, wie auch Achim Beierlorzer feststellte: „Ich bin super zufrieden. Im ersten Spiel haben wir keine Chance zugelassen und sehr gut gespielt und teilweise sehr schnell umgeschaltet. Das hat mir gefallen“, urteilte der gebürtige Franke und ließ sich auch von der Niederlage im zweiten Spiel nicht die Laune vermiesen: „Auch gegen Bremen war ich zufrieden. Es ist etwas ärgerlich, dass zum Schluss der eine Ball so durchrutscht, obwohl wir das Spiel eigentlich im Griff hatten. Klar können wir noch einiges besser machen und im Detail verbessern. Aber ich bin zufrieden, wie wir jetzt dastehen.“
Die Mannschaft ist auf dem richtigen Weg
Gerade diese Feststellung ist die wichtigste Erkenntnis nach den ersten Prüfsteinen, die in der Vorbereitung auf den 1. FC Köln warteten. Der Ist-Zustand der Mannschaft ist längst noch nicht perfekt, doch die grundsätzliche Richtung scheint angesichts der ansprechenden Auftritte in Lohne durchaus zu stimmen. Aggressiv gegen den Ball, schnelles Umschalten nach vorne: Die von Achim Beierlorzer geforderten Elemente waren sowohl gegen Osnabrück als auch gegen Bremen schon sichtbar. Besonders nach eigenen Ballverlusten war auffällig, wie die „Geißböcke“ ausschwärmten, um möglichst bald wieder in Besitz des Spielgeräts zu gelangen.
Doch auch offensiv zeigte der effzeh vielversprechende Ansätze: Temporeich über die Außen mit Zug zum Tor sollen die Stürmer in Szene gesetzt werden oder sich sogar selbst in Szene setzen. Das funktionierte gegen Osnabrück hervorragend, als zunächst Benno Schmitz nach einer schicken Seitenverlagerung die frühe Führung durch Jhon Cordoba mit einer Hereingabe einleitete und kurz danach Louis Schaub vor dem 2:0 den durchgestarteten Dominick Drexler perfekt in Szene setzte. Auch im Bundesliga-Duell gegen Werder bewies die Kölner „Abteilung Attacke“ gerade in der ersten halben Stunde ihre Gefährlichkeit – einzig der krönende Abschluss wollte nicht gelingen.
Die Abläufe passen beim 1. FC Köln schon
Dennoch: Die Partien gegen den Zweitliga-Aufsteiger und den Tabellenachten der vergangenen Bundesliga-Spielzeit zeigten auf, wohin der Weg für den 1. FC Köln gehen soll. Vieles, was Achim Beierlorzer in den bisherigen zwei Wochen der Vorbereitung mit dem Team einstudiert hat, konnte auch umgesetzt werden. Die defensive Absicherung hinter den Außenverteidigern, die immer wieder ins Zentrum vorstoßen sollen, gelang größtenteils, dazu fand der effzeh nach Ballverlusten trotz aggressivem Gegenpressing schnell in die Ordnung zurück. Die Abläufe, die die Mannschaft für das erfolgreiche Umsetzen der neuen Spielidee braucht, scheinen sich bereits verfestigt zu haben.
“Das Auftreten ist für mich in der jetzigen Phase das Entscheidende. Man sieht, was wir vorhaben, und das gefällt mir gut.”
Diese bereits beschriebene defensive Stabilität war auch der Faktor dafür, dass in beiden Spielen der Gegner kaum zu nennenswerten Abschlüssen kam. Der VfL Osnabrück, der das Kurzturnier zur Generalprobe vor dem in der kommenden Woche erfolgenden Start in die Zweitliga-Saison nutzte, kam lediglich einmal wirklich gefährlich vors Tor. Werder Bremen nutzte die einzig wahrnehmbare Unsicherheit des Kölner Deckungsverbundes zum Siegtreffer. Nach vorne war derweil noch Luft nach oben, im letzten Drittel fehlte es dem effzeh des Öfteren noch an der nötigen Abstimmung. Dennoch war auch Armin Veh sehr einverstanden mit dem Gesehehen: „Das Auftreten ist für mich in der jetzigen Phase das Entscheidende“, sagte Veh dem “Geissblog” nach den beiden 60-minütigen Partien in Lohne: „Man sieht, was wir vorhaben, und das gefällt mir gut.“
Die Nummer eins im FC-Sturm heißt Cordoba
Anthony Modeste, Jhon Cordoba, Simon Terodde: Auf keiner Position ist der 1. FC Köln wohl derart qualitativ hochwertig besetzt wie im Angriff. Dazu kommen noch Kandidaten wie Louis Schaub, Dominick Drexler, Kingsley Schindler oder Youngster Darko Churlinov, die als hängende Spitze oder direkt neben einem des Kölner „Dreigesturms“ agieren können. In der bisherigen Vorbereitung hatte Achim Beierlorzer immer wieder verschiedene Duos ins Rennen geschickt – wohl auch, um die entsprechende Chemie zwischen den jeweiligen Akteuren zu beobachten. Am Samstagnachmittag waren es zunächst Jhon Cordoba und Kingsley Schindler, danach Anthony Modeste und Simon Terodde, die das Vertrauen des neuen Trainers erhielten.
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bereits überzeugen und warum die Youngster eine Alternative sind
Und auch in Lohne setzten sich die Eindrücke fort, die bereits in den zuvor absolvierten Partien gegen unterklassige Gegner zu bewundern waren: Auch wenn die Formkurve bei Anthony Modeste im Vergleich zum zurückliegenden Halbjahr steil nach oben zeigt, heißt die klare Nummer eins im effzeh-Sturm Jhon Cordoba. Mit seiner körperlichen Präsenz, der Vehemenz in Zweikampf und vor dem gegnerischen Tor sowie der mittlerweile sogar vorhandenen spielerischen Qualität war der Kolumbianer vom VfL Osnabrück meist nur per Foul oder letztlich gar nicht zu stoppen. Behält der bullige Angreifer diese beeindruckende Frühform bei, dann geht es am Ende der Vorbereitung nur noch darum, wer neben ihm in Wiesbaden stürmen darf.
Die Neuzugänge wie Ehizibue und Schindler beeindrucken
Doch nicht nur alteingesessene Akteure wie Jhon Cordoba überzeugen in dieser frühen Phase der anstehenden Saison, auch die Neuzugänge deuten bereits mehr als deutlich an, warum der 1. FC Köln das Portemonnaie für sie aufgemacht hat. Birger Verstraete präsentierte sich gegen Werder Bremen wie selbstverständlich als der Chef im effzeh-Spielaufbau, wenngleich der Belgier dabei durchaus nicht fehlerfrei blieb. Doch die spielerischen Qualitäten und seine Fähigkeiten im Kampf um den Ball konnte der 25-Jährige, der vor kurzem für mehr als vier Millionen Euro aus Genk ans Geißbockheim kam, einmal mehr in die Waagschale werfen. „Birger, der Boss“ – so könnte es nach wenigen Wochen in Köln bereits heißen.
Noch beeindruckender trumpften allerdings bisher zwei Namensvetter auf: Kingsley Ehizibue, Neuzugang vom PEC Zwolle, könnte das langjährige Problem des 1. FC Köln auf der Rechtsverteidigerposition beheben. Extrem schnell auf den Beinen trotz 1,89 Meter Körpergröße, dazu in den Zweikämpfen enorm engagiert: Gegen Bremen machte der Niederländer noch einmal klar, dass auf der rechten defensiven Außenbahn beim effzeh an ihm kein Weg vorbeiführt. Etwas weiter vorne überzeugte derweil Kingsley Schindler erneut: Ablösefrei von Holstein Kiel gekommen war der Offensivallrounder in vorderster Front neben Jhon Cordoba aktiv und zeigte gegen Osnabrück nicht nur aufgrund seines Tores eine abermals auffällige Partie.
Die Youngster um Churlinov begehren auf
Auffällig war beim Kurzturnier in Lohne auch der kölsche Nachwuchs unterwegs: Brady Scott durfte gegen den VfL Osnabrück über 60 Minuten heran und zeigte sich dabei bis auf eine kleinere Ausnahme souverän. Deutlich mehr im Fokus war dagegen erneut Darko Churlinov, der auf der linken Außenbahn für Wirbel sorgen sollte. Das gelang dem Deutsch-Mazedonier gegen den Zweitliga-Aufsteiger wie schon in der gesamten Vorbereitung beachtlich. Der 19-Jährige geht mutig auf die Gegenspieler, traut sich in den direkten Duellen allerhand zu und nimmt dabei einiges an Risiko. Auch im Abschluss präsentiert sich Churlinov, der sogar defensiv äußerst engagiert mitwirkte, brandgefährlich – das 1:0 hatte er zunächst auf dem Fuß, wurde aber gerade noch vom Osnabrücker Verteidiger gestoppt. Cordoba staubte im Anschluss zur frühen Führung ab.
Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images
Unterstützt wurde der Offensiv-Youngster dabei von einem Nobody, der sich zunehmend ins Rampenlicht spielt. Ismail Jakobs, in der vergangenen Saison noch für die U21 unterwegs, ist wohl die größte Überraschung der Vorbereitung und gilt auch intern als einer der Gewinner unter Neu-Coach Achim Beierlorzer. Körperlich robust und mit einem gewaltigen Tempo ausgestattet machte der Linksverteidiger ordentlich Druck nach vorne, auch wenn darunter mitunter die defensive Ausrichtung litt. Dennoch: Sowohl Churlinov als auch Jakobs konnten zeigen, dass sie nicht nur gegen Amateurteams eine wertvolle Alternative darstellen können. Und in der Hinterhand hat der 1. FC Köln ja noch Top-Talent Noah Katterbach, der derzeit durch eine Muskelverletzung zum Zuschauen verdammt ist.